Schlechtes und Gutes im Wirrwarr
60. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Wolfgang Schäuble zieht in diesen Tagen viel Mitgefühl auf sich – ein Gefühl, das ihm selbst eher fremd ist, wenn es um das Schicksal verarmter Griechinnen und Griechen geht. Eine Paketbombe wurde an den Finanzminister adressiert, abgeschickt – so heißt es – von griechischen „Linksautonomen“. Holdger Platta gibt auf dieses Ereignis die richtige Antwort. Sie umfasst zwei Aspekte: 1. ist Gewalt keine adäquate, ja eine strategisch völlig kontraproduktive Antwort auf die strukturelle Gewalt, die die EU-Institutionen – und mit ihnen Schäuble – gegen Griechenland ausüben. 2. macht dieser Attentatsversuch Schäubles schäbige Politik um keinen Deut besser. Schon erheben sich in EU-Kreisen Durchhalteparolen, man werde keinesfalls der Gewalt weichen und die Griechenland-Politik unverändert fortsetzen. Auch dies ist Heuchelei, denn ob Gewalt oder nicht – nie war bisher bei den Tätern irgendein Zeichen für Einsicht und Umkehr zu erkennen. Schön, dass unsere Leserinnen und Leser weiter durch Spendenbereitschaft ein kleines Gegengewicht schaffen. (Holdge Platta)
Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,
natürlich schreckte auch mich am Donnerstagmorgen die folgende Nachricht auf: eine Paketbombe, gerichtet an Wolfgang Schäuble, sei in der Poststelle des Finanzministeriums in Berlin abgefangen worden. Man habe jedoch die Sendung mit dem „gefährlichen Inhalt“, einem sogenannten „Blitzknallgemisch“, das häufig zur Herstellung von Pyrotechnik verwendet werde, unschädlich machen können und damit die Mitarbeiter vor „erheblichen Verletzungen“ bewahrt. Erschrecken also bei mir und Erleichterung zugleich. Und später an diesem Donnerstag kamen auch die folgenden Nachrichten noch hinzu: aus Griechenland habe sich eine „linksautonome“ Gruppe mit dem Namen „Konspiration der Feuerzellen“ zu diesem Anschlag bekannt. Und auch im Pariser Büro des Internationalen Währungsfonds (IWF) sei ein solches Paket eingegangen und dort sogar explodiert. Folge: die Assistentin eines leitenden Mitarbeiters habe „leichte Verletzungen“ erlitten. Woraufhin der französische Präsident Hollande von einem „Anschlag“ sprach und die IWF-Chefin Christine Lagarde von einem „feigen Akt der Gewalt“. Nicht auszuschließen mithin, dass auch dieses Paket von der griechischen Autonomen-Gruppe verschickt worden ist, nicht auszuschließen auch, dass in beiden Fällen dieselben Motive eine Rolle gespielt haben könnten: Wut, Empörung, Protest gegen die Politik der Euro-Staaten – inklusive IWF – gegenüber Griechenland. Ein aus unserer Sicht also verstehbarer Protest? Das vielleicht auch. Vor allem aber: für uns, die GriechInnenhelfer, ein nicht akzeptabler Protest. Und das will ich, zu Beginn meines heutigen Berichtes, etwas ausführlicher begründen.
Für uns, die wir seit Mitte 2015 gegen die Kaputtmacherpolitik der Euro-Staaten inklusive IWF gegenüber Griechenland noch und noch Protest eingelegt haben, für uns, die wir seit diesem Zeitpunkt, mit Eurer beharrlichen Hilfe, gegen die schlimmsten Nöte in Griechenland anzugehen versuchen, für uns stellt das, was die Damen und Herren um Merkel, Lagarde und Schäuble herum „in Sachen Griechenland“ betreiben, nichts anderes dar als zutiefst verabscheuungswürdige Brutalität. Aber: Brutalität rechtfertigt nicht Brutalität als Antwort. Und diese Absage an Gewalt gegenüber der von den Euro-Staaten und vom IWF gegen Griechenland alltäglich ausgeübten Gewalt ist nicht taktischer Natur, ist nicht Ausdruck von Schlaumeierei, die eine Aufwertung der Schäubles und Lagardes zu Märtyrern verhindern soll, sondern beruht auf unserer festen Überzeugung, dass wir dem Inhumanen, dem wir uns in den Weg zu stellen versuchen, nicht ähnlich werden dürfen in unserem eigenen Tun.
Kampf gegen Brutalität mit den Mitteln der Brutalität kennt nur einen Gewinner: die Brutalität. Und deswegen kann der Kampf für die Mitmenschlichkeit niemals ein anderer sein als ein Kampf mit den Mitteln der Mitmenschlichkeit! Und dieses, liebe HdS-Leserinnen und HdS-Leser, ist im übrigen – zusätzlich also! – auch der klügere Weg: denn was, bitteschön, hätte denn herauskommen sollen, wenn dieses Paket auch in der Berliner Poststelle explodiert wäre? Hätte es jenen getroffen, der – angeblich – damit gemeint war? Hätte es ihn zur Einsicht bewegt, dass die eigene Politik gegenüber Griechenland durch und durch falsch und inhuman ist? Du meine Güte, welch entsetzliche Naivität! Und welch dummer Irrglaube – urplötzlich! – an die Wirksamkeit der schwarzen Pädagogik, die man ansonsten – als angeblich „Autonomer“ – überall auf diesem Erdball bekämpft!
Es bedarf dieses Beweises nicht, gleichwohl erwähne ich es hier. Christine Lagarde, die IWF-Chefin, hat bereits aufs klarste ihren Starrsinn dokumentiert, und diesem hilft auch nicht schwarze Pädagogik mit Schwarzpulver ab. Nach dem „feigen Akt der Gewalt“, wie sie es nannte, fügte sie die klare Aussage hinzu, der IWF sei fest entschlossen, seine Arbeit „in Übereinstimmung mit unserem Mandat fortzusetzen“! Menschen wie Lagarde und Schäuble trifft man nicht, indem man das Leben ihrer MitarbeiterInnen aufs Spiel setzt, sondern indem man alles dafür tut, dass sie endlich aus ihren Ämtern verschwinden, mitsamt ihrer entsetzlichen Politik. Und dieses setzt voraus, dass wir nachweisen, wieder und wieder, dass deren Politik verroht, brutal und entsetzlich ist. Tertium non datur. Ein Drittes gibt es nicht. Und schon gar nicht: einen anderen humanen Weg! Wir verlören uns selbst, wenn wir uns an die Gewalt verlören. Wir gäben nicht nur die Menschlichkeit auf, sondern auch uns selbst. Und dieses gilt, so scheint mir, selbst dann, wenn es die schiere Verzweiflung ist, die einen in die Fänge der Gewaltlösungen treibt.
Der Zufall will es so, liebe HdS-Leserinnen und HdS-Leser, dass ich dieses an einem Tag schreiben darf, an dem ich erneut mit einer sehr guten Nachricht aufwarten kann, mit einer Nachricht, die zeigt, dass unsere Hilfsaktion mehr und mehr auch andere Menschen ergreift und aktiviert und zur Mithilfe veranlasst. Doch der Reihe nach und erstmal ein paar Zahlen vorweg:
Tatsächlich, es ist so: auch während der letzten sieben Tage hielt der Aufwärtstrend bei unseren Spendeneinnahmen an. Konnte ich schon in der Vorwoche einen kleinen „Rekord“ vermelden – nämlich einen Spendenzuwachs von 1.090,- Euro (überwiesen an uns von 4 SpenderInnen insgesamt) -, so gingen in der letzten Woche noch mehr Spenden bei uns ein, nämlich sogar 1.200,- Euro, diesmal uns zugeschickt von 5 Unterstützerinnen und Unterstützern. Und erneut – wie beim letzten Mal schon – war eine 1.000-Euro-Spende dabei, die wir zum einen unserer Mithelferin Bettina Beckröge verdanken – ich komme gleich noch auf ihren Anteil zurück –, zum anderen aber – das versteht sich natürlich von selbst – der betreffenden Spenderin, einer Gabriele B. Doch der Reihe nach:
Bettina Beckröge hatte die gute Idee, zu einer Kabarettveranstaltung in Aachen – Anlass dafür: Protest gegen das AKW Tihange in Belgien, also nicht weit von Aachen entfernt – Flyer mitzunehmen zu unserer Hilfsaktion. Bettina Beckröge hatte am Ort des Geschehens dann noch den Mut, eine der Künstlerinnen anzusprechen. Und von dieser Künstlerin, eben dieser Gabriele B., bekam sie zur Antwort, was uns diese Kabarettistin dann selber schrieb: dass sie sich sehr gerne an unserer Hilfsaktion beteiligen würde. Ich zitiere aus dem Brief, den unser Kassenwart Peter Latuska bekam:
„Lieber Peter Latuska,
gestern erreichte mich ein Flugblatt über Eure Aktion ‚Helfen wir den Menschen in Griechenland‘. Toll. Mein Herz schlägt schon lange für Griechenland, und wenn ich mal wieder zu meinem jährlichen Urlaub nach Griechenland aufbreche, ist der Spruch ‚einer muss ja die Griechen retten‘ schon zum Running-Gag geworden. Aber Eure Aktion ist natürlich noch viel besser. Deshalb unterstütze ich Euch gerne.
(…)
Ich wünsche Euch weiterhin viel Erfolg für Eure Aktion.
Liebe Grüße
Gabriele“
Ist es übertrieben, liebe HdS-Leserinnen und HdS-Leser, wenn ich diesem „Vorgang“ das Folgende entnehme? – Da gab’s, vor bald zwei Jahren nun, einige Verrückte, die unsere Hilfs- und Protestaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ ins Leben riefen. Da gab’s dann, sehr bald, nicht wenige, die sozusagen „von außen her“ mithalfen bei unserer Aktion, und nunmehr stoßen, veranlasst von diesen Helferinnen und Helfern um unsere HelferInnengruppe herum, weitere Menschen zu unserem Projekt hinzu – in der letzten Woche eine Renate H., und in dieser Woche eine Gabriele B. (kleine Anmerkung hier: gerne gäben wir von uns aus auch die vollen Namen bekannt, aber das dürfen und können wir nur tun, wenn die betreffenden SpenderInnen auch einverstanden damit sind)!
Natürlich danke ich erneut allen Beteiligten sehr, allen SpenderInnen und allen Aktiven! Und erneut natürlich im Namen aller aus unserem Team! Für mich zeigt der geschilderte Vorgang – wie auch der Fortgang unsere Hilfs- und Protestinitiative generell –: wir können gegen die Lagardes und Schäubles dieser Welt auch anders vorgehen als durch die Versendung fragwürdigster Post! Lasst uns – um es in Anlehnung an eine Textzeile aus Konstantin Weckers Lied „Revolution“ zu formulieren – immer „gewaltiger“ werden! Umso leichter wird es dann sein, „gewaltfrei“ zu bleiben, und zwar ohne jeden Wirkungsverlust!
Und damit zu meinen obligaten Schlußhinweisen:
Wer uns bei unserer Hilfe für Menschen in Griechenland unterstützen will, unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“, wer das spezielle Hilfsprojekt in Megara mitfinanzieren möchte (dann bitte zusätzliches Stichwort „Megara“!) und wer auch uns Akteure wieder mal mit Organisationsgeldern helfen will (dann bitte unter dem Stichwort „HDS“), der überweise uns bitte Spendengelder auf das folgende Konto:
Inhaber: IHW
IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21GOE
Und hier nochmal die Kontaktdaten von Peter Latuska, an den Ihr Euch wenden könnt, wenn Ihr Patenschaften übernehmen wollt oder eine Spendenbescheinigung benötigt (für Spendenbeträge bis 200,- Euro genügt fürs Einreichen beim Finanzamt Kopie oder Original Eurer entsprechenden Kontoauszuges):
Peter Latuska
Theodor Heuss Str. 14
37075 Göttingen
Email: latuskalatuska@web.de
Mit herzlichen Grüßen
Euer Holdger Platta