Priorität Diplomatie

 In FEATURED, Friedenspolitik

Sind ältere Menschen automatisch weise und besonnen? Natürlich nicht, aber vielfach verstehen sie besser, was Krieg bedeutet. Vielleicht auch, weil sie zwar nicht mehr selbst, jedoch ihre Väter im Krieg waren. Wie der Vater unseres Autors. Wolf Schneider, sonst für spirituelle und philosophische Artikel in seinem legendären Magazin “connection” bekannt, bleibt hier ganz politisch in seiner Argumentation und sieht das Problem zugleich aus einer menschlichen Perspektive. Er plädiert für Verhandlungen und gegen Waffenlieferungen. Wolf Schneider, connection.

 

Sind es die Alten, die jetzt den Kern der Friedensbewegung ausmachen? Weil die Jungen sich so sehr an den Frieden gewöhnt haben, den ein vereintes Europa so lange ermöglichte, dass sie nun nicht mehr auf die Straße gehen, sondern ‚den Politikern‘ die Entscheidungen überlassen?

In diesen bellizistischen Zeiten muss ich immer wieder an den August 1914 denken, in dem Europa in die erste der großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts hineinstolperte, aus der sich dann die zweite große Katastrophe dieses Jahrhunderts ergab. Beide wirken bis heute nach und auch noch in die Enkel- und Urenkelgeneration hinein.

Stolz, Tränen, Wut

Mein Vater war Soldat im zweiten Weltkrieg, dann Biologe in der Grundlagenforschung, spezialisiert auf die Physiologie des Riechens und als solcher schließlich Leiter eines der Max-Planck-Institute in Seewiesen. Er war sein Leben lang politisch interessiert, zögerlich friedensaktivistisch und lehnte zu Zeiten des Vietnamkriegs einmal einen gut bezahlten Auftrag des Pentagons ab, zu erforschen, wie die US-Streitkräfte im Dschungel von Vietnam die Verstecke der Vietcong würden riechen können. Auf dieses NEIN von ihm bin ich sehr stolz. Umso mehr heute, da ich selbst einen Sohn habe und dieses Lied von Reinhard Mey mich zu Tränen rührt und zugleich meine Wut entfacht auf alle Kriegstreiber dieser Welt.

Mein Vater starb im Juni 2008. Einer seiner engsten Kollegen in Seewiesen war Karl-Ernst Kaissling. Er ist heute über 90 Jahre alt und engagiert sich gegen das Insektensterben (beide waren Entomologen) und nun auch gegen den Krieg in Osteuropa, in den mit den anderen NATO-Ländern auch Deutschland immer tiefer hineingezogen wird. Den Leopardpanzern werden Spezialisten der Bundeswehr folgen, die den Ukrainern zeigen, wie sie zu bedienen sind. Ähnlich wie in Afghanistan, wo „unsere Demokratie am Hindukusch verteidigt“ werden sollte, wird auch hier Deutschland immer tiefer in einen ausweglosen Krieg hineingezogen.

Habt ihr Afghanistan vergessen? 

Vielleicht brauchen wir gerade jetzt das Langzeitgedächtnis der Alten. Karl-Ernst Kaissling schreibt an Bundeskanzler Scholz, kontaktet Margot Käßmann, die ebenso wie Drewermann standhaft pazifistisch bleibt und heute leider nicht mehr die Ratsvorsitzende der EKD ist, und er versuchte, Freunde von ihm von ihrer Befürwortung von Waffenlieferungen an die Ukraine abzubringen und für die Chance von Friedensverhandlungen zu gewinnen. Engagement von Mensch zu Mensch. Wir ‚kleinen Leute‘ können ja nicht ‚die große Politik‘ bestimmen, aber wir können einzelne Menschen überzeugen, und wenn deren sozialer Wirkungsraum groß ist, dann wirkt dort auch unsere Botschaft.

Hier sind die Themen, Thesen und Forderungen von Karl-Ernst Kaissling, Biologe und Grundlagenforscher, wissenschaftliches Mitglied der MPG, ab jetzt alles in seinen Worten.

Verhandlungen

• sind nötig, mit dem Ziel des sofortigen Waffenstillstands und

• mit der Bereitschaft zu radikalen Zugeständnissen von allen Seiten. Z. B. seitens der Ukraine die Abgabe von Territorien (vorgeschlagen von H. Kissinger in Davos 2022), mit dem Ziel einer friedlichen  „Sezession“. Z. B. seitens der NATO-Länder die Absage der geplanten NATO-Erweiterung um Finnland und Schweden. Z. B. seitens Russlands die Bereitschaft, die Selbstbestimmung der Ukraine zu achten,

• mit dem Ziel der Neutralität der Ukraine, wie anfangs von der Ukraine angeboten

• gefördert durch eine Einigung zwischen katholischen, evangelischen und orthodoxen Christen.

Waffenlieferungen an die Ukraine

• verhindern Verhandlungen.

• bringen bisher und in ungeahntem Ausmaß auch künftig Tod, Leid und Zerstörung nicht nur für die Ukraine und Russland, sondern ebenso für viele andere Länder. Dafür tragen alle, die Waffen liefern, eine Mitverantwortung.

• Waffeneinsätze und seine Folgen beschleunigen die Erderwärmung.

• Unvorstellbare Finanzmittel gehen verloren, wenn man die Gesamtkosten für den Waffeneinsatz und seine Folgen auf beiden Seiten betrachtet. Diese Mittel fehlen, um die globalen ökologischen Probleme zu bewältigen und die weitere Erderwärmung zu vermeiden.

• Eine völlige Zerstörung der Ukraine ist ohne internationale Verhandlungen nicht abzuwenden.

• Ängste vor den von Putin geäußerten Plänen und seinen vielerseits vermuteten Plänen (z. B. Überfall Polens) dürfen nicht als Begründung dienen, die Bemühung um Verhandlungen zu unterlassen. Auch die häufige Behauptung, dass beide Seiten Verhandlungen ablehnen, darf einen erneuten Startversuch der Diplomatie nicht verhindern.

Anzeigen von 2 Kommentaren
  • Schmitz Leonhard
    Antworten
    Mit Ängsten kann man die Leute in Schach halten! Die meisten Menschen möchten Frieden auf der Welt haben. Aber die rot/grüne Regierung ist nicht fähig Diplomatie anzugehen. Zu mal die BRD rein Vasallen Staat der USA ist.

     

  • Freiherr
    Antworten
    …aber freilich muss man miteinander reden, die Waffen im Schrank lassen, erstmal, wenigstens.

    Aber zu diesem Reden kommt es nicht mehr, wenn Kriege hintenrum von anderen Mächten angezettelt werden, eventuelle Gresprächs”partner” für eine Mediation erst gar nicht nicht  zugelassen werden – könnten ja einen sowieso geplanten Krieg womöglich verhindern – worst case !

    Betrachten wir diesen Krieg, wenn er schon mal da ist, ganz nüchtern unspirituell, dann ist festzustellen:

    Putin hat 6.200 Atomsprengköpfe ( die Nato insgesamt ca. 4.000 ), naja –

    die gesamte Allianz gegen Russland wird nicht so dumm sein und den übermächtigen Bären übermäßig reizen,

    wäre Selbstmord und dieses ” Europa ” westlich des Urals ausradiert, die Taktik der Nato ist das möglichst selektive Zerstören der Ukraine ohne Schaden ausserhalb der Ukraine anzurichten –

    um dann den Osten der Ukraine als vorderste Frontlinie einzurichten.

    Aber Putin denkt gar nicht daran das einfach so geschehen zu lassen, dieser Krieg ist nicht zu gewinnen, für beide Seiten nicht.

    Die Kriegsgewinnler aber sind mit Sicherheit die Waffenhersteller und jeweilige Steuersäckel der Länder.

    Also – Diplomatie hat hier seine Grenzen von den Mächten aufgezeigt bekommen, die diesen Krieg möglichst profitabel inszeniert haben –

    Puitin allein war es nicht und ist übrigens auch ganz im Sinne dieses Great Reset.

    Das Anbiedern bundesdeutscher Schreibtischtäter an ukrainische Faschisten und Nazis ist extra-verwerflich, die heimliche Regentschaft dieses Multitalents Selensky über Deutschland zugelassen,

    an Blödheit nicht mehr zu überbieten.

    Es findet keine Diplomatie mehr statt, alles ferngesteuerte Marionetten und gewissenlose Arschkriecher und Arschlöcher !

    Mein Krieg ist das nicht und es ist auch nicht meine Regierung !

    Wo Diplomatie versagt muss das friedliebende Volk aufstehen,

    ” ich liebe die Russen, die können so gut saufen und ihrer Melancholie fröhnen,

    Ich bin ein Russe, je sui un Rüss !

    hahaaaa….

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

Einen Kommentar hinterlassen

Beginnen Sie mit der Eingabe und drücken Sie Enter, um zu suchen