Das Märchen vom grünen Wachstum

 In FEATURED, Umwelt/Natur, Wirtschaft

Ahorn-Schößling

Warum Umweltschutz und Kapitalismus unvereinbar sind. Nun sind Klimawandel und die fortschreitende Umweltverschmutzung schon länger ins Bewusstsein der Öffentlichkeit geraten. Auch politische Akteure sehen sich vermehrt zum Handeln gezwungen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abzuwenden. Höhepunkt dieses Handelns war die Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzabkommens 2015. Davon abgesehen, dass kaum ein Land sich an die Vereinbarung hält und nun sogar einer der größten Umweltsünder, die USA auszutreten angekündigt haben, verschleiert dieses Abkommen noch ein anderes Problem des richtigen Umgangs mit dem Klimawandel. (Rubikon Jugendredaktion)

Dass der Klimawandel längst Realität ist, hat sich diesen Herbst einmal mehr gezeigt. Gleich drei Hurrikans machten sich auf einen zerstörerischen Weg durch die Karibik und, was in unserer Öffentlichkeit stets etwas mehr Beachtung findet, trafen sogar die USA. Doch auch Europa, das sich vor den Erschütterungen des Klimas stets sicher wähnt, bleibt nicht verschont. So wurden die südlichen Länder Europas von verheerenden Dürren heimgesucht, die in Städten wie Rom zu einer Knappheit an Wasser und somit zu einem Notstand geführt haben, wie man ihn lange nicht mehr erlebt hat. Auch machte sich die Dürre in den Preisen einiger Nahrungsmittel bemerkbar, die von dort aus nach Deutschland importiert werden. Diese Phänomene nehmen zu, verantwortlich ist der Mensch, der, angetrieben von seiner kapitalistischen Wirtschaftsweise am Tropf von Erdöl und Kohle hängt und hemmungslos die darin gebundenen Kohlenwasserstoffe in Kohlenstoffdioxid (CO2) umwandelt und in die Atmosphäre bläst.

Doch auch Methan und Lachgas, die mehrheitlich in der Fleischindustrie entstehen, leisten ihren, sogar noch weitaus größeren, Beitrag. Dadurch, dass dem auf schnelles Wachstum gezüchteten Vieh kein artgerechtes Futter, sondern zumeist Futtermais und Soja verfüttert werden, entstehen in ihren Mägen unglaubliche Mengen dieser Gase, die sie dann freisetzen, vom Anbau und Transport des Futters ganz zu schweigen.

Das aber ist noch nicht alles. Unter dem Permafrostboden Sibiriens sind große Mengen Methans eingespeichert, die aufgrund des durchgehenden Frostes bislang nicht zu entweichen in der Lage waren. Die nun von Menschen verursachte Erwärmung des Klimas führt allerdings zu einem Auftauen dieser Permafrostböden, was ein Entweichen dieser unvorstellbar großen Mengen des Treibhausgases Methan zur Folge habe wird. Dies wird von der Wissenschaft als ein Kipp-Punkt bezeichnet, von dem aus, ist er einmal erreicht, der Klimawandel nicht mehr aufzuhalten ist. Dieser Kipp-Punkt ist bald erreicht, da die Permafrostböden bereits im Auftauen begriffen sind.

Doch auch vom Klima abgesehen verursacht die Menschheit ein unvorstellbares Maß an Verschmutzung und Zerstörung auf diesem Planeten. Bei ungestörtem Fortgang der Dinge wird im Jahre 2030 das Gewicht an Plastik, das in den Weltmeeren treibt, das des noch vorhandenen Fisches übersteigen. Schuld daran ist auch eine rücksichtslose Überfischung aller Meere durch den gierigen Menschen, aber eben auch der hohe Eintrag an Kunststoffen in die Umwelt.

Weiterhin sind viele Gewässer, insbesondere Flüsse wie der Jordan oder der Ganges heutzutage kaum mehr, als eine dahintreibende Kloake, denen man sich besser nicht nähern sollte. Fabriken, die zum Beispiel für die Bekleidungsindustrie produzieren, um die wöchentlich wechselnden Moden herzustellen, leiten ihre giftigen Abwässer einfach ungefiltert in die Flüsse. Hinzu kommt ein unzureichendes Abwassersystem für die Bevölkerung dieser Landstriche. Glücklicherweise passiert so etwas jedoch immer nur ganz weit weg. Was interessieren uns die Inder oder Chinesen, nicht wahr?

Doch auch in Europa nimmt die Zerstörung ihren Lauf. Ende November entschied das Landgericht Köln über eine Klage des BUND gegen den Energiekonzern RWE. Es ging um den Erhalt des Hambacher Forstes, des ältesten, noch stehenden Urwalds Europas, der tausende Jahre alt ist und in diesem Zeitraum ein unvorstellbar reiches Biotop gebildet hat. Dieser Forst sollte dem Tagebau von RWE weichen. Einen vermittelnden Vorschlag des Gerichtes, den Wald zumindest vorerst stehen zu lassen, bis sein Abbau notwendig würde, lehnte RWE ab. Das Argument, dass der Kohleausstieg ohnehin komme, man nur nicht wisse, wann, interessierte die Verantwortlichen bei RWE nicht. Im ungehemmten Profitrausch wischten sie ihn beiseite und wollten am liebsten noch am selben Tag mit der Rodung beginnen, denn wenn der Kohleausstieg kommt, so muss man zuvor noch so viel Profite wie möglich generieren.

All diese Beispiele – die Aufzählung ist bei weitem nicht vollständig – haben eine gemeinsame Ursache: Den ungezügelten Wachstumszwang des Kapitalismus. Daher sind sie auch nicht einfach nur unschöne Folgen fehlgeleiteten Wirtschaftens, die man mit einigen Gesetzen einfach für die Zukunft verhindern könnte. Die Umweltzerstörung ist dem Kapitalismus immanent, bedingt durch den Zwang zu wachsen. Diesem Zwang wird alles, sei es Umweltschutz, sei es Menschenrecht, untergeordnet, denn sollte die Wirtschaft einmal nicht mehr wachsen, führte das zum Niedergang des ganzen Systems und seiner Akteure. Wachstum, das merken wir immer deutlicher, ist allerdings nur auf Kosten der Umwelt möglich. Da die Weltwirtschaft am Tropf des Erdöls hängt, ist dieses zum Wachstum notwendig, trägt jedes Bisschen Wachstum zum Klimawandel bei. Auch der Abbau wichtiger Ressourcen wie Erze sowie deren Verarbeitung erfordern nicht nur Energie, die aus Erdöl und Kohle gewonnen wird, sondern auch vielfach den Einsatz giftiger Chemikalien, die dann oftmals einfach in die Umwelt abgelassen werden.

Doch auch der Landwirt ist dem Wachstumszwang ausgesetzt. Er muss so viel wie möglich möglichst billig erzeugen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Hebt er seine Preise an, wird die Geiz-ist-geil Gesellschaft seine Waren in den Regalen lassen (gar nicht davon zu sprechen, dass immer mehr Menschen sich nur die günstigsten Dinge zu leisten in der Lage sind) und infolgedessen werden seine Einnahmen sinken, bis er Konkurs anmelden muss. Der größte Teil der Landwirte ist ohnehin auf die Abnahme durch Lebensmittelketten angewiesen, die durch ihre Marktmacht den Preis diktieren, und der muss- man ahnt es bereits- so niedrig wie möglich sein.

Um also möglichst profitorientiert zu wirtschaften pflanzen viele schon nicht mehr das an, was der menschlichen Ernährung dient, sondern, was auf dem Weltmarkt am besten abzusetzen ist. In unseren Gefilden ist das in vielen Fällen Futtermais, der dann in die Zuchtfabriken für Rinder und Schweine geliefert und dort verfüttert wird. Hier stehen, um Effizienz bemüht, tausende von Tieren auf viel zu wenig Raum, was alles andere als artgerecht ist. Einzig auf schnelles Wachstum gezüchtet, haben sie den einzigen Lebenszweck, der Schlachtung entgegenzugehen, besser: entgegenzustehen, oder, im Falle der Milchkühe, so schnell wie möglich so viel Milch wie möglich zu produzieren.

So werden sie mit Antibiotika gefüttert, damit die unwürdigen Bedingungen keine Krankheiten bei ihnen auslösen. Dadurch jedoch werden zugleich multiresistente Keime gezüchtet, gegen die kein pharmazeutisches Kraut mehr gewachsen ist, und die eine zusätzliche Bedrohung für die Menschheit darstellen. Dass diese auf Effizienz gezüchteten Tiere jedoch mit der Natur nicht mehr viel zu tun haben und nur das genetische Endprodukt einer profitorientierten Verwertungsindustrie sind, fällt den meisten Menschen kaum noch auf – so sehr haben wir uns an die gegebenen Verhältnisse gewöhnt.

Die weitaus billigste Weise, seine Feldfrüchte anzubauen, ist es, Hybridsamen zu kaufen, die gegen Herbizide immun sind, und die Felder dann mit massenweise Glyphosat zu besprühen, sodass alle anderen Pflanzen absterben und einzig das angepflanzte Getreide oder Mais stehen bleibt. Dass Glyphosat nicht nur Krebs verursacht (alle Studien, die zu gegenteiligem Ergebnis kommen, sind von Monsanto finanziert und gekauft (1) worden, sondern durch dessen Einsatz auch der Artenreichtum unter den Pflanzen zurückgeht, was sich auch auf die auf diese Pflanzen angewiesenen Tiere auswirkt, spielt in der kühlen, ökonomischen Berechnung keine Rolle. So ist, in Verbindung mit einem absurden Pestizideinsatz, seit den 80er Jahren die Insektenpopulation in Deutschland um 80 Prozent zurückgegangen (2). Es hat uns also gerade einmal 30 Jahre gekostet, Insekten beinahe vollständig auszurotten. Bei ungestörtem Fortgang haben wir möglicherweise nicht noch einmal 30 Jahre, bis die Zahl der Insekten so verschwindend gering ist, dass es für eine ausreichende Bestäubung unserer Felder und Obstbäume nicht mehr genügt. Was wird die Menschheit dann essen? Werden wir, wie in China und Kalifornien bereits praktiziert, die Blüten per Hand bestäuben?

Landwirtschaft wird also genauso behandelt, wie die Industrie, einem ständigen Wachstumszwang unterworfen und dem Wahnsinn einer künstlichen, globalen Konkurrenz ausgesetzt. Sie hat nicht mehr den Zweck, die Versorgung der Menschen sicherzustellen, sondern dient einzig dem Profit.

Gleiches gilt für die Industrie. Die allermeisten Waren, die dort hergestellt werden, erfüllen kein menschliches Bedürfnis, im Gegenteil, das Bedürfnis muss erst mit aufwendigen Werbekampagnen geweckt werden, damit sich Ware überhaupt verkauft. Oder haben sie jemals den Wunsch nach so etwas wie einem Smartphone verspürt, bevor das erste auf den Markt kam, und die Werbung es ihnen in den schönsten Farben mit all seinen angeblichen Innovationen angedreht hat? Ich auch nicht.

Doch auch der zur Normalität gewordene Individualverkehr, der sich tagtäglich durch die Städte und über die Autobahnen quält, leistet seinen Beitrag zu einer effizienten Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Stickoxide, Feinstaub und CO2, die aus den unglaublichen Mengen Treibstoffs, die wir tagtäglich verbrauchen, freigesetzt werden, wirken sich nicht nur auf das Klima aus, sondern auch auf die Gesundheit jedes Einzelnen. Allein das sollte uns schon aufmerken lassen. Doch das einzige, dessen Nachhaltigkeit wir perfektioniert haben, ist unsere Verdrängung.

Glücklicherweise hat die Politik die Probleme erkannt und handelt. So wurde im Jahr 2015 ein Klimaschutzabkommen in Paris geschlossen, das eine drastische Senkung der CO2 Emissionen vorschreibt. Jetzt wird also alles gut, und wir können weiter machen, wie bisher, richtig?

Das Problem ist, dass dieses Abkommen nichts ist, als schöne Worte. So hat Deutschland die ihm nach diesem Abkommen zustehenden Emissionen für 2017 bereits im April [aufgebraucht]((https://www.tagesschau.de/inland/deutschland-emissionen-101.html). Strafmaßnahmen sieht das Abkommen nicht vor. Es hat also keinerlei Folgen, wenn man die Vorgaben ignoriert. Unter diesem Gesichtspunkt hat der Austritt der USA aus diesem Abkommen rein symbolischen Charakter, denn das Abkommen an sich bewirkt keine Änderung.

Auch einen wirklichen Umbau unserer Wirtschaftsweise haben wir nicht in Angriff genommen, und so hängen wir weiter am Tropf des Erdöls, von dem wir so abhängig sind, dass wir dafür Kriege in weit entfernten Regionen anzetteln, um den Nachschub zu sichern, denn wenn der Nachschub teurer wird oder gar ausbleibt, wirkt sich das negativ auf unsere Wirtschaft aus, die ja stets zu wachsen angehalten ist. Diesen Kriegen fallen tausende unschuldige Menschen zum Opfer, Menschen, deren einziges „Vergehen“ es war, in den falschen Ländern geboren worden zu sein. Natürlich maskieren wir diese Kriege mithilfe manipulierter Sprache, nennen sie „Friedenssichernde Maßnahmen“ bringen diesen Menschen „Demokratie“, bauen „Schulen für Mädchen.“ Oder gar „Brunnen“, so als wüssten diese Menschen nicht selbst, wie man Brunnen aushebt, oder bekämpfen den „Terror“. Dass der Frieden in diesen Regionen gar nicht erst gesichert werden müsste, wenn westliche Staaten nicht vorher Kriege dort angezettelt hätten, kommt in unserer Wirklichkeit nicht vor. Doch sind der „Krieg gegen den Terror“ oder die „Friedenssichernden Maßnahmen“ nichts anderes als die Verschleierung unserer Sucht nach Rohstoffen, welche die Maschinerie unserer kapitalistischen Wirtschaft in Gang halten.

Bis zum letzten Tropfen pressen wir das schwarze Gold aus der Erde, sprengen es sogar im sogenannten Fracking aus Gestein heraus, um möglichst jeden Tropfen davon in unsere Finger zu bekommen. Die Frage, was passiert, wenn diese Rohstoffe einmal versiegt sind, stellt sich, im hemmungslosen Profitwahn gefangen, kaum jemand. Natürlich könnte man sagen, dass sich die Menschheit bis dahin ohnehin ausgelöscht hat. Einerseits ist das höchst beruhigend, andererseits sollte uns, wenn uns am Erhalt unserer Art etwas gelegen ist, gerade das zu denken geben, ob wir uns wirklich weiterhin einer zerstörerischen Wirtschaft unterwerfen wollen. Was für eine Welt wünschen Sie sich für Ihre Kinder oder Enkel?
Allheilmittel grünes Wachstum

Aber halt! Die Energiewende kommt doch. Bald schon fahren wir alle Elektroautos und wird Energie mithilfe von Sonne und Wind gewonnen. Dann müssen wir auch keine Kriege mehr wegen der Rohstoffe führen, und der Klimawandel ist abgewendet. Das grüne Wachstum ermöglicht es uns, mit nur geringfügigen, graduellen Unterschieden einfach weiterzumachen, wie bisher. Doch ist das so?

Mal ganz davon abgesehen, dass der Klimawandel gar nicht mehr abgewendet, sondern höchstens, wenn überhaupt, noch abgeschwächt werden kann, steckt in dieser Logik ein weiteres Problem: Sie vermittelt uns den Eindruck, wir könnten immer so weiter leben, wie wir es momentan tun, immer weiter dem Wirtschaftswachstum frönen, unseren Überfluss vergrößern, wenn wir nur die Energieträger austauschten. Wenn Sonne und Wind unsere Energie produzieren, können wir also weiterhin überflüssige Ware produzieren, die kein Mensch wirklich braucht und die nur dem Zweck dienen, Profite zu generieren? Wir können weiter Plastik in die Meere werfen, Flüsse vergiften, Menschenrechte ignorieren und Pflanzen sowie Insekten vernichten?

Das Ausweichen auf erneuerbare Energien ist nur eine Illusion, ein Märchen vom ewigen Fortgang, das wir uns erzählen wollen, weil die Alternative zu unbequem ist. Was wir dabei nicht beachten, ist, dass auch für den Bau von Windrädern und Solarzellen Ressourcen wie Lithium oder die sogenannten seltenen Erden gebraucht werden. Die Problematik der letzteren steckt bereits im Namen: Sie sind selten. Oder, um es genauer zu formulieren: Es gibt nur wenige erschlossene Lagerstätten. Wenn wir aber weiterhin am ewigen Wachstum festhalten und diese auf die Grundlage der erneuerbaren Energien stellen wollen, werden wir davon erhöhte Mengen benötigen. Woher nehmen wir diese, wenn sie nicht gerade vor der Haustür liegen? Hinzu kommt, dass der Abbau dieser Ressourcen mit intensiven Eingriffen in die Umwelt verbunden ist.

Auch muss man zu bedenken geben, dass Erdöl nicht einzig als Energieträger dient. Auch in Kunstdüngern stecken erhebliche Mengen davon. Kunststoff, der heutzutage überall vorzufinden ist, kann ohne Erdöl nicht produziert werden, und selbst in vielen Kosmetikprodukten stecken Erdölderivate. Auf diese Weise verschieben wir unsere Ressourcenkriege von den erdölreichen Regionen auf jene, die über seltene Erden und andere, wichtige Metalle verfügen, oder weiten die Kriege einfach auf diese Regionen aus, werden sie aber niemals überwinden, so wie der Wechsel von fossilen zu erneuerbaren Energien auch die Umweltproblematik nicht überwinden wird. Krieg ist und bleibt zudem auch weiterhin ein bedeutender Wachstumsmarkt.

Wenn wir zwar alle Elektroautos fahren, dafür aber weiterhin wahnsinnige Mengen an nicht artgerecht produziertem Fleisch konsumieren, ist nichts gewonnen, der Klimawandel geht ungestört weiter, die Verschmutzung des Planeten durch den verstärkten Abbau der wichtigen Erze nimmt sogar noch zu, und wir überziehen andere Regionen dieses Planeten mit Krieg. Der Kapitalismus hat uns diese unzähligen Probleme eingehandelt, in ihm sind sie daher nicht zu überwinden.

Doch wir verfallen dieser Illusion, da sie so schön einfach scheint. Niemand von uns muss sein Leben wirklich ändern, vielleicht wird der Strom etwas teurer, aber das lässt sich noch verkraften, wenn wir weiterhin konsumieren dürfen, wie es uns gefällt oder notwendig erscheint. Zudem ist damit auch die Systemfrage ausgeblendet, denn wenn sich Umweltschutz als Wachstumsmarkt gestalten lässt, dann ist das doch umso besser für die heimische Wirtschaft.

Dass das so nicht aufgeht, sollte klar sein, wenn man nur ein wenig über diese Problematik nachdenkt. Das System an sich ist die Ursache für die Zerstörung, also kann innerhalb dieses Systems nicht die Lösung entwickelt werden. Man kann die Lösung eines Problems nicht mit derselben Einstellung finden, mit der man es sich eingebrockt hat, und so kann auch das Problem der vielfältigen Umweltzerstörung nicht gelöst werden, wenn wir versuchen, die Lösungen in das Korsett des Wachstumszwanges zu pressen. So lange wir alles dem ungezügelten Wachstumswahn unterwerfen, ist ein echter Wandel nicht möglich, wirtschaften wir uns selber in den Untergang.

Das Problem mit dem Fortschritt

Nun kann man vielleicht einwenden, dass dies nun einmal der Fortschritt sei, gegen den man sich nicht stellen könnte. Eine bequeme Einstellung, die jede Verantwortung an eine unsichtbare Macht delegiert. Dieses Verständnis von Fortschritt weist allerdings einige Probleme auf.

Zunächst entmündigt sich der Mensch auf diese Weise selbst. Indem er auf einen Fortschritt verweist, der sich nicht aufhalten lasse, beraubt er sich selbst jeder Hoffnung darauf, etwas zu ändern, selbst einen Wandel herbeizuführen. Der Fortschritt wird in den Stand einer Gottheit oder doch zumindest einer Naturgewalt erhoben, die über die Menschheit hereinbricht, die ihr wehrlos ausgeliefert ist. Aus Verzweiflung fangen viele an, diese unsichtbare Macht anzubeten und die Lösung aller Probleme in ihre vertrauensvollen Hände zu legen, wie sich am Beispiel der sogenannten „Digitalisierung“, wie sie eine zur Partei gewordene Lobbyorganisation zu ihrem einzigen Inhalt im Wahlkampf erklärt hat, sehr gut beobachten lässt – Fortschritt als Religion.

Jedoch ist der Fortschritt nicht etwas, das einfach über uns kommt. Wir selbst wirken aktiv an diesem Fortschritt mit. Ohne unsere technischen „Innovationen“ gäbe es diesen sogenannten Fortschritt nicht. Würde niemand auch nur auf die Idee kommen, Drohnen, die autonom töten, zu entwickeln, gäbe es diese Dinge nicht. Wir selbst schaffen diesen sogenannten Fortschritt und sind somit auch in der Lage, ihn aufzuhalten.

Das zweite Problem liegt in dem, was wir als Fortschritt bezeichnen. Ein neues Smartphone, ein neues, angeblich innovatives Auto, Solarzellen und Windräder, autonom tötende Drohnen, all das nennen wir Fortschritt. Wir verengen den Fortschrittsbegriff auf den rein technischen Bereich. Fortschritt in der Gesellschaft, ein Wirtschaftssystem, das den Menschen nützt, anstatt sinnlos auf Profite zu zielen, ein politisches System, in dem die Menschen die Macht über sich selbst zurückerlangen, all das würden wir nie als Fortschritt etikettieren, denn Fortschritt findet immer nur in der Wissenschaft, insbesondere in der Technik statt. Fortschritt, so weiß Wikipedia, bezeichnet jedoch eine Änderung eines Zustands. Gegenbegriffe sind Stillstand oder Rückschritt. Hier wird also generell von der Änderung eines Zustandes gesprochen, nicht jedoch von Technik.

So kann auch eine gesellschaftliche Zustandsänderung einen Fortschritt bedeuten. Wir befinden uns aber schon längst im Zustand des Stillstandes. Der Kapitalismus geißelt die Menschheit schon seit über 200 Jahren und hat sich seitdem höchstens mit der Einführung seiner neoliberalen Spielart entwickelt, keine Entwicklung, die einen positiven Effekt hat, und die nun auch schon gut 30 Jahre zurückliegt. Unsere alles andere als perfekte Demokratie ist nun schon 70 Jahre alt und hat sich seitdem nicht mehr weiterentwickelt.

Doch auch die Technik befindet sich tatsächlich im Stillstand. Wie bringt die Menschheit ein zehntes Iphone weiter? Wie ein weiteres Auto? Welcher Zustand wird dadurch geändert? Innovationen finden kaum noch statt, und wenn etwas als innovativ bezeichnet wird, dann nur, weil es Eigenschaften besitzt, die dieses Etwas zu einem Verkaufsschlager machen. Fortschritt wird also im Kapitalismus auch dem Profit untergeordnet, und der eigentliche Stillstand verschleiert, indem uns Fortschritt in der Technik suggeriert, und der Fortschrittsbegriff auf einzig diesen Sektor verengt wird. Jedoch ist der suggerierte Fortschritt in Wahrheit weitgehend technischer Stillstand. Zwar werden stetig neue Produkte gefertigt, neue technische Geräte auf den Markt gebracht, für die ein erheblicher Ressourcenaufwand betrieben werden muss, diese Geräte jedoch unterscheiden sich stets nur marginal von ihren Vorgängermodellen. Diese marginalen Unterschiede sind es jedoch, die auf dem Markt als große technische Neuerungen angepriesen werden, um auf diese Weise die tatsächliche Innovationslosigkeit zu verschleiern und den Fortschrittsbegriff auf unbedeutende Kleinigkeiten zu fokussieren, die tatsächlichen Fortschritt unmöglich machen.

Gesellschaftlicher Fortschritt scheint auch gar nicht gewünscht. Sobald sich Menschen zu Wort melden, die für einen solchen eintreten, sei es aus dem Bereich der Politik, sei es im Alltag, wird dieser Mensch im besten Falle schräg angesehen, im schlimmsten Falle mit einer Diffamierungskampagne überzogen, welche die Stimme zum Schweigen bringen soll.

Das beste Beispiel ist die Abgeordnete der Linken Sahra Wagenknecht, die sich selbst als demokratische Sozialistin bezeichnet. Wie oft wurde sie schon in einem Atemzug mit der AfD erwähnt? Wie oft wurden ihr Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit unterstellt? Diese Diffamierungen sind ein solcher Reflex geworden, dass ihn sogar große Teile angeblich linker Menschen bereitwillig beklatschen, ohne ihn zu verstehen oder gar zu hinterfragen.

Gesellschaftlicher Fortschritt löst Angst und Unbehagen aus, wir wollen ihn nicht, dabei ist er die wichtigste Voraussetzung für eine Änderung des Systems. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die herrschenden Stände sich so lange an die gegebenen Verhältnisse klammern, bis eine große Katastrophe sie hinwegfegt. Sei es der Adel am Vorabend der französischen Revolution, sei es das deutsche Kaiserreich, das den Wandel in der Gesellschaft nicht zu erkennen vermochte und erst im Verlauf des ersten Weltkriegs langsam seinem Untergang entgegenging, oder sei es das Naziregime, das sich bis zur totalen Niederlage an seine Vorstellungen klammerte. Erst nach dem zweiten Weltkrieg, einer der größten Katastrophen, die Europa im 20. Jahrhundert erschüttert haben, war es uns möglich, so etwas wie eine stabile Demokratie, auf die wir heute so stolz sind, nachhaltig einzuführen.

Dabei ist der Kapitalismus durchaus mit diesen politischen Systemen zu vergleichen, denn er ist ein Instrument, das Macht in Form von Geld verteilt und in wenigen Händen konzentriert. Die einzigen, die von jedem Krieg profitiert haben, sind daher auch stets die Kapitaleigner gewesen, die auch den Zusammenbruch des Kaiserreiches, oder des Naziregimes überstanden.

Ist nun also eine weitere Katastrophe notwendig, bevor wir die dringend gebotenen Änderungen vornehmen können? Muss es erst zu gewaltigen Fluchtbewegungen und Hungersnöten kommen? Zu Überschwemmungen und Hurrikanen verheerenden Ausmaßes? Zum Aussterben der Bienen und damit verbundenen Ernteausfällen? Wenn wir es so weit kommen lassen, ist es bereits zu spät.

Doch wenn das System die Ursache ist, wie sollen wir dann einen Wechsel herbeiführen?
Es ist wie mit dem Fortschritt. Denn das System sind in letzter Instanz wir selbst. Wir alle bilden dieses zerstörerische System, wir alle nehmen Teil an dem täglichen Massenmord an unzähligen Menschen, Tieren und Pflanzen. Solange wir dieses System akzeptieren, uns in ihm bewegen, wird keine Zustandsänderung stattfinden.

Aber es sind doch die Politiker und die Reichen, die die Macht haben!

Es mag sein, dass dem so ist. Doch wer hat ihnen diese Macht gegeben? Die Politiker werden von uns in Wahlen legitimiert. Der Souverän sind wir doch selbst, so wird es uns zumindest immer erzählt. Wenn wir diesen Gedanken einmal ernst nähmen, so müssten wir uns selbst legitimieren, über unsere eigenen Angelegenheiten selbst zu entscheiden und diese Dinge nicht zu delegieren, weil sie uns zu lästig sind.

In einer Welt, in der Geld Macht bedeutet, mögen auch jene, die über viel Geld verfügen, mächtig sein. Doch wer schreibt dem Geld die Macht zu? Geld an sich besitzt keinen Wert, ist nur Papier oder Bits und Bytes in einem Computersystem. Geld besitzt auch keine Macht. Es sind wir, die ihm diese Macht über uns einräumen, und damit gestatten wir denen, die über viel Geld verfügen, Macht über uns auszuüben.

Was wäre jedoch, wenn wir die Macht des Geldes nicht mehr akzeptierten? Wenn wir den Wert des Geldes als das entlarvten, was es ist, nämlich ein Schwindel? Wenn diejenigen, die große Mengen dieses Geldes besitzen, nicht mehr in der Lage sind, sich von diesem Geld irgendetwas zu kaufen, eingeschlossen andere Menschen als ihre Diener, ist ihre Macht gebrochen. Daher müssen wir, um das System zu überwinden, zunächst das Geld als Zahlungsmittel ablehnen.

„Doch sollen wir dann wieder zum Tauschhandel zurückkehren?“, höre ich da entsetzte Stimmen fragen.

Gegenfrage: Was wäre schlecht daran? Es hat doch Jahrtausende funktioniert.

Aber das war es nicht, worauf ich hinaus wollte.

Der erste Reflex ist, Geld als Notwendigkeit anzusehen. In einer immer komplexer werdenden Welt brauchen wir doch ein Wertsystem, mit dem wir Waren und Leistungen aus aller Welt bewerten und vergleichen können. Wer jedoch von einer immer komplexer werdenden Welt redet, meint eigentlich die zunehmende Komplexität des menschlichen Zusammenlebens. Diese soll durch ein Wertsystem irgendwie in ein sich wiederholendes Muster verpackt werden, das Vergleiche möglich macht. Doch ganz davon abgesehen, dass wir auf diese Art und Weise anderen Menschen Macht über uns einräumen, frage ich Sie, warum die Gesellschaft zwanghaft immer komplexer werden muss. Resultiert diese Komplexität nicht einzig aus dem kapitalistischen Profitstreben? Nehmen wir die Börse. Hier werden Papiere, die kein Mensch versteht, in höchster Geschwindigkeit digital, also nicht existent, um den Globus gehandelt. Doch erfüllen diese Papiere irgendeinen tatsächlichen Zweck, der irgendeinem Menschen tatsächlich einen Nutzen bringt? Nein, es handelt sich allein um pervertierte Profitgier.

Beispiel Handel: Brauchen wir nicht ein stabiles Wertsystem um Waren aus unterschiedlichen Regionen dieser Welt miteinander zu vergleichen?

Gegenfrage: Brauchen wir die Waren aus den unterschiedlichen Regionen dieser Welt überhaupt? Wenn Deutschland selbst Autos produziert, brauchen wir dann Autos, die in Japan, China oder in den USA hergestellt wurden? Dabei wird noch nicht berücksichtigt, dass das Auto so wie der Individualverkehr ohnehin ausgedient haben müssen.

Natürlich ist jedes Land auf Ressourcen angewiesen, die es im eigenen Land nicht abbauen kann. Der Austausch dieser ist auch keine neue Entwicklung des Kapitalismus, sondern wurde schon vom Anbeginn menschlicher Zivilisationen an betrieben. Doch der Kapitalismus hat diesen Warenaustausch auf eine neue, wahnsinnige Stufe getrieben, indem multinational agierende Konzerne qualitativ gleichwertige Waren, wie zB. Automobile, austauschen. Handel hat sich somit von seinem eigentlichen Auftrag, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, weit entfernt, und dient nur noch der Aufrechterhaltung einer Kapitalverwertungsmaschinerie.

Brauchen wir Erdbeeren im Winter, die irgendwo in Südafrika im Gewächshaus gezüchtet wurden? Brauchen wir Bananen aus Südamerika? Brauchen wir Kleidung aus Bangladesch, noch dazu Kleidung, die so billig produziert wird, dass man sich jede Saison neue anschaffen muss? Brauchen wir jedes Jahr ein neues Smartphone?

Handel ist zu großen Teilen schlichtweg überflüssig, dient ebenso einzig dem Profitstreben, daher brauchen wir auch für diesen kein vergleichendes Wertesystem, da schlichtweg Handel in diesem Ausmaß nicht notwendig ist. Er könnte, in einem ersten Schritt, auf das wirklich notwendige Maß begrenzt werden.

Also das ist jetzt aber protektionistischer Nationalismus, wie ihn Trump propagiert!
Mal ganz davon abgesehen, dass Protektionismus im Welthandel die einzige Möglichkeit ist, die heimische Wirtschaft nicht dem totalen Ausverkauf auszuliefern, stelle ich aber auch den Gedanken einer Nation in Frage. Im momentan vorherrschenden, auf Profitsteigerung ausgerichteten, globalen Kapitalismus hat der Standortnationalismus längst Einzug in alle Länder gehalten. Jedes Land versucht, sich so attraktiv für die sogenannten Investoren zu machen wie nur möglich. So werden Sozialstandards ignoriert oder gleich abgebaut, Steuerschlupflöcher nicht geschlossen oder Umweltgesetze aufgeweicht, sodass Unternehmen rücksichtslos produzieren können.

Daher stelle ich das ganze System des Welthandels in Frage, bei dem nur derjenige profitiert, der am rücksichtslosesten zu produzieren in der Lage ist. So werden Ressourcen wie Öl, Kohle und Erze quer durch die Welt verschifft, um am anderen Ende der Welt verbraucht oder weiterverarbeitet zu werden, um dann, als Ware, wieder quer durch die Welt verschifft und schließlich an den Endkunden verkauft zu werden. Allein die Emissionen, die bei diesem überflüssigen Hin und Her entstehen, wirken verheerend. Die Verarbeitung der Ressourcen und der Betrieb der Verkaufsstätten verschlingen weiterhin gewaltige Mengen an Energie, die unter riesigem Aufwand aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird.

Aber wir haben doch emissionsfreie Atomkraftwerke!

Emissionsfrei mögen sie sein, doch die Materialien, die für die Erzeugung der Energie benötigt werden, strahlen für Millionen von Jahren, für diese Zeitspanne ist eine sichere Endlagerung gar nicht zu gewährleisten. Was es bedeutet, wenn sich ein Unfall in einer Endlagerstätte oder einem Kraftwerk ereignet, haben wir in Fukushima gesehen.

Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass der Überfluss, in dem wir leben, der Vergangenheit angehört. Auch regenerative Energien ändern daran nichts. Statt andere Wege zu finden, unsere Energien zu produzieren, müssen wir unseren Verbrauch drastisch reduzieren. Wir können nicht weiterhin jede Nacht den halben Planeten taghell erleuchten, können nicht in Kaufhäusern die Klimaanlagen im Sommer und die Heizungen im Winter auf höchster Stufe aufdrehen, nachts geschlossene Läden beleuchten. Weiterhin können wir nicht weiter wahllos Waren produzieren und hemmungslos konsumieren. All das ist Verschwendung, die uns dahin gebracht hat, wo wir nun sind: Kurz vor dem Abgrund.

Doch es gibt Hoffnung. Wenn man bedenkt, dass 70 Prozent der Welternährung auf 30 Prozent der globalen Anbauflächen in kleinbäuerlichen Strukturen angebaut wird, dann ist das ein Silberstreif am Horizont. Da beginnt man sich auch zu fragen, was denn auf den restlichen 70 Prozent industriell angebaut wird, das uns Menschen gar nichts nutzt. Biotreibstoffe zum Beispiel. Dafür gehen wertvolle Anbauflächen verloren, werden Regenwälder gerodet und die Böden verödet, was zu einer Desertifikation führt, die unsere Anbauflächen immer weiter schrumpfen lässt. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung.

Wenn wir also einen zukunftsfähigen Planeten haben wollen, müssen kleinbäuerliche Strukturen gefördert und ausgebaut und weitere aufgebaut werden. Diese dürfen in keinem Wettbewerb zueinander stehen, sondern müssen solidarisch zusammenarbeiten, um ihrem Zweck, der Ernährung der Menschen, zu dienen. Dabei können sie auf jede Form von Gift vollkommen verzichten, haben das Jahrtausende lang getan, und die Menschheit hat es trotzdem überlebt.

Wenn wir Geld als Wertesystem nicht mehr akzeptieren, wird auch die industrielle Landwirtschaft zugrunde gehen, während die solidarische, kleinbäuerliche aufblühen und die Effekte eines untergehenden Systems abfedern kann. So können bislang industriell genutzte Flächen auch renaturiert oder von Kleinbauern übernommen werden. Die Landwirtschaft ist der Sektor, der das Überleben der Menschheit sicherstellt, und wie dieser geführt wird, hat Einfluss auf Gesellschaft, Mensch und Umwelt. Kleinbäuerliche Strukturen, die solidarisch zusammenarbeiten, sind somit schon heute das Rückgrat eines Systemwandels.

Doch auch die Industrie wird mit dem Abschaffen des Geldes untergehen. Dann können wir uns endlich Gedanken darüber machen, welche Waren tatsächlich wichtig und notwendig sind und welche wir als überflüssig für immer abschaffen können. Es wird nicht viel übrig bleiben, für das wir noch eine Industrie brauchen.

Autos, Smartphones, Fernseher, all diese Dinge können abgeschafft oder ihre Produktion zumindest stark reduziert werden, da wir nicht jedes Jahr ein neues Endgerät benötigen, und da keine Profitinteressen mehr bestehen, ist es auch möglich, diese Geräte auf Langlebigkeit und Reparierbarkeit auszurichten. Natürlich gibt es weiterhin Industrie. Zum Beispiel muss ein umfassendes Personennahverkehrssystem geschaffen werden, welches das bislang vorherrschende Automobil ersetzt und Stadt und Land umweltfreundlich und emissionsarm miteinander verbindet. Doch wird diese Industrie sehr reduziert werden müssen und zudem nicht in der Hand weniger Menschen liegen dürfen, sondern im Eigentum eines jeden Einzelnen.

Wichtig ist, dass wir Versorgungskreisläufe kommunalisieren, so wie auch die politische Verwaltung kommunalisiert werden muss. Regionale Versorgung ist ein wichtiger Schlüssel, wie lange Transportwege vermieden und damit ein großer Teil des Verkehrs aber auch des Verpackungsmaterials überflüssig werden.

All das liegt näher, als wir glauben. Schon jetzt gibt es Initiativen für solidarische Landwirtschaft, in welchen die beteiligten Menschen den Landwirten das Geld vorstrecken und im Gegenzug über das Jahr hinweg mit den landwirtschaftlichen Erzeugnissen versorgt werden. Der nächste Schritt muss nun sein, ganz auf das Geld zu verzichten. Dabei können verschiedene Landwirte sich auch gegenseitig unterstützen, können die Menschen ihnen unter die Arme greifen und erhalten im Gegenzug ihre Grundversorgung. In Zeiten von Steuern, Pflanzenschutzmitteln und Kunstdünger, die genauso gekauft werden müssen wie die Saat, erscheint das zunächst unvorstellbar.

Doch ist es möglich, patentfreie Sorten anzupflanzen, deren Samen man nur einmal bekommen muss, aus deren Erzeugnisse man dann das Saatgut für die nächste Saison gewinnt. Zudem gibt es natürliche Arten des Pflanzenschutzes. Die Menschheit hat Jahrtausende ohne Chemie ihre Äcker bewirtschaftet, und erst seit wir Chemie einsetzen, haben sich die Folgeprobleme wie zunehmende Krankheiten, Umweltverschmutzung et cetera exponentiell vermehrt. Die Landwirtschaft muss sich also aus dem Klammergriff der Chemiekonzerne befreien und unabhängig von jeder äußeren Quelle werden.

In einem System, das komplett selbstverwaltet funktioniert, gibt es auch keine Steuern mehr, die zu zahlen sind, gibt es ja nicht einmal mehr Geld.

Dadurch, dass wir die Wirtschaft von Profiterwartungen entkoppeln und wieder ihrem ursprünglichen Zweck zuführen, die Menschheit angemessen zu versorgen, nehmen wir ihr den Zwang zum Wachstum und verhindern so die schlimmsten Auswirkungen auf Mensch und Natur.
Auch kann und muss jeder Mensch bei sich selbst anfangen. Erst wenn sich die Menschen ändern, kann sich auch das System wandeln. Daher wäre es ein erster Schritt, sich zu fragen, was man wirklich zum Leben benötigt.

Auch die Vermeidung von Müll ist ein erster Schritt auf dem richtigen Weg. Waren unverpackt zu bekommen, ist schwierig, aber nicht unmöglich. Mit ein bisschen Suche im Internet lassen sich auch Möglichkeiten finden, Verbrauchsgüter wie Kosmetik mit einfachsten Mitteln und viel preisgünstiger sowie umweltverträglich selbst herzustellen. Das mag am Anfang schwierig wirken, aber nur, weil es der gängigen Routine widerspricht. Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, wird es zur Normalität. Auch Einwegprodukte zu verwenden, kann man vermeiden. Das sind alle Dinge, die nach einmaligem Gebrauch weggeworfen werden. Das beste Beispiel dafür ist der Plastiktrinkhalm, den man ärgerlicherweise in jeder Bar ungefragt in sein Getränk bekommt.

Zudem ist es auch möglich, sich gegenseitig zu unterstützen. In einer Gesellschaft der Vereinzelung erscheint es abwegig, andere Menschen um Hilfe zu bitten oder Hilfe anzubieten. Doch gemeinsam lässt sich so viel mehr erreichen als alleine. So können Ideen zu einem besseren, abfallfreieren Leben ausgetauscht oder gemeinsam Projekte beispielsweise für eine solidarische Landwirtschaft angestoßen werden. Gemeinsam lässt sich der Ausstieg aus dem System bewerkstelligen, nicht jedoch alleine.

Wir haben allerdings nicht mehr ewig Zeit. Daher sollten wir jetzt anfangen.

Felix F.; Jahrgang 1992, ist ein kritischer und bisweilen belustigter Beobachter des alltäglichen Wahnsinns der medialen Hysterie. Hauptberuflich ist er besorgt um den Zustand der Demokratie und des Planeten im Allgemeinen, als Hobby studiert er Jura. Gerne würde er sich aus jeder öffentlichen Debatte heraushalten und die Menschheit sich selbst überlassen, kann aber dem natürlichen Drang, seine Meinungen und Ansichten in Worte zu kleiden, nicht widerstehen.

Quellen und Anmerkungen:

(1) http://drbendig.de/2017/03/31/gekaufte-wissenschaft-monsanto-bezahlt-studien-die-die-harmlosikgkeit-von-glyphosat-nachweisen-sollen/; http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2017-10/glyphosat-monsanto-wissenschaftler-bestechung-eu-kommission

(2) http://www.raiffeisen.com/news/artikel/30383376; http://www.tagesspiegel.de/wissen/studie-dramatischer-insektenschwund-in-deutschland/20472776.html
Rubikons Jugendredaktion

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