Darf das wahr sein?

 In FEATURED, Monika Herz, Politik, Wirtschaft

Lieber auf etwas Gutes verzichten, als es “den anderen” gönnen. Bei der Idee des Grundeinkommens ist es wohl so, dass sehr viele Menschen es für sich selber gern hätten. Sie wäre auch bereit, weiter zu arbeiten, obwohl sie es finanziell gar nicht mehr müssten. Wenn da nur nicht diese anderen wären! Die würden sich sicher auf die faule Haut legen und das Geld verprassen, das die Anständigen erwirtschaftet haben. Deshalb lieber kein Grundeinkommen. Ist es nicht ungerecht, für “nichts” Geld zu bekommen? Nun, derzeit geht es auch nicht gerade gerecht zu. Da bekommen nämlich viele Menschen für sehr viel Arbeit kaum Geld und dürfen sich nach einem anstrengenden Leben mit der Zukunftsperspektive “Altersarmut” abfinden. Unsere Autorin beschäftigt sich schon mit der Idee des Grundeinkommens, seit dieses zum ersten Mal öffentlich diskutiert wurde. Das ist lange her. Bis heute wartet sie vergebens auf die Umsetzung. Immerhin gibt es eine Partei, in der sich zumindest eine Arbeitsgruppe intensiv mit dem Thema beschäftigt hat. Leider wählt die keiner mehr. Die Linke. Die älteren von Ihnen erinnern sich vielleicht an sie. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Monika Herz

 

Auch heute morgen will ich die Welt wieder mit einer kleinen Geschichte beglücken. Und zwar wegen dem linken Grundeinkommen.

Ich hab ja schon viel über das Grundeinkommen geschrieben. Es verfolgt mich geradezu – genau genommen, seitdem ich das erste Mal davon gehört habe. Das war vor vielleicht 45 Jahren. Damals sagte ich zu meinem späteren Ehemann: Bis wir in Rente gehen, haben wir es geschafft!

Nun. Wir haben es noch nicht geschafft. Nicht ganz. Ich bin nämlich schon in Rente. Er nicht. Und es gibt immer noch kein Grundeinkommen. Mein damals zukünftiger Ehemann ist ziemlich „aufgearbeitet“, wie man so sagt. Und er wird niemals eine Rente oder Pension oder gar ein Grundeinkommen bekommen. Für Selbständige gibt’s so was nicht. Auch dann nicht, wenn man mit Müh und Not einen Bio-mit-Buchladen über Wasser gehalten hat – und jetzt die Inflation alle Ersparnisse auffrisst. Na danke! Auch für ihn naht jetzt das Alter, in dem man irgendwie nicht mehr so viel schafft. Das Rentenalter eben. Und was tun wir, „die Gesellschaft“? Lassen wir seine Lebensversicherung platzen?

Manche sagen ja schon lange einen Finanzcrash vorher. Diese Leute sagten z.B. 2006 eine Finanzkrise voraus. Kurz darauf kam sie dann tatsächlich. Sie wollten ein „Not-Geld“ einführen. Ich war damals an vorderster Front mit dabei. Es ist uns nicht gelungen, das neue Geld einzuführen. Geschweige denn ein Grundeinkommen.

Aber vielleicht erlebe ich es ja doch noch, dass das Grundeinkommen eingeführt wird! Aus meiner Sicht hat sich die Idee vom Grundeinkommen eigentlich doch ganz gut entwickelt. Das Wort kennt man inzwischen. Ideen dazu kennt man. Bloß an der Umsetzung hapert es. Inzwischen macht man immerhin Studien darüber unter fragwürdigen Voraussetzungen und nimmt diese Studien als Grund dafür, das Grundeinkommen nicht umsetzen zu müssen.

Endlich sagt man auch offen, warum „man“ das Grundeinkommen verhindern will: Es würde das Wirtschafts-System auf den Kopf stellen.

Aus meiner Sicht ist es genau umgekehrt: Das Grundeinkommen würde das Wirtschafts-System vom Kopf auf die Beine stellen.

So wie es sich gehört! Weil nämlich, wie alle wissen, unser Wirtschafts-System immer nur diejenigen füttert, die eh schon satt sind. Deshalb muss es umgedreht werden. Schön langsam und schön vorsichtig. Damit nichts kaputtgeht dabei.

Aber mir geht das seit eben jenen 45 Jahren, seitdem ich das Erste Mal davon gehört habe, viel zu langsam. Es gehen nämlich viele Leben kaputt, eben weil es kein Grundeinkommen gibt. Euch in der EU läuft ja gerade eine Initiative, die für jeden EU-Bürger ein Grundeinkommen wünscht.

Schade, dass für das EU-Grundeinkommen nicht die gleiche Kampagne gefahren wird wie für die Seuche damals.

Selbst Antonio Gutterres, der UN-Generalsekretär, ist mit von der Partie und unterstützt uns. Er fordert es sogar für alle Menschen. Klar!

Damals, vor 45 Jahren, wurde der Gedanke noch als reine Utopie, als Spinnerei abgetan. Das war etwas, worüber man gar nicht erst nachdenken wollte.

Und Heute: Immerhin gibt es all diese Initiativen! Also geht es doch voran.

Kaum vergeht knapp ein halbes Jahrhundert, schon haben doch ein paar Unerschrockene immer wieder nachgerechnet. Jetzt ist alles gut durchdacht, und es gab sogar ein paar Studien, die aber alle nicht so recht repräsentativ sind. Mal ist der Betrag so gering, dass man sich fremdschämen muss. Und zwar für diejenigen, die sich solche Studien ausdenken. Mal wird der Zuverdienst gleich wieder abgezogen, oder so gering gesetzt, dass doch tatsächlich rauskommt, dass das die Motivation zur Arbeit herabsetzt. Wer hätte das gedacht? Aber egal.

Nach vielen Fehlversuchen, das Thema in der Parteipolitik unterzubringen, sind die Linken meines Wissens momentan die einzige im Bundestag vertretene Partei, die sich sorgfältig damit beschäftigt. In einer Arbeitsgruppe. Noch in diesem Jahr wird es zu einer Urabstimmung darüber kommen, ob das Modell ins Parteiprogramm kommt. Oder eben nicht. Für die nächste Wahl. Und wenn dann eben im Jahr 2026 die Linken eben wegen ihrem Grundeinkommen gewinnen, dann haben wir es doch noch geschafft. Dann kann mein damals zukünftiger Ehemann unbesorgt dem eigenen Altern entgegensehen.

Mit wieviel Grundeinkommen? 1180,- Euro netto. So das Grundeinkommen der Linken!

Der Wert basiert übrigens auf Sozialversicherungs- und Steuer-Daten aus dem Jahr 2017.
Für diese Urabstimmung haben die Linken jetzt eine Broschüre und eine eigene Kampagnen-Website und einen Grundeinkommens-Rechner installiert. Alles ganz wunderbar.
Wenn man jenem Rechner glaubt, dann würde es allen finanziell besser gehen, außer jenen, die heute ein Brutto-Einkommen von über 7000,- haben. Die würden dann am Ende des Monats etwas weniger raus bekommen als früher. Alle anderen kriegen mehr.

Ist das nicht toll!

Hier kann man es nachrechnen!

https://mit-links-zum-grundeinkommen.de/bgerechner/#kopf-innen

Wirklich tolle Leistung! Hut ab!

Bloß, ob außer dieser unglaublichen Arbeitsgruppe, die das alles ausgedacht und gerechnet hat, sonst noch jemand merkt, dass das wirklich so toll ist? Dass man also anfangen kann mit der Einführung?

„Jemand“ müsste eine riesige Kampagne starten. So wie damals, als das Virus kam.
Wie kriegt man das Grundeinkommen jeden Tag in die Tagesschau? Und jeden Tag in die Schlagzeilen aller Medien? Und das ganze zwei Jahre lang?

Ach. Da kommt mir gerade: So ein Grundeinkommen ist ja für „die Wirtschaft“ ungefähr genauso gefährlich wie ein Virus. So ein Grundeinkommen könnte mal eben im Vorübergehen die Weltwirtschaft lahmlegen. Oder?

Weil angeblich alle sofort die Arbeit niederlegen würden und lieber Geld hätten, ohne dafür arbeiten zu müssen. Aber: Würden denn wirklich alle aufhören, zu arbeiten? Da müsste man doch erstmal nachfragen, ob das überhaupt stimmt. Also ich würde nicht aufhören. Ich mache meine Arbeit gern. Ich schreib gern und erzähle irgendwelchen Leuten irgendwelche Sachen. Ob mich jemand dafür bezahlt oder nicht ist mir auch egal, weil ich ja meine Rente habe. Mein Grundeinkommen, das aber Rente heißt.

Aber all „die Anderen“? Ob die auch so ein Glück haben und so gern arbeiten wie ich?
Aus lauter Angst, dass „die Anderen“ aufhören würden zu arbeiten, wird so ein Grundeinkommen dann abgelehnt. Ob Angst wirklich immer so ein guter Ratgeber ist?
Zumindest das müsste „man“ doch eigentlich vom Virus gelernt haben: dass Angst eben keiner ist.

Man müsste eine Volksabstimmung machen. Aber so etwas gibt es nur in unserem Grundgesetz. Nicht in Wirklichkeit. Das Grundgesetz? Was das ist? Ach! Das ist eine andere Geschichte!

Das Blöde bei so einer möglichen Volksabstimmung ist ja, dass man quasi darüber abstimmt, ob „die Anderen“ Geld als Grundeinkommen kriegen sollen. Wenn man nur für sich selber entscheiden könnte, dann würde es vielleicht anders ausgehen.

Eigentlich muss ja die Fragestellung bei so einer utopischen zukünftigen Volksabstimmung so lauten:

Ich will ein Grundeinkommen in Höhe von monatlich 1180,- ja nein

Eltern stimmen für die Kinder ab.

Und ab 16 (oder noch früher) stimmt man eben für sich selber ab.

Und wer eins will, der kriegt es. Wer keins will, und selbst wenn das die Mehrheit ist, der kriegt eben keins. So würde ich das regeln.

Aber vermutlich würden ja wirklich die Wenigsten so ein Grundeinkommen wollen. Weil man es sich nicht vorstellen kann. Weil es das noch nie gegeben hat. Weil man nicht glauben kann, dass es sich finanziell ausgeht. Lauter so Gründe.

Hauptsache, man findet Gründe.

Jedenfalls soll es „den Anderen“ auf keinen Fall besser gehen als uns selber.

Wie kriegt man überhaupt erstmal nur die Linken, diese Mini-Partei im Deutschen Bundestag, dazu, dass die so ein Grundeinkommen wollen? Wahrscheinlich wollen sie es in Wirklichkeit nicht. Denn wenn sie das wollen würden, dann hätten sie es doch schon längst in ihrem Programm drinstehen. Wir werden sehen.

Ich prophezeie jedenfalls schon mal den vollständigen Untergang der Linken, falls sie in ihrer Urabstimmung dagegen stimmen. In der Bedeutungslosigkeit werden sie versinken!

Ich war ja mal bei einer Landesversammlung der Linken. Das ist schon ziemlich lange her. 2010 vielleicht. Klaus Ernst war damals der Obermacker. Ich fand ihn ziemlich unsympathisch – aber egal. In der Politik geht es ja nicht um Sympathie, sondern darum, wer sich durchsetzen kann. Und wer am besten und am lautesten reden kann. Dann hat man das Gefühl: Der redet für mich mit. Wenn man selber nicht so gut öffentlich reden kann. Also irgendwie gelang es mir damals dann doch, ganz schüchtern einen Antrag oder zumindest eine Anfrage zum Grundeinkommen zu stellen. Die Reaktion der Linken bei dem Parteitag war niederschmetternd. Irgendwie fühlten sich diese Linken verarscht, wenn jemand Geld kriegen sollte, obwohl er nicht arbeiten musste. Es war kein Durchkommen. Frustriert zog ich mich zurück.

Aber diese Arbeitsgruppe, die gab ich nicht auf. Als stumme Leserin verfolgte ich passiv die Entwicklung. Ich bin im Verteiler. Sonst würde ich ja gar nicht wissen, dass es jetzt dieses ausgearbeitete Konzept gibt. Oder weiß das außer mir noch jemand?
Es steht einfach nicht in der Zeitung. Und es kommt nicht im Fernsehen. Schon gar nicht täglich. Es soll wohl niemand darüber nachdenken. Weil es irgendwie gefährlich ist.

Und nun wünsche ich mal dieser tapferen und unermüdlichen Arbeitsgruppe alles Gute. Diese Leute sollten sich nicht umsonst die Köpfe heiß gerechnet haben!

Wie es geht, steht alles in der Broschüre drin. Ob sie wohl jemand lesen wird? Also, ich glaube jetzt mal einfach, dass das so stimmt, wie es da drinsteht. Da stecken 13 Jahre Arbeit drin! Das kann nicht so verkehrt sein.

Und es ist dennoch unglaublich, dass es sich rechnet und dass es gehen könnte. Dass es wahr ist. Schwarz auf Weiß!

Hier nochmal zum Nachrechnen und Mitdenken:

https://mit-links-zum-grundeinkommen.de/bgerechner/#kopf-innen

Anzeigen von 10 Kommentaren
  • Freiherr
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    Es wird kommen, dear Mo,

    ABER ein ganz anderes ganz perfides, hinterlistiges, wenn das Absolut Böse in Gestalt des Great Reset nicht zu stoppen ist,

    dann kommt ein *Grundeinkommen* ala Schwab, dem Wahnsinnigen, mit seiner Wahnvostellung als headline:

    * du wirst nichts besitzen aber du wirst glücklich sein ! *

    Da bekommt dann jeder seine Existenzsicherungsration, mit dem per mouseclick an- und abschaltbaren digitalen Geld, allerdings zum Preis deiner Freiheit, deiner Selbstbestimmung, der völligen Kontrolle über dich, der absoluten Herrschaft über dich, deinen Körper und deinen Geist

    und wenn du die strikten Verhaltensvorgaben nicht einhätlst, wird es gesperrt.

    Ein solches schwebt dir nicht vor, ich weiß, ist aber tatsächlich deren Absicht und in China schon weit fortgeschritten.

     

     

     

     

     

     

     

     

  • Fragen ist erlaubt
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    Herr Precht, Herr Schwab und Yuval Noah Hariri sind ja bekanntlich auch für das Grundeinkommen. Warum bloß, woran könnte das wohl liegen, Frau Herz?
  • Meireike Seelenvoll
    Antworten
    Die Naivität der linken Grundeeinkommens-Forderer (ich gendere das jetzt absichtlich nicht) erscheint mir persönlich ja fast ein wenig fragwürdig, zumindest aber mysteriös. Spielen sie möglicherweise (unbeabsichtigt) Kräften in die Hände, die ihnen gar nicht wohlgesotten sind? Wäre möglicherweise eine Reform unseres Finanzsystems, die Rückkehr zu den archaischen Prinzipien des Tauschhandels und der lokalen Muschel- und Eier- bzw. Kartoffel-Währung  die vuiel humanere Lösung? An Gedanken dazu scheint es mir nicht zu mangeln, ich darf  in diesem Kontext an die Freiwirtschaftslehre und Namen wie Margrit Kennedy erinnern. PS: Ich biete aktuell  Löwenzahn, frisch gepflückt, aus meinem Garten, im Tausch gegen: aktive Resilienz-Verstärkung, Psychotherapie und Inner-Life-Balance-Coaching, aufgrund tiefgreifender Sozialphobie. – Liebe Grüße!
  • Struppi
    Antworten
    Auch wenn ich die Intention dahinter verstehe, löst es aber nicht die Probleme die im Artikel erwähnt werden. Wer die vergangenen 45 Jahre des Kampfs um die Rente verfolgt hat, müsste eigentlich sehen, dass es darum geht ob und wie solidarisch dieses System ist. Wir erleben einen massiven Umbau hin zu einer unsolidarischen Rentensicherung, bei der “normale” Werktätige in ein Fahrwasser gelangen das auf der einen Seite Altersarmut und auf der anderen Seite Finanzinvestitionen in zweifelhafte Produkte bedeutet.

    Das es dazu Alternativen gibt, die auf die Solidarität der arbeitenden aufbaut, kann man in zahlreichen Nachbarländern sehen, wo der Anspruch aufgrund der Arbeitsleistung deutlich höher ist, als bei uns. Also das hier: https://gilbertbrands.de/blog/wp-content/uploads/2018/03/Bruttoersatzrate.jpg

    Die Hoffnung auf ein Steuerfinanziertes alles ersetzende Grundeinkommen, als eine irgendwie “links” erscheindendes Modell, mag den Individualist lukrativ vorkommen. Tatsächlich ist es aber eines, das vor allem die Abhängigkeit der Menschen vom Staat massiv vergrößert. Denn diese Idee beinhaltet auch, dass die Löhne gesenkt werden und der Sozialstaat massiv gekürzt wird. Und darauf aufbauend ist die geplante Verteilung des “basic income” aus Sicht der Datensammler und -kontrollierer eine perfektes System der Kontrolle. Und natürlich sind diese Pläne schon längst in Gange und die Linke wird sicher mit diesen Plänen bei den Stakeholdern offene Türen einrennen.
    https://www.weforum.org/agenda/2017/07/can-universal-basic-income-boost-financial-inclusion-and-transparency/

    Man kann sich streiten darüber, ob so ein System “gut” ist, weil es vielen Menschen das Leben einfacher macht oder “schlecht” weil es dem Staat – bzw. vermutlich am Ende der Finanzwirtschaft, wie einige Entwicklungen zeigen, z.b. das “Cashless Debit Card” in Australien aber auch die Versuche in afrika, wo die Bargeldlose Bezahlung als wichtiger Aspekt immer wieder hervorgehoben wird. Aber im Grunde ist das der typische “neoliberale” Weg. Der Staat – also wir alle – soll aus den Versorgungssystemen raus gedrängt werden und die Hoheit über sollen die Stakeholder erlangen und in deren Folge werden dann Programme umgesetzt, mit denen sie maßgeblich finanziell daran verdienen.

    Ich bin daher nicht sicher, ob da nicht viele auf ein trojanische Pferd setzen, mit dem sie die sozialen Errungenschaften der letzten 100 Jahre einer Doktrine preisgeben, die die Eigenverantwortung als das wahre Zukunftsmodell sieht. Denn klar sollte sein, mit 1200 euro wird kein Mensch, der auf medizinische Hilfe angewiesen ist, wirklich überleben können. Und was am Ende von dem (Sozial-)System noch übrig bleibt, wenn alle Menschen eine “Grundsicherung” erhalten muss sich noch zeigen. Aber sicher ist, es wird noch mehr darauf hinauslaufen, dass jeder Mensch sich im Dickicht der Finanzsysteme seine Absicherungen erwerben muss.

    Ich bin daher nciht so ganz sicher, ob das wirkich ein linker Programmpunkt sein sollte.

  • Ray
    Antworten
    Zwei Dinge fallen mir zu Ihrem Eintreten für das bedingungslose Grundeinkommen ein:

    1. der Apostel Paulus, der einst schrieb: „Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen. Denn wir hören, dass einige unter euch unordentlich leben und nichts arbeiten, sondern unnütze Dinge treiben.“

    2. ein deutsches Sprichwort, das da behauptet: „Müßiggang ist aller Laster Anfang.“

    Ich denke, an beiden Sprüchen ist was dran. Das schmälert nicht die Argumente FÜR ein solches Einkommen. Denn Leute, die sowieso von ihrem Naturell her fleißig sind, werden sicherlich auch weiter arbeiten. Und vielleicht werden auch wieder mehr Kinder geboren, weil das nicht mehr vom Geldbeutel oder Arbeitgeber abhängt, ob man sich das leisten kann? Ganz bestimmt wird auch das eine oder andere große Kunstwerk geschaffen werden, das momentan wegen der höchst prekären finanziellen Lage der allermeisten Künstler nicht in Angriff genommen werden kann. Aber sonst? Wird die Welt dadurch besser oder gerechter?

    Ich glaube jedenfalls, dass Gerechtigkeit nicht mit Gleichmacherei geschaffen werden kann. Wir Menschen sind nicht gleich, sondern alle unterschiedlich in unseren physischen und psychischen Gegebenheiten, unserer Herkunft und Geschichte, unseren Wünschen, Träumen, Vorurteilen usw. Die einzige, was unbedingt geschaffen werden müsste, ist, dass JEDER, egal ob arm oder reich, gesund oder krank, Frau, Mann oder Kind, die Chance erhält, voranzukommen und für seine ehrlichen Mühen belohnt zu werden und Anerkennung zu erfahren. Das setzt voraus, dass wirklich jeder vor dem Gesetz gleich ist, und nicht manche „gleicher“ …

     

     

    • Holdger Platta
      Antworten
      Zum Leserbrief von Ray möchte ich nur feststellen:

      1. Das Paulus-Zitat ist eine Fälschung – wie der gesamte Brief.

      2. Der sogenannte “Müßiggang” der Hartz-Vierer ist erzwungen.

      3. Wer Menschen, die ohne ihr eigenes Verschulden arbeitslos geworden sind, das Recht abspricht, trotzdem ein menschenwürdiges Leben leben zu dürfen, hat nichtmal das Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 9. Februar 2010 – Rand-Nummer 135 – gelesen. Und kennt offenbar nichtmal Artikel 1 aus unserem Grundgesetz.

      4. Steht Ray auf dem Boden des Grundgesetzes?

      • Ray
        Antworten
        Nun machen Sie mal bitte einen Punkt, Herr Platta!

        Habe ich mit meiner Zuschrift Menschen beleidigt, die UNVERSCHULDET in Not oder auf Hartz IV sind? Bin ich womöglich mit meinen Zitaten der Autorin zu nahe getreten? Habe ich gar das Grundgesetz infrage gestellt oder sonst etwas Ungesetzliches von mir gegeben?

        Über die Echtheit von Bibelteilen oder Paulusbriefen müssen Sie indes nicht mit mir diskutieren. Dafür gibt es Forscher, die sich da durchaus auch nicht alle einig sind.

        Ich bin nur ein schlecht bezahlter Arbeiter ohne sonstige Qualifikation, der allerdings noch nie im Leben einen Tag arbeitslos war. Ein überzeugter Malocher halt.

        Ich wollte mich nur an der Diskussion beteiligen, die ich GUT finde und kein bissel lächerlich.

        Dass ich dazu eine kritische, wenn auch keineswegs völlig ablehnende Meinung habe, werden Sie mir, die Sie hier doch ständig die Freiheit beschwören wie eine leibhaftige Gottheit, wohl zugestehen wollen – oder etwa nicht?

        Übrigens glaube ich, haben wir im Moment wirklich größere Sorgen als das bedingungslose Grundeinkommen: Krieg oder Frieden – „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage.“

         

  • Tabea Wurzelstock
    Antworten
    Schwab-Berater Noah Harari sagte es ja, öffentlich  in einem Interview, was ihm für uns, die unnützen Esser bzw. die Masse der Menschen vorschwebt, deren Arbeitskraft schon bald durch KI und Robotik ersetzt wird, in den nächsten Jahren: “Drogen und Computerspiele” (also  das Metaverse). Und das Grundeinkommen, selbstverständlich gekoppelt an ein Social Credit-System wie in China bzw. an angepasstes Wohlverhalten,  gehört auch dazu, zu diesem Zukunftsmodell. Man muss nicht unbedingt Herrn Münteferings Ansichten teilen, über den Tisch und das Essen,  und an den “Leistungsgedanken” glauben, oder an die protestantische Arbeitsethik des 19. Jahrhunderts, um hier gewisse Alarmglocken zu hören.- Was wir viel eher bräuchten wäre  meinesr Meinung nach ein neues Finanz- bzw. Wirtschaftssystem, der Abschied vom Zins- / Schuldgeld, solche Gedanken erscheinen doch immer weniger “utopisch”, sie wären m,. E. wichtiger denn je; auch wichtiger als weiteres Engagement für dieses “Grundeinkommen”, wie es sich Herr Precht vorstellt. Wie soll denn das ausgezahlt werden? In Euro? Was erleben wir denn garrade, spürt es nicht jeder, dass hier balkd etwas zuende geht? Was wir lernen müssten , wären Alternativen, für einen  Ausstieg aus diesem Geldsystem. Dafür gibt es zum Glück ja hoffnungsvolle, mutmachende Anfänge, Stichwort; Einstieg in eine Tauschökonomie, auf lokaler Ebene, in kleinen, solidarischen Gemeinschaften.-
  • Volker
    Antworten

    Damals sagte ich zu meinem späteren Ehemann: Bis wir in Rente gehen, haben wir es geschafft!

    Meinst Du Roland, oder gab es einen anderen noch?
    Möchte doch durchblicken. Ohne wilde Theorien. Gell.

    Als ich im zarten Alter meine ersten Berufserfahrungen nach Ausbildung sammelte, schufteten Kollegen Überstunden bis zum Umfallen. Hörte ständig, es wäre für die Rente später, da müsste man Punkte sammeln, sammeln und nochmals sammeln.
    Blöd dabei war, dass mancher Rentenpunkte-Sammler an der Flasche hing und morgens bei Sammelantritt Zitteranfälle bekam, weshalb in der Früh schon gesoffen wurde. Für Weib, Kind, Auto und ++ logo ++ die ersehnte Rente.

    Klar, schwere Schäden, trauerdne Witwen und Waisen hätte ein bedingungsloses, hochprozentiges Existenzminimum im Flachmannformat vermeiden können, möglicherweise. Oder ein hartz4veredeltes Bürgergeld, mit 1 Euro-Zusatzversicherung für alternative Sanktionsbehandlungen.

    Gut. Nach dem Krieg galt die Meinung: Schwingt die Hände, schnallt eure Gürtel enger, vermehrt euch und das Kapital.
    Jeder Malocher bekam ein Sammelheftchen, in das er Sammelpunkte kleben konnte, der Eine mehr, der Andere weniger. Bei Schmidts und Meiers stapelte sich Heftchen unter Betten, zur späteren Begutachtung eines Punkteauswerters der Lottozahlenverwaltung.

    Bis dahin war die Welt des kleinen Punktesammlers in Ordnung noch. Heftchen waren sicher, der verdiente Gürtel passte, in Italien lockte Meer mit Sonne, für Brot und Wurst gab Rabattmarken – in Heftchen geklebte Treuepunkte.

    Alle waren glücklich.
    Solange immerhin, bis Aldi Kapitalismus in Tütensuppen anbot, als Vorreiter der bedingungslosen Grundversorgung.

    Weia. Kennen wir sämtliche Zutaten bedingungsloser Tütensuppen?

    Mahlzeit

    • Melissa Holiday
      Antworten
      … ergo sum: das Leben ist eine Tütensuppe, Du weißt nie, was drin ist. 😉 Ich wünsche rr einen schönen Urlaub und.gute Erholung!! Vielen Dank für die vielen klugen und wichtigen Artikel – und die geduldige Moderation dieser diversitätsorientierten Oase der freien Meinungsartikulation (gemeint ist die Kommentarspalte) 😉 !

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