NSA: Welch ein verbrecherischer Irrsinn!
Die US-amerikanischen Geheimdienste bespitzeln tagtäglich Millionen Menschen. Sie überwachen die Internet-Kontakte, lesen E-Mails, hören Telefongespräche ab, betreiben Wirtschaftsspionage. Sie sammeln Informationen über Standorte, Reisen, Adressen, Kreditkarten, Bankdaten von Bürgern und vieles mehr. Allein etwa 200 Millionen SMS soll die NSA (National Security Agency) nach Recherchen der britischen Zeitung „Guardian“ täglich abgreifen. Diese skandalösen und ekelerregenden Einblicke in geheimdienstliche Tätigkeiten, die uns alle betreffen, verdanken wir zum großen Teil Edward Snowden, der deswegen um sein Leben fürchten muss. Die dafür Verantwortlichen halten das alles für ganz normal und legitim. Terror-Prävention, heißt es. (Wolfgang Bittner)
Das hat – nach kurz aufgeflammter Empörung – nach den Bundestagswahlen kaum mehr jemanden ernsthaft beunruhigt, weder unsere Regierung, noch die Journalisten der sogenannten Leitmedien. Merkwürdigerweise schwiegen sogar diejenigen, die sich bis heute über die früheren Machenschaften der Stasi aufregen. Die Rolle der deutschen Geheimdienste bleibt nach wie vor im Dunkeln.
Der öffentliche Protest von 562 namhaften Schriftstellern gegen die NSA-Überwachung verlief im Sande. Die Schriftsteller erklärten: „Ein Mensch unter Beobachtung ist niemals frei; und eine Gesellschaft unter ständiger Beobachtung ist keine Demokratie mehr.“ Aber wen kümmert das? Einen kurzfristigen Skandal gab es erst, als öffentlich wurde, dass auch das Handy der Bundeskanzlerin Merkel jahrelang abgehört wurde.
Jetzt hat Präsident Obama versprochen, dass die deutsche Bundeskanzlerin künftig nicht mehr abgehört wird; er möchte sein „freundschaftliches Verhältnis“ zu Frau Merkel aufrechterhalten. Ansonsten wird es hinsichtlich der geheimdienstlichen Aktivitäten keine wesentlichen Korrekturen geben. Im Gegenteil, Barack Obama ist stolz auf die Effizienz der US-Geheimdienste und sieht keine Veranlassung, sich zu entschuldigen. Er sichert lediglich ausländischen Staatsoberhäuptern zu, dass ihre Kommunikation nicht mehr überwacht wird.
Welch ein bodenloser Irrsinn, der da zu Tage tritt. Welch gewissenlose, verbrecherische Lumperei, von der Abermillionen Menschen betroffen sind. Die Exekutive des Landes, von dem mehrere Kriege der jüngsten Zeit und eine Weltfinanzkrise ausgegangen sind, maßt sich an, die gesamte Menschheit zu kontrollieren. Die Hardliner in den USA, geübt in der Missachtung der Souveränität anderer Staaten, sprechen nach Obamas Rede vom 17. Januar zu dem Bespitzelungs-Skandal von einem „bedächtigen und gut durchdachen Ansatz“ der Geheimdienst-„Reform“.
Die Bundeskanzlerin hält sich – wie üblich – bedeckt; sie hat mit dem amerikanischen Präsidenten telefoniert, möchte die „guten Beziehungen“ zur USA nicht auf die Probe stellen. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, seit dem 17. Dezember 2013 Bundesminister für Wirtschaft und Energie im Kabinett Merkel, begrüßt Anfang Dezember wortreich den Protest der 562 Schriftsteller, nachdem er sich kurz zuvor mit den Parteivorsitzenden von CDU und CSU auf einen Koalitionsvertrag geeinigt hat, wonach die umstrittene Vorratsdatenspeicherung wieder eingeführt werden soll. Vertreter von Koalition und Opposition sehen in Obamas Erklärungen positive Signale, so heißt es. Dabei erwartet in Wirklichkeit kaum jemand noch das Zustandekommen eines deutsch-amerikanischen Geheimdienstabkommens mit wirksamen Beschränkungen für die NSA-Spionage.
Welch beschämende Reaktionen, selbst die des Bundesjustizministers Heiko Maas, der „erste Schritte“ zu erkennen glaubt, und von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der erklärte, Obama habe einen Prozess skizziert, in den auch der Kongress und die Öffentlichkeit einbezogen werden sollten. Solche Aussagen, denen nur weitere Worthülsen folgen werden, sind der eigentliche Skandal, die eigentliche Ungeheuerlichkeit.
An der Redlichkeit und dem Charakter von Barack Obama und anderer US-Politiker ist schon lange zu zweifeln, jetzt auch noch an ihrer geistigen Gesundheit, wie auch der unserer führenden Politiker. Wer seinen gesunden Menschenverstand noch nicht verloren hat, fragt sich, wie das weitergehen soll.