Rückfall in alte Muster: Garnison-Kirche Potsdam

 In Kultur, Politik (Inland)

GarnisonkirchePotsdamBerlin und Potsdam waren die beiden Hauptstädte der Hohenzollern, der preußischen Könige und deutschen Kaiser. Was deren fleißige Untertanen an Abgaben und Fronarbeit leisteten, wurde zum Vermögen der Monarchen, verstofflicht in Armeen, Garnisonen und Schlössern. Dank fähiger Architekten entstanden Bauwerke und Parks, an denen sich heute das Volk erfreuen kann. Doch unter den Bauwerken war auch die Garnisonkirche Potsdam, errichtet zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Einige Tage vor Ende des 2. Weltkriegs wurde die Garnison-Kirche durch britische Bomben zerstört. Was an Ruine übrig geblieben war, wurde 1968 vollends gesprengt und hinweggeräumt. Nun aber wollen führende Politiker die Garnisonkirche von Grund auf neu errichten lassen.

Zweihundert Jahre lang war diese Kirche der Segnung von Waffen gewidmet, das war ihr Zweck von Anfang an. Und 1933 gab sie das Ambiente für den Hindenburg/Hitler-Pakt. Da trafen sich die Größen des Militärs mit den Größen der Nazi-Partei. Hier wurde symbolisch hochgeschleudert, was zuvor schon eingefädelt war: Hitler und Hindenburg reichten sich die Hand. Das ging in Volkes Hirne ein als „Tag von Potsdam“. Wer sollte da noch Mut zum Frieden haben?

Die Potsdamer Garnisonkirche war also nicht irgendeine Kirche. Doch gerade diese spezielle Kirche möchten konservative Politiker wiederhaben. Dagegen regt sich Widerstand. Doch anfangs nur sehr zaghaft. Selbst die PDS im Potsdamer Stadtparlament tolerierte, dass juristisch Pflöcke eingeschlagen wurden von den konservativsten Politikern der CDU. Die Stadt Potsdam wurde in eine Stiftung eingebunden und quasi rechtsstaatlich in die Pflicht genommen. Unsre friedliebenden Mitbürger christlichen Glaubens sehen sich zwischen Baum und Borke, zwischen Hitler-Hindenburg-Symbol und Verzicht auf Wiederaufbau einer Kirche. Das tut ihnen weh, das verstehe ich.

Nun haben nicht-konservative und außerkirchliche Friedensfreunde Unterschriften für ein Volksbegehren gegen den Wiederaufbau gesammelt, zehn Prozent mehr Unterschriften als nötig war, um das Stadtparlament zum Nachdenken zu veranlassen. Das Stadtparlament sieht sich aber gebunden durch Seile, die schon seit Jahren die Stadt in eine Stiftung eingebunden haben. Und selbst ein SPD-Mann sagt: „Das Mindeste, was ich von der LINKEN erwarte, ist, dass sie sich der Initiative des Wiederaufbaus nicht in den Weg stellt. Bis 2013 galt bei der LINKEN die Tolerierung des Projektes. Erst danach kam der Rückfall in alte Muster.“ (Worte nach „Neues Deutschland“, 5. August 2014, Brandenburg-Seite)

Nun möchte ich auf eine weitere Bewandtnis verweisen. Oft wird das Potsdamer Projekt mit dem gelungenen Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche verglichen. Doch das geht fehl. Die Frauenkirche war nicht als monarchistische Garnisonkirche erbaut worden, im Spätbarock des 18. Jahrhunderts, sondern als emanzipatorisches Bauwerk des aufstrebenden Bürgertums. Hier brachte Johann Sebastian Bach Teile seiner h-moll-Messe persönlich zur Uraufführung, hier wurden auf der Silbermann-Orgel seine Werke gespielt, zur Ewigkeit bewahrt durch Eterna-Schallplatten – aus Potsdam (DDR). Und das Bauwerk selbst ist ein Wunder der Architektur: Die riesige Kuppel gleicht nicht einem halbierten Fußball wie in Rom oder Berlin. Sie ist elliptisch in die Höhe gestreckt wie nirgends sonst ein Kuppel-Bau. Sie passt zur Bach-Kantate „Jauchzet, frohlocket“. Doch die Garnisonkirche in Potsdam ist ohne architektonischen Reiz, als wäre sie vom Baumeister lustlos entworfen worden.

Die Frauenkirche in Dresden wurde zum Symbol der Völker-Versöhnung nach dem schlimmsten aller Kriege. Aber die Potsdamer Garnisonkirche? Versöhnung mit dem Hitler-Hindenburg-Symbol? Mit der Manipulierung der Garnisons-Soldaten in der Garnisonkirche? Unsre christlichen Mitbürger haben an Stelle dieser speziellen Kirche längst einen Saal der Besinnung auf den Frieden geschaffen. Ringsherum fehlt es nur noch an Blumen und immer-grünen Sträuchern, wie sie für Potsdam symbolisch sind, wo ein Gärtnermeister die Worte prägte: „Bei uns wird durchgeblüht.“

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