Von der Internationale zum Neokommunismus

 In Politik (Ausland), Politik (Inland), Wirtschaft

Die erste Internationale Arbeiterassoziation (IAA) wurde am 28. September 1864 sowohl von sozialistischen, sozialdemokratischen, kommunistischen als auch anarchistischen Gruppierungen und Gewerkschaften in London gegründet. Neben George Odger, Henri Tolain und Edward Spencer Beesly waren europäische Radikale wie Karl Marx, Mikhail Bakunin, Pierre-Joseph Proudhon, Louis Auguste Blanqui und Giuseppe Garibaldi die entscheidenden Schlüsselfiguren, wobei sich bald – nicht zuletzt in der Staats- und Organisationsfrage – eine Polarität zwischen Marx und Bakunin ergab, die schlussendlich 1872 zur Gründung der anarchistischen Internationale führte. Die Folgen dieser Abspaltung sind bis heute spürbar. Erst als die Zweite Internationale mit Beginn des Ersten Weltkriegs zerbrach und die Komintern sozusagen als Dritte Internationale 1919 in Moskau gegründet wurde, war die ursprünglich relativ homogene Radikalität des sozialistischen, sozialdemokratischen, kommunistischen und anarchistischen Antikapitalismus gerade durch diesen Weltkrieg gänzlich zerbrochen. Fünfter und abschließender Teil unserer Karl-Marx-Serie, Erstveröffentlichung auf www.skug.at, Text: Alessandro Barberi.

»At a certain point in his thinking Marx needed the Paris Commune in order to make the leap and conceive communism in concrete terms as an effective alternative to capitalist society.«

Michael Hardt/Antonio Negri, »Empire« (2000)

»Wir müssen noch »Volk«, »Arbeiter«, »Abschaffung des Privateigentums« etc. sagen können, ohne in unseren eigenen Augen als altmodisch dazustehen.«

Alain Badiou, »Die kommunistische Hypothese« (2001)

Die (alte und die neue) Internationale

Die erste Internationale Arbeiterassoziation (IAA) (International Workingmen’s Association), wurde am 28. September 1864 sowohl von sozialistischen, sozialdemokratischen, kommunistischen als auch anarchistischen Gruppierungen und Gewerkschaften in London gegründet (Abendroth 1988: 97–105). Neben George Odger, Henri Tolain und Edward Spencer Beesly waren europäische Radikale wie Karl Marx, Mikhail Bakunin, Pierre-Joseph Proudhon, Louis Auguste Blanqui und Giuseppe Garibaldi die entscheidenden Schlüsselfiguren, wobei sich bald – nicht zuletzt in der Staats- und Organisationsfrage – eine Polarität zwischen Marx und Bakunin ergab (Bakunin 2004), die schlussendlich 1872 zur Gründung der anarchistischen Internationale führte (Brupbacher 2016). Die Folgen dieser Abspaltung sind bis heute spürbar. Erst als die Zweite Internationale mit Beginn des Ersten Weltkriegs zerbrach und die Komintern sozusagen als Dritte Internationale 1919 in Moskau gegründet wurde, war die ursprünglich relativ homogene Radikalität des sozialistischen, sozialdemokratischen, kommunistischen und anarchistischen Antikapitalismus gerade durch diesen Weltkrieg gänzlich zerbrochen. Dabei ist das Problem mit der heutigen Sozialistischen Internationale (SI unter dem Vorsitz von Giorgos A. Papandreou, die 1951 in Frankfurt am Main im Rekurs auf die Zweite Internationale neu gegründet wurde), nicht nur, dass sie keine Wirksamkeit besitzt, sondern auch, dass sie sich im Grunde durchwegs auf den sog. Dritten Weg (Giddens 1999) eingeschworen hat, um sich – nach der Niederlage des Realsozialismus – zwischen bzw. jenseits von Kapitalismus und Sozialismus zu positionieren und damit die Faktizität der Klassenkämpfe zu leugnen. Dabei bestand Giddens grundlegende Kritik an der Idee des Sozialismus darin, mit einem hochgradig defensiven Argument zu betonen, dass »sie die Innovations-, Anpassungs- und Produktivitätssteigerungsfähigkeit des Kapitalismus unterschätzte« (ebd.: 15). Kurz zusammengefasst: Giddens wollte zwischen den staatlichen Eingriffen in den sozialen und ökonomischen Bereich (klassische Sozialdemokratie mit Keynes) und dem schlanken Staat (Thatcherismus und Neoliberalismus mit Hayek) vermitteln, was heute theoretisch und praktisch als gänzlich gescheitert bezeichnet werden muss. Es gibt im Kapitalismus Antagonismen, die eben nicht vermittelt werden können, sondern klassenbetont ausgefochten werden müssen, um die »Hegemonie« der progressiven sozialistischen Kräfte zu erreichen (Laclau/Mouffe 2001).

Dabei war Giddens Buch nur der intellektuell zusammengefasste Endmäander einer von den sozialdemokratischen Parteien direkt nach dem Fall der Mauer ohnehin politisch eingeleiteten Abkehr vom Sozialismus, der keineswegs nötig gewesen wäre. Welchen Anlass hatten die Sozialistische Internationale und die am Vortag noch sozialistischen Parteien der Sozialdemokratie gehabt, sich nach dem Zerfall der Komintern vom Demokratischen Sozialismus ihrer eigenen Geschichte zu verabschieden? Genau das aber hatten die (sozial-)demokratischen Parteien von Bill Clinton, Tony Blair, Lionel Jospin, Gerhard Schröder oder Franz Vranitzky schon ohne Giddens fertiggebracht und damit tatkräftig den Kapitalismus gerade in der Wirtschaftspolitik als Neoliberalismus affirmiert und weiters die Traditionen und »Visionen« des Sozialismus diffamiert und zerstört. Dahingehend hat sich etwa die SPÖ gänzlich von ihrer eigenen Tradition verabschiedet und u. a. der KPÖ Diskussionen über den Austromarxismus (auch in der Geschichte der SPÖ) überlassen (Baier 2008; KPÖ Graz 2007). Ausgehend von der theoretischen und praktischen Schwäche der Sozialistischen Internationale ist mithin eine Neue Internationale ins Auge zu fassen, die auf globaler Ebene langfristig alle Lohnabhängigen zusammenschließt. Was wäre aber im positiven Sinne die Ideologie dieser Neuen Internationale? Sozialdemokratismus, Demokratischer Sozialismus oder – wie neben anderen Michael Hardt, Antonio Negri, Alain Badiou und Slavoj Žižek vorschlagen – ein neuer Kommunismus?

Sozialdemokratismus

Für Österreich gilt: einzig und allein die große Tradition des Austromarxismus (Pfabigan 1989) war für die Erfolge der ehedem sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ) verantwortlich. Von Victor Adler (Misik 2016) über Otto Bauer (Amon/Teichgräber 2010) und Max Adler (Helwing 2016) war der Austromarxismus gleichsam im Kopf Bruno Kreiskys zu einem Höhepunkt des Musilschen Möglichkeitssinns und im Nachhinein betrachtet (man denke an Hannes Androsch und Josef Cap) auch zu seinem Ende gelangt (Petritsch 2010). Die absolute Mehrheit Kreiskys in den 1970er-Jahren war historisch betrachtet der Gipfelpunkt der jahrzehntelangen durch den Faschismus fast zerschlagenen Klassenkämpfe der österreichischen Arbeiter*innenbewegung-Kämpfe, um die Otto Bauer sehr genau wusste (Bauer 1970) – und entsprach einer »Diktatur des Proletariats« im Sinne einer demokratischen Republik und nichts anderes hatte Friedrich Engels gemeint: Dem anti-demokratischen reaktionären – konservativen und faschistischen – Klassenfeind muss die Demokratie und Republik strategisch diktiert werden. Machbar war indes in Österreich – und in allen Politikbereichen – nur eine bürgerliche Revolution, die mit erstaunlicher Verspätung umgesetzt wurde. Deshalb sind aus österreichischer Perspektive im Grunde auch heute noch die begrüßenswerten Positionen von Bernie Sanders und Jeremy Corbyn Minimalvarianten dessen, was u. a. in der österreichischen Geschichte des Austromarxismus die linke Tradition des Demokratischen Sozialismus im Sinne des Keynesianismus gewesen ist, da dieser wenigstens eine sanfte Stauchung der Klassenkämpfe (Annäherung des Gegensatzes von Kapital und Arbeit) mit sich brachte und insofern dem Historischen Materialismus zumindest teilweise entsprach. Links von dieser Position war aber und ist immer noch viel Platz, wenn man wuchtiger und revolutionärer davon ausgeht, dass auch der Keynesianismus nur ein Hinauszögern von Klassenkämpfen gewesen ist, die mit der reaktionären contre-attaque auf den Sozial- und Wohlfahrtsstaat erst recht explodierten. Deshalb ist der aktuelle Sozialdemokratismus, im politischen Sinn des Austromarxismus gemessen, an der eigenen Tradition ein brachialer Revisionismus, der schon vom Demokratischen Sozialismus gelockert von und mit links überholt werden kann.

Demokratischer Sozialismus

Interessant bleibt angesichts des Faschisten Donald Trump, dass hinsichtlich der amerikanischen Verhältnisse eine ebenfalls verdrängte Tatsache mit Bernie Sanders wieder bewusst wurde: Franklin Delano Roosevelt kann im hier genannten Sinne als Demokratischer Sozialist bezeichnet werden, dessen New Deal eindeutig mit dem Sozial- und Wohlfahrtsstaat ein »Golden Age« in der amerikanischen Geschichte hervorgebracht hat. Genau dieser Umstand führte Bernie Sanders 2015 unter Applaus seines Publikums und mit großen Sympathien einer Generation jüngerer Amerikaner*innen dazu, deutlich zu machen, dass Amerika unter Berufung auf Roosevelt einen Demokratischen Sozialismus nötig hat (Sanders 2015). Dies war nach der Anpassung der demokratischen Partei an die Wirtschaftsdirektive(n) des Neoliberalismus – mit den Marionetten der Wall Street Bill und Hillary Clinton – eine klare zukunftsoffene Rückkehr zu den roots der Demokraten in der amerikanischen Arbeiter*innenbewegung, die strukturhomolog zum Erfolg von Jeremy Corbyn in Großbritannien zu sehen ist. Und sicher, gemessen am Neoliberalismus und der Verteidigung des Sozialstaats (health care system) ist dieser Demokratische Sozialismus in Rekurs auf Adam Smith, Karl Marx und John Maynard Keynes (Herrmann 2016) – und eben nicht Ludwig von Mises, Friedrich August von Hayek, Milton Friedman und den Chicago Boys – eine Durchkreuzung der angeblich so »neuen« New Labour, die etwa Corbyn parteiintern als veraltet erscheinen lassen wollte, obwohl sie es war, die historisch hinter die bereits erreichten Standards der sozialistischen Politik zurückgefallen ist. Und der Klassenverräter Tony Blair wütete, als der Sozialist Jeremy Corbyn Parteivorsitzender der Labour Party wurde …

Neokommunismus

Deshalb ist es in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass nach der Kommunitarismusdebatte (Haus 2003; Reese-Schäfer 1995; Taylor 1996) parallel zum genannten Komplex des Dritten Wegs – unter bestimmten Bedingungen – auch die Aufrechterhaltung des roten Fadens des Kommunismus angedacht wurde. Vermutlich inspiriert durch das Redigieren seiner Beiträger*innen und durch einige Aufenthalte in Frankreich, wo Mitterand mit Kommunist*innen regierte, kam vor bereits über 20 Jahren der deutsche Herausgeber Joseph Vogl in der Einleitung zum herausragenden Band »Gemeinschaften. Positionen zu einer Philosophie des Politischen« (1994) gemeinsam mit den von ihm herausgegebenen Autor*innen auf einen anarchischen und partikularistischen Begriff des Kommunismus zu sprechen:

»Dieser Kommunismus [sic! A. B.] schließt sich von jeder gegebenen Gemeinschaft aus und artikuliert eine Kraft, mit der sich die Partikularität in die Gesellschaft exponiert; er artikuliert eine Unterbrechung, die die konstitutive Schwäche und das Paradox einer demokratischen Politik hervortreibt, bejaht und konkretisiert: daß ihr gültiger Anspruch nur im Widerstreit mit sich selbst, an den Abbruchrändern des Universellen und in der Kontingenz des Ereignisses überlebt.« (Vogl 1994: 23–24)

Aus heutiger Sicht wäre gerade hinsichtlich der Kommunitarismusdebatte die Frage zu stellen, wie das Kommunitäre des Kommun(itar)ismus sich selbst von jeder Gemeinschaft ausschließen kann, wenn es sich denn als schlagkräftiges Kollektiv und organisierte Commune konstituieren soll, um im Klassenkampf organisatorisch aktiv und effektiv werden zu können. Dieses Problem stellt sich auch angesichts der – sehr sympathischen – multitude von Michael Hardt und Antonio Negri, da die Mannigfaltigkeit von fliehenden Schwärmen institutionell und organisatorisch einem repressiven Staatssystem gegenüber immer unterlegen ist. Dennoch ist auch dieser »anarchische und partikularistische Kommunismus« bei Hardt und Negri im Sinne von »Common Wealth« und Creative Commons deutlich ausformuliert. Nicht von ungefähr beenden beide ihre Analyse des »Empire« daher mit folgenden Sätzen:

»Diese Revolution [sic! A. B.] wird keine Macht kontrollieren können – weil Biomacht und Kommunismus [sic! A. B.], Kooperation [sic! A. B.] und Revolution [sic! A. B.] in Liebe, Einfachheit und auch in Unschuld vereint bleiben. Darin zeigen sich die nicht zu unterdrückende Leichtigkeit und das Glück, Kommunist [sic! A. B.] zu sein.« (Hardt/Negri 2002: 420)

Angesichts dieser Konstellationen sprach selbst Peter Engelmann (Passagen-Verlag) – in Anwesenheit des Autors – vor einem Wiener Vortrag von Jacques Rancière (Rancière 2013) zaudernd von einer Rückkehr des Kommunismus und Oskar Negt betonte – und dies ist wichtig für die Geschichte der Frankfurter Schule – im Zuge eines Vortrags in der Wiener Arbeiterkammer am 30. November 2010, dass Habermas und er in den 1970er-Jahren mit ihrer (an Keynes orientierten und sozialdemokratischen) Umverteilungs-, Reform- und Sozialstaatspolitik – gleichsam ohne radikalen Klassenkampf – in ihrer Marx-Kritik Unrecht hatten. Die Frage, wer dann in der Bundesrepublik Deutschland der 1970er – und damit auch heute – Recht hatte, mögen die Leser*innen sich selbst beantworten. Am Ende, so aber auch der späte Oskar Negt, behalte Marx hinsichtlich der radikalen Kritik an den devastierenden Mechanismen des Kapitalismus vollkommen Recht. Dann aber ist im Sinne Badious auch die kommunistische Hypothese (Badiou 2011) trotz aller fatalen »Radikalisierungen« des deutschen Herbsts – zwischen Großer Lage und Roter Armee Fraktion (Hauser 2007) – à la française erneut zu prüfen. Denn Badiou rekapituliert in dieser brillanten Publikation die Geschichte der Pariser Kommune, die aus den französischen Schulbüchern verschwunden ist, zeigt so noch angesichts des »roten Jahrzehnts« vom Ende der Fünfziger- bis zum Ende der Sechziger-Jahre in Frankreich, in welchem Verhältnis die 1968er-Bewegung zur (Geschichte der) Arbeiter*innenwegung stand und affirmiert mit voller Kraft des devenir révolutionnaire (Deleuze 2014) und mithin auch heute noch die Legitimität der Revolte bzw. Revolution:

»Der Mai 68 ist zunächst ein Aufstand, eine Revolte der studentischen und gymnasialen Jugend gewesen. […] Ein zweiter, ganz anderer Mai 68 ist der größte Generalstreik in der gesamten französischen Geschichte. […] Es gibt einen dritten ebenso heterogenen Mai 68, den ich den libertären Mai nennen würde. Er betrifft die Frage des Sittenwandels, der neuen Liebesbeziehungen, der individuellen Freiheit, die Frage die zur Frauenbewegung und dann zur Forderung nach Rechten für und der Emanzipation von Homosexuellen führt.« (Badiou 2011: 37–40)

In diesem Sinne bezieht Badiou den Mai 1968 – im Rekurs auf Foucaults Figur der »Subjektivierung« – auf die Französische Revolution, die Pariser Kommune und die chinesische Kulturrevolution, um dem Wort »Kommunismus« folgende Bedeutung zu verleihen:

»Das Wort »Kommunismus« hat den Status einer Idee, was heißen soll, dass dieses Wort, ausgehend von einer Inkorporation und also vom Innern einer politischen Subjektivierung [sic! A. B.], eine Synthese aus der Politik, der Geschichte und der Ideologie bezeichnet. Deshalb ist es besser, es als eine Operation denn als einen Begriff zu verstehen. Die kommunistische Idee existiert nur an der Nahtstelle zwischen Individuum und politischer Prozedur, als jene Komponente der Subjektivierung [sic! A. B.], die sich in einer historischen Projektion der Politik erhält.« (ebd.: 158)

Der absolute Gegenstoß

Ganz in diesem Sinne argumentiert auch Slavoj Žižek, wenn er meint, dass mit dem neuen Klassenkampf die Figur einer nachdrücklichen Artikulation der dem Kapitalismus immanenten Antagonismen anvisiert werden muss. Dabei leistet er auch hinsichtlich der Reaktivierung von Walter Benjamin einiges, indem er betont, dass die »göttliche Gewalt« des frühen Benjamin sich später deutlich in der marxistischen Gewalt des Klassenkampfes aufgelöst und säkularisiert findet. So berichtete Werner Kraft – und Žižek verweist auf ihn – am 20. Mai 1934, wie Benjamin nun über seinen Text Zur Kritik der Gewalt von 1921 dachte: »Der »gerechte Krieg« am Schluss des Gewalt-Aufsatzes: Klassenkampf.« (Žižek 2015: 35). Davon ausgehend unterbreitet Žižek den Vorschlag, jenseits des Dritten Wegs und eindeutig weiter links als der Demokratische Sozialismus, den Kommunismus unter einer Bedingung neu zu erfinden:

»Es reicht daher nicht, der kommunistischen Idee treu zu bleiben – nein, man muss in der historischen Wirklichkeit nach Antagonismen suchen, welche diese Idee zu einer praktischen Dringlichkeit machen. Die einzig wahre Frage ist heute: Lassen wir die vorherrschende Naturalisierung des Kapitalismus zu, oder beinhaltet der heutige globale Kapitalismus Antagonismen, die stark genug sind, um seine unendliche Reproduktion zu verhindern? Es gibt vier solcher Antagonismen: die sich abzeichnende Gefahr einer ökologischen Katastrophe; die Unangemessenheit der Idee des Privateigentums für das sogenannte »geistige Eigentum«; die sozialethischen Implikationen neuer technologisch-wissenschaftlicher Entwicklungen (insbesondere in der Biogenetik); und, last but not least, neue Formen der Apartheid, neue Mauern und Slums.« (ebd.: 82–83)

Als Antwort darauf braucht es nach Žižek – ehemaliger Student der revolutionären Pariser Universität in Vincennes (Linhart 2016) und deshalb linkslacanianischer Marxist (Žižek 2008) – eine deutliche linkshegelianische Rückkehr des historischen und dialektischen Materialismus (Žižek 2016b), die auf skug.at mehrfach unternommen wurde, um mit der Subkultur und im Untergrund linke Archive zu retten. Dieser Kommun(itar)ismus schwingt immer mit, wenn wir Creative Commons, Gemeinwohl, Community-Medien oder Kommunalpolitik sagen, denn seit der Commune de Paris (1789 und 1871 und 1968 und …) hat auch die Commune de Vienne als rotes Wien mit Wiener Widerstandsblut eine revolutionäre und (austro-)marxistische Geschichte …

Ohne jede Ironie beantworten wir also die rhetorische Frage der »ZEIT«, »Hatte Marx doch Recht?«, mit einem Wienerischen »No na!« und setzen im neuen Klassenkampf (Žižek 2015) an zu einem absoluten Gegenstoß (Žižek 2016a).

Conclusio: Ein Witz!

Und wir Genoss*innen erzählen bis zur Verwirklichung des Sozialismus auf dem Weg zum Kommunismus unserem Schizorevolutionär aus Slowenien in der neuen Internationale und in Erinnerung an Sigmund Freuds »Der Witz in seiner Beziehung zum Unbewussten« (Freud 2016) einen abschließenden Joke (Žižek 2014). Ein Witz, um dessen (historische) Wahrheit man zittern muss:

Stalin stirbt und kommt in die Hölle, die Teufel beschließen, dass er in der Pfanne braten muss. Dies sieht er ob der Moskauer Prozesse und der Kulakenvernichtung ein. So brät Stalin in der Pfanne. Nach einiger Zeit aber blickt Stalin über den Rand der Pfanne und dort sitzt Hitler und liest ein Buch. Das ist Stalin zu viel und er beschwert sich bei den Teufeln: »Ich muss hier in der Pfanne braten und Hitler liest ein Buch? « Die Teufel beruhigen ihn: »Stalin! Hitler liest kein Buch, er übersetzt Das Kapital ins Hebräische …«

Literatur

Abendroth, Wolfgang (1988): Einführung in die Geschichte der Arbeiterbewegung, Heilbronn: Distel Verlag.
Amon, Pavlina/Teichgräber, Stephan-Immanuel (Hg.) (2010): Otto Bauer: Zur Aktualität des Austromarxismus – Konferenzband 9. Juli 2008, Studien der Dokumentationsstelle für Ost- und Mitteleuropäische Literatur, Vol. 1, Frankfurt am Main: Lang.
Badiou, Alain (2011): Die kommunistische Hypothese, Internationaler Merve Diskurs, Vol. 349, Berlin: Merve.
Baier, Walter (2008): Otto Bauer und der Austromarxismus: »integraler Sozialismus« und die heutige Linke, Berlin: Dietz.
Bakunin, Michail (2004): Marxismus, Freiheit, Staat, online unter: https://www.marxists.org/deutsch/referenz/bakunin/18xx/xx/marxismus.htm (letzter Zugriff: 15.02.2017).
Bauer, Otto (1970): Austromarxismus: Texte zu »Ideologie und Klassenkampf«, Politische Texte, Frankfurt: Europäische Verlagsanstalt.
Brupbacher, Fritz (2016): Marx und Bakunin: Ein Beitrag zur Geschichte der internationalen Arbeiterassoziation, Leipzig/Frankfurt am Main: Deutsche Nationalbibliothek.
Deleuze, Gilles (2014): Le devenir révolutionnaire et les créations politiques (Interview mit Antonio Negri), online unter: http://lesilencequiparle.unblog.fr/2014/08/08/le-devenir-revolutionnaire-et-les-creations-politiques-gilles-deleuze-entretien-avec-toni-negri/ (letzter Zugriff: 22.02.2017).
Freud, Sigmund (2016): Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten, Hamburg: Severus Verlag.
Giddens, Anthony (1999): Der dritte Weg: Die Erneuerung der sozialen Demokratie, Edition zweite Moderne, Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Hardt, Michael/Negri, Antonio (2002): Empire, online unter: https://www.yumpu.com/de/document/view/1833582/hardt-michael-amp-negri-antonio-empire-die-neue-weltordnungpdf (letzter Zugriff: 04.02.2017).
Haus, Michael (2003): Kommunitarismus: Einführung und Analyse, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.
Hauser, Dorothea (2007): Baader und Herold: Beschreibung eines Kampfes, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag.
Helwing, Marcus (2016): Max Adlers »Politische oder soziale Demokratie«. Eine Quelleninterpretation, München: GRIN Verlag.
Herrmann, Ulrike (2016): Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung: Die Krise der heutigen Ökonomie oder Was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können, Frankfurt: Westend.
KPÖ Graz (2007): Austromarxismus: Gestern und heute Debatte auf Grazer Uni mit aktuellem Bezug, online unter: https://www.kpoe-steiermark.at/austromarxismus-gestern-und-heute-1.phtml (letzter Zugriff: 15.02.2017).
Laclau, Ernesto/Mouffe, Chantal (2001): Hegemony and socialist strategy: Towards a radical democratic politics, London: Verso.
Linhart, Virginie (2016): Vincennes, l’université perdue (Filmdokumentation), F: ARTE, Agat Films & Cie.
Rancière, Jacques (2013): Die Nacht der Proletarier: Archive des Arbeitertraums, Wien u. a.: Turia + Kant.
Reese-Schäfer, Walter (1995): Was ist Kommunitarismus?, Frankfurt Main: Campus Verlag.
Sanders, Bernie (2015): Senator Bernie Sanders on Democratic Socialism in the United States (Video einer Rede und Transkript), online unter: https://berniesanders.com/democratic-socialism-in-the-united-states/ (letzter Zugriff: 15.02.2017).
Taylor, Charles (1996): Quellen des Selbst: Die Entstehung der neuzeitlichen Identität, Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Vogl, Joseph (Hg.) (1994): Gemeinschaften: Positionen zu einer Philosophie des Politischen, Edition Suhrkamp, Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Žižek, Slavoj (2008): Lacan: Eine Einführung, Fischer, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag.
Žižek, Slavoj (2014): Žižek‘s Jokes: Treffen sich zwei Hegelianer, Berlin: Suhrkamp.
Žižek, Slavoj (2015): Der neue Klassenkampf: Die wahren Gründe für Flucht und Terror, Ullstein Streitschrift, Berlin: Ullstein.
Žižek, Slavoj (2016a): Absoluter Gegenstoß: Versuch einer Neubegründung des dialektischen Materialismus, Frankfurt am Main: S. Fischer.
Žižek, Slavoj (2016b): Weniger als nichts: Hegel und der Schatten des dialektischen Materialismus, Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, Vol. 2188, Berlin: Suhrkamp.

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