Allmählich wird’s eng – in Griechenland sowieso, aber auch bei uns

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

310. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Heute mehr denn je ein Blick hinter die Kulissen der GriechInnenhilfe: Gutes ist zu berichten, aber Bedrohliches auch. Und überschattet das alles – man muss wohl sagen: selbstverständlich! – aber erneut von Geschehnissen in Griechenland selbst. Sogar ein sogenanntes Hilfsprogramm für die notleidenden Menschen in Griechenland erweist sich bei genauerer Betrachtung als Bluff. Holdger Platta

 

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

die gute Nachricht vorweg: unser Mitstreiter Tassos Chatzatoglou begibt sich am kommenden Dienstag, den 5. April, erneut auf eine Hilfsreise nach Griechenland. Da er dieses Mal einen Umweg über Serbien nimmt, wird er voraussichtlich erst am kommenden Donnerstag, den 7. April, in Griechenland eintreffen.

Unsere Hilfe wird sich bei dieser Frühlingsfahrt auf drei AdressatInnen beschränken müssen: auf Dionysis, den elfjährigen Jungen, dessen Eltern für weitere drei Monate 900,- Euro erhalten werden, die der an einer vielfachen Lebensmittelallergie erkrankte Junge für seine teure Spezialdiät benötigt. 400,- Euro wird Alexander S. aus Athen bekommen, der Schauspieler – nichts Neues teile ich mit –, der immer noch, seit Jahren inzwischen, auf seine erste Rentenauszahlung wartet. Und schließlich wird Panagiota mit ihren beiden Töchtern – die dritte ist ja inzwischen außerhaus – 200,- Euro erhalten, in der Gestalt von Lebensmittel-Bons (die 220,- Euro für ihre Miete werden von Deutschland aus direkt an ihren Vermieter überwiesen). Heißt: 1.500,- Euro nimmt Tassos Chatzatoglou an Bargeld mit, 1.720,- Euro betragen unsere Hilfszahlungen an die von uns betreuten notleidenden Menschen insgesamt. Heißt aber auch:

Viele GriechInnen, denen wir in der Vergangenheit helfen konnten, gehen bei dieser Unterstützungsreise von Tassos Chatzatoglou nach Griechenland – zum Teil erstmalig – leer aus, zum Beispiel die verarmten Familien auf der Insel Andros, aber auch die verarmten Menschen in und um Korydallos. Schmerzhaft, dieses feststellen zu müssen! Und irgendeinen Ansparbetrag für Laura, für das zwölfjährige Mädchen, das im Herbst dieses Jahres wieder neue Fußprothesen benötigen wird, zum Preis von etwa 5.000,- Euro, werden wir auf unserem Hilfskonto überhaupt nicht zurückbehalten können. Ganz im Gegenteil: zum ersten Mal in der kurzen Geschichte unserer GriechInnenhilfe wird es auf unserem Konto für diesen Zweck ein Minus geben. Konkret:

Auch während der vergangenen Woche ging leider kein hoher Spendenbetrag bei uns ein: lediglich 50,- Euro, überwiesen von einem Spender, landeten dort (zur Erinnerung: in den sieben Tagen davor hatten wir – seit langer Zeit zum ersten Mal wieder – eine Nullwoche zu registrieren). Folge dieser insgesamt nicht gerade gut zu nennenden Entwicklung: derzeit befinden sich gerademal 1.580,46 Euro auf dem Konto für die GriechInnenhilfe. Bedeutet, bei Ausgaben für die GriechInnenhilfe in der Höhe von 1.700,- Euro insgesamt: wir haben es mit einem Fehlbetrag von rund 140,- Euro zu tun.

Nun, diese Finanzierungslücke werden wir schließen mithilfe von Geldern, die derzeit auf unserem Vereinskonto vorhanden sind, dem Konto für den Trägerverein der GriechInnenhilfe, der „Initiative für eine humane Welt (IHW)“. Selbstverständlich tun wir auch das sehr gerne. Aber: ohne „Aber“ ist auch diese Hilfsmaßnahme nicht.

Zum einen:

Auch auf dieses Vereinskonto von dann noch rund 1.250,- Euro kommt in den nächsten Wochen ein Rückzahlungserfordernis zu, in der Höhe von fast 1.120,- Euro. Da bleibt dann mit 130,- Euro nicht mehr sehr viel auf dem Konto übrig für die gesamte Vereinsarbeit in diesem Jahr.

Zum anderen:

Tatsächlich wäre auch der Deckungsbedarf auf dem Konto für die GriechInnenhilfe um einiges höher, als es – wie oben mit 1.700,- Euro angegeben – ist. Der Grund: Ich persönlich habe, obwohl im Hartz-IV-Bezug, seit Anfang Juni des letzten Jahres sämtliche Kostenerstattungen ausgesetzt, die eigentlich für meine Arbeit bei der GriechInnenhilfe monatlich fällig gewesen wären. Wohlgemerkt: ich spreche von Kostenerstattungen, nicht von Arbeitsentgelten oder dergleichen. Irgendein Arbeitsentgelt, das bekommt ja keiner von uns. Nun, so furchtbar viel dürfte da an Auslagen auch nicht entstanden sein, keine Angst, aber einiges eben doch (an Fahrkosten zum Rechtsanwalt, an Kosten für Porti, für Briefe also, und für Papier). Noch jede und jeder, der sich in den Vergnügungsregionen der bundesdeutschen Armenhilfe aufhalten darf, weiß, dass unsereiner noch jeden Cent dreimal umdrehen muss, bevor er ihn gegebenenfalls ausgeben kann. Lange Rede kurzer Sinn mithin:

Allmählich schrammt unsere GriechInnenhilfe an der Grenze ihrer Machbarkeit entlang. Und ich meine, nach langem Zögern und längerem Überlegen, dass Ihr alle das auch wissen solltet. Dabei eine Info zum Trost (wenn man das so ausdrücken kann):

Da wir Hartz-Vierer durchaus – zusätzlich zum Regelsatz beziehungsweise zur Grundsicherung – Aufwandsentschädigungen bekommen dürfen, anrechnungsfrei bis 200,- Euro monatlich, und da wenigstens meine HdS-Arbeit demzufolge ein bisschen entlohnt werden darf – bei mir sind das 110,- Euro pro Monat –, waren meine Frau und ich letztes Jahr, im Herbst, übereingekommen, von unserer Seite aus 500,- Euro zur GriechInnenhilfe beizusteuern. Was dann selbstverständlich auch geschah. Ähnliches ist für dieses Jahr derzeit noch nicht absehbar, aber ich selber halte das auch für 2022 eher für machbar. Sybille und ich wollten im letzten Jahr wenigsten ein bisschen beisteuern dazu, daß Laura ihre neuen Fußprothesen bekommen kann (was uns allen vom Team dann doch nicht gelungen ist – und vielleicht auch nicht von allen gewollt war. Damit an dieser Stelle aber kein Missverständnis entsteht: auch an den beiden Chatzatoglous scheiterte dieses Vorhaben nicht!).

Ich weiß, es ist heute furchtbar viel von Zahlen die Rede gewesen in meinem Bericht, und bis zu diesem Punkt ja auch ausschließlich von internen Finanzproblemen. Ich möchte diesen Bericht aber nicht abschließen, ohne wenigstens einen Blick noch zu werfen auf die Politik des Herrn Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis in Athen. Man glaubt es ja kaum:

Tatsächlich hat dieser ehrenwerte Christ und Demokrat, also dieser ultrakonservative Christdemokrat, nun auch seinerseits die Geldnot vieler seiner Landsleute entdeckt – Geldnot wegen Corona-Maßnahmen, Kriegsereignissen jetzt und Inflation. Und Mitsotakis will nun tatsächlich etwas gegen die weitere Verarmung beziehungsweise Verelendung vieler seiner Landsleute tun (tja, ein letztes Mal wird heute also von Zahlen die Rede sein, von Geld):

Sage und schreibe 1,1 Milliarden Euro will der Landes-Chef während der nächsten drei Monate ausschütten an Zusatzzahlungen an rund 3,2 Millionen Verarmte/Verelendete in Griechenland. Ist das nicht toll, ist das nicht – endlich – eine menschenfreundliche Politik? – Nun, ich erspare Euch die Rechnerei: 114,58 Euro sollen demzufolge die betroffenen BürgerInnen während der nächsten drei Monate jeweils bekommen. Ich glaube, die seit langem notleidenden Griechinnen und Griechen, die Elenden und Armen, die oft schon seit langem riesige Schuldenberge vor sich herzuschieben haben, die werden sich vor Freude nicht mehr einkriegen können! Leider, fast nahezu jedenfalls, wird das alles wohl weggefressen werden von den Preissteigerungen, über die ich ja schon im letzten Bericht ausführlicher sprach.

Tja, und hat jemand noch die immens gesteigerten Militärausgaben in Erinnerung? – 2020, da lagen die Kosten für den Wehretat noch bei 500 Millionen Euro, im Folgejahr 2021 wurde dieser Betrag dann schon verfünffacht auf 2,5 Milliarden Euro, und in diesem Jahr, im Jahre 2022, stieg dieser Etat noch einmal aufs deutlichste an, auf 3,2 Milliarden Euro, auf mehr als das Siebenfache also, das dieses notleidende Land vor gerademal zwei Jahren ausgab! Was scheren da Menschen, die auf der Straße verrecken, was scheren da eine Laura, die ihre Prothesen nicht bezahlen kann, oder ein Dionysis, der längst schon umgekommen wäre,  wenn nicht andere seine lebenserhaltende Spezialdiät bezahlen würden, oder ein Alexander, dem dieses Land immer noch nicht seine Rente gönnt: Hauptsache, ein Mitsotakis macht seine Geschäfte mit der französischen Rüstungsindustrie! – Allen Ernstes: diesem Christen Mitsotakis sollte man wieder einmal die Lektüre der „Bergpredigt“ empfehlen.

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser, auch dieses Mal keine guten Nachrichten aus Griechenland und für Griechenland. Gleiches gilt für unsere Hilfsinitiative. Möge sich wenigstens das letztere ändern. Das wenigstens liegt ja auch in Eurer und unserer Hand. In diesem Sinne wie stets:

Wer von Euch uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“  auf das Konto:

 

IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49

BIC: NOLADE21 GOE

Inhaber: IHW

 

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an Volker Töbel, entweder unter der Postanschrift Tewaagstraße 12, 44141 Dortmund, oder unter der Mailadresse vtoebel@web.de.

 

Mit herzlichen Grüßen

Euer Holdger Platta

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anzeigen von 3 Kommentaren
  • Zorbas Moussakitis
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    Vielen Dank für Euer Engagement! Bitte macht weiter so. Was mir  an der peniblen Aufführung der Einzelbeträge auch sehr gefällt, ist wie entlarvend und beschämend dies diese relativ niedrigen beträge wirken (müssten) ,  wenn man sie in Relation setzt, zu den Einkommen unserer “Leistungsträger”, mit Blick auf  die Einkommen der Berliner Politikerkaste, der gerade wieder  eine Diätenerhöung in Höhe von 300 Euro/Monat  zugefallen ist.  Wie beschämend diese Summen erscheinen müssten,mit Blick auf die Profiteure der Angst, die Heuchler und korrupten Finanz-Akteuere, die sich seit über 2 Jahren die Taschen füllen,  und deren Gesichter wir alle kennen. Wie hoch war doch gleich der Reingewinn der mit Steuergeldern “geförderten” Firma “Biontec”, im Jahr 2021? 10 Milliarden Euro. Ja, mit dieser Feststellung ist (leider) niemandem geholfen, von den armen Menschen in Griechenland, und in Deutschland (ja, die gibt es auch hier, viele mögen es ja noch immer nicht glauben). Trotzdem, der kleine Hinweis ist meiner Meinung nach auch einmal nötig. – Umso wichtiger ist Eure Aktion, ich wünsche allen Beteiligten viel Kraft, alles Liebe, alles Gute, Τα καλύτερα
  • Freiherr
    Antworten
    Da schliess ich mich deinen Ausführungen an, voll und ganz, Mr. Zorbas Moussakitis.

    Diese Machtpolitker-Kaste hat sich in Ganoven, Halunken und Mafiosi verwandelt, lange schon…

    sich Verantwortung, Gewissen, Moral, Ethik , Menschlichkeit

    entledigt, all das abgestossen und sich dem absolut Bösen hingegeben, freilich nicht ohne dabei sich selbst die Taschen zu füllen, verabscheuungswürdiger waren sie nie zuvor, zumindest seit 1945 nicht mehr. Die Eiseskälte mit der sie dabei auch über Leichen gehen, hat sogar ein historisches Ausmaß angenommen.

    Das ist diese neue Zeit die sie von privaten Unternehmen bereitwillig und vorsätzlich von denen  gesteuert durchsetzen, ich nenne sie Verbrecher gerade deshalb, weil sie sich dafür hergeben.

    Griechenland ist nicht das einzige furchtbar betroffene Land, aber an diesem vermeintlich schwächsten Glied in diesem abscheulichen Zwangskonstrukt EU hat man ein Exempel statutiert, wer es wagen sollte da auszuscheren, der wird vernichtet.

    Dass eine Regierung für das Volk zu arbeiten hat, keinesfalls umgekehrt, das ist wohl inzwischen zu einer Metapher verkommen, das gibt es nicht mehr.

    Lasst uns alle aufstehen und kämpfen !

    solo la lucha nos hara libres !

     

     

     

     

     

     

  • Peter+Boettel
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    Wenn auch der Krieg in der Ukraine die Nachrichten beherrscht und alle Spenden und Hilfsbereitschaft sich fast ausschließlich dorthin orientieren, darf die Situation in Griechenland nicht aus den Augen verloren werden.

    Die ND-Regierung macht zwar von sich reden, dass sie die Kredite zurückzahlt, aber zu welchem Preis gegenüber der eigenen Bevölkerung?

    Leider wird in den Medien so gut wie nichts über die tasächliche Lage in Griechenland berichtet, lediglich gab es unter https://www.vorwaerts.de/artikel/corona-griechenland-impfquote-hoch-risiko-bleibt einen Beitrag, zu dem ich auch einen Kommentar unter Zuhilfenahme der Inormationen von HdS geschrieben hatte.

    Auch wenn ich natürlich für die Ukraine und für die Flutkatastrophe im Ahrtal und der Eifel, wo ich herkomme, gespendet habe, bleibe ich der GriechInnenhilfe treu.

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