Alexanders CD-Tipp der Woche: Spring String Quartet – Best Ingredients

 In CD-Tipp

Das Linzer Spring String Quartet, im klassischen Streichquartett (manchmal) genauso zu Hause wie in der wildesten Streichquartett-Rocksession (oft), feiert seinen 20. Geburtstag mit einer CD, die die ganze stilistische Bandbreite der Gruppe einmal mehr furios ausbreitet. (Alexander Kinsky)

Konstantin Wecker Fans kennen das Quartett spätestens seit den Tourneen ab 2009, wo es ja mit dem „Deep Purple Donauwalzer Da capo“ nach „Genug ist nicht genug“ jede ohnedies schon kochende Konzerthalle zum schieren Explodieren zu bringen vermochte.

Das ist das Besondere dieses Streichquartetts – sie grooven, rocken, swingen meist zwischen Bluesrock und Heavy Metal, sie bieten dabei auch Soli (wie in der Rockmusik üblich), und dann und wann träumen und schwelgen sie einfach auch nur in betörend schönen (Balladen)Melodien. Und das alles vielfach herrlich „dreckig“ im Sinne all der Musik die sie anbieten, nicht geschönt, geebnet, gezwängt in ein sich selbst einengendes Streichquartett-Konservativkastl, sondern unverschämt drauflosrockend, dass es zunächst mal volle Power durch Mark und Bein geht.

Die CD Best Ingredients (CD ATS Records CD-0903) erschien im November 2017. Sie enthält elf unterschiedlichste, vom 1. Geiger Christian Wirth (den Opener) und vom Cellisten Stephan Punderlitschek (alle anderen) arrangierte Coverversionen stilistisch vielfältigster Lieblingstitel der vier zwischen Neoklassizismus und Alternative Metal sowie eine viersätzige Suite, die ihnen ihr langjähriger Stammkomponist und –arrangeur Michael Radanovics auf die Leiber komponiert hat.

Eine unglaubliche Bandbreite tut sich mit den elf Coverversionen, die jeweils zwischen drei und fünfeinhalb Minuten dauern, auf. Joe Zawinuls jazzig funkiger Weather Report Fusion Klassiker Birdland macht den Beginn. Die britische Progressive Rock Formation King Crimson wird mit einer großen Ballade (Epitaph) und mit aufgedrehtem Jazzrock (Frame by Frame) bedacht – nicht nur hier singen die SSQs auch teilweise (meist bei Refrains). Deep Purple ist mit Burn vertreten, dem vorwärtsdrängenden Hardrock-Klassiker, in dessen Original zwischendurch Jon Lord ja einmal mehr Bach-artige Dreiklangsfolgen einwirft. (Man kann natürlich, eventuell über youtube, all die Originale zum Vergleich hören, mit denen wird der eigenständige Streichquartettgroove des SSQ noch deutlicher.)

Nach Epitaph der zweite sich zurücknehmende Ruhepol ist O Salutaris Hostia des 1977 geborenen lettischen Komponisten Ēriks Ešenvalds, der mit seiner Chormusik wohl auf den Spuren zeitgenössisch neoklassizistischer Musik mit spirituellem Touch etwa eines Arvo Pärt wandelt. Blood, Sweat & Tears, die markante Jazzrockgruppe mit ihren Bläsersätzen, sind mit ihrem Klassiker von 1970 Lucretia Mac Evil vertreten. (Langzeit-Weckerfans assoziieren hier möglicherweise „Reisezeit“ aus dem Jahr 1976, das wohl davon musikalisch inspiriert wurde.) Ruby’s Arms wiederum ist im Original eine große Klavierballade des wie immer völlig abgefahren singenden Tom Waits, und auch hier, in der Coverversion, wird gesungen, und es wird dabei aber sehr seriös vermieden, einen parodistischen Grundton reinzubringen, ein großartig nobler Zug des SSQ, der unterstreicht, wie ernst und im Grunde ehrfurchtsvoll bei aller exzessiver Spiellust sie all ihre Vorbilder musikalisch würdigen. US-amerikanischer Alternative Metal ist System of a Down, von dieser Gruppe gibt es Chop Suey!, mit plötzlichen Wechseln zwischen wildestem Hardrock und sanftem Popballadentonfall. US-Grunge hingegen, eine Mischung aus Punkrock und Heavy Metal, hören wir mit der Soundgarden Nummer Black Hole Sun, und diese Musik hat eine gewisse Schwere, ein ganz eigenes rockiges Gewicht. Mit seinem markanten, sich fürs Leben ins Ohr setzenden Keyboardmotiv versprüht Van Halens Jump Poppower schlechthin, und auch beim SSQ kann man sich dem mitreißenden Hardrockklassiker ganz und gar ausliefern. Zum Schluss der CD gibt es noch einmal die große Romantik, mit Jean Valjeans großer Ballade Bring Him Home aus dem Musical Les Misérables (Musik: Claude-Michel Schönberg).

Im Zentrum steht, mittendrin zu hören und hier extra hervorgehoben, die knapp über 17 Minuten lange viersätzige 20th Anniversary Suite von Michael Radanovics, mit ihren so bezeichnenden Satztiteln: Herz, Hirn, Leber (vielsagend, auch musikalisch!) und Seele. Das sind optimal den vieren auf die Leiber komponierte bzw. so wie sich´s anhört auch vielfach zum Improvisieren auffordernde Charakterstücke von exzessiv Feinsten.

Teaser zur CD:

Die SSQ Homepage mit mehr Infos und CD-Bestellmöglichkeit:

http://www.ssq.at/index-home

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