Ländliches Karussell (Holdger Platta)

Die Kneipe ein Kartenschlagen, und die Bauern zählen
die Kartoffeln in ihrem Kopf, dieser Sommer war schlecht.

Draußen am Nachthimmel klettert bereits der scharfe Mond
den Birnbaum hinauf, dies ahnungslos’ Kind, auf den Hecken
reiten Hexen düster am Pfarrhaus vorüber, und in den Kastanien
vorm Wirtshaus ruht sich die Stille vom Nachmittag aus.
Zwei Besoffene brüllen den Mann hinter dem Schanktisch an,

als ob sonst die Welt unterginge: „Noch zwei Helle, Paul!“
Und draußen ist alles, was unterwegs ist, Katze oder Beutetier.
Irgendwo hinter einem mattleuchtenden Fenster legt eine ältere Dame
ihre letzte Patience, „Big Brother“ im ausgeschalteten Fernsehen, und
am anderen Ende des Dorfs, hinter einem unordentlichen

Gartengewirr, sucht ein zarter Poet nach den ersten Worten
für ein Gedicht, mit dem Papier vor den Augen, als sähe man
darauf weit hinaus in die Tiefe des Weltalls, und die Lampe
schimmert dabei wie der Große Wagen über seinem Kopf,
wie Schatzinsel, Katzenschnurren und Rum:

Die Kneipe ein Kartenschlagen, und die Bauern zählen
die Kartoffeln in ihrem Kopf, dieser Sommer war schlecht.