Alexanders CD-Tipp der Woche: Micha Schlüter – Nichtschwimmer

 In CD-Tipp

Herausragend im kompositorischen, musikalisch aufbereiteten, thematischen und textlichen Niveau verblüfft die CD „Nichtschwimmer“ des aus Stuttgart kommenden Liedermachers Micha Schlüter mit überzeugender Eigenständigkeit. (Alexander Kinsky)

Durchgehend (rein) gereimt sind Schlüters zwölf Lieder des im Sommer 2013 und im Winter 2014 im Nichtschwimmer-Studio in Stuttgart und Winnenden aufgenommenen Albums (Time Zone TZ207) nicht, das ist aber nicht das Kriterium das wichtig ist – sie haben Hand und Fuß und sind textlich ausgefeilt bis ins letzte Detail.

Und die Texte bestechen durch ihren sprachlichen Tiefgang in den Liedthemen – noch einmal jung sein wollen (Die Nacht des Kairos“), nicht saturiert stehen bleiben („Schön eigentlich“), nach einer Trennung zurechtkommen („Zeitraffer-Bilder“), sich bekennen zum Unperfektsein („Ich weiß es nicht“), Neurosen („Mein Wellnessurlaub im Neurosengarten“), die Sehnsucht danach noch einmal Kind sein zu können („Komm zurück“), der frustrierte Nörgler, der neue Perspektiven sucht („Ich lebe noch“), Wünsche („Einen Parkplatz, das Glück oder dich“), Abhängigkeit in der Beziehung („Treibholz“), Erinnerung allgemein, ausgehend von der an die Großmutter („Die Erinnerung reicht aus – Esthers Walzer“) und Erinnerung an den Abschied von einer Jugendliebe („Fremde Stadt“).

Was besonders besticht ist neben Schlüters sehr angenehmer Gesangsstimme die musikalische Aufbereitung der eingängig, aber nie flach (und teilweise mit folkloristischem Touch) komponierten Lieder, mit klassischer, Western- und E-Gitarre, Banjo, Akkordeon (einige schöne Soli!), Schreibmaschine (alles Micha Schlüter selbst), Kontrabass, E-Bass, Violine, Melodika, Nord (Florian Vogel), Schlagzeug, Percussion (Samuel Brandt), zweite (zum Teil Duett-)Stimme, Glockenspiel, Spieluhr (Sandra Fromme), Trompete (Johannes Schlüter), und Hintergrundgesang (Max François und Simon Weigel). Die kammermusikalisch farbigen Arrangements geben der Produktion eine selbstbewusst-ausgefeilte Eigenständigkeit und jedem Lied aber auch eine gewisse Leichtigkeit, Durchhörbarkeit, eben den passenden Charakter, vertiefend aber nicht zu schwer, gut durchhörbar, aber nicht kommerzig. Trompeten- oder Akkordeoneinwürfe stechen als für Liedermacher ungewöhnliche Soloinstrumente sympathisch heraus.

Die „Zeitraffer-Bilder“ überraschen trotz des traurigen Trennungsthemas als harmonisierendes Wiegenlied-Duett. Auch ein zweites eine Beziehung betreffendes Lied, „Treibholz“, ist speziell sensibel aufbereitet, als melancholische Ballade.

Mit dem letzten Lied der CD „Sophia & Klaus“ wird eine ganz große Liedermacherfrage beantwortet, nämlich die der Inspiration. „Leider“ ist die Antwort wie so vieles im Leben banal – und nahe liegend. (Mit Iconverzicht bleibt hier ein großes Grins übrig.)

Micha Schlüters Homepage mit allen Infos:

http://micha-schlueter.de/

 

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