Überlegungen zur Übersterblichkeit bei Corona- und Grippeepidemien

 In FEATURED, Gesundheit/Psyche, Politik (Inland)

Das Robert-Koch-Institut (RKI) ist in Deutschland für die Erhebung, Veröffentlichung und Bewertung von Daten zum Krankheitsgeschehen verantwortlich. Im Zuge der Ausbreitung des Coronavirus’ und des zunehmenden Interesses an aktuellen Informationen ist die Behörde dazu übergegangen, regelmäßig Daten zu Corona zu veröffentlichen. Auf Dashboards kann man sich tagesaktuell über die Entwicklung der 7-Tage-Inzidenz und die Zahl der Coronatoten informieren. Die Einzelwerte werden zu Wochen- und Monatswerten zusammengefasst und drei Wochen später in Form von EXCEL-Dateien der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. [1] Damit werden Interessierte in die Lage versetzt, das durch Corona ausgelöste Sterbegeschehen nachzuvollziehen und die Daten für eigene Auswertungen zu nutzen. Als Coronatote gelten dabei alle Verstorbenen, die vom RKI als solche eingestuft werden, unabhängig davon, ob sie an oder mit Corona verstorben sind. Günter Eder

 

Auf der anderen Seite gibt es die vom Statistischen Bundesamt (StBA) erhobenen Daten zum allgemeinen Sterbegeschehen in Deutschland. [2] Die Statistiken enthalten keine Informationen zu den Todesursachen, sie beschränken sich auf die Angabe der Zahl der Verstorbenen und liegen differenziert nach Tagen, Wochen und Monaten vor. Die beiden Datensätze sind für die vorliegende Auswertung so aufbereitet und zusammengeführt worden, dass sie vergleichend bzw. sich gegenseitig ergänzend analysiert werden können. Die Auswertung des Datenmaterials erfolgt auf Basis von Wochenwerten.

Abbildung 1

Abbildung 1 gibt einen ersten Eindruck davon, wie sich die Ausbreitung des Coronavirus’ auf das allgemeine Sterbegeschehen in Deutschland ausgewirkt hat. Coronatote machen in dem betrachteten Zeitraum durchschnittlich 6,4% der Verstorbenen aus. Der höchste Anteilswert ist mit 22,9% während Weihnachtszeit zu verzeichnen. Im Sommer gehen die Coronasterbezahlen auf Werte nahe Null zurück. Sie folgen damit einem Muster, das von Grippewellen her allgemein bekannt ist.

Übersterblichkeit während der Coronapandemie

Zwischen der 10. Woche 2020 und der 31. Woche 2021, also vom 2. März 2020 bis zum 8. August 2021, sind dem RKI zufolge insgesamt 90.832 Personen an oder mit Corona verstorben. Auf das Jahr 2020 entfallen 41.587 Tote, auf das Jahr 2021 49.245. [1] Vergleicht man die Zahlen mit den Sterbedaten des Statistischen Bundesamtes, so stellt man fest, dass sie sich darin nicht adäquat widerspiegeln. Die Übersterblichkeit, die aus den allgemeinen Sterbedaten abgeleitet werden kann, ist deutlich niedriger als die vom RKI ausgewiesene Zahl an Coronatoten. Woran liegt das? Warum besteht zwischen den beiden Datensätzen eine große Differenz? Sind die RKI-Daten möglicherweise falsch? Liegt es daran, dass das RKI nicht unterscheidet zwischen Personen, die AN und die MIT Corona verstorben sind? Oder ist die Übersterblichkeit als Maßzahl nicht geeignet, die Zahl der Coronatoten verlässlich abzuschätzen? Um zu verstehen woher die Differenz rührt bzw. rühren könnte, kommt man nicht umhin, sich mit den Daten und dem Verfahren, nach dem die Übersterblichkeit berechnet wird, etwas intensiver auseinanderzusetzen.

Das Konzept der Übersterblichkeit beruht auf wahrscheinlichkeitstheoretischen Annahmen und Überlegungen. Im Prinzip geht man davon aus, dass Verläufe, die in der Vergangenheit zu beobachten waren, sich in gleicher oder ähnlicher Weise in der Zukunft wiederholen. Basierend auf dieser Annahme wird eine Basislinie für die Zahl der zu erwartenden Todesfälle ermittelt (Basismortalität). Auftretende Abweichungen von der Basislinie werden als Über- bzw. Untersterblichkeit interpretiert. Die Höhe der Übersterblichkeit hängt folglich wesentlich davon ab wie die Basismortalität definiert ist.

Das Statistische Bundesamt berechnet die Basislinie als Mittelwert aus den Verläufen der vorangegangenen vier Jahre. Die Basislinie für 2020 beruht folglich auf den Werten der Jahre 2016 bis 2019, die für 2021 auf den Werten von 2017 bis 2020. Da jedes Jahr mit demographischen Besonderheiten verknüpft ist, wird der ermittelte Verlauf noch um sogenannte Alterstruktureffekte korrigiert. [3] Der offizielle Wert für die Jahresübersterblichkeit wird von der Behörde in der Regel im Laufe des darauffolgenden Sommers bekannt gegeben. Für 2020 sollte er mittlerweile eigentlich vorliegen (vgl. Pressemitteilung des StBA vom 29. Januar 2021). [4] Bis heute wartet die interessierte Öffentlichkeit allerdings vergeblich auf die Bekanntgabe.

Um trotzdem einen Eindruck von der Höhe der Übersterblichkeit im Coronajahr 2020 zu gewinnen, kann man (in Anlehnung an das Verfahren, das vom Statistischen Bundesamt praktiziert wird) die Übersterblichkeit auf Grundlage des jeweils vorhandenen Datenmaterials abschätzen. Das Rechenverfahren ist in [5] näher beschrieben. Die auf Grundlage der Sterbedaten von August 2021 ermittelte Übersterblichkeit beträgt danach 1,59%. Sie liegt über den Werten der vier vorangegangenen Jahre, unterscheidet sich jedoch kaum von der Quote im Grippejahr 2018. Der geringe Unterschied in der Übersterblichkeit sollte allerdings nicht zu dem voreiligen Schluss verleiten, dass Grippe- und Coronaerkrankungen etwa gleich gefährlich sind. Um das Sterbegeschehen bei Corona im Vergleich zur Grippe angemessen beurteilen zu können, muss man die Daten differenzierter betrachten.

In der Zeit von der 10. Woche 2020 bis zur 31. Woche 2021 starben dem RKI zufolge 90.882 Menschen an oder mit Corona. Nach den Sterbedaten des Statistischen Bundesamtes ist dieser Zeitraum jedoch nur mit einer Übersterblichkeit von 34.508 Personen verbunden. Die Übersterblichkeit macht damit lediglich 38,0% der vom RKI ausgewiesenen Zahl an Coronatoten aus.

Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt eine Studie, die von der Hebrew University in Jerusalem zusammen mit der Universität Tübingen durchgeführt wurde, und in der die allgemeinen Sterbedaten von 103 Ländern miteinander verglichen wurden. [6] Danach sind vom Beginn des Coronageschehens bis zum 20. Juni 2021 (also bis zur 24. Woche) in Deutschland etwa 39.000°Menschen mehr verstorben, als nach den Vorjahren zu erwarten gewesen wäre. Das entspricht 43% der vom RKI für diesen Zeitraum gemeldeten Zahl an Coronatoten.

Ursache der Unterschätzungen sind, nach Auffassung der Autoren, die ausgebliebenen Grippeerkrankungen während der Coronapandemie. Grundsätzlich ist der Erklärungsansatz, dass fehlende Grippewellen zu einer Unterschätzung der Übersterblichkeit und damit zu einer Unterschätzung der Zahl der Coronatoten führen, sicher richtig, doch stellt sich die Frage, ob der Effekt, der in vielen Ländern zu beobachten ist, allein dadurch erklärt werden kann. Möglicherweise gibt es andere, bisher nicht beachtete Faktoren, die ähnlich wichtig oder sogar wichtiger sind als der Grippeeinfluss. Dieser Frage ist die israelisch-deutsche Studie leider nicht vertiefend nachgegangen.

Dabei hätte es einen einfachen Weg gegeben, das Dunkel etwas aufzuhellen. Man hätte lediglich die Grundlage zur Berechnung der Basismortalität geringfügig abändern müssen. Statt die Basislinie aus allen vier vorangegangenen Jahren abzuleiten, also aus den Grippejahren 2017 und 2018 und den weitgehend grippefreien Jahren 2016 und 2019, hätte man sich für Deutschland auf die Jahre beschränken können, in denen die Grippe keine größere Rolle gespielt hat. Dann hätte man eine Referenzkurve zur Verfügung gehabt, in der der störende Einfluss der Grippe weitgehend ausgeschaltet wäre. Als Folge davon wäre der Wert für die Übersterblichkeit angestiegen und man hätte einen besseren Schätzwert für die Zahl der Coronatoten erhalten.

Dieser abgewandelte Modellansatz wird in der vorliegenden Studie im Weiteren grundsätzlich zur Abschätzung der Übersterblichkeit verwandt. Statt die Basislinie also aus allen vier Vorjahren abzuleiten, werden lediglich die (weitgehend grippefreien) Jahre 2016 und 2019 für die Berechnung herangezogen. Anschließend wird die Basislinie um jahresspezifische demographische Effekte korrigiert. Wer an einer detaillierten Beschreibung des Verfahrens interessiert ist, sei auf [5] verwiesen.

Mit der so abgewandelten Referenzlinie erhält man für den gesamten Coronazeitraum bis zur 31. Woche 2021 eine Übersterblichkeit von 46.271 Personen. Der Wert liegt mit einem Plus von 11.763 Personen deutlich über dem ursprünglichen Wert von 34.508. Die Veränderung ist allerdings immer noch weit davon entfernt, die Lücke zu dem RKI-Wert von 90.832 Coronatoten zu schließen. Dreiviertel des Unterschiedes bleiben weiterhin ungeklärt. Letztlich spiegelt die aus den Sterbedaten abgeleitete Übersterblichkeit nur gut die Hälfte der ausgewiesenen Coronatoten wider.

Natürlich ist nicht auszuschließen, dass auch die abgewandelte Basislinie noch einen gewissen Anteil an Grippeverstorbenen enthält und so die coronabedingte Übersterblichkeit weiterhin unterschätzt wird. Aber man muss andererseits bedenken, dass es auch gegenläufige Einflüsse gibt. So hat die Hitzewelle im Sommer 2020 viele Tote zur Folge gehabt, die in der errechneten Übersterblichkeit mit enthalten sind. Bis zu einem gewissen Grad dürften sich die Effekte gegeneinander aufheben, so dass unsicher bleibt, ob die coronabedingte Übersterblichkeit letztlich ansteigen oder zurückgehen würde, wenn alle Effekte bekannt wären und vollständig berücksichtigt werden könnten. Angesichts dieser Sachlage scheint es angemessener, keine exakte Punktschätzung anzustreben, sondern sich mit der Erkenntnis zu begnügen, dass der Anteil der Coronatoten, der mittels der Übersterblichkeit abgeschätzt werden kann, zwischen 40% und 60% liegen dürfte.

Das ist ein überraschendes Ergebnis und wirft die Frage auf, woher es rührt, dass der Anteilswert so niedrig liegt. Werden verstorbene Personen vom Statistischen Bundesamt möglicherweise nicht vollständig erfasst? Oder sind die RKI-Angaben zur Zahl der Covidtoten nicht korrekt? Einen Hinweis auf die mögliche Ursache gibt die nachfolgende Abbildung 2.

In der Abbildung ist der zeitliche Verlauf der Übersterblichkeit, abgeleitet aus den Sterbedaten des Statistischen Bundesamtes, zusammen mit der Anzahl der Coronatoten aufgetragen, die das RKI ausweist. Es ist zu erkennen, dass die Kurvenverläufe im Jahr 2020, abgesehen von Phasen der Untersterblichkeit im Frühjahr bzw. Sommer und einer kurzen, aber heftigen Hitzewelle in der 33. Kalenderwoche, recht gut übereinstimmen. Nicht nur, dass die Maximalwerte in der ersten und in der zweiten Coronawelle nahezu identisch sind, auch der steile Verlaufsanstieg in der zweiten Coronawelle findet sich in beiden Kurvenverläufen wieder. Die relativ gute Übereinstimmung endet mit dem Jahreswechsel 2020/2021. Ab diesem Zeitpunkt entfernen sich die Kurven immer weiter voneinander und nähern sich erst zum Frühjahr hin wieder an.

Abbildung 2

Die gute Übereinstimmung der Kurvenverläufe während der ersten Welle und während der ansteigenden Phase der zweiten Welle ist ein deutliches Indiz dafür, dass sowohl die Daten des RKI als auch die Daten des Statistischen Bundesamtes im Prinzip korrekt sind. Denn dass zwei Kurvenverläufe, die unabhängig voneinander und auf vollkommen unterschiedliche Weise ermittelt worden sind, derart gut übereinstimmen, ist alles andere als selbstverständlich und dürfte kaum dem Zufall geschuldet sein.

Mit Beginn des neuen Jahres entfernen sich die Kurven dann voneinander und es folgt eine Phase ausgeprägter Untersterblichkeit. Da in der 52. Woche (also auf dem Höhepunkt des Sterbegeschehens) mit den Coronaimpfungen begonnen wurde, könnte man vermuten, dass dies den Effekt ausgelöst hat. Die Erklärung würde jedoch zu kurz greifen. Impfungen können zwar bewirken, dass weniger Menschen sterben, sie bieten aber keine Erklärung für das Auseinandriften der Verläufe.

Es muss einen anderen Grund für den ungewöhnlichen Effekt geben. Und den gibt es tatsächlich. Und er ist ein zentraler Schlüssel für das Verständnis und die Beurteilung der Coronasterbedaten.

Übersterblichkeitskurven zeichnen sich aus durch Werte und Phasen der Untersterblichkeit sowie Werte und Phasen der Übersterblichkeit. Der gesamte Verlauf ist ein permanenter Wechsel zwischen diesen beiden Polen. Überwiegt im Jahresverlauf die Übersterblichkeit, wird man einen positiven Jahreswert für die Übersterblichkeit erhalten, überwiegt die Untersterblichkeit, wird der Wert negativ ausfallen. Auslöser für eine Phase der Untersterblichkeit kann eine vorausgegangene, ausgeprägte Phase der Übersterblichkeit sein. Eine solche Situation kann auftreten, wenn sich ein infektiöses Geschehen stark ausbreitet und in kurzer Zeit sehr viele alte und/oder gesundheitlich geschwächte Menschen versterben, wie es beispielsweise bei Grippe- oder Coronaepidemien der Fall ist.

Wenn man nun, als rein theoretische Überlegung, davon ausgeht, dass an einer sich ausbreitenden Infektion lediglich Menschen versterben, die auch ohne die Infektion in dem betroffenen Jahr gestorben wären, dann würde auf die Phase der Übersterblichkeit eine in der Summe ähnlich ausgeprägte Phase der Untersterblichkeit folgen. Über- und Untersterblichkeit würden sich die Waage halten, so dass man in der Gesamtsumme eine Übersterblichkeit von Null erhielte. In dem konstruierten Beispiel läge die Jahresübersterblichkeit in jedem Fall bei Null, egal wie viele Menschen an der Infektion sterben. Die Übersterblichkeit kann folglich nur mit starken Einschränkungen zur Abschätzung der Zahl infektionsbedingt Verstorbener verwendet werden. Und die Zahl der Verstorbenen wird umso stärker unterschätzt, je höher der Anteil derjenigen ist, der unabhängig von der Infektion im gleichen Jahr verstorben wäre, möglicherweise also nur noch wenige Wochen oder Monate zu leben gehabt hätte.

Aus den Überlegungen wird ersichtlich, warum mit einer Kenngröße wie der Übersterblichkeit grundsätzlich nur ein (mehr oder weniger großer) Teil der an einer bestimmten Krankheit Verstorbenen nachgewiesen werden kann. So lässt sich erklären, warum die vom RKI angegebene Zahl von 90.832 Coronatoten fast doppelt so hoch liegt wie die aus der Übersterblichkeit abgeleitet Anzahl von 46.271 Todesfällen:

Etwa die Hälfte der vom RKI ausgewiesenen Coronatoten wäre aufgrund ihres Alters und/oder schwerwiegender Vorerkrankungen auch ohne die zusätzliche Coronainfektion in dem betrachteten Zeitraum gestorben.

Das auf die zweite Welle folgende Auseinanderdriften der Kurven ist folgerichtig auf die ausgeprägte Untersterblichkeit zurückzuführen, die auf die hohe Übersterblichkeit folgt. In der Zeit zwischen der 8. und der 12. Kalenderwoche 2021, also drei Monate nach dem Übersterblichkeitsmaximum, ist die Untersterblichkeit am größten. Das könnte darauf hindeuten, dass außergewöhnlich viele Verstorbene, auch ohne Coronainfektion, nur noch eine Lebenserwartung von etwa drei Monaten gehabt hätten.

 

Vergleich der Übersterblichkeit bei Corona- und Grippeepidemien

Der Blick auf das Sterbegeschehen soll nun dahingehend erweitert werden, dass nicht mehr nur die Coronazeit betrachtet wird, sondern der gesamte Zeitraum von 2016 bis 2021. Abbildung 3 vermittelt einen Eindruck vom Verlauf der Übersterblichkeit in dieser Zeit. Aufgetragen sind Wochenwerte, die mit Hilfe der abgewandelten Basislinie ermittelt worden sind, d.h. mit einer Basislinie, die auf den grippefreien Jahren 2016 und 2019 beruht und nicht (wie allgemein üblich) auf allen vier Vorjahren.

Abbildung 3

Der Verlauf der Übersterblichkeit ist gekennzeichnet durch lange, eher ereignisarme Abschnitte, in denen die Werte mehr oder weniger stark um die Basislinie herum oszillieren. Daneben gibt es kürzere Phasen mit steil ansteigender und steil abfallender Übersterblichkeit. Auslöser für die abrupten Ausschläge sind entweder saisonale Infektionen, hervorgerufen durch Grippe- oder neuerdings Coronaviren, oder außergewöhnliche Hitzeperioden.

Sehr gut sind in der Abbildung die Grippewellen in den Jahren 2017 und 2018 und die kurzen, aber heftigen Hitzewellen in den Jahren 2018, 2019 und 2020 zu erkennen. Von den drei Coronawellen, auf die allgemein immer hingewiesen wird, ist lediglich die zweite Welle (von der Höhe und vom Ausmaß her) mit den Grippewellen vergleichbar. Der höchste Übersterblichkeitswert ist in der 10. Kalenderwoche 2018 zu verzeichnen.

Summiert man die Einzelwerte auf, so erhält man die in Tabelle 1 angegeben Jahreswerte für die Übersterblichkeit. Die Werte liegen zwischen -0,42% als Minimum (2019) und 2,68% als Maximum (2020). Auffällig ist, dass die Übersterblichkeit im Coronajahr 2020 ähnlich hoch ist wie im Grippejahr 2018 (26.490 Tote gegenüber 24.844 Tote).

Dadurch, dass die Übersterblichkeit bezogen auf die grippearmen Jahre 2016 und 2019 berechnet wird und nicht (wie üblich) bezogen auf alle vier Vorjahre, liegen die Prozentangaben etwa einen Prozentpunkt über den „offiziellen“ Werten.

Tabelle 1

  Übersterblichkeit
Jahr Anzahl Prozent
2016   2.720  0,30%
2017 15.064  1,62%
2018 24.844  2,60%
2019  -3.950 -0,42%
2020 26.490  2,68%
 2021*) 13.377  2,25%
   *) bis zur 31. Woche

 

Die Unterschiede im Sterbegeschehen treten deutlicher zu Tage, wenn man die Übersterblichkeit jahresübergreifend betrachtet (vgl. Tab. 2). Dann wird sichtbar, dass die Übersterblichkeit bei Corona etwa doppelt so hoch ist wie bei der Grippe. Während das Coronageschehen 2020/2021 mit 47.881 zusätzlichen Toten verbunden ist, belaufen sich die Werte für die Grippesaison 2016/2017 auf 25.373 Tote und für 2017/2018 auf 22.381 Tote. Die Angaben gelten jeweils für die Zeit von der 30. Woche des Vorjahres bis zur 29. Woche des Folgejahres.

Tabelle 2

  Übersterblichkeit RKI-Angaben zur
Zahl der Grippe-
bzw. Coronatoten
Saison*) Anzahl Prozent
2016 / 2017   25.373  2,71% 22.900
2017 / 2018   22.381  2,37% 25.100
2018 / 2019   -4.052 -0,44% noch nicht verfügbar
2019 / 2020 -10.587 -1,13% noch nicht verfügbar
2020 / 2021   47.881  4,67% 81.589
*) von der 30. Woche des Vorjahres bis zur 29. Woche des Folgejahres

 

Die höchste Untersterblichkeit weist überraschenderweise die Saison 2019/2020 auf. Das ist insofern erstaunlich als die erste Coronawelle in diesen Zeitabschnitt fällt. Die coronabedingte Übersterblichkeit wird hier durch die Untersterblichkeit zu Beginn des Jahres 2020 mehr als ausgeglichen (vgl. Abb. 3).

Wiederum taucht die Frage auf, welcher Zusammenhang zwischen der Übersterblichkeit einerseits und der Zahl der Grippe- bzw. Coronatoten andererseits besteht. Für die Coronasituation gibt es mit den PCR-Tests eine Zusatzinformation, über die man bei Grippeepidemien nicht verfügt. Auch wenn ein positiver PCR-Test im Einzelfall keine verlässliche Aussage darüber macht, ob jemand an Corona erkrankt und verstorben ist oder ob andere Erkrankungen oder Vorerkrankungen den Tod verursacht haben, so liefert er doch eine wichtige Zusatzinformation. Für die Abschätzung der Zahl der Grippetoten kann man nicht auf vergleichbar umfassende Informationen zurückgreifen.

Hierzu schreibt das RKI in seinem „Bericht zur Epidemiologie der Influenza 2018/2019“:

„Im Gegensatz zu anderen Erkrankungen wird Influenza auf dem Todesschein häufig nicht als Todesursache eingetragen, selbst wenn im Krankheitsverlauf eine Influenza labordiagnostisch bestätigt wurde und wesentlich zum Tod beigetragen hat. Es ist die Erfahrung vieler Länder, dass sich Todesfälle, die der Influenza zuzuschreiben sind, in anderen Todesursachen, wie z.B. Diabetes mellitus, Pneumonie oder ‚Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems’ verbergen können. Daher ist es international üblich, die der Influenza zugeschriebene Sterblichkeit mittels statistischer Verfahren zu schätzen, indem Gesamttodesfallzahlen herangezogen werden.“ [7]

Mit anderen Worten: die Zahl der Todesfälle wird über die Abweichung der beobachteten Mortalität von der erwarteten Mortalität abgeschätzt, also mittels der Übersterblichkeit. Eine Möglichkeit, das Ergebnis (wie bei Corona) substantiell zu verifizieren, gibt es nicht. Folglich kann niemand sagen, wie hoch die Dunkelziffer bei der ausgewiesenen Zahl der Grippetoten ist. Statistisch abschätzbar ist der Grad der Untererfassung nicht.

Für den Corona/Grippe-Vergleich resultiert daraus ein Dilemma, das sich deutlich in den vom RKI veröffentlichten Todeszahlen zeigt (vgl. Tab. 2). Während die ausgewiesene Zahl an Coronatoten fast doppelt so hoch ist wie der Übersterblichkeitswert, der im Rahmen der vorliegenden Studie ermittelt wurde, stimmen die Werte beim Grippegeschehen weitgehend überein. Zwar gibt es auch hier Abeichungen, doch ist keine systematische Über- oder Unterschätzung zu erkennen.

Als Erklärung für diese Diskrepanz kommen eigentlich nur die während des Coronageschehens in großer Zahl durchgeführten PCR-Tests in Betracht. Wenn es diese Tests nicht gegeben hätte und man sich bei der Abschätzung der Zahl der Coronatoten (wie bei der Grippe) auf die Sterbedaten des Statistischen Bundesamtes hätte stützen müssen, wäre der Schätzwert sehr viel niedriger ausgefallen. Für den Zeitraum des Coronageschehens hätte man vermutlich einen Wert zwischen 45.000 und 50.000 Verstorbenen erhalten, statt von 81.589 (für die Zeit von der 30. Woche 2020 bis zur 29. Woche 2021) bzw. 90.832 (für die Zeit von der 10. Woche 2020 bis zur 31. Woche 2021). Diese Erkenntnis wiegt schwer und ist, was den Umgang mit den Sterbezahlen und deren Bewertung betrifft, von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

Die vom RKI ausgewiesene Zahl an Grippetoten muss, wenn man sie mit der Zahl der Coronatoten vergleichen will, etwa verdoppelt werden. Eine solche Relation ist zumindest zu erwarten, wenn der Anteil der Verstorbenen, der auch ohne zusätzliche Infektion nur noch kurze Zeit gelebt hätte, bei Grippe- und Coronaerkrankungen etwa gleich hoch ist. Die tatsächliche Zahl der Grippetoten in der Saison 2016/17 bzw. 2017/18 würde dann auf 45.000 bis 50.000 ansteigen. Der Unterschied zur Zahl der Coronatoten würde sich auf einen Schlag halbieren, von einer Relation von 1:4 auf eine Relation von 1:2.

Für die vergleichende Beurteilung der Sterbezahlen sind allerdings zwei Aspekte noch von Bedeutung: Zum einen die Frage der Verbreitung des Infektionsgeschehens, d.h. wieviele Menschen sich mit dem Grippe- bzw. Coronaerreger infiziert haben, und zum anderen die Frage der Infektionssterblichkeit, d.h. wie hoch die Sterberate unter den Infizierten ist.

Allgemein besteht, trotz langjähriger Erfahrung mit Grippeerkrankungen, wenig Einigkeit darüber, wie hoch die mittlere Sterbewahrscheinlichkeit bei einer Infektion ist. Meist geht man von einer mittleren Infektionssterblichkeit von 0,1 Prozent aus.

Für eine Übertragung auf Corona müsste der Wert etwa verdoppelt werden, wenn unter den Grippeverstorbenen ein ähnlich hoher Anteil an Menschen mit kurzer Lebensperspektive wäre wie bei Corona und wenn man weiter davon ausgeht, dass Grippe und Corona etwa gleich infektiös und in der Bevölkerung ähnlich stark verbreitet sind. Wenn man für die Grippe eine Sterberate von 0,1% unterstellt, wäre Corona dann mit einer Infektionssterblichkeit von 0,2% verbunden.

Ob sich Grippe- und Coronaviren in den betrachteten Jahren allerdings vergleichbar stark ausgebreitet haben, ist ungewiss. Die Ungewissheit rührt vor allem von den zahlreichen Maßnahmen her, die ergriffen wurden, um eine rasche und unkontrollierte Ausbreitung des Sars-CoV-2-Virus’ zu verhindern. Wenn mit den Maßnahmen das angestrebte Ziel erreicht worden ist, müsste der Wert für die Infektionssterblichkeit entsprechend angehoben werden. Wie stark die Anhebung ausfallen müsste, lässt sich nicht sagen, denn für Deutschland gibt es keine fundierten Studien darüber, wie sich die Einschränkungen (im Einzelnen oder insgesamt) auf das Infektionsgeschehen ausgewirkt haben. Dass solche Studien bis heute nicht vorliegen, ist extrem bedauerlich und eigentlich kaum zu glauben, da sie über einen Fragenkomplex Auskunft geben könnten, der für die Beurteilung des gesamten Coronageschehens von zentraler Bedeutung ist.

Einer der wenigen, die den Versuch unternommen haben, die Infektionssterblichkeit in Deutschland anhand konkreter Daten abzuschätzen, ist Professor Hendrik Streeck. Im Rahmen seiner „Heinsberg-Studie“ kommt er zu dem Ergebnis, dass die mittlere Sterberate von Sars-CoV-2 bei 0,37% liegt. Das bedeutet, dass von zehntausend Coronainfizierten durchschnittlich 37 Personen versterben. Der Wert ist allerdings, wie in der Studie betont wird, mit relativ großer Unsicherheit behaftet. Je nach angewandtem mathematischem Korrekturverfahren muss man mit einer Sterberate zwischen 0,24% und 0,43% rechnen. Ungewiss ist zudem, inwieweit das Ergebnis, dem ja lediglich die regionalen Daten aus dem Landkreis Heinsberg zugrundeliegen, auf das gesamte Bundesgebiet übertragbar ist. [8]

Gegenüber der Grippe, mit einer angenommenen Sterberate von 0,1%, wäre eine Infektionssterblichkeit zwischen 0,2 % und 0,4% sicher ein großer, nicht vernachlässigbarer Unterschied. Er würde aus Sars-CoV-2 allerdings noch keinen Killervirus machen. Immerhin 99,6% der Betroffenen würden von einer Coronainfektion wieder genesen.

Die Letalitätsquote liegt damit niedriger als allgemein meist angenommen wird. Manche leiten daraus den Vorwurf ab, dass Autoren, die solche Werte veröffentlichen, die Coronaerkrankung verharmlosen würden. Das ist ein ungerechtfertigter Vorwurf. Es besteht kein Zweifel, und wird auch von niemandem bestritten, dass viele Menschen unter Coronaerkrankungen schwer gelitten haben und teilweise noch Monate später darunter leiden. Aber für eine adäquate Beurteilung des Gesamtgeschehens kann man es nicht bei der Betrachtung von Einzelfällen belassen. Es ist wichtig, das Geschehen auch statistisch einzuordnen. Insbesondere ist es wichtig, aktuelles Krankheitsgeschehen in Relation zu Krankheitsverläufen in der Vergangenheit zu betrachten. Das soll zum Abschluss dieser Ausführungen geschehen, indem die Übersterblichkeit bei Corona den Grippeverläufen gegenübergestellt wird.

Die Gegenüberstellung erfolgt dabei nicht über die originalen Schätzwerte, sondern über geglättete Kurvenverläufe. Das Glättungsverfahren nivelliert extreme Ausschläge und gleicht zufällige Schwankungen aus, so dass strukturelle Unterschiede und Übereinstimmungen besser sichtbar werden. Abbildung 4 vermittelt einen Eindruck davon wie sich der geglättete Verlauf an die Originalwerte anpasst. Für die vergleichende Darstellung der Kurvenverläufe ist eine saisonale Sichtweise gewählt worden, beginnend und endend jeweils im Sommer.

In Abbildung 5 ist der Coronaverlauf der Saison 2020/21 zunächst der Grippesaison 2016/17 gegenübergestellt und in Abbildung 6 dann der Grippesaison 2017/18. Die Kurven sind dabei so übereinandergelegt worden, dass sie mit der 30. Woche des Vorjahres beginnen und mit der 29. Woche des Folgejahres enden.

Abbildung 4

 

Abbildung 5

Die Abbildungen führen vor Augen, dass sich die Übersterblichkeitsverläufe nicht so stark voneinander unterscheiden wie man eigentlich erwarten würde. Am auffälligsten ist nicht das unterschiedliche Ausmaß der Übersterblichkeit, d.h. dass die Coronawelle sehr viel höher ansteigt oder sehr viel länger andauert als die Grippewellen, sondern ist die Phasenverschiebung der Kurven. Die zweite Coronawelle setzt einige Wochen früher ein als bei Grippeepidemien üblich.

Die Grippesaison 2016/17 ist im Vergleich zu Corona mit deutlich niedrigeren Maximalwerten verbunden. Dafür weisen beide Kurven eine ausgeprägte Untersterblichkeit nach Abklingen des Krankheitsgeschehens auf (vgl. Abb.5). Beim Vergleich mit der Grippewelle 2017/18 fällt auf, dass die Sterbekurven mit etwa gleich hohen Maximalwerten verbunden sind und dadurch fast wie Zwillingskurven wirken (vgl. Abb.6).

Was man den Verläufen nicht ohne weiteres ansieht, was bei der vergleichen Beurteilung der Verläufe jedoch bedacht werden muss, ist, dass Corona mit einer doppelt so hohen Übersterblichkeit verbunden ist wie die Grippe.

Abbildung 6

Doch auch wenn man die unterschiedliche Gesamtzahl der Verstorbenen berücksichtigt, besteht ein irritierendes Missverhältnis zwischen den Übersterblichkeitsverläufen einerseits und den Reaktionen, die auf das jeweilige Krankheitsgeschehen erfolgt bzw. nicht erfolgt sind, andererseits. Während die zahlreichen Grippetoten der Jahre 2017 und 2018 den Medien kaum eine Randnotiz wert waren, löste das Coronageschehen eine kollektive Panikreaktion aus, wie sie das Land noch nicht erlebt hat. Von einem Tag auf den anderen hat sich der mediale, politische und öffentliche Fokus auf ein Thema reduziert: CORONA. Und daran hat sich bis zum heutigen Tag im Prinzip nichts geändert. Es fällt schwer, die Übersterblichkeitsverläufe damit irgendwie in Einklang zu bringen.

Man kann versuchen, sich einer Erklärung zu nähern, indem man die Rahmenbedingungen betrachtet, unter denen sich das jeweilige Krankheitsgeschehen abgespielt hat und die ja sehr unterschiedlich waren. Das betrifft zum einen die Impfungen und zum anderen die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um das Corona-Infektionsgeschehen einzudämmen.

Mit dem Impfen gegen Corona wurde erst in der letzten Woche des Jahres 2020 begonnen. Aufgrund der Zeit, die vergeht, bis sich Impfungen im Sterbegeschehen bemerkbar machen, ist nicht vor Februar 2021 mit einem spürbaren Effekt bei den Sterbezahlen zu rechnen. Zudem lief die Impfkampagne nur schleppend an, so dass Mitte Mai erst zehn Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft und damit wirksam geschützt waren. [9] Auf der anderen Seite lassen sich jedes Jahr auch etwa zehn Prozent der Bevölkerung (meist im Herbst) gegen Grippe impfen. [10] Aufgrund des, im Vergleich zur Grippe, eher späten und schleppenden Impfprozesses bei Corona ist zu vermuten, dass die Grippesterbezahlen in den betrachteten Zeitabschnitten insgesamt wirksamer gesenkt worden sind als die Coronasterbezahlen. Unter diesem Gesichtspunkt spricht also nichts dagegen, die Verläufe miteinander zu vergleichen.

Wichtig für die angemessene Beurteilung der grippe- bzw. coronabedingten Übersterblichkeitsverläufe sind darüberhinaus natürlich noch die Maßnahmen und Anordnungen, die zur Eindämmung des Coronageschehens erlassen worden sind und die es in dieser Form bei Grippeepidemien bisher nicht gegeben hat. Ob Kindergarten, Schule, Universität, Fabrik, Büro oder Kultureinrichtung, ob Geschäft, Kino, Restaurant, Fitnesscenter oder Aufenthalte im Freien, es gab kaum einen Bereich des öffentlichen oder privaten Lebens, der nicht durch restriktive Maßnahmen oder Vorschriften eingeschränkt worden ist. Dabei stehen die Rigidität und die gesellschaftliche bzw. wirtschaftliche Wirktiefe der Maßnahmen in einem eigenartigen Missverhältnis zum Wissen um deren Wirksamkeit.

Wieviele Menschen sind aufgrund der Maskenpflicht oder der Lockdown-Anordnungen nicht an Corona erkrankt? Wären 10% mehr Menschen gestorben, wenn die Maßnahmen nicht ergriffen worden wären, oder vielleicht 50% oder gar 100%? Wären die Sterbezahlen ohne die Maßnahmen möglicherweise gar nicht stärker angestiegen? Zu diesen Fragen gibt es keine wissenschaftlich fundierten, geschweige denn repräsentative Studien. Wollte man den Aspekt bei den Übersterblichkeitsverläufen oder deren Interpretation berücksichtigen, könnte man sich allenfalls auf sein Bauchgefühl berufen. Ein Maßnahmenkritiker würde vielleicht sagen, dass die Einschränkungen gar nichts gebracht haben, während ein Befürworter fest davon überzeugt ist, dass ohne die Maßnahmen mindestens doppelt so viele Menschen gestorben wären. Der Spekulation wären keine Grenzen gesetzt.

Die für die Ermittlung der Kurvenverläufe verwendeten Sterbedaten können sicher nicht als optimal angesehen werden, ja noch nicht einmal als zufriedenstellend, aber es sind die einzig belastbaren Daten, die diesbezüglich zur Verfügung stehen. Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Prof. Gabriel Felbermayr, hat die Datenlage zum Coronageschehen folgerichtig auch als „frustrierend“ bezeichnet. In einem Interview mit dem Spiegel erläutert er, warum das seiner Meinung nach so ist, und kommt aufgrund eigener, recht ernüchternder Erfahrungen zu dem Schluss: „Die systematische Datenerhebung ist politisch nicht gewollt.“ [11]

Fazit

Sterbezahlen sind verständlicherweise nur ein möglicher Blick auf das Leid, das durch Grippe- oder Coronaerkrankungen verursacht wird. Die Schwere von Krankheitsverläufen, die gesundheitlichen Nachwirkungen einer Erkrankung, die Auslastung der Krankenhäuser und Intensivstationen, die Möglichkeit eine Krankheit medikamentös oder therapeutisch zu behandeln, sind weitere, für die Beurteilung wichtige Aspekte. Doch wenn staatliche Maßnahmen ergriffen werden, um die zu starke Ausbreitung eines gefährlichen Erregers zu verhindern, so geschieht das letztlich vor allem, um Menschenleben zu retten, egal ob man als Kriterium für die Lockerung oder Verschärfung der Maßnahmen Inzidenzwerte oder die Auslastung der Intensivstationen heranzieht.

Die Sterbezahlen sollten folglich bei der Beurteilung, ob bzw. welche Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens ergriffen werden sollten, eine viel größere Rolle spielen. Dann würde man, wenn man beispielsweise das Sterbegeschehen unter Impfgesichtspunkten beurteilen wollte, feststellen, dass von den meisten Coronaverstorbenen gar nicht bekannt ist, ob sie geimpft sind oder nicht. Von den 4.892 Coronatoten, die in den Kalenderwochen 43 bis 46 zu beklagen waren, kennt das RKI den Impfstatus lediglich von 1.199 Verstorbenen und weist differenzierte Werte aus. [12]

Schaut man sich diese dann genauer an, stellt man verblüfft fest, dass 50% der Verstorbenen vollständig geimpft waren. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem Experten und Politiker kaum eine Gelegenheit ausließen, darauf hinzuweisen, dass auf den Intensivstationen fast nur noch Ungeimpfte liegen. Sollte dieser Anteilswert repräsentativ sein für das coronabedingte Sterbegeschehen in dem betrachteten Zeitraum, wäre das ein Armutszeugnis für die Wirksamkeit der Impfung. Der Anteil der doppelt Geimpften belief sich zu diesem Zeitpunkt auf knapp 63%. Noch im Frühjahr 2021 gingen die meisten Epidemiologen davon aus, dass man eine Herdenimmunität erreichen könne, wenn 70% der Bevölkerung geimpft ODER von einer Infektion genesen wären [13]. Daran möchte von den Verantwortlichen heute vermutlich niemand mehr erinnert werden. Lieber spricht man über die Zukunft, über Mutationen, Boostern, nachlassenden Impfschutz oder eine allgemeine Impfpflicht.

Es wäre zu wünschen, dass die Politik endlich grundlegende Forschungsvorhaben anstößt und finanziert, mit denen drängende Fragen zum Coronageschehen von unabhängigen wissenschaftlichen Institutionen fundiert und umfassend erforscht werden können. Das Wissen wird man benötigen, wenn bedrohliches infektiöses Krankheitsgeschehen zukünftig besser und gezielter bekämpft werden soll. Und wenn man die gegenwärtige Situation betrachtet, sieht es ganz danach aus, als könnten die dabei gewonnenen Erkenntnisse auch für die Bekämpfung des gegenwärtigen Coronageschehens noch von Nutzen sein.

 

Literatur

[1] Robert-Koch-Institut: Coronavirus SARS-CoV-2 – Todesfälle nach Sterbedatum
(Stand: 27. August 2021)

[2] Statistisches Bundesamt: Sterbefälle – Fallzahlen nach Tagen, Wochen, Monaten, Altersgruppen, Geschlecht und Bundesländern für Deutschland 2016 – 2021.
Publikation vom 17. August 2021

[3] Felix zur Nieden, Alexander Engelhart – Sterbefallzahlen und Übersterblichkeit während der Corona-Pandemie. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), In:WISTA 3/2021, S. 47-57

[4] Statistisches Bundesamt: Sterbefallzahlen im Dezember 2020: 29% über dem Durchschnitt der Vorjahre, Pressemitteilung Nr. 044 vom 29. Januar 2021

[5]       Günter Eder –Blick auf die Statistik. Freitag vom 8. April 2021

[6] Ariel Karlinsky, Dmitry Kobak – Tracking excess mortality across countries during the COVID-19 pandemic with the World Mortality Dataset. Hebrew University (Israel) and University of Tübingen (Germany), 30. Juni 2021

[7] Arbeitsgemeinschaft Influenza – Bericht zur Epidemiologie der Influenza in Deutschland Saison 2018/2019. Robert-Koch-Institut (Hrsg.) 2019

[8] Universität Bonn: Ergebnisse der “Heinsberg-Studie” veröffentlicht. Bonner Forschungsteam ermittelt Sterblichkeitsrate der SARS-CoV-2-Infektion. 4. Mai 2020

[9] Robert-Koch-Institut: Digitales Impfquotenmonitoring zur Covid-19-Impfung.
Stand: 20. August 2021

[10] Nur jeder zehnte Deutsche lässt sich gegen Grippe impfen – Ärzteblatt vom 8. Oktober 2019

[11] Ökonom Felbermayr kritisiert Corona-Datenerhebung – Oldenburger Onlinezeitung vom 18. August 2021

[12] Robert-Koch-Institut: Wöchentlicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (Covid-19), Datenstand vom 23.11.2021

[13] Eyal Leshem, Benjamin Alan Lopman – Population immunity and vaccine protection against infection. In: The Lancet Vol. 397, S. 1685-1687, 8. Mai 2021

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  • Hannes Tabakdose
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    Ungalublkich , entschuldigung, aber ich dachte wirklich, über dieses Stadium seien wir mittlerweile hinaus. Wer sich wirklich immernoch, nach über 2 Jahren, in dieser Form mit Statistiken beschäftigt, von Coronatoten redet und von Impfstoffen (ohne Gänsefüsschen zu verwenden), und in der guten aber eben äußerts naiven Absicht und Vorstellung argumentiert, es wäre bei dieser Plandemie  darum gegangen, das “Infektionsgeschehen” einzudämmen, dem ist nicht zu helfen. Ich bin, offen gesagt  auch enttäuscht, das dieser Artikel hier abgedruckt wird, es ist ja wirklich so, als wären die Bücher von W. van Rossum, Paul Schreyer, W. Wodarg usw. gar nicht erscheinen, als hätte es “Event 201” nie gegeben.  Bitte nicht falsch verstehen, Herr Eder der mag ja gute, ehrenwerte Absichten verfolgen, er möchte ja  zeigen, dass etwas nicht stimmt, und drängt auf eine unabhängige Überprüfung. das ist ja richtig. Aber mit Verlaub, das erinnert mich an Don Quichote, oder Michael Kohlhaas, es ist mir unbegreiflich, diese Naivität. Angesichts des Gegenübers, des eiskalten Plans, mit dem wir es zu tun haben, ist leider jede Hoffnung darauf, mit Sachargumenten zu überzeugen, vergebens. Es geht um Milliardenprofite und  ein weltweite Agenda, Da schiene es mir persönlich doch evtl. angebrachter, endlich über Macht und  Einfluss zu sprechen, und Personen, nicht über die Farbe oder Schnitzart des Trojanischen Pferdes, sondern über diejenigen, die es konstruiert und eingesetzt haben, – zum Glück geschieht dies ja auch.
    • Freiherr
      Antworten
      Ja ! – sehr verwunderlich dass man hier derart naives Zeug einstellt, welches mehr schadet, als es nützen könnte.

      Wer die Ausschuss-Sitzungen verfolgt hat, der wird bestätigen können dass all diese Zahlen und Erhebungen, Inzidenzen u.u.u, die von politisch gekauften, untergeordneten und gekaperten Instituten oder sonstwas stammen, allesamt falsch sind !

      Mehrere Experten für diesen Bereich von Dateien, Zahlenerhebungen u.s.w ( oder wie man das fachlich auch nennt )

      haben es als Zahlenschwindel entlarvt und eindeutigst bis ins kleinste Detail als solchen überführt, von Beginn dieses gigantischen Pandemieschwindels an.

      Man sollte doch schon sehr lange wissen dass die Bevölkerung mit diesem vorsätzlich gelogenen Zahlenhokuspokus von Anfang an gezielt getäuscht wurde.

       

       

       

       

       

       

       

       

  • Clara W.
    Antworten
    Der Artikel hat mich  enttäuscht. Nochmal: Es handelt sich NICHT um eine “Impfung” sondern um einen  experimentellen, irreversiblen,  gentechnischen Eingriff !! Ich halte Artikel, in denen das nicht klar so oder ähnlich benannt wird inzwischen für gefährlich, da sie das offizielle Narrativ stützen – ob nun bewusst oder unbewusst.
  • Volker
    Antworten

    Es wäre zu wünschen, dass die Politik endlich grundlegende Forschungsvorhaben anstößt und finanziert (…)

    Ja, machten Die doch schon und machen weiterhin. Kann dies als Labor-Ratte des Experiments im Zuge der Agenda 2010 bestätigen; wurde mehrfach auseinander genommen und wieder passend zusammen geflickt.

    Passt doch, eine Ratte lebt schließlich ganz unten und ernährt sich von Ausscheidungen im Kanalsystem. Ja, soll sogar Rattenmenschen geben, die in Wohlstands-Container nach Resten suchen, obwohl dort Kammerjäger lauern und giften: Ratten sind Pfui-Plagen, die ihr Dasein nicht im Griff haben, und überhaupt zu faul sind, für einen Abfall-Euro stinkende Kloaken zu bereinigen.

    Gut, will ja nicht meckern. Aber: alle Jahre wieder, wenn Kröten nach Berlin wandern, kennt der Wähler seine Pflicht: ohne Eimer geht es nicht.

    Pssst …. haben Sie schon einmal beobachtet wie sich Kröten vermehren? Weia, die hängen und kleben aufeinander ….

  • Freiherr
    Antworten
    Einer der herausragenden Experten und sehr aktive Kritiker des hochkriminellen Spritzwahnsinns ist Dr. Mark Trozzi, Canada, auch aus dem Ausschuss bekannt.

    Dr Mark Trozzi ‣ Home (drtrozzi.org)

    Wer also wirkliche evidente Zahlen und Statistiken, Beweise will, der sollte da z. B. rein schauen. Er und Wodarg, Bakhdi, Holzeisen, Alexander, Malone, Montagnier, um nur wenige zu nennen, die weltweit die Beweise eben auch mittels wirklicher Zahlen und Erhebungen erbringen, alle fest mit im Corona-Ausschuss – Team.

    Dann all die whistleblower aus WHO, Reigierungstellen und Institutionen, Pharma-Herstellern, Polizei, Geheimdiensten, Miltär u.u.u –

    bergeweise Beweise liegen auf dem Tisch, reichen schon lange für einen Nürnberger Prozeß 2.0 –

    und die Aufdeckungen dieser historischen Verbrechen gehen weiter, täglich neue Fakten.

    In den 5 Sitzungen der Grand Jury hat das Kernteam der Anklage diese quasi-Vorverhandlung auf Basis des Naturrechts ja schon eröffnet,

    ein in USA zugelassenes Rechtsmittel.

    Von der Justiz in Deutschland, Europa allgemein, ist nichts mehr zu erwarten, aber in USA, Indien, Südafrika z. B durchaus, dort haben Gerichte schon die jeweiligen Regierungen in die Schranken gewiesen, Maßnahmen gekippt, ganz aufgehoben.

    Aber mit dem Kippen allein ist es nicht getan, es müssen nun die Anklagen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, industriellen Genozid an der Weltbevölkerung, Totschlag, vorsätzliche Gesundheitsschädigungen, Krebsbeförderung, Totgeburten, Unfruchtbarmachung, vorsätzliche Zerstörung des natürlichen Immunsystems u.u.u.. kommen

    und geschieht auch in einigen Ländern, wenn auch immer noch von Gerichten auf die lange Bank geschoben, überwiegend.

    Dann werden auch die Schadensersatzklagen anrollen, in zig-Billionen-Höhe, die juristische Aufarbeitung im gesamten Umfang wird Jahrzehnte dauern.

    Noch hat die Agenda, die ich das Absolut Böse nenne, diese Macht auch die Gerichte zu unterdrücken, wird aber nicht auf Dauer funktionieren, zumindest in USA und Indien nicht ( dort werden dann auch tatsächlich Köpfe rollen, Todesstrafe ).

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

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