Alexanders CD-Tipp der Woche: Rolf Verres – Feuer Erde Wasser Luft

 In CD-Tipp, Spiritualität

Der deutsche Arzt, Musiker und Fotograf Rolf Verres feierte am 4.5.2018 seinen 70. Geburtstag. HdS gratuliert herzlich! Er hat bereits mehrere CDs mit improvisierter Klaviermusik veröffentlicht. Kann intuitives Klavierspiel aus dem Augenblick heraus auch zu einem spirituellen Naturerlebnis werden? Die CD „Feuer Erde Wasser Luft“ ist den Versuch wert. (Alexander Kinsky)

Der 1948 in Coesfeld/Westfalen geborene Rolf Verres war von 1991 bis 2013 Ärztlicher Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie und Ordinarius für Psychotherapie und Medizinische Psychologie am Klinikum der Universität Heidelberg. Er veröffentlicht außerdem Fotobücher, analytische Schriften und Essays, und er gibt als Pianist immer wieder Soloklavierkonzerte und spielt CDs ein mit Improvisationen, ähnlich Keith Jarrett, ganz aus dem Augenblick heraus entstehende Klaviermusik, mit Vorliebe sich vom Klang des von ihm besonders geschätzten Fazioli 308 Konzertflügels inspirieren lassend.

Die Titel der bisher veröffentlichten CDs deuten an, wo die Improvisationen von Rolf Verres, der 2005 in Heidelberg auch ein Gesprächskonzert zusammen mit Konstantin Wecker bestritt bei dem unter anderem auf zwei Flügeln improvisiert wurde, ansetzen: Lichtungen – Eine Einladung zur Stille, Feuer Wasser Erde Luft, Diesseits von Eden und Ikarus.

Die 2014 bei Allton veröffentlichte CD Feuer Wasser Erde Luft beinhaltet fünf Improvisationen. Die ersten vier wurden am 14.7.2000 am Fazioli Flügel in einem Konzert in der Universität Heidelberg mitgeschnitten, die fünfte am 8.12.2000 in einem Konzert im Rahmen eines Kongresses “Kultur des Friedens“ an der TU Berlin, wobei Verres hier auf einem Steinway D Flügel spielte.

Im Digipack zitiert Verres Paracelsus: „Wir leben im Durchzug der Elemente.“ Verres greift das auf und vertieft es: „Ich spüre das, wenn ich eine Inspiration wie einen Funken erlebe, der ein wärmendes Licht entfacht, wenn ich mich nach einem träumerischen Höhenflug wieder geerdet fühle, wenn meine seelische Energie ins Fließen kommt, wenn ich atme und sich meine Anspannung in Luft auflöst.“

Rolf Verres nutzt bei seinen Improvisationen die diese Ansätze am Klavier zum Klingen bringen die ganze Tastatur voll aus, zwischen rauschenden Kaskaden und meditativen Stillständen. Die Titel zumindest der ersten vier Improvisationen (Feuer Erde Wasser Luft, Aufgehende Sonne, Farbige Wärme und Ozeanische Weite) können beim Hören mitgedacht werden, es sind durchaus Assoziationen, sehr deutliche sogar, möglich, das Hineinfallenlassen in diese improvisierte Klaviermusik vermag aber vielleicht auch in völlig andere innere Erlebniswelten zu führen.

Feuer Erde Wasser Luft – werden die vier Elemente mit dem Klavierspiel „verdeutlicht“?

Aufgehende Sonne – wie ein kosmischer Energiestrahl, und das Ende, ist das das Aufgehen der Sonne, lässt sich das mit den musikalischen Momenten bei Joseph Haydn (Die Schöpfung) oder Richard Strauss (Also sprach Zarathustra) vergleichen?

Farbige Wärme – eine Klaviermeditation als fließender Wärmestrahl?

Ozeanische Weite, die mit über 25 Minuten bei weitem längste Improvisation – der unfassbare Ozean, seine Gewalt, seine kosmische Geborgenheit im Sein?

Oder auch dies: Klavierspiel auf einem Flügel als Naturerlebnis?

Bei Klaviermusik dieser Art – ja eigentlich nicht nur dort, sondern bei großer Kunst überhaupt – vermögen sich Raum und Zeit aufzuheben. Der Schreiber dieser Zeilen hat das unter anderem 1991 in der Wiener Staatsoper bei einem der großen Soloklavierabende von Keith Jarrett erlebt. Der erste Konzertteil war scheinbar nach etwa 20 Minuten zu Ende, und als die CD damit erschien dauerte dieser erste Teil nachweisbare ca. 45 Minuten. Die Zeit wurde im Raum viel kürzer empfunden. Verres´ Klavierimprovisationen, ob unter fünf Minuten kurz oder über 25 Minuten lang, vermögen auch (wenn man sich darauf einzulassen bereit ist) das Raumzeitgefüge aufzuheben.

Für jemand der selbst Klavier spielt und gerne improvisiert können diese Improvisationen zudem durchaus inspirative Anstöße bedeuten.

Die fünfte Improvisation, Mein Lied von der Liebe, hebt sich in mehrfacher Hinsicht vom bisher Gehörten ab. Das ist wie aus einer anderen Welt. Verres´ Welt so scheint sich damit zu bestätigen ist doch ganz und gar die Fazioli Welt, am Steinway Flügel wirkt sein Spiel sofort gewollter, bewusster, gesteuerter, hier in Berlin ist er Gast, ein hoher Gast, einer der etwas zu sagen hat, dessen Wort Gewicht hat, aber zu Hause ist er in Heidelberg am Fazioli Flügel.

Aber vielleicht ist alles ganz anders. Nein nicht vielleicht. Hoffentlich. Immer alles und immer nichts. Immer Schein und Wirklichkeit. Klaviermusik als Naturerlebnis.

Die Homepage von Rolf Verres mit allen Infos auch zu den CDs und zum gemeinsamen Konzert mit Konstantin Wecker (2005):

http://www.rolf-verres.de/

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