Auch Frankreichs Linke kritisiert inzwischen die SYRIZA!

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

104. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Ist die SYRIZA überhaupt noch eine linke Partei? Vielleicht so wie die CSU eine christliche und eine soziale Partei ist. Wenn “Links” Sozial- und Streikrechtabbau, Entsolidarisierung, Ausverkauf von Gemeinschaftseigentum und Willfährigkeit gegenüber dem Kapital bedeutet, dann sind Tsipras & Co. sogar Prototypen dieser Neudefinition von “Linkssein”. Die Französische “Parti de Gauche” forderte nun den Ausschluss von SYRIZA aus der Partei der Europäischen Linken. Weniger forsch agiert da die deutsche Linke, von der man in puncto Kritik an den griechischen Genossen überhaupt wenig hört. Bereitet da jemand seinen eigenen Burgfrieden mit dem Establishment vor? Erfreulich allerdings die Großzügigkeit unserer Spenderinnen und Spender. (Holdger Platta)

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

erinnert Ihr Euch an meinen letzten Bericht? – Ich hatte Euch darin mitgeteilt, dass in Griechenland immer stärker der Widerstand wächst gegen die Politik der SYRIZA. Yanis Varoufakis, der vormalige Finanzminister der Tsipras-Regierung, plant die Gründung einer neuen Partei, die Schluss machen will mit der immer asozialer zuschlagenden Politik des früheren Weggefährten und Premierministers Alexis Tsipras mitsamt seiner – noch existierenden – knappen Parlamentsmehrheit. Die griechischen Landwirte wollen mit Protestaktionen und Straßenblockaden unter anderem aufbegehren gegen die Zwangsenteignung ihrer armen und ärmsten Kollegen. Und griechische Anarchisten der Gruppe „Rouvikanos“ (= „Rubikon“) „stürmten“ – wie es unzulässig dramatisierend in der Presse hieß – das griechische Finanzministerium, um dort Flugblätter zu verteilen gegen das sogenannte „Multi-Gesetz“ vom Anfang dieses Jahres, gegen ein Gesetzespaket, in dem weitere, noch stärkere Einschränkungen des Streikrechts beschlossen worden sind und zig weitere Bestimmungen „gegen die ärmsten gesellschaftlichen Schichten“, so die Demonstranten in ihrem Flugblatt.

Inzwischen geht dieser Kampf gegen die Politik der SYRIZA weiter, und er hat nunmehr auch die europäische Linke insgesamt erreicht. Am vergangenen Mittwoch, den 31. Januar, bezog auch die Partei der französischen Linken, die „Parti de Gauche“ (PG) um Jean-Luc Mèlenchon, eindeutig Stellung gegen die griechische SYRIZA. Der Parteivorstand forderte in einem Kommuniqué den Ausschluss der Tsipras-Partei aus der „Partei der Europäischen Linken“ (EL) und begründete diesen Aufruf unter anderem mit folgenden Argumenten:
• Für die anderen Mitgliedsparteien der Europäischen Linken sei es „unmöglich“ geworden, mit SYRIZA zu kooperieren. Tsipras treibe mittlerweile seine eigene Austeritätspolitik voran und hebele inzwischen sogar das Streikrecht aus.
• Mit seiner Politik der Willfährigkeit bediene der griechische Ministerpräsident lediglich noch die Interessen der EU und des Internationalen Währungsfonds.
• Fast alle anderen Mitgliedsparteien der Europäischen Linken bekämpften jedoch genau diese Politik, woraus zu schlussfolgern sei (wörtliches Zitat): „Die Europäische Linkspartei kann in ihren Reihen nicht gleichzeitig Befürworter und Gegner eines solchen Europas organisieren“. – Was die linke französische Tageszeitung „L’Humanité“ mit der Feststellung kommentierte, dass damit das Bündnis Mèlenchons mit Tsipras „definitiv erledigt“ sei.

Zur Erinnerung: bei den letzten Präsidentschaftswahlen in Frankreich im Jahre 2017 kam Jean-Luc Mèlenchon mit seiner eigens dafür neugegründeten Partei „La France insoumise“ (= „Unbeugsames Frankreich“) auf fast 20 Prozent aller abgegebenen gültigen Stimmen (während sich die SYRIZA seit längerem im Sinkflug befindet: sie käme derzeit gerademal noch auf 16 Prozent aller Wählerstimmen und würde damit weit hinter den Konservativen landen, hinter der „Nea Dimokratia“, die griechischen Umfragen zufolge mit einem Wähleranteil um die 32 Prozent rechnen dürfte).

Und wie sieht es in puncto SYRIZA-Kritik bei der bundesdeutschen Linkspartei aus? – Nun, insgesamt ist in diesen Wochen nur wenig zu vernehmen von Vertretern der politischen Linken bei uns. Freilich: Gregor Gysi, nach wie vor einer der großen Sympathieträger seiner Partei und gleichzeitig Präsident der Europäischen Linken, hat sich zu diesem Kommuniqué der PG geäußert, aber man muss wohl sagen dürfen: mit einem kräftigen „Sowohl-Als-Auch“! Dass die griechische Regierung die Troika-Politik bestenfalls nur im geringen Umfang abmildern konnte, das sieht Gysi genauso wie Mélenchon vor einiger Zeit noch. Dazu der bundesdeutsche Linkspolitiker in seinem Kommentar zur französischen Erklärung wörtlich: „Kritik an der Regierungsführung von SYRIZA in Griechenland ist legitim, und es gibt dazu auch innerhalb der Europäischen Linken unterschiedliche Auffassungen.“ Doch Gysi fährt dann fort, in einer erstaunlichen Mischung aus Relativieren und Kritik: „Die Regierungspolitik SYRIZAs ist aber zu einem großen Anteil gekennzeichnet von der Erpressung durch die Troika und die deutsche Bundesregierung. Dazu gehören auch Maßnahmen wie die Einschränkung des Streikrechts, die ich ebenfalls sehr kritisch sehe“.

Aber auf welche Konsequenzen laufen diese Äußerungen von Gregor Gysi hinaus? – Nun, eindeutig auf eine Distanzierung von den französischen Genossen. Die Stärke der Europäischen Linken, so der Ex-Vorsitzende der bundesdeutschen Linkspartei, bestehe darin – hier zitiert nach der Website-Ausgabe von „Neues Deutschland“, in der Ausgabe vom 1. Februar –, „sich so breit wie möglich zu organisieren, jeden Streit zuzulassen, die Diskussionen zu befördern und nicht in Ausschlüssen“. Und Gysi im Wortlaut dann: „Wenn dieser Weg beschritten werden sollte, wird die Europäische Linke nicht besser, sondern deutlich schlechter bei den EP-Wahlen 2019 abschneiden <= EP-Wahlen: Wahlen zum Europäischen Parlament. HP>. Ich bin relativ sicher, dass ein Ausschlussantrag im Rat der Vorsitzenden keinen Erfolg haben wird“. Und ähnlich oder noch deutlicher äußerte sich der derzeitige KP-Chef in Frankreich Pierre Laurent: in dieser Kritik am Antrag der französischen Linkspartei „Parti de Gauche“ (PG) erklärte er ausdrücklich seine „Solidarität“ mit SYRIZA.

Mit welcher SYRIZA? Mit dieser SYRIZA? Mir scheint, es gibt eine Solidarität, die ist identisch mit der Aufkündigung von Solidarität, identisch nämlich mit der Aufkündigung von Solidarität mit den immer stärker drangsalierten Menschen in Griechenland. Jedenfalls: mein Eindruck ist nicht, dass Laurent wie Gysi noch so genau wissen, dass über Partei- und Bündnis-Interessen die Interessen der verarmten und verelendeten Menschen stehen (in Griechenland wie anderswo!). Und: dass diesen Menschen unsere Solidarität zu gelten hat, nicht aber einer Regierung, die es in wachsendem Maße an Solidarität mit den in Grund und Boden kaputtgeretteten Menschen fehlen lässt. Ich zumindest erkenne nicht, dass Gysi wie Laurent jener „Stern“ verliehen werden könnte, von dem Ingeborg Bachmann in ihrem Jahrhundertgedicht „Alle Tage“ geschrieben hat, jener „Stern“, der verliehen werde „für die Tapferkeit vor dem Freund“! Tsipras, dieser „Freund“, betreibt jedenfalls seit längerem schon eine Politik den eigenen Landsleuten gegenüber, gegenüber den Ärmsten der Armen in seinem Land, ohne jede Freundlichkeit!

Schließen kann ich meinen heutigen Bericht, liebe HdS-Leserinnen und HdS-Leser, den Bericht zu unserer Spendenaktion, hingegen mit einer erfreulichen Nachricht, mit einer Nachricht, die, wie es sich gehört – bei echter Solidarität! –, vor allem für die Ärmsten der Armen in Griechenland erfreulich sein wird:

Während der letzten sieben Tage – zugegeben: es war der Monatswechsel dazwischen, der uns stets gute Zahlen für die nächsten vier Wochen präsentiert, der DauerspenderInnen wegen –, während der letzten sieben Tage gingen erneut viele Spendengelder auf unserem Hilfskonto ein: 32 UnterstützerInnen überwiesen 1.517,50 Euro an uns (in der Vorwoche waren es nur 4 SpenderInnen und 179,31 Euro gewesen). Ich bedanke mich bei allen Helferinnen und Helfern sehr. Und jetzt schon der Hinweis: voraussichtlich in der kommenden Woche bereits bricht unser “Außenteamer” Karl-Heinz Apel mit seiner Ehefrau Ursula erneut auf nach Griechenland! Unsere “Politik”, sofern man davon reden kann, ist also eine, die den betroffenen Menschen in Not zugutekommt, nicht irgendwelchen Politikern in irgendwelchen Nöten!

Womit ich wieder einmal bei meinen Schlusshinweisen bin:
Wer uns bei unserer Hilfe für Menschen in Griechenland unterstützen will, unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“, oder wer auch uns Akteure wieder mal mit Organisationsgeldern helfen will (dann bitte unter dem Stichwort „HDS“), der überweise uns bitte Spendengelder auf das folgende Konto:
Inhaber: IHW
IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21GOE

Und hier nochmal die Kontaktdaten von Peter Latuska, an den Ihr Euch wenden könnt, wenn Ihr Patenschaften übernehmen wollt oder eine Spendenbescheinigung benötigt (für Spendenbeträge bis 200,- Euro genügt fürs Einreichen beim Finanzamt Kopie oder Original Eurer entsprechenden Kontoauszuges):
Peter Latuska
Theodor Heuss Str. 14
37075 Göttingen
Email: latuskalatuska@web.de

Mit herzlichen Grüßen wie stets
Euer Holdger Platta

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