Stellt sich der DGB nunmehr auf die Seite Griechenlands?
113. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Die gute Nachricht ist, dass über Wolfgang Schäuble in puncto Griechenland schon länger nichts Negatives mehr zu berichten war; die schlechte ist: es liegt nur daran, dass er nicht mehr deutscher Finanzminister ist. Ob mit dem SPD-Nachfolger Olaf Scholz Besserung in Sicht ist, müssen wir erst sehen. Positiv ist auf jeden Fall die Stellungnahme des DGB-Vorstands vom 13. April zum Thema Griechenland, weshalb Holdger Platta dieser in seinem Bericht auch breiten Raum gibt. Die Gewerkschaftsgenossen, die sich früher im Fanblock des Menschenverelendungsprogramms Hartz IV wohlfühlten, geben sich hier moderat kritisch und fordern eine Abkehr vom tödlichen „Reform“-Zwang gegenüber Griechenland. (Holdger Platta)
Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,
jawohl: heute kann ich mal wieder von einer erfreulichen Spendenentwicklung berichten! Und außerdem kann ich gleich mit zwei weiteren positiven Nachrichten aufwarten in diesem Bericht – einmal betrifft es unsere Hilfsaktion ganz unmittelbar, einmal – man höre und staune! – die sozusagen „große“ Politik in unserem Lande. Aber zum Eingang der Hilfsgelder zuerst:
In der Vorwoche – Ihr erinnert Euch – war nur von einem Spender zu berichten gewesen und lediglich von 100,- Euro als Spendeneingang insgesamt (wobei wir nicht verkennen wollen: diese recht hohe Spende verdankten wir einem einzigen Spender aus Euren Reihen!). Doch während der vergangenen sieben Tage landeten, überwiesen von 4 Unterstützerinnen und Unterstützern an uns, fast 1.000,- Euro auf dem Konto für die GriechInnenhilfe bei uns, nämlich 980,- Euro – und das ist für die Monatsmitte ein sehr beachtlicher Betrag! Riesendankeschön also Euch Helferinnen und Helfern! Wobei ein Gutteil dieses Dankeschöns direkt an zwei Mitakteure aus unserem OrganisatorInnenteam zu gehen hat, an Uschi und Karlheinz Apel nämlich, die in Vorbereitung ihrer nächsten Hilfsfahrt nach Griechenland mit 500,- Euro an diesem Spendenbetrag beteiligt sind. Ergänzend dazu:
Dieses Geld in der Höhe von 500,- Euro soll, wie bereits angekündigt, ausschließlich den verarmten oder sogar verelendeten Griechinnen und Griechen in und um Kyparissi zugutekommen, Notleidenden also in der entlegenen Südpeloponnes, wobei vor Ort erneut der Priester die Verteilung dieser Hilfsgelder an die besonders hilfsbedürftigen Menschen übernehmen wird (seit langem ein zuverlässiger Helfer für uns!). Und: erwähnt an dieser Stelle sei auch, daß Uschi und Karlheinz Apel wiederum ärztliche Hilfsmittel mitnehmen werden nach Griechenland, Verbandsmaterial und anderes, das dort verteilt werden soll an diverse Arztpraxen, Kreiskrankenhäuser und Sozialstationen, die ganz ausdrücklich auch Betroffenen ohne Versicherungsschutz beistehen im Krankheitsfall (traurig genug, daß über solche Erforderlichkeiten immer noch berichtet werden muss, nach acht Jahren angeblicher „Hilfs“- und „Rettungs“-Politik der Euro-Staaten gegenüber Griechenland, nach mittlerweile fast dreijähriger Regentschaft einer angeblich „sozialistischen“ Regierung in Griechenland, heißt: nach drei Jahren Alexis Tsipras beziehungsweise SYRIZA!).
Abschließen möchte ich diesen Teil des Berichts mit der Information, dass auch unser zweites Reiseteam – Evi und Tassos Chatzatoglou – in allernächster Zukunft wieder zu einer Hilfsfahrt nach Griechenland aufbrechen wird. Beiden Teams schon jetzt unsere besten Wünsche für diese Helferexpeditionen in ein südeuropäisches, von den westeuropäischen Staaten konsequent und brutal heruntergewirtschafteten Entwicklungsland! Niemand muss uns darüber belehren, dass wir damit den Griechen insgesamt nicht helfen können, sondern „nur“ ein paar Dutzend Menschen und einer Handvoll von Institutionen. Aber auch das gebe ich an dieser Stelle noch einmal zu Protokoll, mit nicht minderer Deutlichkeit: immerhin dieses tun wir, wir helfen einigen Institutionen, wir helfen einer Reihe von Menschen in Griechenland! Und dieses Viel-zu-Wenig ist gleichwohl viel mehr als ein völliges Nichts! Es ist ein „Nur“, in der Tat, aber ist ein „Nur“, hinter dem gerettete Menschen stehen!
Womit ich, wie angekündigt, bei einer sozusagen großen Nachricht aus unserem Lande bin, bei einer Nachricht von einer sozusagen großen Organisation aus der Bundesrepublik: zum erstenmal hat der DGB-Bundesvorstand mit derart überraschender Deutlichkeit Stellung bezogen zur bundesdeutschen und europäischen Politik gegenüber Griechenland. Es ist eine Erklärung vom 13. April dieses Jahres, die ich an dieser Stelle ungekürzt zitieren will. Zuvor aber zwei – umfangreichere – Anmerkungen noch:
1. Hervorzuheben an dieser Presseerklärung ist sicherlich, daß der DGB-Bundesvorstand nicht nur von irgendwelchen ominösen „Umschuldungsprogrammen“ spricht – ein Fehler sogar in dem grandiosen, überaus lesenswerten Buch von Yanis Varoufakis über seine kurze Amtszeit als Finanzminister für SYRIZA während des Zeitraums Januar bis Juli 2015 (Titel des Buches: „Die ganze Geschichte. Meine Auseinandersetzungen mit Europas Establishment“). Nein, ganz ausdrücklich ist in dem Pressetext des DGB von „Schuldenerleichterung“ die Rede, ganz ausdrücklich wird Rücknahme der Lohn- und Rentenkürzungen in Griechenland gefordert, Rücknahme auch der Zerschlagung der Tarifsysteme in Griechenland! Zwar bleibt expressis verbis die brutale Verelendung von Millionen von Griechinnen und Griechen in diesem Pressetext unerwähnt, doch immerhin indirekt wird diese Problematik zur Sprache gebracht. Loben wir an dieser Stelle also eher die Klarheit des Textes und tadeln wir weniger eine gewisse Verdruckstheit, die auch für diese Erklärung des DGB-Vorstandes noch typisch ist!
2. Erkennen wir des weiteren auch an, dass in diesem Pressetext der Nachfolger im Amt des deutschen Finanzministers, vormals Wolfgang Schäuble, nunmehr Olaf Scholz, auch ganz direkt vom Bundesvorstand des DGB angesprochen wird. Nicht nur von „abstrakten“ Erfordernissen ist also die Rede, nein, es wird auch der Verantwortliche ohne irgendwelches Drumherumgerede beim Namen genannt. Auch das gab es nicht immer beim DGB, wahrhaftig nicht, denn vor kurzem noch, über zutiefst erschreckende Perioden der jüngsten bundesdeutschen Geschichte hinweg, hat dieser DGB-Vorstand nichts Besseres gewusst, mit dem Ex-Vorsitzenden Michael Sommer an der Spitze, als das Schrödersche Menschenverlendungsgesetz Hartz-IV als „Schutz vor Armut“ zu bezeichnen, als „Verbesserung“ des vormaligen Bundesozialhilfegesetzes (BSHG), als „sozialen Fortschritt“ für die Arbeitssuchenden in der Bundesrepublik. Von diesen Ungeheuerlichkeiten, von diesen Verlogenheiten, von dieser devoten Rechtfertigungspropaganda für die Sozialstaatszerstörung in der Bundesrepublik ist der nachfolgende Pressetext des DGB-Vorstandes meilenweit entfernt. Wir können nur hoffen, dass diesen wackeren Worten auch Taten folgen werden, dass dieses Positionspapier nicht bleibt, was es derzeit noch ist, nämlich Papier mit einer Reihe gut zu lesender Buchstaben darauf.
Doch hier nun, zum Abschluss dieses Berichtes, die Erklärung Nr. 14/2018 des DGB-Vorstandes vom 18. April, von seiner Abteilung „Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik“:
„Griechenland: Chance für Kurswechsel nutzen!
Dass Wolfgang Schäuble nicht mehr deutscher Finanzminister ist, dürfte in vielen Ländern Europas heimliche Freude ausgelöst haben. Insbesondere die griechische Bevölkerung hatte in den vergangenen Jahren unter dem Kürzungskurs zu leiden, der vom deutschen Bundesfinanzministerium vorangetriebenen wurde. Seit 2010 fabulierte Schäuble immer wieder von einem Euro-Austritt Griechenlands. Bundeskanzlerin Merkel forderte, Defizitländern das Stimmrecht im Rat zu entziehen. Die Anpassungsprogramme der sogenannten Troika setzten unsoziale und kontraproduktive Reformen bei Sozialstaat, Rente und Arbeitsrecht durch und beförderten eine Zerschlagung der Tarifsysteme.
Schäubles Nachfolger, Olaf Scholz, hat bereits durchscheinen lassen, dass er in Sachen Europapolitik einiges anders machen will. Das muss auch für den Umgang mit Griechenland gelten. Jetzt besteht die Möglichkeit, den Forderungen nach einem solidarischen Europa konkrete Taten folgen zu lassen. Denn bis Ende des Monats wollen sich die Finanzminister der Eurogruppe auf einen Fahrplan für den Abschluss des aktuellen Griechenland-Notkredit-Programms einigen, das im Sommer ausläuft.
Die französische Regierung und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) haben verschiedene Modelle vorgelegt, wie in diesem Zusammenhang eine Schuldenerleichterung aussehen könnte. Diskutiert werden eine Verlängerung der Laufzeit der bereits vergebenen Darlehen, eine Ausweitung der Zinsstundung sowie eine Kopplung der Schuldentilgungszahlungen an die Wirtschaftsleistung. Scholz muss nun Farbe bekennen und Griechenland auch Schuldenerleichterungen gewähren. Schließlich war es der maßgeblich von Deutschland verordnete Kürzungskurs, der das griechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) sinken und die Schuldenquote steigen ließ: Die Schuldenquote stieg von knapp 146 Prozent des BIP Ende 2010 auf voraussichtlich fast 180 Prozent im laufenden Jahr.
Schuldenerleichterungen würden die Kreditwürdigkeit Griechenlands verbessern und beim Marktzugang helfen. Damit könnte sich das Land ab Sommer endlich vom Tropf der Hilfskredite lösen. Zudem sind Schuldenerleichterungen nötig, um zu verhindern, dass die Schuldenlast das aufkeimende Wirtschaftswachstum in dem Land erdrückt. Vor allem aber könnte die neue Bundesregierung damit ein klares pro-europäisches, politisches Signal aussenden.
Zentral ist aber auch: Auf keinen Fall dürfen neue Mechanismen eingeführt werden, die Griechenland auch nach dem Auslaufen des Kreditprogramms zu einem Spar- und Kürzungskurs zwingen. Die Forderung einiger Euro-Staaten, Schuldenerleichterungen an bestimmte Reformen zu knüpfen, sollte zurückgewiesen werden. Die Kürzungspolitik der letzten Jahre muss endlich ein Ende haben. Mehr Investitionen sind notwendig, um die Nachfrage anzukurbeln. Die Lohn- und Rentenkürzungen sowie die Zerschlagung der Tarifsysteme müssen rückgängig gemacht werden. Spanien und Portugal haben vorgemacht, dass eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung durch eine Abkehr von der Austeritätspolitik möglich ist. Diese Chance muss jetzt auch Griechenland bekommen.“
Und damit zu meinen Schlusshinweisen:
Wer uns bei unserer Hilfe für Menschen in Griechenland unterstützen will, unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“, oder wer auch uns Akteure wieder mal mit Organisationsgeldern helfen will (dann bitte unter dem Stichwort „IHW“), der überweise uns bitte Spendengelder auf das folgende Konto:
Inhaber: IHW
IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21GOE
Und hier nochmal die Kontaktdaten von Peter Latuska, an den Ihr Euch wenden könnt, wenn Ihr Patenschaften übernehmen wollt oder eine Spendenbescheinigung benötigt (für Spendenbeträge bis 200,- Euro genügt fürs Einreichen beim Finanzamt Kopie oder Original Eurer entsprechenden Kontoauszuges):
Peter Latuska
Theodor Heuss Str. 14
37075 Göttingen
Email: latuskalatuska@web.de
Mit herzlichen Grüßen wie stets
Euer Holdger Platta