Alexanders Albumtipp am Samstag: Alex Behning – Streunen ohne Schnur

 In CD-Tipp

Musikalisch dem Countrytonfall mit erdiger Band und Mundharmonika verpflichtet, sucht der Liedermacher Alex Behning auf seinem dritten Soloalbum textlich Angelpunkte im Wahnsinn der Zeit der Entfremdung. (Alexander Kinsky)

Der 1968 in Wilster in Schleswig-Holstein geborene Liedermacher Alex Behning wurde Anfang des neuen Jahrtausends mit der Hamburger Band Neulich bekannt. Nach „Hinterhofschuhe aus New York“ (2014) und „Trickster und Propheten“ (2016) ist die am 29.5.2020 bei ufer records veröffentlichte CD und LP „Streunen ohne Schnur“ Behnings drittes Soloalbum.

Finanziert wurde das Album mit einem Crowdfunding. Das Video dazu vermittelt eine sympathische Verbundenheit der Fans mit dem Künstler.

Die elf Titel des Albums, zehn Lieder und ein kurzes Instrumentalstück, alle selbst geschrieben von Behning, stehen, mit erdiger Band eingespielt, musikalisch in der Country-Folk-Blues-Tradition.

Die Texte bieten lebenskluge Selbstreflexionen, im fein gestalteten „Begleitnotizen“-Heft abgedruckt.

Wie kommt man in einer Welt zurecht, die aus den Fugen gerät? Oder: Auch wenn Aussage gegen Aussage steht, pfeift der Wind ums Haus.

„Nur das Lied der Wahrsagerin wird wieder gesungen“ heißt es im dritten Lied, dem nächsten Zurechfindungslied Drehe mich ins Licht. Der Wahrsagerin werden wir noch ziemlich heftig begegnen.

Großes oder kleines Glück, sich im Ärger wiederfinden, einmal ganz bei sich sein – fein geschliffene Texte, durch die Country-dominierte Musik getragen, möchten gehört, bewusst wahrgenommen werden.

Aufhorchen lässt die Katze, deren Blick kreuzquer geht, nachdenken lässt die Idee wir sind so weit weg, dass wir das Schreien hinter uns nicht mehr wahrnehmen.

Dann aber das Lied der Wahrsagerin: „Ab morgen spielt der Wahnsinn sein Konzert!“

Gitarre, Klavier, Mundharmonika: klassisches Countrybandfeeling durchzieht die gleichwohl charakterlich sorgfältig voneinander unterschiedenen Tracks.

Highlights für den Schreiber dieser Zeilen sind die Bluesballade Drehe mich ins Licht, die für ihn etwas Thilo-Westernhagen-80er-Jahre-Sentimentales vermittelt und in der ja auch schon das Lied der Wahrsagerin erwähnt wird sowie eben dieses selbst, mit gutem Bluegrass-Groove gleich mitreißend und mit seinen zwei starken Intensivierungen. Hier könnte man sich als Musiker auch eine Session vorstellen, die den Titel instrumental stark erweitert oder das Ende überhaupt offenlässt.

Doch im Wahnsinn dieser Welt, die aus den Fugen gerät, in der wir uns immer weiter von uns selbst entfernen, verabschiedet sich Alex Behning von uns mit einem Hoffnungs- und Trostlied, „Im Schatten dieser Welt liegt ein Boot für dich bereit“ – Egal was passiert.

Die Homepage von Alex Behning (mit Link zum Albumpremiere-Stream): https://www.alexbehning.de/

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