Fortschritts- und Freiheitspropaganda in Griechenland

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

Für die griechische Regierung sind “Freiheit” und “Impfung” Synonyme.

251. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Wenn ich es recht verstehe, ist die griechische Regierung derzeit um Aufbesserung ihres Ansehens bemüht. Das eine oder andere sieht tatsächlich nach Fortschritt aus oder hört sich nach mehr Freiheit an. Was dahintersteckt, könnt Ihr nachlesen in diesem Bericht. Vermutlich erstaunt es keinen von Euch: es lohnt sich fast immer, hinter die Fassaden zu schauen! Man könnte auch sagen: hinter den Schlagzeilen nachzusehen! Holdger Platta

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

stimmt: die ultrakonservative Regierung in Griechenland ist derzeit um ein etwas progressiveres Image bemüht!

Zwar kann weit und breit von keinerlei Anstrengungen die Rede sein, die soziale und ökonomische Situation der rund 3,5 Millionen verarmten und verelendeten GriechInnen im eigenen Land aufzubessern, systematisch, in der Gestalt dementsprechender Politikprogramme mit nennenswerten Etats schon gar nicht. Auch lassen Beschlüsse auf sich warten, das kranke Gesundheitssystem in Griechenland zu sanieren – selbst die Corona-Krise ändert daran nichts (ich komme darauf noch zurück). Und schließlich gibt es keinerlei Verbesserungen mitzuteilen, was die Situation der Flüchtlinge auf den ostägäischen Inseln betrifft. Was ich an Entsetzlichkeiten in meinem vorletzten Bericht mitzuteilen hatte, gilt nach wie vor: in Kara Tepé, dem Nachfolge-Lager von Moira auf Lesbos, wie auf anderen Inseln hat sich ein Brutal-Konzept der Menschenbehandlung etabliert, das man als „Mord durch Unterbringung“ bezeichnen muss. Aber: in der Propaganda bemühen sich Mitsotakis & Co., urplötzlich auf Fortschritt zu machen und auf Freiheitlichkeit. Was dahinter steckt? – Nun, wir werden sehen!

Fangen wir mit einem Fortschritt an:

Tatsächlich, bei der Kabinettsumbildung vom 4. Januar dieses Jahres hat Kyriakos Mitsotakis – einen Homosexuellen ins Kabinett geholt (was tagelang die Schlagzeilen in Griechenland beherrschte). Nikolas Giaotromanolakis, vormals Marketingchef der Stavros Niarchos-Stiftung – einer Stiftung für kulturelle Zwecke – und bekennender Schwuler, wurde vom Premierminister der griechischen Regierung und dem Parteichef der „Nea Dimokratia“ (ND) zum Staatssekretär des Kultusministeriums ernannt. Sogar die „Griechenland Zeitung“ (GZ) schreibt in ihrer letzten Ausgabe vom 13. Januar: das „dürfte eine unverkennbare Signalwirkung haben“. Tatsächlich?

Nun, dass damit nicht gerade ein sonderlich wichtiger Posten im neuen Kabinett des Mitsotakis mit einem Homosexuellen besetzt worden ist, das räumt sogar die ND selber ein. Wichtiger ist aber, dass gleichzeitig der vormalige Landwirtschaftsminister Makis Voridis ein, zwei Etagen aufsteigen durfte und nunmehr als Innenminister des Landes fungieren darf. Wer aber ist Makis Voridis? – Nun, ein Mann, der in seiner Jugend Mitglied der inzwischen verbotenen faschistischen „Goldenen Morgenröte“ war, der „Chryssi Avgi“! Und ins wahre Bild dieser Kabinettsumbildung passt auch, dass mit Thanos Plevris ein Mann zum stellvertretenden Parlamentssprecher der ND ernannt wurde, der vormals Mitglied einer anderen ultrarechts angesiedelten Partei gewesen ist. Immerhin riskiert die „Griechenland Zeitung“ für diese Ernennungen den Satz: „Seinen rechten Flügel bediente Mitsotakis in der Kabinettsumbildung ebenfalls gut“. – „Ebenfalls gut“, das ist tatsächlich gut. Man hätte, ebenso präzise, vom Unterschied zwischen Schein und Sein sprechen können. Progressionstheater verdeckt mit Presseerfolg die tatsächlichen Verschiebungen nach rechts!

Einen anderen Clou hat sich Mitsotakis für sein Impfprogramm gegen Sars-COV-19 einfallen lassen (wir sprechen an dieser Stelle über Sinn oder Unsinn, über Nutzen oder Gefährlichkeit dieses Impfprogramms einmal nicht; Suggestion ist auch in diesem Falle alles!). Mit dem Code-Wort „Eleftheria“ wurde dieses Programm bedacht – zu Deutsch „Freiheit“! Auch darauf muss man erst einmal kommen: zwei Pikser in den Oberarm – egal, ob rechts oder links – als Freiheits-Programm zu verkaufen!

In diesem Zusammenhang:

Was das Tempo dieser Befreiungsaktion betrifft, lässt das Agieren der griechischen Freiheitshelden durchaus zu wünschen übrig. Obwohl Griechenland weit früher als Deutschland mit diesem Impfprogramm begann – nämlich Ende des letzten Jahres bereits -, wurden bis jetzt lediglich knapp über 0,42 Prozent der Bevölkerung gegen den Corona-Virus geimpft (die Impfquote bei uns liegt inzwischen weit über 1,5 Prozent). „Eleftheria“ braucht also sehr viel Zeit in Griechenland – egal, wie man diesen Begriff auch auslegen mag! Und nebenbei:

Obwohl – ähnlich wie bei uns – eine Prioritätenliste der „Impfberechtigten“ festgelegt worden ist, zuerst die Menschen über 85 Jahre, vor allem jene in Altenheimen, sowie das griechische Krankenhauspersonal: noch vor dieser „privilegierten“ Gruppe haben sich erst mal mehr als über einhundert Regierungsmitglieder, zum Teil auch deren Familienangehörige, gegen Covid-19 impfen lassen. Diese Art der „Freiheit“ wird also zunächst ganz oben verabreicht, der große Rest darunter kommt erst später dran. Fast möchte man sagen: wie es sich für eine echte Demokratie à la „Nea Dimokratia“ gehört!

Nun, immerhin sorgte auch das für einiges Aufsehen in Griechenland, vor allem aufgrund der Impfstoffknappheit in den Anfangswochen dieser neuen Freiheitsbewegung. Das Serum sei regelrecht „geplündert“ worden, so formulierte es Nasos Iliopoulos, Sprecher der Oppositionspartei der „Radikalen Linken“ in Griechenland. Lassen wir offen, ob hier womöglich nur Plunder geplündert worden ist. Fakt ist jedenfalls: nach eigener Einschätzung hat sich das Establishment der griechischen Politik erst mal selber mit was Gutem versorgt! Ein weiteres Indiz dafür, daß die Menschen ganz unten in Griechenland von dieser Herrschaft und diesen Herrschaften nichts, aber auch gar nichts Gutes erwarten darf!

Kommen wir damit zu unserer Hilfsaktion! Vorweg:

Da unser Kontostand inzwischen auf knapp 2.000,- Euro angestiegen ist, können wir erstmals seit einiger Zeit wieder Hilfe leisten in Griechenland.

• Dionysis, dem Jungen, der wegen einer vielfachen Lebensmittelallergie aus Überlebensgründen eine teure Spezialdiät benötigt (deren Kosten vom griechischen Krankenversorgungssystem nicht übernommen werden), können wir in den nächsten Tagen 900,- Euro überweisen. Das bringt Dionysis erst mal über die Monate Februar, März und April.

• Den Armen auf der Insel Andros können wir, wenigstens das, 400,- Euro zur Verfügung stellen (ausreichend ist dieser Betrag eigentlich nicht).

• Und an Alexander S., den Schauspieler aus Athen, der immer noch auf Auszahlung seiner ersten Rentenrate wartet, seit vielen Monaten schon, können wir – als „Notgroschen“ sozusagen – immerhin 200,- Euro überweisen.

Der Umfang dieser Hilfen kann niemanden von uns zufriedenstellen, aber mehr ist leider zur Zeit nicht drin. Womit ich auch schon bei den neuesten Spendenzahlen bin:

Wie Ihr Euch erinnern werdet, gingen in der Vorwoche gerademal 90,- Euro auf unserem Hilfskonto ein, überwiesen von 3 SpenderInnen an uns. Nun, während der letzten 5 Tage kamen 170,- Euro hinzu, SpenderInnenzahl: 2. Ich danke den beiden HelferInnen sehr. Und füge hinzu, Ihr werdet’s verstehen: gerne auch mehr in der nächsten Zeit! Bei uns jedenfalls gibt’s niemanden, der dem „Eleftheria“-Vorbild der griechischen Regierung nachzueifern gedenkt und erst mal für sich selber sorgt (dieses Thema hatte ich ja in der letzten Woche ausführlich darzustellen versucht). So oder so: gelebte Humanität bedarf unser aller Beharrlichkeit. Hilfe ist mehr als nur ein Ein-Tage-Job. In diesem Sinne also wie immer am Schluss: spendet weiter für uns! Denn in unserem Falle bedeutete das Gegenteil: wer aufgibt, gibt Menschen auf! Also:

Wer uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“ auf das Konto:

Inhaber: IHW
IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21GOE

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an unseren Kassenwart Henry Royeck, entweder unter der Postanschrift Sültebecksbreite 14, 37075 Göttingen, oder unter der Mailadresse henryroyeck@web.de.

Mit herzlichen Grüßen
Euer Holdger Platta

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