Mohssen Massarrat: Kurzkommentar zur Tiefenstruktur der US-Hegemonialstrategie

 In Politik (Ausland), Wirtschaft

Mohssen Massarrat ist emeritierter Professor für Politik und Wirtschaft und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der IPPNW. Sein Kommentar ist im aktuellen Magazin der IPPNW erschienen. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors. (ak)

Je weiter man zurückblickt und die weltpolitischen Ereignisse einzuordnen versucht, desto klarer erblickt man den roten Faden, der sich durch sämtliche beinahe epochalen US-Kriege in den letzten drei Jahrzehnten zieht.

Dabei sind zwei sich ergänzende Ziele erkennbar: Erstens die Zerschlagung von großen Staaten wie Jugoslawien, die sich auf dem Eurasischen Korridor mit Russland verbünden könnten. Und zweitens Regime Change und/oder Zerschlagung von großen Staaten mit bedeutenden Ölreichtümern, die potentiell eine echte Gefahr für die Stellung des Dollars als Weltwährung darstellen könnten. Nie zuvor ist der Weltöffentlichkeit so übel aufgestoßen, welchen wirkungsmächtigen Hebel der Dollar als Weltgeld für die einzig verbliebene Supermacht darstellt, um den Rest der Welt durch Wirtschaftssanktionen in die Knie zwingen zu können.

Über 80 Prozent des Welthandels werden über Dollar abgewickelt. Und der Dollar hat nachweislich deshalb die gegenwärtige beinahe unerschütterliche Monopolposition inne, weil der gesamte Ölhandel auf dem Weltmarkt an diese Währung gekoppelt ist. Gelänge es einem Bündnis von US-kritischen Ölstaaten, sich für die Abwicklung ihrer Ölexporte in Euro oder in Renminbi zu entscheiden, würde die wichtigste Machtsäule der USA wie ein Kartenhaus zusammenbrechen.* Dies ist der Hauptgrund für Regime Changes in den missliebigen Ölstaaten oder gar für deren Zerschlagung. Vor unseren Augen betreiben die USA gegenwärtig zielstrebig und unverhohlen einen Regime Change in Venezuela und sind dabei, die Weltgemeinschaft systematisch und mit allen propagandistischen Mitteln auf einen heißen Krieg gegen Iran einzustimmen.

Der Hauptprofiteur des amerikanischen Dollarimperialismus ist neben dem US-Finanz- und Energiesektor der US-militärindustrielle Komplex. Im Falle Iran geht es nicht nur um Regime Change, sondern auch um die Zerstückelung des Landes. Davon profitieren auch Israel und Saudi-Arabien, weshalb sie bereit sind, einen US-Krieg gegen Iran politisch, finanziell und logistisch uneingeschränkt zu unterstützen. Israels Stärke beruht auf seinem Monopol als einziger Atommacht in der Region und der Schwäche der arabisch-islamischen Staaten durch ihre Zersplitterung. Saudi-Arabien würde bei einer Zerstückelung Irans auf Dauer zur regionalen Supermacht aufsteigen.

* Vgl. Mohssen Massarrat (2017): Braucht die Welt den Finanzsektor?

Aus IPPNWforum 158 / Juni 2019

Herausgegeben von IPPNW Deutschland

Infos unter: www.ippnw.de

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