Die Charta der Grundrechte der EU und deren Einhaltung

 In FEATURED, Politik

Im Jahr 2000 haben die EU-Institutionen eine Charta der Grundrechte der EU erlassen, die gegenüber der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, wie sie vom Europarat verabschiedet wurde, dem zeitlichen Stand entsprechend erweitert, konkreter gefasst sind und insbesondere als Voraussetzung zum Beitritt zur EU gelten soll; natürlich sollte sie erst recht für die Mitglieder der EU gelten. Wie sieht es mit der Einhaltung dieser Rechtecharta aus? Dieser Frage geht der Autor vor allem am Beispiel Griechenland nach. (Peter Boettel)

Dabei heißt es in der Präambel schon „auf der Grundlage gemeinsamer Werte“ und „…gründet sich die Union auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.“ (Peter Boettel)

  • Unter anderem wird die Todesstrafe verboten, ein Fortschritt gegenüber der Europäischen Menschenrechtskonvention des Europarats.
  • Enthalten sind das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit,
  • das Verbot der Folter und unmenschlicher oder entwürdigender Strafe oder Behandlung,
  • das Recht auf Freiheit und Sicherheit,
  • das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten und deren Verarbeitung nur mit Einwilligung,
  • das Recht auf freie Meinungsäußerung und Freiheit der Medien,
  • die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit einschließlich des Rechts auf Bildung von Gewerkschaften,
  • das Recht auf Bildung und auf Arbeit. Staatsbürger von Drittländern haben Anspruch auf gleiche Arbeitsbedingungen wie Unionsbürgerinnen und Unionsbürger.
  • Das Asylrecht und der Schutz vor Abschiebung und Ausweisung, wenn für die Person das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder eine andere unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung besteht.
  • die Gleichheit vor dem Gesetz und das Diskriminierungsverbot sind ebenfalls enthalten wie
  • die Achtung der Vielfalt der Kulturen und Sprachen,
  • auch hat jedes Kind Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkten Kontakte zu beiden Elternteilen.
  • Ausdrücklich erwähnt sind auch das Recht von Arbeitnehmervertretern, Tarife auszuhandeln und und zu vereinbaren sowie kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen einschließlich Streiks zu ergreifen,
  • das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen und das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.
  • Das Verbot der Kinderarbeit gehört dazu wie
  • das Recht auf Zugang zu den Leistungen der sozialen Sicherheit, der Gesundheitsvorsorge und ärztlicher Versorgung.
  • Aktuell ist auch die Regelung, nach der die UnionsbürgerInnen das Recht auf Zugang zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission haben.

Wie ist in diesem Zusammenhang die Demütigung von EU-Mitgliedstaaten, insbesondere Griechenlands, im Verhältnis zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu sehen?

  • Bereits die vorsätzliche Absenkung von Löhnen, Gehältern und Renten mit der Folge von bitterer Armut, Zunahme von Krankheiten und Freitod aus Verzweiflung verstößt gegen Art. 1 der Charta, der die Würde des Menschen für unantastbar erklärt und gleichzeitig gebietet, diese zu achten und zu schützen.

Die Machthaber der EU praktizieren jedoch das genaue Gegenteil.

  • Art. 6 garantiert für jede Person Freiheit und Sicherheit; dieser Schutz kann im Falle einer öffentlichen Armut nicht mehr gewährleistet werden.
  • Das Recht auf Bildung und Sicherstellung der Kindererziehung in Art. 14 kann durch die Senkung der Löhne nicht mehr in Anspruch genommen werden, weil viele Eltern sich eine Weiterbildung und teilweise eine Unterrichtung der Kinder nicht mehr leisten können.
  • Ebenso ist das Recht auf Arbeit nach Art. 15 durch herbeigeführte Pleiten mangels Kaufkraft der Kunden sowie durch zahlreiche Privatisierungen und infolge der Verpflichtung des Staates, Arbeitskräfte einzusparen, ad absurdum geführt.
  • Sowohl die Rechte der Kinder zur Nutzung öffentlicher Einrichtungen wie auch die Rechte der älteren Menschen auf ein würdiges und unabhängiges Leben sind außer Kraft gesetzt worden. Viele Ältere müssen ihre Familie mit ihren Renten ernähren, womit ihr eigenes unabhängiges Leben eingeschränkt ist.
  • Mit der Aushebelung der Tarifverträge ist das kollektive Arbeitsrecht nicht mehr existent; zusätzlich wurden die in der Charta vorgeschriebenen Höchstarbeitszeiten aufgehoben.
  • Art. 34, der die soziale Sicherheit und Unterstützung in Fällen der Mutterschaft und Krankheit, bei Arbeitsunfällen, Pflegebedürftigkeit und dem Verlust des Arbeitsplatzes gewährleisten soll, wird völlig mit den Füßen getreten. Anstatt ihrer Verpflichtung nach Art. 34, Abs. 3 nachzukommen, das Recht und die soziale Unterstützung anzuerkennen und zu achten und eine Unterstützung zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Daseins zu leisten, treibt die Union mit ihren Maßnahmen die Menschen in die Armut.
  • Ebenso ist das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und ärztliche Versorgung völlig ausgehöhlt, wenn die Menschen sich die Ärzte und Medikamente nicht mehr leisten können, die Krankenhäuser ausgeblutet sind und die ärztliche Versorgung ohne ehrenamtlichen Einsatz der Ärzte völlig zusammenbrechen würde.
  • Art. 51 schreibt vor, dass die Organe und Einrichtungen der Union diese in der Charta normierten Rechte zu achten, sich an die Grundsätze zu halten und deren Anwendung zu fördern haben. Besonders diese Vorschrift müsste den Herrn Juncker, Schäuble und Dijsselbloem und anderen Tag und Nacht mitsamt der Verstöße hiergegen vor Augen geführt werden, da sie permanent vorsätzlich das Gegenteil praktizieren.
  • Schließlich verbietet Art. 54 der Charta den Missbrauch der Rechte, wonach keine Bestimmung so auszulegen ist, als begründe sie das Recht, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder stärker einzuschränken als dies in der Charta vorgesehen ist. Doch exakt dies geschieht durch das der griechischen sowie der portugiesischen und spanischen Regierung auferlegte Diktat.

Somit müssten die mit der Gewährung der Finanzhilfen verbundenen Auflagen entsprechend der Aufgabe des EuGH im Rahmen einer Nichtigkeitsklage vom EuGH annulliert werden, weil sie, wie oben beschrieben, gegen die Grundrechte der EU verstoßen!

In gleicher Weise müssten diese Verstöße vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geahndet werden, weil sie ebenso gegen die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verstoßen. Gemäß Art. 33 der EMRK besteht z.B. die Möglichkeit der Staatenbeschwerde, wenn ein anderer Konventionsstaat die Rechte eines Konventionsstaates verletzt; wenn auch die Befugnisse des EGMR gering sind, können doch Entschädigungszahlungen verhängt werden.

Ein solches Verhalten der Europäischen Einrichtungen sowie auch einiger Länder gegenüber den Mitgliedsländern, vor allem Griechenland, ist keineswegs dem europäischen Gedanken förderlich und trägt zum Misstrauen bis hin zur Ablehnung bei.

 

Einen Kommentar hinterlassen

Beginnen Sie mit der Eingabe und drücken Sie Enter, um zu suchen