Beiträge von Roland Rottenfusser

Kazuo Ishiguro: Die schöne Traurigkeit der Hingabe

Kazuo Ishiguro

Wie soll man zusammenfassend über einen Autor schreiben, dessen Werke manchmal an Jane Austen, manchmal an Franz Kafka und manchmal an J.R.R. Tolkien erinnern? Der Anglo-Japaner Kazuo Ishiguro durchwandert mit jedem seiner Bücher eine andere literarische Welt, und jeder seiner „Ausflüge“ gelingt ihm. Dafür wurde der 63-jährige in diesem Jahr mit dem Nobelpreis ausgezeichnet – keine unumstrittene Entscheidung, aber eine interessante. Ishiguros Werk strahlt eine schöne Traurigkeit aus, die aus Hingabe, ja Hinnahme widriger Schicksalsumstände erwächst. Damit bieten seine bisher acht Romane einen reizvollen Kontrast zum Heroismus der Willensstärke, der für unsere westliche Kultur typisch ist. (Roland Rottenfußer) (mehr …)

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«Die Fackel wegwerfen, wenn das Feuer entfacht ist»

Gemälde: “Mandelblüten”, Van Gogh

Mystik als Religionskritik. “Sola fide” (nur durch den Glauben) und “sola scriptura” (nur durch die Heilige Schrift) kann der Mensch nach Martin Luther die Erlösung erlangen. Ausgeklammert bleibt dabei der direkte, erlebnishafte Zugang zum göttlichen Urgrund, wie ihn die Mystik vertritt. Es gab schon immer Konflikte zwischen Mystik und institutioneller Glaubensreligion, unter dem Deckel gehalten allenfalls durch die Angst der Mystiker vor Verfolgung. Wer einen eigenen frischen Zugang zur “Quelle” hat, möchte sich das zu Glaubende nicht gern von vermeintlichen Wahrheitsbesitzern vorschreiben lassen. Kritik an den Sündenverwaltern, an Glaubenstyrannei und repressiven “Zugehörigkeitssystemen” ist daher bei geistig unabhängigen spirituellen Menschen keine Seltenheit. (Roland Rottenfußer) (mehr …)

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Kollektivschuld – der unverstandene Schatten

Flagellantenprozession

Niemand würde ernsthaft behaupten, ein Neugeborenes sei persönlich für die Verbrechen der Nazis verantwortlich. Ebenso wenig sind Normaldeutsche für Goethes „Faust“ oder den Gewinn der Fußball-WM zu rühmen. Das Denken in Kollektiven – eigentlich ein Ladenhüter der Geistesgeschichte – wirkt aber in vielerlei Form in uns weiter, zumindest unbewusst. Davon betroffen sind z.B. auch das Verhältnis zwischen Mann und Frau und religiöse Konzepte wie das der Erbsünde. Die Kollektivschuldthese raubt Menschen viel von ihrem Selbstvertrauen und entzieht ihnen unterschwellig Energie. Umso erstaunlicher, dass die eifrigsten Verfechter dieser These oft Angehörige der „Täterkollektive“ sind. Sie wollen sich durch Vorwürfe gegen „alle“ selbst von einer Schuld befreien, die sie niemals hätten tragen müssen. Fühlen wir mit den Opfern und übernehmen wir Verantwortung für die Zukunft. Aber verscheuchen wir einen lähmenden Schatten, aus dem nichts Konstruktives und Heilsames erwachsen kann. (Roland Rottenfußer) (mehr …)

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Freundschaft ist Arbeit, bei der man sich entspannen kann

Jugendliche Freunde – Netflix-Serie “Stranger Things”

„Um Liebe muss man kämpfen, Freundschaften müssen irgendwie von allein immer da sein“. Ist das so? Viele Menschen nehmen das Befreundetsein zu leicht, vernachlässigen Freundschaften und scheitern immer wieder an ihnen. Man muss sich mit Freunden Mühe geben, ohne sich an ihnen abzumühen. Dann sind sie ein großer Reichtum. Jedes Freundespaar ist anders, und doch gibt es ein paar grundlegende Dinge, die man über die „zweitschönste Sache der Welt“ wissen sollte, damit sie gelingt. Roland Rottenfußer beschreibt hier u.a. die verschiedenen Lebensphasen der Freundschaft. (mehr …)

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«Twin Peaks» – das Mysterium kehrt zurück

Wer ermordete Laura Palmer?

„Dieser Film folgt der Logik eines Traums – eines Alptraums“ heißt es im Vorspann zu Orson Welles „Der Prozess“. Über die verstiegen-surrealen Filme von David Lynch kann man ähnliches sagen. Mit „Blue Velvet“, „Wild at Heart“ und „Mullholland Drive“ war Lynch stilbildend mit seiner Melange aus Kitsch, Kult und Kunstkino. Vor allem auch mit der Serie „Twin Peaks“, die Anfang der 90er nicht nur für die Mystery-Welle Pate stand, sondern auch aktuell für die Welle hochklassiger Serienproduktionen mit fortlaufender Handlung. Ab Mai diesen Jahres läuft jetzt die dritte Staffel in den USA. Vor der deutschen Ausstrahlung können wir viel erwarten, nur eines nicht: eine befriedigende Auflösung aller Rätsel. (Roland Rottenfußer) (mehr …)

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Politisch erwachsen werden – jetzt!

Basisabstimmung in einer Schule

Volksabstimmungen im Bund führen nicht automatisch zu „richtigen“ Entscheidungen – aber es wären endlich die Richtigen, die entscheiden. Nicht nur Politiker, auch viele „Normalbürger“ lehnen Plebiszite auf Bundesebene mit der Begründung ab, es könne in der Folge eine Politik gemacht werden, die der eigenen Auffassung widerspricht. Diese Abwehrhaltung wird verstärkt durch den umstrittenen Brexit und natürlich durch den sich derzeit ausbreitenden Rechtspopulismus. Es ist aber zu kurz gedacht, wegen einiger befürchteter Fehlentscheidungen zuzulassen, dass uns „Polit-Profis“ weiterhin fürsorglich entmündigen. Letztlich könnte fast jedes Argument gegen Volksabstimmungen auch gegen die Demokratie selbst ins Feld geführt werden. In Demokratien können Fehler passieren, alle anderen Systeme sind jedoch selbst der Fehler, weil sie in anmaßender Weise Menschen von Entscheidungen ausschließen, die das Gemeinwesen betreffen. (Roland Rottenfußer) (mehr …)

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«Erzeugen Sie eine Volksstimmung und behaupten Sie dann, diese nur widerzuspiegeln».

Unser Informant schanzte uns ein Foto des Hauptverschwörers Trutz Eichner zu.

Die Wahrheit über den deutschen Kampagnenjournalismus am Beispiel der Niedersachsenwahl. Wir ahnten ja schon längst, dass es bei den Mainstream-Medien nicht mit rechten Dingen zugeht. (Das heißt: mit rechten mitunter schon, aber keinesfalls mit linken Dingen.) Da wird manipuliert, werden Kampagnen ausgetüftelt und fast flächendeckend im Volk verbreitet, werden Fakten verdreht oder verschwiegen, wird auch auf interne Diskussionsprozesse in den politischen Parteien Einfluss genommen, da man zu Recht annimmt, dass Politiker die großen Magazine und Fernsehsendungen beobachten. Was bisher nur ein Gerücht war, konnte nun endlich bewiesen werden. Whistleblower schanzten „Hinter den Schlagzeilen“ ein geheimes Papier zu. Der Inhalt: Dienstanweisungen des neoliberalen Thinktanks „Initiative Neue Soziale Eigenverantwortung“ (INSE) an alle eingebetteten Print-, Rundfunk-, Fernseh- und Onlinemedien aus Anlass der Niedersachsenwahl vom vergangenen Sonntag. Ein erschütterndes Dokument, das manches erklärt, was in Deutschland so abläuft. (Roland Rottenfußer) (mehr …)

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Spiritueller Kapitalismus

“Opfer für die Göttin Vesta”, Sebastiano Ricci

Im spirituellen Ökonomismus wird Religion als Handelsbeziehung zwischen dem Menschen und einer kosmischen Macht interpretiert. Wer im Soll ist, muss Ausgleich schaffen; moralisch wie pekuniär müssen wir für alles bezahlen. Spiritueller Kapitalismus ist die Eskalationsstufe dieses Prinzips. Der Alptraum einer untilgbaren Schuld wird entworfen – mit Gott als unersättlichem Gläubiger. Der Protestantismus entstand annähernd in derselben Epoche wie der moderne Kapitalismus und etablierten eine Kultur des Reichen-(Selbst)lobs und des Armen-Bashings. Im neoliberalen Zeitalter wird noch kräftig draufgesattelt. Ein spiritueller Wachstumswahn spiegelt den ökonomischen. Aus dem Prinzip „Gott segnet die Reichen“ wurde: „Das Gesetz der Anziehung gibt jedem, was er verdient.“ Wollen wir diesen Verfallsformen der spirituellen Kultur die Stirn bieten, müssen wir uns auf Werte wie Großzügigkeit und Gnade besinnen und eine Post-Wachstums-Spiritualität etablieren. (Roland Rottenfußer) (mehr …)

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Den Schleier der Lüge zerreißen

Meinungs-Monokultur in Deutschland und die subversive Macht der Minderheiten. Spätestens seit George Orwell wissen wir, dass Sprache – bzw. die Möglichkeit ihrer Verdrehung – ein Machtinstrument erster Güte ist. Die „Wahrheitsministerien“ unserer Zeit leisten im Moment ganze Arbeit. Mit dem Slogan „Sozial ist, wer Arbeit schafft“ könnte sich wohl auch ein Sklavenhalter aus den Zeiten von „Onkel Toms Hütte“ rechtfertigen. Und mit dem Schlagwort „mutige Reformen“ verschleiern Politiker ihr feiges Zurückweichen vor der Macht des internationalen Finanzkapitals. Die indische Schriftstellerin Arundhati Roy spricht von einem „geistigen Kollateralschaden durch gezielten Sprachmissbrauch.“ Roland Rottenfußer meint, dass wir trotzdem nicht verzagen sollten. (Roland Rottenfußer) (mehr …)

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«Kein rechtes Herz für’s Vaterland»

Konstantin Weckers Auseinandersetzung mit dem Wiedererwachen nationalistischer Gefühle während der Wendezeit 1989/1991 war beispielhaft. Seine Aussagen und Liedtexte damals zeugten von Standfestigkeit und Weitblick. Sie können uns auch heute noch inpirieren, in einer Zeit, in der es scheinbar nichts Wichtigeres zu klären gibt als die Frage, ob ein “gesunder Patriotismus” uns 72 Jahre nach Kriegsende nicht guttäte. Konstantins Antwort: So etwas wie einen harmlosen Patriotismus gibt es nicht. Seine Begründung: dem neonationalistischen Rausch folgte ein fürchterlicher Kater in Gestalt von Ausschreitungen gegen Asylbewerberheime. Roland Rottenfußer hat das Thema “Konstantin Wecker und die Wiedervereinigung” in einem Abschnitt der Biografie “Konstantin Wecker: Das ganze schrecklich schöne Leben” dargestellt. (mehr …)

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