Auf Seiten der Menschlichkeit: Mieze Medusa
Poesie und Widerstand: Die Lyrik-Reihe auf „Hinter den Schlagzeilen“, ausgewählt und kommentiert von Siljarosa Schletterer.
Nach uns der Nachhall
Bitte trinkt Leitungswasser! Seid sparsam mit Plastikstrohhalmen und bösen Worten Jemand folgt den Likes wie Brotkrumen Die Echochamber ist sicher kein Panicroom in dem man verharrt bis Hilfe kommt sondern ins Extrem gedacht das, womit Narziss sich langweilt während im Hintergrund eine Stimme seltsam einsilbig ruft Bitte trennt Müll! Seid geduldig mit hupenden Autos und euch selbst Deeskaliert euch auch mal Jemand liest in euren Handydaten wie früher in Büchern (mit glühenden Ohren und knüpft Schleppnetze aus Glasfaserkabeln und wir sind alles von Thunfisch bis Delphin) Ich deeskalier mich jetzt mal selbst, nehm den Aluhut ab und geh vor die Tür mit einem Lächeln offen wie der Quellcode von Unix
Die Aussage des Widerstands darf gut klingen und muss verstanden werden oder weshalb es nicht ausreicht kritisch zu sein: Gedankenfloskeln zu den Texten Mieze Medusas (Siljarosa Schletterer)
Doris Mitterbacher, alias Mieze Medusa, ist (Sprech)Sängerin, Slam-Poetin, Autorin und Herausgeberin. Als Mieze Medusa zählt sie zu den Größen der österreichischen Hip-Hop- und Poetry-Slam-Szene. Sie organisiert und moderiert seit 2004 verschiedene Poetry-Slam-Formate wie u.a. den ältesten Wiener Poetry Slam textstrom und den KULTUM Poetry Slam in Graz. Mit Yasmo formt sie das Poetry-Slam-Team MYLF. Ihr erster Roman Freischnorcheln erschien 2008. Sie kennt man in Österreich bereits in einem anderen Kontext: Gemeinsam mit tenderboy gewann sie mit dem Song „Postfaktische Zeiten? Nicht meine Revolution“ den FM4-Protestsongcontest 2007.
https://www.youtube.com/watch?v=3usPiwZH1Uc
Bereits seit 2003 treten Mieze Medusa und tenderboy zusammen auf. Man verbindet das Duo mit kritischen Texten und durchdachten Beats. Dabei beweisen sie, dass auch zeitgenössischer Hip-Hop eine sozialkritische Ausdrucksform haben kann, dass Hip-Hop Kultur ist. „In ihren Songs versehen sie Gesellschaftskritik dabei mit einer Portion Optimismus und Hoffnung, denn „nur weil man sich ärgert, muss man ja nicht gleich schlechte Laune haben“. Mit dieser Aussage greift Mieze Medusa einen Gedanken der nigerianischen Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie auf, die im TED-Talk We should all be feminists betont, dass nicht nur Zorn, sondern auch Hoffnung zu positiven Veränderungen beitragen kann.“[1]
Kapitalismuskritik, Konsumkritik und Kritik an einer oberflächlichen Beschwerdekultur, die immer öfter anzutreffen ist, ist in den Zeilen Mieze Medusas lesbar und hörbar. Deswegen muss eine umfassende Widerstandskultur Spaß machen und das eigene Sein in allen Dimensionen erfassen können.
Genau dies ist auch in folgendem Stück mit dem Wiener Beschwerdechor hörbar, einem Chor, der als langfristiges Kunstprojekt von Oliver Hangl 2010 gegründet wurde und von Stefan Foidl musikalisch geleitet wird:
Weitere Informationen finden sich auf der Website der Autorin: http://www.miezemedusa.com/
[1] Bstieler, Ganahl, Hubmann, Pöttgen, Schletterer: Kunst als gesellschaftskritisches Medium, Bielefeld 2018, S. 302 ff.
Weitere Informationen: https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-4283-4/kunst-als-gesellschaftskritisches-medium/ oder https://bit.ly/2HBOTZx
Der TED-Talk ist nachhörbar unter nachhörbar: https://www.ted.com/talks/chimamanda_ngozi_adichie_we_should_all_be_feminists