Existiert das Elend in Griechenland eigentlich auch für dessen Staats-Chef?

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta

220. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ / Holdger Platta

„Hinter-den-Schlagzeilen“ blickt auch mit diesem Bericht hinter die Kulissen in Griechenland. Zugleich gibt es von unserer Hilfsaktion wieder Gutes zu vermelden. Eure Hilfsbereitschaft hat wieder eingesetzt, und wir können erneut weiteren Menschen helfen in diesem kaputtsanierten Staat. HP

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

nein, während der letzten sieben Tage kein Null-Ergebnis für unsere Spendenhilfe wie in der Woche davor: 688,06 Euro, überwiesen von sieben UnterstützerInnen an uns, gingen auf unserem Hilfskonto ein! Und man höre und staune: auch die 200,- Schweizer Franken wurden in der letzten Woche unserem Konto endlich gutgeschrieben. Freilich: nur in der Höhe von 178,06 Euro. Ich hatte ja vor ca. drei Wochen einen seriösen Wechselkursberechner im Internet bemüht, und der war bei 200,- Schweizer Franken auf nahezu 190,- Euro gekommen. Heißt: die Göttinger Sparkasse hat fast 12,- Euro – präzise: 11,94 Euro – für diese Transaktion in Rechnung gestellt. Da bleiben wir also am Ball und werden überprüfen, ob die Göttinger „Reisebank“, die ich für solchen Geldumtausch ausfindig gemacht habe, einen günstigeren Wechselkurs zu bieten hat.

So oder so: wir freuen uns über den Wiederanstieg der Spendensumme für uns, und wir danken selbstverständlich allen FinanzhelferInnen sehr!

Über die Hilfsaktionen hinaus, die ich Euch im letzten Bericht detaillierter erläutert hatte, konnten wir also noch einen weiteren Unterstützungsfall in unsere Aktionsliste aufnehmen (und das Geld ist bereits an Tassos Chatzatoglou überwiesen worden): 1.100,- Euro für die Armen auf der Insel Andros, für Menschen also, die nahezu von Anfang an zu den von uns betreuten Notleidenden zählen. Unsere Kooperationspartnerin dort, die Sozialarbeiterin Maria Alexaki, wird erneut die Verteilung dieser Gelder übernehmen, wobei sie uns mitgeteilt hat, daß dieses Mal die Spendengelder nicht für Lebensmittel und Hygieneartikel ausbezahlt werden, sondern für unbezahlte Stromrechnungen der verarmten Familien auf Andros. Daß diese Kosten immer wieder die Hilfsbedürftigen, denen wir helfen, in die Enge treiben – Ihr wißt: mit der realen Bedrohung, rausgekündigt zu werden aus ihren Wohnungen! -, zeigt, daß in  Griechenland insofern ganz ähnliche Verhältnisse existieren wie bei uns in der Bundesrepublik: Wohnrecht ist nach wie vor kein Menschenrecht, auch in Griechenland nicht, und die Regierungen hier wie dort nehmen lieber in Kauf, daß Zigtausende in die Obdachlosigkeit getrieben werden, als daß eine humane Sozialgesetzgebung Zigtausende von Menschen vor dieser furchtbaren Auswirkung schützt. Auch Ihr wißt es ja schon längst: Politik, das ist auch in Griechenland, nicht nur bei uns, Regierungshandeln, das sich am Schicksal der Menschen ‚ganz unten‘ völlig desinteressiert zeigt. Ausschluß vom Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das ist also auch in Griechenland täglich praktizierte Realität. Verrohung des Staatshandelns, das ist auch Handlungsmaxime beim Kabinett Kyriakos Mitsotakis. Und auf die Obdachlosen, in den Parks von Athen zum Beispiel, wartet bereits die Polizei mit ihren Vertreibungsaktionen. Die Hauptstadt soll schließlich „sauber“ sein, wenn wieder die Touristen kommen. Nichts soll deren Vergnügen stören, wenn sie erneut nach Griechenland fahren – auch der Anblick der griechischen Wirklichkeit nicht!

Uschi und Kalle waren im übrigen ebenfalls nicht untätig gewesen in der Zwischenzeit: mit 500,- Euro haben sie sich beteiligt an der Anschaffung eines Löschfahrzeugs in Kyparissi (erforderlich geworden wegen der zunehmenden Waldbrände in der Südpeloponnes), und mit weiteren 500,- Euro haben sie Johanna, eine Verwandte von Katharina K. (die wir vor längerer Zeit finanziell unterstützt haben bei ihren Transplantationen), wegen einer Erkrankung unterstützt (müßig wohl zu erwähnen, daß auch bei Johanna die Krankenkasse jegliche Kostenübernahme verweigerte). Und in Neapolis, im Krankenhaus dort, durften Uschi und Kalle erfahren, wie sehr die Verbandsstoffe zu helfen vermochten, die wir im letzten Jahr den ÄrztInnen dort zur Verfügung gestellt haben. Doch damit zu den Verhältnissen in Griechenland insgesamt zurück und zum Verhalten der Mitsotakis-Regierung dort:

Natürlich, aufgrund der Corona-Krise hat auch die griechische Regierung an zig Fronten zu tun. So hat die Staatsführung zum Beispiel beschlossen, für alle Gastronomie-Betriebe die Mehrwertsteuer bei Kaffee und nichtalkoholischen Getränken auf nunmehr 13 Prozent abzusenken von vormals 24 Prozent. Nichts einzuwenden dagegen, eigentlich, sinnvoll sogar, wenn man den Tourismus wieder ankurbeln will in Griechenland. Aber wieso ‚vergißt‘ man immer wieder die Armut im Land? Um das zu verstehen, muß man wohl Politiker sein, „konservativ“ vor allem, anders läßt sich diese Politik der kalten Herzen nicht erklären!

Die griechische Regierung scheint auch in Kauf nehmen zu wollen, daß es auf dem Arbeitsmarkt weiter abwärts geht. Die neuesten Zahlen dazu: das griechische Arbeitsamt OAED meldete für den Monat April 21,73 Prozent mehr Arbeitslose als im Vormonat März. Damit sind derzeit 1.185.013 Menschen auf Jobsuche in Griechenland, was bedeutet: 211.526 Menschen mehr als ein Jahr zuvor. Lediglich 192.411 der Betroffenen erhalten (unzureichende!) Unterstützung vom Staat, kaum mehr also als 10 Prozent. Fast die Hälfte der Menschen ohne Lohn und Brot sind dabei Langzeitarbeitslose – präzise gesagt: 47,26 Prozent. Und besonders betroffen – wie immer bei solchen Horrorzahlen (egal, wohin man in Europa blickt) – sind mal wieder die Frauen: deren Erwerbslosenzahl liegt bei 67,19 Prozent.

Daß bei einer Wirtschaftskrise die Reichen stärker belastet werden müßten als die Mittelschicht und die Armen im Land, gilt selbstverständlich auch im kapitalistischen Griechenland nicht. Daß die Armen, ganz im Gegenteil, deutlichste Hilfe benötigten, eine Hilfe, die auch für sie ein Leben in Menschenwürde gewährleisten müßte, diese Grundorientierung existiert in den Köpfen der ultrakonservativen Regierungsmitglieder in Griechenland nicht mal auf Schwundstufenniveau. Das Elend im eigenen Land ist sozusagen exterritoriales Problem (auch darin, nebenbei, gleicht Griechenland mittlerweile der Bundesrepublik bis aufs Haar – oder übertrifft sogar die Elendsverhältnisse bei uns). Daß ein Land erst wieder auf die Beine kommen kann, wirtschaftlich, wenn zuvor menschenrechtlich-soziale Verhältnisse wiederhergestellt sind im eigenen Land, dieses Denken scheint einem Kyriakos Mitsotakis so fremd zu sein wie Armutserfahrung auf dem eigenen Lebensweg. Wer in einer noblen Staatskarosse  durchs Land zu touren pflegt, fährt in permanenter Distanz an den Problemen der Menschen links und rechts an den Straßen vorbei. Der ist verantwortlich für die Nöte im Land, aber er sieht sich nicht verantwortlich für sie. Für den stellen Elend und Ängste, Hunger und Hilflosigkeit wohl nur „fake-news“ dar. Und wirklich ist für diesen nur, daß er mit seinen Kumpanen nach wie vor in Luxus und Wohlstand lebt. Was auch so bleiben soll.

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser, mein starker Eindruck ist, daß wir – mit vielen anderen, die den Notleidenden in Griechenland zu helfen versuchen – näher bei den Menschen in diesem fernen Staat sind, als das jemals bei dieser Regierung mit ihren Helfershelfern und Nutznießern der Fall sein wird. Wer die Fensterscheibe, durch die man nach draußen blicken könnte, mit edlem Silber hinterlegt hat, vermag nur noch sich selber zu spiegeln und sich selber zu sehen. Ein Grund mehr, nicht nachzulassen mit unserer Hilfe und Hilfsbereitschaft! Auch und gerade in Griechenland!

Auf denn also, spendet bitte weiter für unsere Hilfsaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“. Konkret mithin:

Wer uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“  auf das Konto:

Inhaber: IHW

IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49

BIC: NOLADE21GOE

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich -, wende sich bitte an unseren Kassenwart Henry Royeck, entweder unter der Postanschrift Sültebecksbreite 14, 37075 Göttingen, oder unter der Mailadresse henryroyeck@web.de.

Mit herzlichen Grüßen und allen meinen guten Wünschen

Euer Holdger Platta

Kommentare
  • Volker
    Antworten

    Heißt: die Göttinger Sparkasse hat fast 12,- Euro – präzise: 11,94 Euro – für diese Transaktion in Rechnung gestellt.

    Per Mausklick, versteht sich, da die Schweiz so ferne, die Franken wohl dreimal um den Globus verschickt wurden. So vermehrt sich Geld auf Transaktionswegen in Richtung Sparkasse. Die nennen sich altbewährt Sparkasse noch, hat aber mit sparen nix mehr zu tun.

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