Selbsttötungsversuch ein Straftatbestand?

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

Suizidversuch kommt vor ein griechisches Gericht. 260. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Vielleicht wird dieser Bericht für manche kaum auszuhalten sein. Aber der Suizidversuch einer jungen Afghanin erlaubt keine Beschönigungen, auch in der Wiedergabe nicht. Man verschwiege ansonsten die Rohheit, mit der inzwischen die griechischen Machthaber gegen unliebsame Menschen vorgehen. Und diese Grausamkeit macht auch vor den eigenen Landsleuten nicht Halt. Deswegen ein Bericht, der ein weiteres Mal von den Flüchtlingen in Griechenland spricht. Die Brutalität der griechischen Regierung schont niemanden mehr. Und selbst wer Opfer ist, muss erneut, nach Auffassung dieser Regierenden, zum Opfer werden. Unglück alleine genügt nicht; nunmehr muß auch noch Unmenschlichkeit her. Und Europa schweigt zu alledem – ein weiteres Mal! Holdger Platta

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

gute Nachrichten aus Griechenland und von unserer Hilfsaktion leider auch diese Woche nicht! – Um mit letzterem zu beginnen:

Nach der Spende einer Unterstützerin in der vorletzten Woche – 100,- Euro – gingen während der letzten sieben Tage nur 25,- Euro auf unserem Hilfskonto ein, überwiesen von einem Dauerspender an uns. Natürlich großen Dank an den Helfer! Doch unsere Sorgen um den Fortbestand unserer GriechInnenhilfe werden nicht kleiner dadurch. Ich bitte um Verständnis.

Da allmonatlich 220,- Euro von uns an Panagiota K. mit ihren drei Töchtern überwiesen werden – für ihre Wohnungsmiete -, wird sich der Betrag auf unserem Hilfskonto ab morgen nur noch auf 370,- Euro belaufen. Wir können nur hoffen, dass der Monatswechsel wieder eine erhebliche Besserung mit sich bringt.

Rätselhaft ist das alles schon für uns. Meine Berichte werden in aller Regel mindestens um die 120 mal angeklickt (auch gelesen?), die Like-Zahlen bewegen sich meist um die 20 herum, Kritik an meinen Aufrufen höre ich praktisch nie, stattdessen immer mal wieder Anerkennung von Euch: da nimmt die Verunsicherung natürlich zu – und objektiv die Unsicherheit auch. Wie lange also werden wir noch imstande sein, unsere GriechInnenhilfe aufrecht zu erhalten? Die Frage drängt sich immer stärker auf.

Die 1.500,- Euro für Laura, für Nacharbeiten an ihren Fußprothesen, sind natürlich in der letzten Woche überwiesen worden. Wie bereits angekündigt im letzten Hilfsbericht. Irgendwelche Entgelte für unsere Hilfsarbeit bekommt keiner aus unserem Team. Insofern ist alles in Ordnung bei uns, und in dieser Hinsicht steht unsere Spendenarbeit auch einzig da, was unsere Hilfsaktion betrifft. Jedenfalls ist uns keine andere Initiative bekannt, für die dasselbe zutreffen würde. So bleibt uns derzeit keine andere Möglichkeit, als weiter aufs Hoffen zu setzen. – Nun, vielleicht geht es ja in den nächsten Wochen wieder aufwärts mit der Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“. Noch geben wir nicht auf.

Aus Griechenland selber erreichen uns gute Nachrichten auch nicht gerade. Unverändert schlecht ist die Lage, was die Arbeitslosen betrifft, unverändert schlecht auch die Situation für Rentner, für Niedriglöhner und Erkrankte. Die an dieser Stelle vielfach – auch im Detail beschriebene – Lebensnot des unteren Bevölkerungsdrittels in Griechenland setzt sich fort. Ebenso die Tatsache, dass die griechische Regierung “ihre” Gelder lieber für Aufrüstungsprojekte ausgibt und für die Polizei.

Und auch die unmenschliche Politik gegenüber den Flüchtlingen wird von der ultrakonservativen Mitsotakis-Regierung in Griechenland unerbittlich fortgesetzt. Gleiches gilt für die Politik der Abschottung Griechenlands an ihren Außengrenzen – egal, ob auf dem Wasser oder auch auf dem Land. Einspruch der EU gegen diese völkerrechtswidrigen Aktionen hingegen Fehlanzeige!

Heute nur die folgenden Fakten dazu:

Erstens: Als vor einem guten Jahr der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis (sogenannter „Neudemokrat“ und Chef der griechischen Schwesterpartei „Nea Dimokratia“ von CDU und CSU) öffentlich verkündete, dass Griechenland keine Anträge auf Asyl mehr behandeln wolle, gab es von Seiten der EU-Mitgliedsstaaten keinen Protest. Im Gegenteil: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach der griechischen Regierung sogar ihren Dank dafür aus und sprach davon, dass Griechenland als „Schild Europas“ zu bezeichnen sei. Geht’s hier um einen Zweikampf bei einem ritterlichen Turnier?

Zweitens: Griechenland baut weiter seine östliche Landesgrenze am Evros gegenüber der Türkei aus und hat dafür mindestens 63 Millionen Euro investiert. Wofür Geld so alles da ist. Aber konkret: es entsteht ein Grenzzaun zwischen der Türkei und Griechenland, aus Stahlelementen errichtet, 27 Kilometer lang, 5 Meter hoch. In diesen Tagen wird dieser Grenzzaun fertiggestellt sein. Begründung des Premiers Mitsotakis: die Griechen sollen sich wieder „sicher fühlen“. – „Sicherheit“ also, die auf Unmenschlichkeit beruht! Und vielleicht hätte ihn ja mal Donald Trump besuchen sollen, zu jener Zeit, als er noch im Amt war, um Anregungen zu bekommen für seinen Zaun an der Grenze zu Mexiko.

Drittens: Seit ein paar Wochen hält eine 26 Jahre alte hochschwangere Frau aus Afghanistan eine Klageschrift der griechischen Justiz in der Hand, weil sie sich aus Verzweiflung in Kara Tepe – dem Nachfolgelager von Moira – das Leben nehmen wollte und deswegen ihr Zelt in Brand gesetzt hatte. Eigentlich sollte sie längst – als anerkannte Asylbewerberin – nach Deutschland weiterreisen dürfen, Mitte Februar dieses Jahres bereits. Die Mutter von zwei Kindern hatte vor dem Selbsttötungsversuch sogar die Nachbarn vor dem Brand gewarnt und liegt immer noch mit Verbrennungen im Krankenhaus. Sie hatte, in der Mitte des brennenden Zeltes sitzend, den Rauch einatmen und auf diese Weise sterben wollen. Nachbarn konnten die Ohnmächtige aus dem brennenden Zelt retten. Und nunmehr wartet die griechische Justiz auf sie. Deren Vorwurf gegen sie: Brandstiftung, vorsätzliche Brandstiftung. – Vielleicht führt man ja in Griechenland demnächst für Selbstmordversuche die Todesstrafe ein.

Nein, mit unserer Hilfsaktion haben solche Geschehnisse nicht unmittelbar zu tun. Sie zeigen aber, mit welcher Verrohung der griechische Staat inzwischen auf Menschennot reagiert. Und „Gegenstand“ dieser Verrohung ist auch die eigene – verarmte und verelendete – Bevölkerung in Griechenland. Noch einmal: das untere Bevölkerungsdrittel jedenfalls. Und „beschweigen“ werden wir, den Menschenrechten verpflichtet, grenzenlos, auch solches Agieren der griechischen Machthaber nicht. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass es nahezu alle EU-Staaten sind, inklusive ihrer Mainstream-Medien, die Staatsverbrechen dieser Art zu „beschweigen“ pflegen. Die Schande Griechenlands ist Europas Schande zugleich. Und wir werden das aussprechen, solange es uns gibt!

Ja, ich weiß: keinerlei gute Nachrichten heute in meinem Bericht! Aber soll ich gute Nachrichten erfinden, damit es auch wieder besser wird mit unserer Hilfsaktion?

Das kann oder darf unser Weg doch nicht sein. Oder irren wir uns da?

Ein weiteres Mal also mein Hilfsappell an Euch, unsere Menschenhilfe in Griechenland mit Geld zu unterstützen. Hier, wie immer, alle erforderlichen Angaben dazu:

Wer uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“ auf das Konto:

IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21GOE
Inhaber: IHW

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an unseren Kassenwart Henry Royeck, entweder unter der Postanschrift Sültebecksbreite 14, 37075 Göttingen, oder unter der Mailadresse henryroyeck@web.de.

Mit herzlichen Grüßen
Euer Holdger Platta

Anzeigen von 3 Kommentaren
  • Hope
    Antworten
    Lauterbach sollte sich am Karfreitag die Passion Christi in seiner Ausgangssperre anschauen.

    Wahrscheinlich hätte er Jesus diesseits in der Nacht auch wieder ans Kreuz genagelt wenn er gegen die Ausgangssperre verstoßen hätte. Karfreitag ist das höchste Fest der Christen. Aber wahrscheinlich weis das dieser Laute noch nicht einmal.

    https://www.zeit.de/news/2021-03/31/lauterbach-lobt-ausgangssperre-in-hamburg?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.startpage.com%2F

    Mein Bauchgefühl sagt mir, dass hier die Spenden da ankommen, wo sie gebraucht werden.

  • Volker
    Antworten
    Ja, alles Scheiße, ich weiß das und kann es nachvollziehen. Menschen wie ihr, die es sogar ehrlich meinen, sind halt keine dominierende Organisation wie Campact mit kapitalistischen Strukturen gleich einem Konzern. Campact simuliert das, was Autokonzerne auch tun, produziert zwar keine Autos, deren Geschäft gründet auf Vertrauen der Masse. Und die Masse denkt: ach wie schön, die haben’s drauf, und morgen alles besser.
    Für Gehirnwäsche zahlt man gerne, Nachdenken kostet Zeit, und überhaupt fein raus. Aggressive Kundenwerbung eingeschlossen, jeder kleine Drücker würde vor Neid erblassen. Nur mal so als Vergleich, euer Verein ist nun mal kein Konstrukt irgendwelcher Machtinteressen – eure Mitmenschlichkeit finanziert sich aus Überzeugung heraus, immer am Limit und nicht wissend wie es weitergeht.
    Mein Respekt gilt euch allen sowie denjenigen, die euch finanziell unterstützen, ist allerdings auch keine Lösung. Nebenbei gefragt: HdS verlinkt u.a. Artikel der NachDenkSeiten, frage mich schon lange, warum Müller und Andere es nicht wichtig finden, eure Griechenlandhilfe wenigstens mal zu erwähnen, oder gibt es irgendwelche Probleme anderer Art, an Vernetzungsproblemen kann’s wohl nicht liegen. Fragezeichen.

    Zuletzt noch, man möge mir diesen Vergleich nachsehen: Griechenland wird als Testlabor einschneidender Veränderungen missbraucht, in dem der Wert eines Menschen mit dem Wert einer Elon Musk-Fabrik verglichen wird, oder mit dem Wert einer Bombe. Wieviel Hartz IV-Sätze kostet eine einzige Bombe, und so weiter…

    Gruß von Volker, der sich gute Nachrichten schon erträumt, da nicht vorhanden – wenigstens dies noch.

  • Peter+Boettel
    Antworten
    Hinweis auf einen guten Beitrag im Blog der Republik, wonach Deutschland den Hohenzollern zwar eine Entschädigung (für was eigentlich? die haben doch immer noch genug) zahlen will, aber den Griechen die Reparationen für die Verbrechen der Nazis verweigert.

    Ein entsprechender Antrag ist im Bundestag abgelehnt worden.

    https://www.blog-der-republik.de/den-hohenzollern-ja-nicht-aber-den-griechen-reparationen-fuer-nazi-verbrechen-und-besatzung/

     

Schreibe einen Kommentar zu Volker Antworten abbrechen

Beginnen Sie mit der Eingabe und drücken Sie Enter, um zu suchen