„Die Spaltung überwinden“

 In FEATURED, Kultur, Politik (Inland)

Im Rubikon-Exklusivinterview erläutert der Musiker Jens Fischer Rodrian, warum nun die Zeit gekommen ist, der Zensur die Stirn zu bieten und in einen offenen Dialog einzutreten. Es stimmt nicht, dass es keine kritischen Künstlerinnen und Künstler in Deutschland gibt. Die mutige und niveauvolle Aktion #allesaufdentisch zeigt dies deutlich. Wahr ist jedoch, dass niemand „einfach so“ die Coronapolitik im Land kritisieren und dabei hoffen darf, unzensiert und undiffamiert davonzukommen. So weit ist es gekommen, dass eine Gesellschaft den Einsatz für Demokratie und Grundrechte sanktioniert, statt deren Gegner zu bekämpfen. Wie der Musiker, Komponist und Slam-Poet Jens Fischer Rodrian („Es gibt ein Leben vor dem Tod“) im Interview mit Jens Lehrich darlegt, ist die Lage der Kulturschaffenden derzeit in doppelter Hinsicht prekär. Nicht nur, dass sie finanziell durch die Lockdowns ausgetrocknet wurden — sie finden sich auch mit moralischen Dilemmata konfrontiert, die früher nicht denkbar gewesen wären. Sollen sich ungeimpfte Auftretende etwa vor jedem Gig testen lassen? Müssen sie für ihre der Regierungslinie widersprechende Überzeugung ihren Beruf aufgeben? Und wie geht man als Impfskeptiker damit um, vor einem 2- oder 3G-Publikum spielen zu müssen, während ausgerechnet der politisch besonders bewusste Teil der Zuhörer draußen bleiben soll? Der Künstler plädiert für entschlossene Gegenwehr, baut aber auch Brücken, die es den streitenden Parteien ermöglichen könnten, wieder miteinander ins Gespräch zu kommen. Markus Klöckner

 

„Diese Aktion ist da, um zu bleiben“ — das sind die Worte des Musikers Jens Fischer Rodrian im aktuellen Rubikon-Interview mit Jens Lehrich. Fischer Rodrian, der sich an der Aktion #allesaufdentisch beteiligt, macht in dem Gespräch deutlich, dass der Protest der Kulturschaffenden weitergehen wird. „#allesaufdentisch“ sorgt seit Bekanntwerden für Wirbel. Kaum waren die über 50 Videos hochgeladen, empörten sich Medien über den Einsatz der Künstler und Experten. Derzeit geht die Gruppe gegen YouTube vor, da der Konzern zum wiederholten Male Videos gelöscht hat. Auch dazu äußert sich der Musikproduzent:

„Tatsache ist, hier sind sehr, sehr sachliche Videos gelöscht worden. Da ist keiner, der mit einer Kamera da steht und sagt: ‚Hey, übrigens, die Erde ist flach!‘ Hier sind Leute, die sehr (…) ernsthaft und vor allem: sehr besorgt! und die Hände und Arme ausstreckend in diese Gespräche gegangen sind.“

Der Künstler bezeichnet das Verhalten von YouTube im Fall der gelöschten Videos als „eine Form der Zensur“. „Anders“, so Fischer Rodrian weiter, „darf man das nicht nennen.“

„Ich habe selbst in meinem Musiker-, Bekanntenkreis und auch Freundeskreis Leute, die einfach aufgegeben haben. Die komplett kritisch sind, was die Maßnahmen angeht, was die Impfung angeht (…), aber die so böse angeschaut werden in jeder Band, in der sie spielen, in der sie sagen müssen:

‚Ich muss heute einen Test machen vor dem Konzert, weil ich nicht geimpft bin. Und die einfach gesagt haben, ich pack das nicht mehr. Ich habe zwei kleine Kinder, ich möchte irgendwie einigermaßen mit der Musik mein Geld verdienen, ich möchte jetzt nicht anfangen, im Gartenbau tätig zu werden. Ich möchte das gerne weitermachen, weil das meine Leidenschaft ist.‘

Und die jetzt einfach sagen: ‚Für mich ist das geringere Übel, mich impfen zu lassen, obwohl ich überhaupt nicht dran glaube.‘ Das zerreißt mir das Herz, das ist wirklich so schlimm.“

Es sind Aussagen wie diese, die verdeutlichen, dass Fischer Rodrian im Rubikon-Interview ein beeindruckendes Zeitzeugnis abliefert. Der Künstler, der bereits in jungen Jahren das Gitarrenspiel lernte und Filmmusik produzierte, verdeutlicht in zahlreichen Aussagen, warum es die Aktion #allesaufdentisch gibt. Der Musiker zeigt auf, dass im Hinblick auf die Corona-Maßnahmen über so einiges geredet und diskutiert werden muss.

Und Dialog ist es auch, worum es Fischer Rodrian und seinen Mitstreitern geht — insbesondere mit denjenigen in den Dialog kommen, die eine andere Sicht als die Künstler vertreten. Ein ums andere Mal betont Fischer Rodrian, dass die derzeitige Spaltung in unserer Gesellschaft überwunden werden müsse. Die an der Aktion Beteiligten wollten „mit allen ins Gespräch kommen“. Sorgen macht sich der Musiker um den Zustand der Demokratie:

„Die Demokratie ist in ganz, ganz großer Gefahr. Das ist ein Patient, der ganz intensive Behandlung braucht.“


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Kommentare
  • Die A N N A loge
    Antworten
    Gut nachvollziehbare und eindrucksvolle Worte von Jens Fischer Rodrian. Vielen Dank!

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