Frieden! Frieden! Frieden!

 In Friedenspolitik, Holdger Platta

FriedenstaubeDie Bombardierung des Gaza-Streifens durch israelische Truppen ist vielfach kritisiert worden – auch in diesem Webmagazin. Nichts rechtfertigt allerdings die antisemitischen Parolen, die in den letzten Wochen in deutschen und anderen europäischen Städten zu hören waren. Menschlichkeit ist unteilbar, ist nicht an Volks- und Religionszugehörigkeit gebunden und ist, sofern überhaupt parteiisch, immer auf Seiten der Opfer, auch der von Diskriminierung und Beschimpfung. In Deutschland gilt es jetzt, sich einer Wiederkehr des Antisemitismus entschlossen entgegen zu stellen – erst recht, wenn er sich in den “eigenen” (den linken) Reihen erheben sollte. Holdger Platta ruft zum Abschied vom Hass auf.

Wenn zutrifft, was ich gestern in unserem Lokalblatt las – in den „Northeimer Neuesten Nachrichten“ –, die Tatsache nämlich, dass auf einer Pro-Palästina-Demonstration in Kassel Sprech-Chöre zu hören waren wie „Hamas! Hamas! Juden ins Gas!“ und in Sarcelles, einem Vorort von Paris, Teilnehmer einer Demonstration gegen die israelische Politik „Tod den Juden!“ schrien, dann hat das mit berechtigter Kritik an der Nahost-Politik des Staates Israel nichts mehr zu tun, nichts auch mehr mit legitimer Parteinahme für die Palästinenser bei diesem Konflikt und schon gar nichts mehr mit irgendeinem irgendwie gerechtfertigten „Pro“, sondern dann ist das Antisemitismus der schlimmsten Art und eine Schande für die eine wie für die andere Demonstration.

HdS-Leserinnen und HdS-Leser wissen es: meine Kollegin Ellen Diederich und ich haben in den vergangenen Wochen und Monaten vielfach auch Kritik an der Politik der israelischen Regierungen geübt. Wir haben deswegen auch unsererseits den Vorwurf Antisemitismus anhören müssen. Aber die Verwerflichkeit dieses Vorwurfs ist eine Bagatelle gegenüber dem, was nun in Kassel, in Sarcelles (und vermutlich auch noch in anderen europäischen Städten, einschließlich Deutschlands) an eindeutig antisemitischen Sprech-Chören zu hören war.

Diese Demonstranten greifen eindeutig Slogans aus dem Dritten Reich wieder auf. Sie stellen sich mit ihren Sprüchen zweifelsfrei hinter den Holocaust. Sie ergreifen einseitig Partei bei diesem Konflikt und nehmen auf bösartige Weise – mal wieder! – alle Juden der Welt in Sippenhaft. Das hat mit Menschenrechtsorientierung nichts mehr zu tun, nichts mehr mit Humanität, nichts auch mit Sympathie für Araber oder Palästinenser. Das hat nichts, aber auch gar nichts, zu tun mit angeblich (oder vorgetäuschter) „linker“ Selbstpositionierung oder Politik. Das verdient nicht mal zur Abqualifizierung das alte Bebel-Wort: „Antisemitismus, das ist der Antikapitalismus der dummen Kerls.“ Als Bebel diesen Satz 1893 schrieb, übernommen vom österreichischen Politiker Ferdinand Kronawetter, war das noch lange vor dem Holocaust. Diese Sprüche in Kassel und Sarcelles spielen aber ganz direkt und mit Beifall auf den Holocaust an. Und da ist „Dummheit“ allein nicht mehr zu attestieren und wäre „Dummheit“ nur noch ein verharmlosender Begriff. Diese Todesrufe nach dem Gas für Juden waren ein verbrecherischer Aufruf zum Massenmord.

Allen Pseudo-, Talmi-, Möchtegern-Linken (soweit es solche waren in Sarcelles und in Kassel, zumindest dem eigenen Selbstverständnis nach) ins Stammbuch:

Kritik an israelischer Siedlungspolitik, Kritik an der Bombardierung des Gaza-Streifens, Kritik an der Ermordung von Kindern, Frauen und Greisen mithilfe der israelischen Kriegsmaschinerie, das ist Kritik an verwerflicher Politik. Diese Politik hat aber mit der Zugehörigkeit der dafür verantwortlichen Täter zu einer Religionsgemeinschaft nichts zu tun, nichts mit deren Zugehörigkeit zu einer Nation, und diese Politik hat schon gar nichts zu tun mit der Zugehörigkeit zu einer vermeintlichen „Rasse“. Das ist Politik einer Clique von Männern, die zu verurteilen ist, nicht aber Politik der „Juden“ schlechthin.

Nicht den Hass zu schüren – auf welcher Seite auch immer –, darf unsere Aufgabe sein (einen Kollektivhass sogar!). Mit Trauer und Empathie, mit klarer Entschiedenheit die Rückkehr zum Frieden zu fordern, zu Menschenrechten, Humanität und Rechtlichkeit, das ist unsere Aufgabe jetzt. Und diese Forderung richtet sich an die Bombardierer des schmalen Zufluchtsorts für viele Palästinenser im Gaza-Streifen ebensosehr wie an die Bombardierer von Tel Aviv.

Ich weiß: ein vollkommen hilfloser Appell, mein Appell für Frieden, Frieden, Frieden. Ich weiß, vollkommen hilflos diese öffentliche Bitte, dass die einen den einen und die anderen den anderen in die Arme fallen mögen, um das Gemetzel in Nahost beenden zu helfen. Aber meine vollkommene Ohnmacht kann mich nicht dazu verführen – vor die Wahl gestellt zwischen Terror und Terror -, zum Parteigänger der einen oder anderen Seite des Terrors zu werden! Abschied vom Hass ist angesagt, egal, auf welcher Seite man steht und auf welcher Seite er sich zeigt. Und wir alle sollten unsere Stimme hörbar werden lassen für eine Welt, die den Krieg nicht mehr braucht und den Mut hat – den Mut! –, auf den Frieden zu setzen. Gerade auch in Nahost.

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