Kunst in den Alltag bringen

 In Christine Wicht, FEATURED, Kultur

Ein “Salon” im Freien

Camilla Wittig, Kommuni­kations­designerin mit Schwerpunkt Mode, Schnitt und Design und Mariella Weiss, Kunst­historikerin und ebenfalls Kommuni­kations­designerin mit Schwerpunkt Bewegtbild, haben die Idee der Salondamen des 17./18. Jahr­hunderts wieder aufleben lassen. Sie möchten einen kulturellen Austausch zwischen Menschen und ihrem Umfeld schaffen. Dafür wechseln sie die Räume, ergänzen sie mit Kunst, auch mit Kochkunst, Musik und Literatur, bringen Kunst in den Alltag, um eine Diskussion anzustoßen. Mit der Wahl des Ortes, einer Nische oder der interdisziplinären Arbeitsweise, wollen sie die Erwartungshaltung der Besucher brechen. Die Vermischung des Unterschiedlichen, abseits des ohnehin schon Etablierten, ist das Ziel der Salons. Christine Wicht führte mit der Salondame Mariella Weiß ein Gespräch über die Idee, Kunst in den Alltag zu bringen.

Wie ist die Idee zum Salon de Dames entstanden?

Die Idee ist ganz banal auf einer gemeinsamen Reise entstanden, wobei unsere Reiselektüren zufällig immer wieder den Salon aufgriffen, angeregt durch die Bücher “1913” von Florian Illies und “Tante Lisbeth” von Honoré de Balzac. Illies erzählt vom Salon als Ereignis, teilweise sind dies die legendären Künstler-Atelierfeste, in welchen gefeiert, ausgetauscht und virtuos erschaffen wurde, alles ganz zweckfrei. Aber er berichtet auch vom Salon der großen Damen in Frankreich, als Gastgeberinnen, die Künstler und Prominente um sich scharten, allen voran Alma Mahler. Auch von jenem Salon, welcher immer wieder die Aufnahme von Werken bzw. Künstlern verweigert und als festes Ausstellungsprinzip galt, wird kritisch gesprochen.

Worum geht es Euch?

Wir wollen keine Kommerzkunst machen. Nun, es ist natürlich erfreulich, wenn jemand unsere Kunst kaufen möchte. Doch darum geht es uns nicht in erster Linie. Wir wollen die Kunst, die Freude an der Kunst, das Herunterbrechen der Kunst, die so akademisch daherkommt und oftmals abgehoben ist, in den Alltag zu den Menschen zu bringen, die nicht unbedingt Kunstkenner sind, sondern die sich unbelastet auf Kunst im weiteren Sinne einlassen. Diese Gedankenwelt fordert ständige Erweiterung und ist endlos. Es geht dabei, angeregt durch Balzac, um einen Ort des Geschehens und Dinierens. Wir geben den Rahmen.

Und deshalb sucht ihr alltägliche Orte für Kunst?

Wir wollten einen Ort schaffen, der dem kulturellen Austausch alle Ehre erweist und gleichzeitig Einblicke in die verschiedensten Lebensräume und -entwürfe gewährleistet. Was bietet sich da besser an, als eine Hommage an die großen Salondamen des 18. und 19. Jahrhunderts und den „Salon Des Grandes Dames“ entstehen lassen? Ein zutiefst demokratischer Ort, in welchem alles gesagt und getan werden darf, jedoch immer mit größtem Respekt und Achtsamkeit gegenüber seiner Mitmenschen. Es geht uns um die Dynamik in der Kunst.

Wie geht Ihr dabei vor?

Wir, die Salondamen, stellen eine Konstante dar. Im Gegensatz dazu steht der dynamische Part: Die Salondamen bieten immer neue Themen durch die Wahl des Ortes und deren Inhalte, wie Salonbesucher, Kulturschaffende und Ausstellungsobjekte. Konstante und Dynamik halten sich dabei die Waage. Und dann setzen wir die Idee um. Wir finden die heutigen Ausstellungskonzepte häufig befremdlich.

Warum?

Die klare Trennung zwischen Ausgestelltem, Ausstellungsraum und Lebensraum empfinden wir auch die Trennung zwischen Kunst, Design und überhaupt aller kultureller Ausdrucksformen als schwierig. Als Designer wird man ständig darauf aufmerksam gemacht, dass man in der Kunst nichts verloren habe, weil wir Kundenträume erfüllen müssen. So entstand der minimalistische Anspruch, die Künste und damit meinen wir sehr viel, wieder in den Lebensraum zu holen, in den oft sehr beengten urbanen Raum, gerade in Ballungsräumen. Denn hier spielt das Leben, nicht wie bei Balzac im linken Flügel der großen Herren-/Damenhäuser. Um der großen anonymen Stadtgemeinschaft gerecht zu werden, muss der Salon sozusagen zwangsläufig im bewohnten Raum stattfinden — und zwar wechselnd.

Warum wechselnd?

So gelingt es, in unterschiedliche private Räume Menschen zu führen, die an Austausch und Inspiration interessiert sind und teilhaben möchten. Die Künstler, dazu gehört auch ein Koch, der Parfümeur, der Musiker, der Literat usw., so ziemlich jeder Kulturschaffende oder -interpret, bespielen den Raum möglichst im Originalzustand. Sie müssen sich also mit dem Gegebenen auseinandersetzen und fügen Dinge zu dem Schon-Dagewesenen dazu. Der Besucher wiederum verliert seine reine Betrachter-Rolle: Er muss den Austausch suchen, um sich mit dem Vorhandenen bzw. dem Hinzugefügten auseinandersetzen zu können. Um ein Beispiel zu nennen: Das Klavier will durch eine Aufschrift gespielt werden, mit einem Tapetenstück auf der Eintrittskarte kann eine Wand neu tapeziert werden und so weiter.

Wenn ich das richtig verstehe, dann ist Kunst für Euch ein Ort der Kommunikation?

Wir möchten möglichst viele Menschen begeistern, also Teilnehmer, Künstler, Sponsoren usw. und eine nahrhafte Debatte anzetteln. Aber auch kritische Stimmen sind mehr als erwünscht. Dabei ist es uns wichtig eine Differenzierung zu anderen Interventionen wie Happenings oder Performances herzustellen. Auch die Betrachtung der verschiedenen Rollen wie Betrachter, Partizipant, Künstler, Kurator, die Salondamen, ist dabei wesentlich. Der Aspekt der Kommunikation, bzw. wie und wann sie zustande kommt, steht dabei immer im Vordergrund. Und ganz banal, warum die Forderung nach sozialen und kulturellen Interventionen heutzutage so präsent ist. Wir glauben, nicht nur aus Nostalgie. Und zu guter Letzt ist der bespielte, private Raum interessant, wie er sich durch neue Bespielung wandelt oder wie er als Gastort funktioniert. Das ist spannend.

Kunst ist ja auch immer ein Spiegel der Zeit. Wie spiegelt sich unsere Zeit in Eurer Kunst wider?

Im Zeitalter der unbegrenzten sozialen Vernetzung, natürlich in der bösen digitalen Welt, suchen wir verzweifelt nach Geschehnissen in der „realen“ Welt. Jeder weiß zwar über Jeden irgendwie Bescheid, vermisst aber die reale Anteilnahme. Nun befinden wir uns mit unserer Kunst im urbanen Raum. Es existieren kaum große Herrenhäuser mit Platz für Teekränzchen und wenn, bleibt das nach wie vor betuchten Leuten vorbehalten. Für unsere Idee stehen nunmehr schlichte Wohnungen im Zentrum des Geschehens. Soziale Vereinzelung greift, nicht zuletzt aufgrund unseres Smartphone-Hungers, um sich. Doch wir geben nicht auf, die Nische bleibt. Die Nachfrage nach einem Treffpunkt für Gleichgesinnte ist größer denn je.

Wie muss ich mir eine solche Ausstellung vorstellen?

Wir haben beispielsweise auch ein Badezimmer in die Kunst eingezogen, mit einer Klanginstallation. Der Besucher ist sich beim Betreten des Badezimmers nicht sicher woher die Geräusche kommen. Bei längerem Hinhören löst sich die unheimliche Stimmung auf und bietet dem Besucher die Möglichkeit zur intimen Erfahrung der Klangsituation und zum individuellen Eintauchen in den Ort. Die Videoarbeit nimmt Bezug auf das Motto des Salon des Grandes Dames „Sabi-Wabi“. Das Wortpaar, welches auf das Japanische zurückgeht, steht übersetzt für etwas, das „alt und atmosphärisch und ohne Schmuck und sichtbaren Luxus“ ist. Die Reduktion auf das Wesentliche. Wir haben eine alltägliche Szene übersteigert, indem zwei Männer in einem Video nebeneinander im Bus sitzen. Während der eine auf sein Handy starrt und tippt, wendet sich der andere ab und blickt aus dem Fenster. Eine Momentaufnahme, welche in einem Loop gezeigt wird. Die Wiederholung der Szene lässt die Tätigkeit der Personen überzeichnet wirken. Die Figuren scheinen in der Situation gefangen zu sein. Ein Ende ist nicht absehbar und lässt die Geschichte für den Betrachter offen. Der Träger des Kleidungsstückes in diesem Fall ein Jacket, zieht sein Handy aus der Tasche, streicht darüber und steckt es zurück. Durch die ständige Wiederholung wirkt die Alltagsgeste absurd und der Betrachter beginnt, an der seelischen Gesundheit der Figur zu zweifeln. Weitere kurze Szenen reihen sich aneinander und werden mehrfach wiederholt. Sie alle zeigen Sequenzen aus dem Alltag, die wir tagtäglich sehen, ohne darüber nachzudenken, das sind reproduzierte Gesten. Die Animationen basieren auf im öffentlich Raum angefertigten schnellen Zeichnungen. Doch sie sind nicht an einen bestimmten Ort oder individuelle Personen gebunden, durch die Abstraktion werden die Figuren und ihre Handlungen zu Stereotypen unserer Zeit. Mit wenigen Linien werden Figuren geformt, die im Kopf des Betrachters zusammengefügt und zu handelnden Personen ergänzt werden. Auch der Raum, in dem sich die Figuren befinden, wird nicht gezeigt, erst durch Assoziationen und Erfahrung wird die Arbeit vollständig.

Wie viele Salons haben bislang stattgefunden?

Der erste Salon hat in Untergiesing in einem kleinen Reihenhaus mit Garten, der an den Isarauen angrenzt, unter dem Motto „Wabi-Sabi“ stattgefunden, der Zweite im Haus von Camilla in Obergiesing, das ist vermutlich eine alte Arbeitersiedlung, wobei bei dem Salon 6 Wohnungen gleichzeitig involviert waren, dort war das Motto “Stimme aus dem Off“. Und der letzte Salon fand in einem ehemaligen Obst- und Gemüsestandl unter der Eisenbahnbrücke statt und hatte das Motto „Curly Future“. Also bislang sind wir Giesing treu geblieben. Wir sind immer auf der Suche nach neuen Orten, die bewohnt sind, um Kunst den Menschen näher zu bringen. Das ist ein schwieriges Unterfangen, aber nicht unmöglich, da wir ja in bewohnten Räumen oder auch in Werkstätten, also in Räumen, die schon besetzt sind, unsere wechselnde Kunst bringen wollen und auch anderen Künstlern eine Chance geben wollen, ihre Art der Kunst zu zeigen und dabei gehen wir weiter, wir sehen Kochen auch als Kunst und natürlich Musik, Literatur und so weiter.

Dann ist der Salon de Dames eine Vernissage in privaten Räumen?

Nein, das soll er gerade nicht sein. Die Stadt schreit geradezu nach Gastgebern, die einen besonderen Ort im Lebensraum, sogar im bewohnten Raum suchen und ihn in einen besonderen Ort des Austauschs, des Kennenlernens und der Inspiration verwandeln. Zwei Damen, die sich ganz der Tradition der vermittelnden Gastgeberinnen des Kultursalons verschrieben haben, möchten diese Herausforderung im Hier und Jetzt wagen. Wir übernehmen dabei die Rolle der Regiesseurinnen, der Begleiterinnen, der Gastgeberinnen, der Jury und der Vermittlerinnen und laden eine interessierte, möglichst heterogene Gesellschaft ein und verführen sie zu einem Diskurs. Dadurch unterscheidet sich der Salon im Wesentlichen von einer Vernissage: Es darf nicht um „sehen und gesehen werden“ gehen, auch der kommerzielle Aspekt steht im Hintergrund. Vielmehr darf diskutiert und gestritten werden. Noch dazu verschaffen die Damen Eintritt in einen privaten Raum.

Wie soll der Austausch stattfinden?

Wir wollen mit diesem Zusammentreffen, Orte schaffen und Kultur im zeitgenössischen Stil weiterentwickeln, ein besonderes Augenmerk legen wir auf den kommunikativen Wert. Um Austausch zu ermöglichen, müssen wir die Hemmschwelle und die Berührungsangst den Gästen nehmen. Der private, gewählte Raum wird neu und ergänzend bestückt: Ganz in der Tradition des Barocks, sollen alle Sinne angesprochen werden. Künste aller Art gilt es in den Lebensraum zu holen und dabei für Irritationen in der Wahrnehmung der Gäste. Wir stellen uns die Frage „was war schon da, was kam dazu, ist das Kunst oder kann das weg“ . Es soll dem „Salon des Refusées“ die Ehre erwiesen werden und wollen Kulturschaffenden ohne Rang und Namen eine Plattform geben, um ins Gespräch zu kommen. Die Erwartungshaltung soll gebrochen werden, sei es durch die Wahl des Ortes, einer Nische, oder des Grenzen-Sprengens durch eine interdisziplinäre Arbeitsweise aller Beteiligten. Das erklärte Hauptziel: Die Vermischung des Unterschiedlichen, abseits des ohnehin schon Etablierten.

Soll der Salon de Dames eine Art Aktionskunst sein?

Wir greifen das Kunstwerk an sich nicht an, fordern aber eine Dehnung des Begriffs, bieten den Ideen Umsetzungsraum Environment. Uns geht es um künstlerische Arbeiten, die sich mit der Beziehung zwischen Objekt und der Umgebung auseinandersetzen. Dabei kann die Umgebung Teil des Kunstwerkes werden. Überwindung der Trennung zwischen Kunst und Leben! Austausch ist unser Ziel. Wir fordern Interaktion.

Das ist das Gegenteil von White Cube, Kunst in weißen Räumen auszustellen?

Kann man so sagen. Wir glauben, dass sich Kunst in weißen Räumen ohne jede Aufbereitung zu wenig erleben lässt. Deshalb nehmen wir den Raum wie er ist und gestalten bzw. bestücken ihn zusätzlich. Wir wollen unser Publikum nicht schockieren, aber miteinbeziehen. Der Handlungsablauf ist durch ein grobes Programm gegeben, kann aber abweichen, wenn das Ziel des maximalen Austauschs es erfordert. Ein Salon ist eine „Community“, deren Gastgeberrolle vor allem den Frauen zugesprochen wird. Der Salon hat zu eigen, dass er in einem schützenden Umfeld abgehalten wird, in der an höchster Stelle ein demokratischer Austausch, Akzeptanz und Respekt vor seinem Gegenüber stehen. Jeder darf frei seine Meinung äußern und soll sich in keiner Weise dabei eingeschränkt fühlen. Der Salon bietet Platz für Diskussion, die durchaus impulsiv und befreit von jeglicher Konformität sein sollte. Der geschützte Raum ist Plattform, Raum für Perspektivenwechsel und zugleich ein organisches Geflecht. Der Gedanke, einen absolut wertfreien, grenzüberschreitenden Raum zu kreieren, finde ich wunderbar. Im Beuys‘schen Sinne kann jeder Mensch durch kreatives Handeln zum Wohl der Gemeinschaft beitragen und dadurch plastizierend auf die Gesellschaft wirken. Im Rückkehrschluss ist Kunst durch dieses Handeln gesellschaftsverändernd. Damit geht es einmal mehr um die Erweiterung des Kunstbegriffs: Nicht mehr nur materiell fassbare Artefakte, sondern auch das menschliche Handeln wird mit eingeschlossen.

In München ist es für Künstler schwierig zu arbeiten und Ausstellungsmöglichkeiten zu finden, da die Stadt durchgentrifiziert und nahezu unbezahlbar geworden ist. Ist der Salon de Dame eine Reaktion auf diese Entwicklung?

Ja, München ist sicherlich ein Paradebeispiel für Städte mit wenig Fläche für künstlerische Arbeiten, zumal die Mieten sehr hoch sind. Aber wir sehen es eher als Herausforderung denn als Problematik. Wir sind gezwungen spannende Orte jenseits der üblichen Veranstaltungsplätze zu finden und zu „Netzwerken” um an diese zu gelangen. Und das war von Anfang an eines unserer Ziele: Kunst aus jenen üblichen Schauplätzen herauszuholen, sie gewissermaßen in das urbane Leben zu integrieren. Spannend wird es im privaten Kontext, wenn fremde Arbeiten zu den schon vorhandenen Einrichtungs-Gegenständen hinzugefügt werden und sich Neues mit Altem vermischt. Auch Privates und Öffentliches geraten in Kontakt, wobei wir das Öffentliche einschränken, denn es handelt sich um eine geschlossene Gesellschaft. Dies hat zum einen rechtliche Gründe, aber auch Platzmangel ist ein Faktor. Doch wenn wir uns an die Salons zu Beginn des 20. Jahrhunderts erinnern oder uns sogar an sie anlehnen, dann eröffnet sich ein weiterer wichtiger Aspekt: Der geschlossene Rahmen eines Salons lässt einen Raum entstehen, einen schützenden Raum. Innerhalb dieses schützenden Umfeldes ist größtmögliche Freiheit gegeben, jedoch immer mit Achtsamkeit und Respekt vor seinem Gegenüber. In unserem Fall treffen private Gegenstände auf kleine Kunstwerke von Außen, alles wird mit Respekt von den fremden Betrachtern bestaunt. Dieses Zusammenspiel reizt uns sehr – auch weil eine Art Vorgängerprojekt uns mit unterschiedlichsten Wohnungen bekannt machte und uns analysieren ließ, welche Menschen in den Wohnungen leben und wie sie sich nach Außen präsentieren. Neugierig sind wir vermutlich alle und wann darf man schonmal eine fremde Wohnung bestaunen die für einen Abend zum Salon erklärt wurde?
Mittlerweile haben wir aber das Konzept erweitert, da wir diese Dynamik auch an Orten des Leerstandes, also Räume die sich in einer Transformation befinden, entdeckten. An solchen Schauplätzen versuchen wir den Fokus auf das Zusammenspiel aller Teilnehmer zu richten, jeder wird gewissermaßen zum Künstler und gestaltet den Ort auf seine Weise mit. Von dieser Diversität an Qualitäten und Arbeiten lebt aber auch der Salon Des Grandes Dames: Spontane Ergänzungen erweitern die „kuratierten“ Kunstwerke. Improvisation findet sich daher überall und wird von uns als größter Kunstschatz empfunden.

Ihr zieht wie Nomaden von Wohnraum zu Wohnraum, um Kunst zu präsentieren. Wäre es nicht einfacher an einem festen Ort zu bleiben?

Ganz und gar nicht. Denn im Wandel und in der Veränderung liegt die Dynamik und der Reiz. In unserem Fall wechselt der Ort, aber wir bleiben die Gastgeberinnen und Kuratorinnen. Wo wir sind, findet der Salon statt. Daher trifft der Begriff Wandersalon sehr gut zu. Das andere Element der Dynamik, sind die wechselnden Teilnehmer und Themengebiete, die immer neue Impulse geben. Wir schaffen Austausch durch wechselnde Gäste und Kulturschaffende. Es gibt natürlich eine Art Stammkreis, der aber ständig erweitert, genährt und verändert wird durch Austausch auf allen Ebenen mit größter Achtsamkeit, Respekt und Toleranz voreinander und der Gesprächskultur. Ja ich denke, Die Situationisten operierten an der Schnittstelle von Kunst und Politik, Architektur und Wirklichkeit und setzten sich für die Realisierung der Versprechungen der Kunst im Alltagsleben ein. Sie forderten unter anderem die Abschaffung der Ware, der Lohnarbeit, der Technokratie und der Hierarchien und entwickelten ein Konzept der „theoretischen und praktischen Herstellung von Situationen“, in denen das Leben selbst zum Kunstwerk werden sollte.

Spielen politische Themen in Eurer Kunst eine Rolle?

Wir planen politischer zu werden. Das hat auch eine Dynamik, weil die Diskussionen ernster werden und wir die leichtere Ebene verlassen. Einige Situationisten waren in den Ausbruch der Studentenunruhen vom Mai 1968 verwickelt. Situationistische Ideen waren in den folgenden Jahren weit verbreitet und haben international in Kunst, Politik, Architektur und vor allem in der Popkultur Spuren hinterlassen, die sich bis in die Gegenwart ziehen.

Einen Kommentar hinterlassen

Beginnen Sie mit der Eingabe und drücken Sie Enter, um zu suchen