Feiermaßnahmen gegen die Fremdenfeindlichkeit

 In Kultur, Politik (Ausland)

Logo des Integrationshauses, Wien

Am 24. Februar 2017 findet im Rathaus der 23. Wiener Flüchtlingsball statt. Die Einnahmen dieser schlauen und schönen Charity-Veranstaltung gehen an das wunderbare Integrationshaus Wien. Ein Vorbericht mit aktueller Polemik. (Frank Jödicke, www.skug.at)

Bevor das auch in diesem Jahr wieder feine Programm des Wiener Flüchtlingsballs vorgestellt wird, soll kurz geklärt werden, weshalb die Einnahmen eines Flüchtlingsballs an ein Integrationshaus gehen. Diese Erklärung ist eine willkommene Einladung zu einer kurzen und aktuellen Polemik.

Integriert’s euch gefälligst!
Selbstverständlich hätte das Integrationshaus bei seiner Gründung Haus für Flüchtlinge heißen sollen, dies erschien den zuständigen politischen Stellen jedoch nicht opportun. Eine typische Wortmaskierung, die Not und Elend einer Flucht kaschieren will und damit zugleich den möglichen moralischen Imperativ. Besser, die Sache wird ins »Positive« gewendet, in die »Integrationsleistung«. Damit war vor Jahrzehnten bereits mit der verqueren Benennung dieses guten und sinnvollen Projektes angedeutet, was sich heute immer klarer zeigt. Wir erleben eine Art von allgemeinem Rassismus, der so tief sitzt, dass er kaum noch als solcher erkannt wird. In den Kampagnen von Politik und gewissen Medien werden unermüdlich die Gefahren der Unterschiede gepredigt. Schließlich strömen Menschen nach Österreich, die fremden Kulturen angehören. »Kultur« drückt vornehm aus, was früher einmal »Rasse« genannt wurde. Wer sich mit seiner/ihrer Kultur in Abgrenzung zu fremden Kulturen beschäftigt, kommt zuverlässig immer zum gleichen Ergebnis: der Höherwertigkeit der eigenen.

Folglich muss das Fremde domestiziert werden, indem es integriert wird. Hier liegt die Bringschuld natürlich allein beim Fremden, weil es Eingang in die kulturelle Höhe erbitten muss. Die Superiorität der eigenen Leit- und Hochkultur ist allerdings gar nicht so leicht zu bestimmen, was bereits zu kuriosen Blüten führte. So beauftragte ein österreichischer Integrationsminister einmal Gelehrte mit der Abfassung eines österreichischen Wertekanons. In diesem verzweifelten Stück Beamtenlyrik fand sich nachher, neben einigen Plattheiten, lediglich das verkorkst formulierte ÖVP-Parteiprogramm. (Wer errät, welcher Partei dieser Minister angehört, bekommt vom skug-Team einen Sekt an der Bar spendiert.) Eine andere Blüte liegt darin, dass im Fremden übergenau erkannt wird, was bei den eigenen Leuten unsichtbar bleibt. So kämpft der Boulevard leidenschaftlich gegen die Unterdrückung der verschleierten Frau. Um Karmelitinnen geht es dabei nie, sondern nur um die fremde Muslima. Dass eine Katholikin ihr ganzes Leben hinter Gittern verbringt – nun, wenn sie es so will. Aber die Araberin wird – notfalls gegen ihren Willen – befreit. Ein wichtiger Kampf. Ansonsten gibt es in den neuerkorenen Kampfpostillen der Frauenbefreiung gleich auf der nächsten Seite die entblößten Brüste einer Jus-Studentin zu bestaunen.

Diese Dummheiten sind für das Zusammenleben der Menschen in Österreich kontraproduktiv. Anstelle einer Einladung, die aus der alten Heimat mitgebrachten Vorstellungen zu überwinden, regiert meist der Zwang. Die Wut, mit der Integration zuweilen eingefordert wird, zeigt, dass in den Integrationsmaßnahmen ein Element der Unterwerfung liegt. Dies ist widersinnig für eine Gesellschaft, der Freiheit und Toleranz wichtig sein sollten und die doch eigentlich ihren neuen Bürgerinnen und Bürgern ein demokratisches Selbstbewusstsein wünschen müsste, um echte Pluralität zu schaffen. Stattdessen herrschen Zwang und Unterwerfung, die dazu führen, dass die ausgegrenzten Fremden eine trotzige Abgrenzung ihrerseits suchen, etwa in der Einhaltung archaisch-verblödeter Bräuche. Brillant. Natürlich werden damit genau jene Konflikte heraufbeschworen, die gewisse Kreise politisch auszuschlachten gedenken. Es ist zum Haare-Raufen. Deswegen ist es jetzt dringend geboten, Feiermaßnahmen gegen die Verzagtheit zu ergreifen.

Das Programm
Die Fete heißt zwar »Ball«, kommt aber ohne die üblichen, üblen Begleiterscheinungen eines Balles aus. Zunächst kann sich jede und jeder dort so hübsch machen, wie es ihr oder ihm gefällt (d. h. im Fall des Falles halt auch nicht) und es gibt wenig sinnfrei Zeremoniöses. Kurzum: Der Charme dieses Balles liegt darin, dass er Menschen anzieht, die nie auf einen Ball gehen würden, aber auch solche, die es häufig tun – schließlich ist dem Rathaus seine pompöse Erscheinung an jenem Abend nicht auszutreiben. Meistens schauen auch die »Seitenblicke« vorbei, weshalb eine gewisse Dosis »Bussi-Bababschi-im-Kopfi-leicht-matschi« durchaus vorhanden ist. Die wahren Stars des Abends sind natürlich jene Frauen, Männer und Kinder, die es aus aller Welt nach Österreich geschafft haben und jene Hoffnungen an ein Gemeinwesen noch hegen, das bedauerlicherweise vielerorts in Austria bereits verloren gegangen ist. Manche von ihnen haben Musik mitgebracht, die auf drei verschiedenen Floors erklingt.

Ein paar lobende Erwähnungen:
Fanfare Ciocãrlia gelten als Pioniere des Balkan Brass und der Balkan Beats. Mit ihrer Geschwindigkeit und Dynamik, ihrem Spielwitz und unverwechselbar osteuropäischem Sound haben sich die rumänischen Musiker seit dem Start ihrer internationalen Karriere im Jahr 1997 weltweite Anerkennung erspielt. Alle Mitglieder der Band sind Roma und die Formation gilt als eines der erfolgreichsten Roma-Ensembles Europas. Fanfare Ciocãrlia sind bekannt für ihr schnelles und energetisches Spiel, komplexe Rhythmen und die temporeichen Soli von Klarinette, Saxophon und Trompete die bis zu 200 beats per minute erreichen.

Barcelona Gipsy balKan Orchestra kombiniert tradierte Klezmer- und Gipsy-Einflüsse mit lateinamerikanischen Melodien, katalanischen Elementen, Jazz und Rockabilly zu einem explosiven Liveerlebnis. Nach Touren durch insgesamt 21 Länder lassen sich die virtuosen Musiker rund um Sängerin Sandra Sangiao nun verstärkt durch die balkanischen Musiktraditionen inspirieren: »Balkan-Musik« ist für sie aus einer kaum überschaubaren Reihe musikalischer Traditionen zusammengetragen, seien es nun jene der aschkenasischen und sephardischen Juden, der Gipsys, der Osmanen, der Araber …

Darüber hinaus spielen noch auf:

Skolka
Polkagott
Orges & The Ockus-Rockus Band
Mr. Ambassador Karim Thiam & Band
DD-Band
Die Tanzgeiger
Voices of Refugees & Choriandoli

DJ-Line:
Crème Brûlée
Chilo Eribenne
Brunnhilde Kollektiv

Bitte alle kommen!

Links:
http://www.integrationshaus.at

Fanfare Ciocãrlia
https://www.youtube.com/watch?v=2mHFjJszcpU

Barcelona Gipsy balKan Orchestra: https://www.youtube.com/watch?list=PLS1YEJ4qdaI0w2s2qmlT0Ro1TdcP_c9cj&v=Oztvh92T7Zg

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