Die Eroberung Europas durch die USA

 In Politik (Ausland), Politik (Inland)

BittnerEroberungEuropasUnser Mitarbeiter Wolfgang Bittner, Schriftsteller aus Göttingen, hat soeben im Mainzer VAT-Verlag ein Buch zur Krise in der Ukraine vorgelegt (Preis: 12,90 Euro). Überzeugend und detailliert zeichnet der Autor, VS- und PEN-Mitglied, die Chronologie der Ereignisse nach und stellt, untermauert von zahlreichen Falten, insbesondere die These zur Diskussion, dass vor allem die US-Regierung für die Krisenverläufe im Osten Europas verantwortlich ist. Mit geheimdienstlichen Mitteln, mit effektiver Medienarbeit, mit sehr viel Politik auch hinter den Kulissen arbeitet die westliche Führungsmacht an einer Destabilisierung der Verhältnisse in den osteuropäischen Staaten und ist bemüht, ihre eigenen Interessen in Europa durchzusetzen. „Das ist die beste Zusammenfassung und Analyse der Ukraine-Krise“, so ein Kritiker auf amazon.de, und ein anderer Leser ergänzt: „Besonders wichtig, dass der Autor dezidiert auf die Verfälschung der Fakten und die Folgen der Wirtschaftssanktionen eingeht. Wolfgang Bittner kritisiert überzeugend und mit zahlreichen Belegen die feindliche Propaganda gegen Russlands Putin.“
HdS veröffentlicht im Folgenden eine vom Autor selber besorgte Textauswahl aus dem Buch, in dem auch ein Brief des vormals aktiven SPD-Politikers Karl-Wilhelm Lange an den Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier abgedruckt worden ist sowie ein Text Willy Wimmers, des früheren verteidigungspolitischen Sprechers der CDU/CSU und Vizepräsidenten der OSZE – Texte also einer Große Koalition endlich mal der ganz anderen Art, Beiträge nämlich zur Wiederherstellung einer konsequent friedenssichernden Politik (Holdger Platta).

Vorbemerkung
Wenn es Probleme gibt – im eigenen Leben oder in der Politik –, ist es immer sinnvoll und zumeist auch erhellend, nach den Ursachen zu fragen. Zum Beispiel beklagen wir die Zunahme von Flüchtlingen aus Afrika, aus dem vom Bürgerkrieg erschütterten Syrien oder aus dem Irak. Für Afrika kann man fraglos behaupten, dass es für die Menschen dort ein Unglück ist, wenn ihre Länder über Öl oder sonstige Bodenschätze verfügen; sie werden derer enteignet und fallen einer grenzenlosen Armut anheim. In manchen dieser Länder herrschen bürgerkriegsähnliche Verhältnisse. Das ist auch in Syrien und im Irak der Fall, wo die Menschen ständig damit rechnen müssen, zwischen die Fronten zu geraten. Sie flüchten, denn wer will schon an einem Ort bleiben, an dem man tagtäglich um sein Leben fürchten muss?

Wir sollten also nicht ständig beklagen, dass so viele Flüchtlinge nach Europa und nach Deutschland kommen wollen oder dass wir zu wenige aufnehmen. Die Antwort auf die Frage nach den Ursachen der Flüchtlingskatastrophen liegt auf der Hand: Die USA und einzelne der NATO angehörende Staaten müssen aufhören, für ihre machtpolitischen und wirtschaftlichen Interessen andere Länder zu unterminieren und aufzumischen. Es ist doch absurd, für die Aufnahme von Flüchtlingen einzutreten, wenn gleichzeitig ihre Länder zerstört werden. Nicht wenige der vor dem Krieg vor dem Assad-Regime geflüchteten Syrier sind heute der Auffassung, dass es dem Land mit Assad besser gehe als ohne ihn. Ein Blick auf andere von den USA unter Beteiligung europäischer Staaten ins Chaos gestürzte Länder wie Afghanistan, Irak oder Libyen zeigt deutlich, wessen man sich dort schuldig gemacht hat.

Das Gleiche trifft auf die Ukraine zu, mit der es sich genauer zu befassen gilt. Dort herrscht inzwischen ein blutiger Bürgerkrieg mit zahllosen Toten und über einer Million Flüchtlinge, und die Chronologie der Ereignisse liefert eindeutige Beweise für das unverantwortliche Vorgehen der „westlichen Allianz“. Außerdem wird das skandalöse Verhalten der westlichen Politiker und ihrer Sprachrohre, der führenden Journalisten in den sogenannten Leitmedien, deutlich.

Der niederländische Publizist und Politikwissenschaftler Karel van Wolferen schätzt das wie folgt ein: „Was einer älteren Generation seriöser Journalisten hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Mainstream-Medien als fragwürdig erscheint, ist die redaktionelle Interesselosigkeit für potentielle Anhaltpunkte, die die offizielle Linie in Frage stellen oder annullieren könnten.“ Und er fährt fort: „Die europäische Union wird nicht (mehr) von Politikern geführt, die ein Verständnis von Geschichte haben, eine nüchterne Einschätzung der globalen Wirklichkeit oder auch nur gesunden Menschenverstand in Verbindung mit den langfristigen Zielen dessen, was sie in Gang setzen. Falls es noch eines Beweises bedurft hätte, ist der spätestens mit den Sanktionen erbracht …“ (http://www.unz.com/article/the-ukraine-corrupted-journalism-and-the-atlanticist-faith/).
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Die Strategie der Destabilisierung
Als der Anschluss der Ukraine an den westlichen Block auf diplomatischem Wege nicht gelang, ging es nach einigen fragwürdigen politischen Intermezzos und Einmischungen in die innerstaatlichen Angelegenheiten des Landes subversiv mit der sogenannten Maidan-Bewegung weiter. Daran waren von vornherein nicht nur demokratisch-oppositionelle Kräfte beteiligt, sondern maßgeblich auch Nationalisten und ausländische Geheimdienste. Letzteres wurde publik durch ein abgehörtes Telefonat der EU-Beauftragten des US-Außenministers, Victoria Nuland, mit dem US-Botschafter in Kiew, Geoffrey Pyatt.

Danach plante Washington bereits das Szenario für die Zeit nach dem lange vorbereiteten Staatsstreich und favorisierte seinen Günstling, den Oligarchen Arsenij Jazenjuk, der dann auch Ministerpräsident wurde. Seine Stiftung Open Ukraine pflegt intensive Beziehungen zum US-Außenministerium und der NATO und wird von einflussreichen westlichen Organisationen gesponsert. Schon am 13. Dezember 2013 renommierte Victoria Nuland in Kiew damit, dass die USA mehr als fünf Milliarden Dollar für den Regime Change in der Ukraine investiert hätten, und der ultrakonservative Senator und ehemalige Präsidentschaftskandidat der Republikaner, John McCain, versicherte dem Vorsitzenden der rechtsextremen Swoboda-Partei, Oleg Tjagnibok, seine Unterstützung im Kampf gegen die rechtmäßige Regierung.
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Restauration und Indoktrination

Von den Kämpfen in dem von der NATO zusammengebombten Libyen hören und sehen wir gar nichts mehr, aus Afghanistan immer weniger, über den Irak erst wieder mehr, seit dort die Terrorgruppe „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“ (ISIS, neuerdings IS) auf dem Vormarsch ist, Blutbäder anrichtet und US-amerikanische Journalisten enthauptet.
Über die Kämpfe in der Ostukraine heißt es lapidar: „Die ukrainischen Sicherheitskräfte setzen ihre Offensive fort“, bei Luftangriffen seien zahlreiche Separatisten getötet und verletzt worden. Dann wieder erfahren wir: „Die Ukraine trauert.“ Um wen? Um ihre Soldaten, die Krieg gegen ihre Landsleute führten. Die von den USA installierte und unterhaltene Putschregierung in Kiew schreckt vor nichts zurück, aber die westlichen Medien verharmlosen, lügen und hetzen gegen Russland. Im Hintergrund agiert die CIA, schickt Söldnertrupps, koordiniert die Propaganda.

Barack Obama, der einstige Hoffnungsträger, entwickelt sich mehr und mehr zu einer Ausgeburt des Schreckens für die ganze Welt. Waren die Bush-Präsidenten schon furchtbar, scheint er sie inzwischen zu übertreffen. Er wird uns am 4. Juni vor einem amerikanischen Kampfjet auf polnischem Territorium präsentiert und warnt Russland vor einer militärischen Intervention gegen westliche Staaten, für die es jedoch keinerlei Anzeichen gibt. Er verspricht eine Milliarde Dollar für die zusätzliche Stationierung von Truppen in osteuropäischen Ländern (in die Destabilisierung der Ukraine wurden bis Dezember 2013 bereits fünf Milliarden Dollar „investiert“), während die Verelendung im eigenen Land zunimmt und die Staatsverschuldung auf die unvorstellbare Summe von 17,8 Billionen US-Dollar angewachsen ist. Er schwadroniert von Freiheit als kostbarem Gut, verspricht Polen, Litauen und Rumänien, die USA als „stärkste Militärmacht der Welt“ und die NATO stünden an ihrer Seite. Wir dürfen uns fragen: Zu welchem Zweck? Und was haben Obama und seine Militärmacht in Polen, im Baltikum und in Rumänien zu suchen? Wie kommen die USA und Deutschland dazu, Kriegsschiffe ins Schwarze Meer vor die Küste Russlands zu schicken und dort Manöver abzuhalten? Aber die westlichen Politiker und ihre Sprachrohre verkehren die Tatsachen und sprechen von einer Bedrohung durch Russland.
Maßgebend ist in allem die US-Regierung, deren katastrophale Außenpolitik zu immer neuen Krisen führt, die dann mit militärischen Mitteln eingegrenzt werden sollen (so auch wieder gegen die sogenannte IS, deren Erstarken die USA erst ermöglicht haben).
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Manipulation und Hetze
Die Menschen werden manipuliert, sie werden drangsaliert, überwacht, abgezockt, in Kriege, Mord und Totschlag verwickelt, aber das alles wird als Normalität vermittelt. Ein großer Teil der Bevölkerung verblödet (Couch-Potatos und Tittitainment) oder zieht sich ins Private zurück. „Was kümmert’s mich, solange es mir gut geht“, ist zu hören. Oder: „Sie sind sowieso alle korrupt …“ Viereinhalb Millionen Hartz-4-Empfänger in Deutschland, Kinderarmut, ein Viertel der Bevölkerung lebt unterhalb oder am Rande des Existenzminimums. Nachts im Fernsehen: Blut und Sperma, Dreck und Horror; in den Kinderzimmern – soweit vorhanden – Kitsch und Kram.
In den Mittelmeerstaaten sind mehr als fünfzig Prozent der jungen Menschen arbeitslos, ein Rettungspaket nach dem anderen wird verabschiedet: Geld für die Banken. Und Geld für die Rüstung. NATO-Generalsekretär Rasmussen fordert die Mitgliedstaaten der Militärallianz auf, angesichts einer „neuen Sicherheitslage in Europa“ ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen, und Bundespräsident Gauck verlangt „ein Ja zu einer aktiven Teilnahme an Konfliktlösungen im größeren Rahmen“, auch mit militärischen Mitteln. Die Bevölkerung wird zur Kasse gebeten, in den Städten und Gemeinden werden viele der sozialen Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte abgebaut.
Die NSA (National Security Agency), eine Verbrecherorganisation, die im Auftrag der kriminellen US- Regierung die ganze Welt ausspäht und überwacht, macht weiter wie bisher. Auch die deutschen Dienste, die mit der NSA zusammenarbeiten, bleiben unbehelligt und werden noch aufgestockt. Die Untersuchungen zum NSU (Nationalsozialistischer Untergrund), dem neun ausländische Mitbürger und eine Polizistin zum Opfer fielen, verlaufen im Sande; Beweise wurden vernichtet, die Haupttäter sind unter seltsamsten Umständen ums Leben gekommen und samt Beweismaterial verbrannt. Es wird vertuscht, abgewiegelt, gelogen dass sich die Balken biegen, doch das alles hat keine Konsequenzen.
Wer hätte um die Jahrtausendwende gedacht, dass es so offensichtlich so weit kommen könnte. Was ist aus den guten Ansätzen geworden? Wer erinnert sich noch an Willy Brandts „Wandel durch Annäherung“? Dass viele Hoffnungen durch Morde an Politikern wie Patrice Lumumba, Salvador Allende, Olof Palme oder Jitzchak Rabin zunichte gemacht wurden, ist lange vergessen. Die Bevölkerung wird abgelenkt, mit Halbwahrheit, Lügen und Hetze bombardiert. Wer nicht mitmacht, wer sich querstellt, wird disqualifiziert, diffamiert oder – was noch wirkungsvoller ist – totgeschwiegen. (…)
Der ehemalige verteidigungspolitische Sprecher und Vizepräsident der OSZE Willy Wimmer (CDU) schreibt: „Washington schmeißt Russland aus Europa hinaus und bekommt Westeuropa unter Komplett-Kontrolle. Da mag es traditionell noch so gute Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und Deutschland geben. Washington dreht diesen Hahn in Zukunft ab oder Moskau kriecht zu Kreuze und liefert nicht nur das russische Erdgas und Erdöl amerikanischer Kontrolle aus, wie es zu Zeiten von Yukos fast gelungen wäre. (…) Wir Westeuropäer sollten uns nichts vormachen. Wir werden zum ‚Europäer-Gebiet‘.“ (http://www.nachdenkseiten.de/?p=22379).
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Ausblick
Eines ist durch die Ukraine-Krise für die Menschen in Europa überdeutlich geworden: Die USA sind kein Vorbild für Frieden und Freiheit. Seit mehr als einem halben Jahrhundert gehen von dort zerstörerische Ideologien und grauenhafte Kriege aus, die ihrem Gründungsanspruch, wie in der Unabhängigkeitserklärung von 1776 und in der Verfassung von 1787 niedergelegt, Hohn sprechen.
Europa hat sich diesem durch nichts gerechtfertigten Machtanspruch einhellig ergeben. Die USA können überall in der Welt in kürzester Zeit Krisen inszenieren, wie es gerade passt. Ob hier langfristige Pläne umgesetzt werden oder kurzfristiges Chaos den Interessengruppen dient – nach jedem dieser Schachzüge steht die Welt näher am Abgrund.
Spätestens nach dem 11. September 2001 ist eine Schranke der Rechtsstaatlichkeit gefallen. Die US-amerikanische Gesellschaft ist zerrüttet, ihre Regierung schon lange nicht mehr in der Lage, Wohlstand für die Mehrheit zu schaffen und Gerechtigkeit für alle möglich zu machen. (…)
Man wünschte den USA Politiker, die den Mut hätten, das eigene Land als Interventionsfall zu erkennen, statt überall in der Welt Chaos und Unglück zu verbreiten. Und für die Staaten Europas wäre es an der Zeit, auf dem verhängnisvollen Weg in Krieg und Zerstörung einzuhalten, die Interessen der Bevölkerung in den Blick zu nehmen und ihre souveränen Rechte durch vernünftige Politik zu wahren.
Nur ein schöner Traum? Die kalten Krieger und die Profiteure des heißen Krieges könnten sich täuschen.

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