Rechtswidrige Altersvorsorge-Vernichtung
Wenn Hartz-IVler schon den „Anständigen“, die eine Arbeit haben, auf der Tasche liegen, ist es doch das mindeste, zu verlangen, dass sie ihr Erspartes aufbrauchen. Oder? Wer – noch arbeitsfähig – in Not gerät, soll die Folgen möglichst noch bis ins hohe Alter in Form von Altersarmut spüren. Viele Menschen werden in Deutschland von den Hartz-Behörden dazu gezwungen, ihre Alterssicherung zu verbrauchen. Ein menschenrechts- und menschlichkeitswidriger Skandal, der sich zu den vielen anderen Grausamkeiten des Massenverelendungsprogramms dazu addiert. Hier ein konkreten Fall aus dem Jobcenter Odenwald, dokumentiert durch die Vereinigung „Hartz 4-Plattform“
Frage an den zuständigen Landrat Wilkes im Kreis Bergstraße: wer kommt für den vom Amt verursachten Schaden am Schonvermögen auf?
Statt wenigstens den beim Sozialgericht Darmstadt festgestellten Leistungsanspruch rasch zu zahlen, verzögert die Optionskommune Kreis Bergstraße.
Mit rechtswidrigem Druck und Verzögerungstaktik des Jobcenters Odenwald wurde einem Hartz IV-Antragsteller die Altersvorsorge vernichtet. Durch Leistungsverweigerung verursachte die Optionskommune ihrem „Kunden“ einen Schaden am nach dem Gesetz geschützten Schonvermögen von am Ende weit mehr 30.000,00-Euro. Und selbst nachdem ihr jetzt das Sozialgericht Darmstadt die Sache um die Ohren gehauen hat, zahlt sie – abermals einen Monat nach dem Gerichtstermin – immer noch nicht den seit 8 Monaten fälligen Leistungsanspruch. Von der Zuständigen Teamleitung des Jobcenters in Mörlenbach heute nur die sattsam bekannte Schutzbehauptung: „Wir haben die Gerichtsakte erst gestern bekommen.“ Inzwischen wurde beim Landrat des Kreises Bergstraße, Matthias Wilkes angefragt, wer für die in seinem Zuständigkeitsbereich entstandene Zigtausend-Euro-Altersvorsorge-Vernichtung Schadensersatz leiste – zumal die Rechtslage unstreitig und jüngst vom Bundessozialgericht noch einmal bestätigt worden sei.
Hartz IV-Antrag im Oktober 2013 abgelehnt: erst Altersvorsorge verfrühstücken Der Antrag auf SGB II-Leistungen wurde zum 1. Oktober 2013 gestellt. Gegen die nachgewiesene sogenannte „Mittellosigkeit“ hatte das Jobcenter Odenwald in der Optionskommune Kreis Bergstraße auch keine Einwände. Als sie jedoch eine Altersvorsorge entdeckte hieß es: erst auflösen und verfrühstücken, eher zahlen wir nicht.
Jobcenter Odenwald: was schert uns das Gesetz!
Der Schriftverkehr aus der Hartz IV-Behörde eiert in weitem Bogen um die tatsächlichen Rechtspflichten aus dem § 12 SGB II herum, ohne das zu tun, was die Behörde hätte tun müssen
– nämlich zu prüfen, ob eine „offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung“ vorliegt – und zwar vor einer Leistungsverweigerung.
Aussitzen, Verzögern und in Notlage treiben
Aussitzen, Verzögern und am Ende den „Kunden“ in eine ausweglose Notlage treiben sodass er nicht mehr anders kann als seine Altersvorsorge auf dem Altar des Jobcenters zu opfern, um nicht mit seinem 5-jährigen Sohn verhungern zu müssen. Das scheint seit Oktober 2013 die Strategie der sogenannten Sozialbehörde gewesen zu sein. Und der Plan ist aufgegangen: im Februar war der „Kunde“ am Ende. Er musste – wie es so schön im Amts-Deutsch heißt – seine
seit mehr als 10 Jahren angesparte Altersversorgung „verwerten“.
Bei Befolgung von Gesetz und Bundessozialgericht wäre die Rente gerettet worden
Am 3. Juni 2014 stellt das Sozialgericht Darmstadt im Erörterungstermin die Annahme fest: „offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung der fondsgebundenen Rentenversicherung“ wegen zu hoher „Verlustquote“. Dabei verwies das Gericht ausdrücklich auf die bestehende Rechtslage sowie nochmals auf ein dies bekräftigendes Urteil des Bundessozialgerichts vom 20.02.2014 (B 14 AS 10/13 R). Und es betonte: „dies gilt umso mehr, wenn man die besonderen Umstände des Einzelfalls des Klägers berücksichtigt, die dazu geführt haben, dass er aus finanzieller Not seine Versicherung tatsächlich gekündigt hat.“ In diese „Not“ hatte ihn das Jobcenter Odenwald getrieben.
Im Termin beim Sozialgericht wurde das Jobcenter ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Behörde – entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung – bereits bei Antragstellung dem Buchstaben des Gesetzes hätte folgen müssen. Im § 12 SGB II heißt es nämlich unstreitig: „Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen (…) Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.“
Für die Hartz4-Plattform stellt es eine nicht zu entschuldigende Missachtung des Rechts und der Würde von sogenannten „Kunden“ beim Jobcenter dar, dass die Optionskommune Kreis Bergstraße wider besseres Wissen gegen ihre Rechtspflichten gehandelt hat. „Besonders schäbig finden wir,“ so Brigitte Vallenthin, „dass diese Altersvorsorge-Vernichtung durch das Jobcenter den 5-jährigen Sohn des alleinerziehenden Vaters mit besonderer Härte trifft, der bei der Todesfall-Absicherung einen Verlust von mindestens 15.000,00 € erlitten hat.“
Frage an Landrat Wilkes: wer haftet für den Schaden am „Schonvermögen“?
Von der Teamleitung kam bislang nur sinngemäß der lapidare Hinweis, man werde die Hinweise des Gerichts zum Erhalt des Schonvermögens ernst nehmen und bei zukünftigen Fällen berücksichtigen. Und in diesem Fall? Keine Antwort.
Deshalb hat die Hartz4-Plattform gestern den für das Jobcenter verantwortlichen obersten Dienstherren der Optionskommune Kreis Bergstraße, Landrat Matthias Wilkes, angefragt, welche Schadensersatzregelung die Behörde ihrem „Kunden“ anzubieten gedenkt. „Oder gibt es wieder einmal nur einen lachenden Dritten, die Versicherungswirtschaft, die bei derartigen Versicherungsauflösungen ein Bombengeschäft macht?“ fragt Brigitte Vallenthin. „Ich bin gespannt, ob die Hartz IV-Behörde die Verantwortung für ihre mutwillige Geldvernichtung
übernimmt oder ob der Betroffene sich wegen des Schadensersatzes abermals auf den Rechtsweg begeben muss.“
Wiesbaden, 26. Juni 2014
Brigitte Vallenthin
Sprecherin
Hartz4-Plattform
die Hartz IV-Lobby
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