Helfen wir den Menschen in Griechenland! – Fünfter Bericht

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GriechenlandhilfeLogo-300x194Die HdS-Leserinnen und -Leser halten durch. Sie spenden offenbar unverdrossen und nach Evelin Chatzatoglous eindrucksvollem Bericht in dieser Woche sogar verstärkt. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass sich der Abwärtstrend in der sozialen Situation vieler Griechinnen und Griechen natürlich so rasch vollzieht, dass Hilfsprojekte kaum „hinterherkommen“. Nachdem die Griechenlandkrise und anschließend die Flüchlingssituation auf den griechischen Inseln durch die Presse ging, könnte sich die Entwicklung bald in einem neuen „Trend“ bündeln: Armutsflüchtlinge aus Griechenland.

Liebe HdS-Leserinnen, liebe HdS-Leser,

sicher habt Ihr alle den Bericht gelesen, den uns Evelin Chatzatoglou in dieser Woche bei uns auf HdS veröffentlicht hat – eine erschütternde Schilderung ihrer Ankunft in Athen und der immer furchtbarer werdenden Lebensverhältnisse dort.

Ich führe unter anderem darauf zurück, daß die Spender- und Spendenzahlen wieder ganz erheblich angestiegen sind. Waren es in der Vorwoche nur sechs neue SpenderInnen/Spenden gewesen, stieg deren Zahl in den letzten sieben Tagen auf 25 neue SpenderInnen/Spenden an. Konnten wir in der Vorwoche 512,50 Euro an neuen Spendengeldern bei uns verbuchen, stieg diese Zahl in der letzten Woche wieder auf 880,- Euro an (davon – ja, auch das ist hin und wieder wichtig! – 50,- Euro für unsere Organisationskosten). Im Namen aller OrganisatorInnen danke ich Euch für Eure Hilfe und für die immense Beharrlichkeit, mit der Ihr unsere Hilfsaktion auch im neuen Jahr unterstützt.

Schwer abzuschätzen ist, ob zu diesem Erfolg auch beigetragen hat, daß im Nörten-Hardenberger Ortsanzeiger ein langer Artikel über unsere GriechInnenhilfe zu lesen war, ein von mir erstellter Bericht über unsere Tätigkeit im letzten Jahr. Bei rund 10.000 LeserInnen ist sicherlich auch dieses nicht ganz auszuschließen. Und nicht zuletzt:

Auch das von unserer HdS-Leserin Margit Geilenbrügge angeregte Patenschaftsprogramm läuft an. Tassos Chatzatoglou wird sich darum kümmern, wenn er gegen Ende der nächsten Woche wieder aus Griechenland zurück ist, gemeinsam mit Evelin, seiner Ehefrau, im heimischen Graz. Gerne wiederhole ich hier Margits Anregung zu Patenschaften auch von unserer Seite aus. Im übrigen:

Bereits in der nächsten Woche, am 11. Februar, macht sich auch unser anderer Helfer – Karl-Heinz Apel aus Rosche bei Uelzen – wieder auf den Weg nach Griechenland (wobei auch er, wie Evelin und Tassos Chatzatoglou, sämtliche Kosten für die Reise aus eigener Tasche bezahlt!). Über dessen Aktivitäten werdet Ihr spätestens im übernächsten Bericht informiert, gleiches gilt für Tassos Chatzatoglous Abschlußbericht. Heute aber möchte ich zunächst über Evelin und Tassos Chatzatoglous weitere Stationen auf ihrer Hilfsreise durch Griechenland informieren – genauer: große Teile aus Tassos’ zweiter Mail zitieren, die er mir zu diesem Zweck zugesandt hat. Auch aus diesen Zeilen wird deutlich, wie groß inzwischen das Elend in Griechenland ist. Und versprochen schon jetzt, daß auch die politische Dimension der Probleme im nächsten Hilfsbericht wieder aufgegriffen wird. Hier also die Auszüge aus Tassos Chatzatoglous Mail (der im übrigen für einige Tage während seiner Griechenlandreise mit hohem Fieber ans Bett gefesselt war!):

„Am 25. Jänner brachten Evi und ich nach einem dringenden Hilferuf die letzte Palette in das Krankenhaus in Molai. <…> Die Ärztin, Sotiria Stefaniotou, empfing uns und übernahm die Verbandsstoffe sowie auch im Namen des Arztes Teodoros Margiolis, der derzeit in Athen ist, die Lieferung für die Landarztpraxis in Kyparissi. Sie berichtete uns über die unvorstellbar schlechten Zustände im Krankenhaus. Es fehlt an allem, vor allem aber an Verbands- und Nahtmaterial, sterilen Handschuhen wie auch an Dingen, die für ein funktionierendes Krankenhaus selbstverständlich sind. Das Krankenhaus in Molai behandelt alle Menschen, egal, ob versichert oder unversichert, Arbeitslose, Flüchtlinge, Fremdarbeiter, Sinti und Roma. Dies ist in Griechenland nicht die Regel. Die Ärztin selbst gehört der Society of Junior Doctors an (www.sni.gr). Diese Ärzte helfen dort, wo sie gebraucht werden, sogar außerhalb Griechenlands. Sie hat bei uns mit ihrer Entschlossenheit, den Betrieb im Krankenhaus aufrechtzuerhalten, einen tiefen Eindruck hinterlassen. Dass wir dem Krankenhaus in Molai helfen, ist die richtige Entscheidung. Ich wünschte mir, Ihr wäret dabei gewesen und hättet mit dieser großartigen Ärztin sprechen und Euch eine persönliche Meinung bilden können. Nein, sagte sie, sie werde nicht auswandern. Wer kümmere sich dann um die Kranken?! Das staatliche Gesundheitssicherungssystem ist zusammengebrochen. Die Privatkliniken werden von denen besucht, die Geld haben. Das Volk ist auf die Hilfe von außen angewiesen.

Sie hat uns um traditionelle Blutdruckmessgeräte mit Stethoskop gebeten, nicht um die digitalen. Die modernen Geräte benötigen Batterien, und wer besorgt Batterien, wenn kein Geld vorhanden ist? Es fehlt auch an Nahtmaterial, sterilen Handschuhen in allen Größen, wie auch an PULVO 47, einem antibiotischen Pulverspray.

Wir verabschiedeten uns von der jungen Ärztin mit gemischten Gefühlen, einer Mischung aus Wut und Traurigkeit. Wut darüber, dass ein europäisches Land kein funktionierendes Gesundheitssystem mehr hat, und Traurigkeit, dass wir die junge Ärztin mit ihren Wünschen zurücklassen müssen. <…>

Anschließend fuhren wir nach Papadianika und Plytra, dem antiken Asopos. Die Stadt versank nach einem Erdbeben im 4. Jahrhundert im Meer, Mauerreste sind noch sichtbar. Dort trafen wir Freunde, die als Bauern und Schafhirten tätig sind. Wir kennen die Familie seit mehr als 20 Jahren. Ich wollte deren Meinung über das neue Gesetz hören und befragte sie nach den Protesten der Bauern. Die Bauern waren und sind das Rückgrat Griechenlands. Mit der Agrarpolitik der EU wurden sie gezwungen, das zu tun, was die EU von ihnen verlangt hatte. Moderne Kühlanlagen wurden angeschafft, die Produktion von Milch und Käse wurde um ein Vielfaches erhöht. Dies alles war natürlich nur mittels Krediten möglich. Und jetzt verlangt man eine Rückentwicklung. Die Bauern zahlen derzeit 13 % Einkommenssteuer. Der Vorschlag der Regierung nach einer Forderung der Gläubiger (Troika) ist eine Erhöhung der Einkommenssteuer auf 26 %. Derzeit zahlen die Bauern ca. 1.000 € Versicherung pro Person im Jahr. In Zukunft werden es, wenn es nach den Plänen der Regierung geht, 3.000 € pro Person sein. Dies bedeutet bei einem Familienbetrieb mit 6 Personen 18.000 €!!! pro Jahr nur für Pensions- und Krankenversicherung. Ioanna hat für uns hochgerechnet, was sie derzeit einnehmen. Abzüglich der Ausgaben und dessen, was sie in Zukunft zahlen würden, kamen wir gemeinsam zu dem Ergebnis, dass der relativ große Betrieb defizitär abschließen muss, wenn das Gesetz verabschiedet wird.

Höchstwahrscheinlich werden die Bauern zurück in die Subsistenzwirtschaft gehen und womöglich schwarz verkaufen, um den Fiskus zu umgehen. Das alles wollen sie aber nicht, deshalb protestieren sie und verlangen von der linken Regierung, all die geplanten Erhöhungen zurückzunehmen. Wir haben Verständnis und solidarisieren uns sogar mit den Bauern. Die meisten Griechen sind sich in dieser Sache einig und wir auch.

Es wurde sehr spät, und wir übernachteten in Gythion. Der Wirt in der Taverne am Hafen, in der wir zu Abend aßen, meinte, wenn Tsipras in der Nacht vom 12. auf den 13. Juli ‚Nein‘ gesagt hätte, wäre er bis zu seinem Tod Ministerpräsident geblieben. Was an diesem Abend mit ihm passiert ist, würden wir nicht erfahren, aber er werde als Volksverräter in die Geschichte eingehen.

Die Heimfahrt nach Athen war ein wenig schwierig. Die Bauern blockierten die Autobahn von Korinth nach Athen, und wir wurden auf die alte Straße umgeleitet (wenigstens die Polizei arbeitete diesbezüglich noch effizient).

Zuhause angekommen, ereilte uns die nächste Hiobsbotschaft: Chara M., die Mutter mit den 3 Kindern aus dem 7. Zwischenbericht, muss sich dringendst einer Unterleibsoperation unterziehen. Sie hatte die Operation wegen der nicht bezahlbaren Kosten in Höhe von 300 € trotz der starken Schmerzen immer wieder hinausgezögert. Jetzt ist der Eingriff unumgänglich: Chara M. wird morgen (30.1.) operiert. Wir haben die Familie angesichts deren prekärer Situation bereits für eine Patenschaft vorgeschlagen. Bis dahin würden wir ihr gerne nochmals mit 2.000 € helfen.

Bezüglich des Pflegebettes für Herrn Haralambos X. haben wir nun in Griechenland ein Bett gefunden, das inklusive Matratze auf 875 € plus Versandkosten kommt.

Im Zuge meines Besuchs bei Spiros, dem Mann mit Multipler Sklerose (ebenfalls aus dem 7. Spendenbericht), erfuhr ich, dass er sich in laufender Therapie befindet. Spiros ist nach wie vor arbeitslos, und wir werden ihm gerne zwecks Fortführung seiner Therapien mit 500 € helfen.“

Von meiner Seite aus ergänzen darf ich an dieser Stelle noch eins: wir OrganisatorInnen haben inzwischen beschlossen, daß alle Helfer, die für uns nach Griechenland fahren, zukünftig mit einem „Reserve-Etat“ ausgestattet sein werden. Karl-Heinz Apel zum Beispiel wird für Notfälle, von denen er erst während seiner Hilfsreise erfährt, über weitere 1.000,- Euro verfügen können. Wir hoffen, das ist auch in Eurem Sinne.

Damit bin ich, liebe HdS-Leserinnen und HdS-Leser, wieder einmal bei den obligaten Schlußhinweisen:

Unser Konto, auf das Ihr unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“ spenden könnt und – es sei daran erinnert! – unter dem Kennwort „Katerina K“ auch für die schwersterkrankte junge Patientin aus Piräus, die eine neue Niere benötigt, ist unter den folgenden Angaben für Eure Spenden erreichbar:

Inhaber: IHW
IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21GOE

Und hier nochmal die Kontaktdaten von Peter Latuska, an den Ihr Euch wenden könnt, wenn Ihr Patenschaften übernehmen wollt oder eine Spendenbescheinigung benötigt (für Spendenbeträge bis 200,- Euro genügt fürs Einreichen beim Finanzamt Kopie oder Original Eurer entsprechenden Kontoauszuges):

Peter Latuska
Theodor Heuss Str. 14
37075 Göttingen
Email: latuskalatuska@web.de

Mit herzlichen Grüßen
Euer Holdger Platta

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