Front-National-Faschismus und die eurasische Achse

 In Politik (Ausland), Politik (Inland)
Anti-islamisches Wahlplakat des Front National

Anti-islamisches Wahlplakat des Front National

Während sich die Linke (zu Recht) an der neoliberalen Kulturdominanz unter der Führung von USA und GB abarbeitet, wird eine ganz andere, derzeit aber wachsende, Gefahr zu wenig beachtet: Ein neuer mehr oder minder verhüllt auftretender Faschismus, repräsentiert nicht nur durch Orbans neuen ungarischen Autoritarismus, sondern auch durch die vielen, bisher in Opposition befindlichen „rechtspopulistischen“ Parteien Europas. Besonders gefährlich ist – schon wegen er Bedeutung des Landes – der franzöische Front National. Was vielen nicht bekannt ist: Die europäische Rechte liebäugelt damit, eine Achse mit ebenfalls nicht „lupenrein demokratischen“ Staaten wie Russland und China zu bilden. „Autoritäre aller Länder vereinigt Euch“? (Ralf Ostner)

Es ist auffällig, dass es in Nachkriegsdeutschland bisher noch keine erfolgreiche faschistische Massenbewegung gegeben hat. Alle Versuche scheiterten bisher: Ob dies die NPD, die DVU oder die Republikaner waren. Die Forderung von F.J.Strauß: „Es darf rechts der CSU keine demokratisch legitimierte Rechte geben“ wurde bisher erfüllt. Zuletzt killte die deutsche Wiedervereinigung die Republikaner, der Filbinger-Stiftung Weikhartsheim-Zögling Schlierer löste SS-Mann und REP-Führer Schönhuber ab. Schönhuber versuchte sich zuletzt bei der NPD, scheiterte und verstarb. Deutschland scheint durch die Nazidiktatur Hitlers, den 2. Weltkrieg und Auschwitz bislang am meisten in Europa gegenüber dem Faschismus sensibilisiert zu sein, wenngleich die Reaktionen um das Sarrazinbuch „Deutschland schafft sich ab“ ein latentes Potential an Xenophopie offenbaren, sowie der Europafrust ein breites Spektrum für eine neue Rechtspartei bietet.

Doch im Rest Europas wuchern die verharmlosend „rechtspopulistisch“ genannten Parteien, sei es die Bewegung des Ex-MSI-Faschisten Fini in Italien, BZÖ und FPÖ in Österreich, die Rechtsradikalen in Dänemark, die Wahren Finnen in Finnland, die faschistische Jobbik und der „konservative Revolutionär“ Viktor Orban in Ungarn, der Flämische Block in Belgien oder die Front National in Frankreich, die der ehemalgie Gefreite des Algerienkrieges, Jean-Marie Le Pen gründete, der auch schon mit dem SS-Gefreiten Schönhuber eine Kooperation im EU-Parlament eingegangen war.

Beim weitesten am wichtigsten und zentralsten ist jedoch der Front National. Wenn in europäischen Kleinstaaten faschistische Regierungen rankämen, wäre dies nicht so folgenreich, als wenn der Front National in Paris die Herrschaft erringt, da hier mit Frankreich ein Zentralstaat, ein Gründungsmitglied Europas, die deutsch-französische Achse und die transatlantischen Beziehungen direkt getroffen würden, wie es auch Atommacht und UNO-Sicherheitsratsmitglied ist. FN-Paris wäre dann Vorbild, Mäzen und Förderer aller anderer faschistischen Bewegungen in Europa. Gibt sich Marine Le Pen auch nicht mehr so stramm faschistisch wie ihr Vater und zumal taktisch philosemitisch und pro-Israel, während ihr Vater den Holocaust noch „ein Detail der Geschichte“ nannte, so hat dies nur den Zweck in Resteuropa, den USA und Israel die Alarmbereitschaft herabzusetzen und sich auch für Sarkozy-Wähler und Gaullisten wählbar zu machen.

Ihr pseudogaullistischer Etatismus und die Betonung des Nationalstaats, ihr Eintreten für die Grand Nation soll sie als neue Jean d Àrc erscheinen lassen. Ihre Ankündigung aus der NATO auszutreten, könnte man ebenso noch als besten Gaullismus interpretieren. Doch de Gaulle war mehr Neutralist. Wohin die Reise wahrscheinlich gehen soll, zeigt der Gratulationsbrief der deutschen NPD an Marine Le Pen. In diesem wird ihre Forderung aus der NATO auszutreten um die Forderung, eine deutsch-französisch-russisch-chinesische Achse militär- und wirtschaftspolitisch einzugehen, ergänzt — eine eurasische Achse, vor der Zbigniew Brzezinski in seinem Buch „The Grand Chess Board“ so eindringlich warnte. So heißt es im Aufruf der NPD:

„NPD: Solidarisch mit Le Pen:
Keine Nato, kein Euro!

Raus aus der Nato, weg vom Euro und eine Umorientierung der strategischen Partnerschaft von den USA auf Rußland – das sind die Kernpunkte einer künftigen französischen Außenpolitik, die die Vorsitzende des französischen Front National, Marine Le Pen, im Falle eines Wahlsieges umgehend umzusetzen beabsichtigt. Die französische Politikerin erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, daß sie die Beziehungen Frankreichs zu den USA revidieren und Frankreich aus dem NATO-Bündnis herausführen werde.

Der Arbeitskreis Außen- und Sicherheitspolitik der NPD unterstützt den Front National, der bei den jüngsten französischen Kantonalwahlen Ende März erhebliche Stimmengewinne verzeichnen konnte, nicht nur im Bestreben, die nordatlantische Kriegsallianz aufzulösen, sondern setzt sich ebenfalls für einen Austritt aus dem Euro und ein strategisches Bündnis mit Rußland ein. Die NPD bekräftigt dabei ihren festen Willen, für eine stabile Friedensordnung souveräner und gleichberechtigter Staaten in Europa zu wirken und aus geopolitischer wie wirtschaftsstrategischer Sicht den Schulterschluß mit Rußland und China zu suchen.

Für den AK Außen- und Sicherheitspolitik der NPD: Karl Richter Dr. Kersten Radzimanowski Berlin, 13.04.2011“

http://www.volksdeutsche-stimme.de/npd/kein_apr2011de.htm

Derartige Ideen haben in Frankreich durchaus Konjunktur, wie der Bestseller des französischen Philosophen Emmanuel Todd „Weltmacht USA — Ein Nachruf“ zeigt, in welchem Todd eine eurasische Achse zwischen Europa und Russland fordert. So schreibt Todd — Putin zitierend und ihm zustimmend:

„So konnte Wladimir Putin in Berlin verkünden: ‚Niemand bezweifelt den grossen Wert Europas zu den Vereinigten Staaten. Aber ich bin der Meinung, dass Europa einen Ruf als mächtiger und selbständiger Mittelpunkt der Weltpolitik langfristig nur festigen wird, wenn es seine eigenen Möglichkeiten mit den russischen menschlichen, territorialen und Naturresourcen sowie mit den Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungspotentialen Russlands vereinigen wird‘. Ich kann dem nur zustimmen:“

(Emmanuel Todd: Weltmacht USA — Ein Nachruf/ Piper-Verlag, München-Zürich 2002, S.209).

Die Idee eurasischer Achsen haben eine längere Tradition — so forderte schon Chinas Republikgründer Sun Yatsen ein Bündnis zwischen China, Sowjetunion und Deutschland als Verliererallianz des Ersten Weltkrieges, wie auch schon Lenin auf eine deutsch-sowjetische Achse des Kommunismus hoffte. Auch Hitlers Achse Deutschland-Italien-Japan mag hier als plastisches Beispiel dienen. Eine solche von der deutschen NPD von Marine Le Pen geforderte eurasische Achse wäre dann eine Politik, die nicht mehr neutralistisch à la de Gaulle wäre (der aber immerhin als erster europäischer Politiker diplomatische Beziehungen mit der VR China herstellte), sondern eine bewusste antiamerikanische Koalition.

Schon Le Pens deutscher Verbündeter Schönhuber agierte 1988 in der Gründungsrede des Republikanischen Hochschulverbandes (RHV) gegen die „anglosächsische Front“. Zum Zwecke eines antianglosächsischen Bündnisses habe er sich mit Le Pen getroffen. Sollte die Front National weiter an dieser Politik festhalten, so wäre Europa nach einer etwaigen Machtübernahme rechtsradikaler Parteien gespalten in ein faschistisches Europa (FN-Frankreich, Fini-Italien, Jobbik-Ungarn, Wahre Finnen-Finnland, Flams de Bloc-Belgien, BZÖ/FPÖ-Österreich), das sich mit Russland und China verbünden will (ohne zu wissen, ob diese dies überhaupt wollen), während sich dem ein demokratisches Deutschland, Restnordeuropa, Restsüdeuropa und Großbritannien als Gegenkraft mit US-NATO-Bindung entgegenstellen würde.

Europa wäre dann wieder zweigeteilt und mehr denn je von der Kooperationswilligkeit bzw. –unwilligkeit zwischen den Mächten USA, China und Russland abhängig. Europa könnte wieder zum Spielball und Schlachtfeld dieser Grossmächte werden, die dann mittels Stellvertreterkriegen agieren werden. Käme es zu solch einer Polarisierung, wäre es möglich, dass die französisch-russisch-chinesische Achse sich mehr mit den antiamerikanisch- antiisraelitischen Muslimbrüdern und dem Iran verbündet, der ja auch Mitglied in der Shanghai Cooperation Organization werden will. Es könnte zu einer Renaissance des deutschen Jihad Marke Max von Oppenheim – dann eben eurofaschistisch – kommen. Dann würde Marine Le Pens taktischer Philosemitismus schnell wieder über Bord geworfen.

Huntingtons Kampf der Kulturen hat die Möglichkeit einer Auseinandersetzung eines autoritär-faschistischen Blocks China-Rußland-faschistisches Teileuropas mit einem demokratischen Block USA-GB-demokratisches Teileuropa-Indien übersehen. Er geht von einem christlichen Europa aus — dieses christliche Europa wäre dann aber gespalten in einen faschistisch-neoautoritären Block und einen demokratischen Block. Europa reagiert bisher noch nicht gegenüber neoautoritären und faschistischen Strömungen. Während es noch heftige Sanktionen gegen Haider-Österreich gab, so bleibt die Reaktion Europas gegenüber dem konservativen Revolutionär Viktor Orban samt Medienzensur und neoautoritärer Verfassung in Ungarn völlig aus. Kaum Protest äussert sich gegen die neuen dänischen Zollkontrollen als Produkt des Sieges der dänischen Rechten. Ein Front National-Frankreich würde Europa völlig kalt erwischen.

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