Von Kühen und Kojoten
Seit den Fabeln Jean de La Fontaines wissen wir: Wenn bestimmte Autorinnen und Autoren über Tiere schreiben, sind eigentlich Menschen gemeint. Eine kleine Geschichte zum Mitdenken. Susanne Alpers
Die Herde steht im Pferch. Die meisten stehen eng beieinander, die Wärme der Anderen beruhigt sie. Es ist immer Heu in der Raufe. Das Gatter im Blickfeld verheißt Schutz und Grenze.
Draußen sind die Kojoten. Sie laufen frei herum, sie gehen ihre eigenen Wege. Sie sind räudig. Sie stellen eine Gefahr dar für die Kühe im Pferch.
Manche Kühe trotten zum Gatter. Es ist eng in der Herde und der Mist steht hoch. Sie wollen sich nur mal die Beine vertreten und schauen nach draußen. Sie sehen die Kojoten an. Manche fürchten sie, manche nicht.
Aber die Herde ruft. Zuerst vereinzelt, dann zunehmend ungeduldiger. Alle müssen zusammen bleiben. Sonst sind sie verloren.
Die Kojoten sind unter Beschuss. Eigentlich darf es sie gar nicht mehr geben. Verzichtbare Parasiten. Sie bewegen sich, wie sie wollen. Irrational. Sie bringen Unordnung. Entweder sie werden Teil der Herde oder sie müssen weg.
Wenn ich in Gedanken über diese Landschaft fliege, höre ich das ängstliche Muhen der Einen und das einsame Kläffen der Anderen in der Nacht.
Ich frage ich mich: wer hat mehr Würde?
Mit freundlichen Grüssen von einer „räudigen Kojotin“,
Susanne Alpers
Dann gehen sie aus dem Gatter wieder heraus und werden zu Goldhamstern. Oder Kojoten. Und schimpfen auf die anderen Kühe im Gatter.
Das nennt man fehlende Selbstreflektion. Oder den Balken im eigenen Auge nicht sehen wollen, oder ganz einfach die Wahrheit über das menschliche Wesen, das sich wechselnden Umständen anzupassen vermag.
Menschen machen ihre Erfahrungen. Die Erfahrungen, die wir zur Zeit machen dürfen, grenzen schon sehr an Schildbürgergeschichten. Absurd. Irrational.
Alles erscheint wie ein großes Spiel, dessen Ausgang wohl noch immer in den Sternen steht.
Und das wiederum macht, dass man die Hoffnung nicht verliert.
(Warum bestehen manche Menschen so auf ihrem Kojotentum? Wahrscheinlich geht es da um die Freiheit, das eigene Wesen ausdrücken zu dürfen, wie es ist, sich keine Vorschriften machen zu lassen.
Verstehe ich auch. An jeder Ecke steht heute irgendwer und möchte seine Vorschriften durchsetzen.
Der Ehemann, die Ehefrau, der Schnelltest-Corona-Tester, usw.usf.
Das Gute an dieser Situation ist, dass man auch gut projizieren kann – wenn ich gegen meine Ehefrau keine Chance habe, dann wettere ich eben gegen … den Politiker und jene Politikerin…. es stehen genug zur Auswahl.
Das Problem hinter dem Corona-Problem ist eigentlich: Wie gebe ich meinem Leben einen Sinn? Was ist der Sinn meines Lebens? Wofür möchte ich meine Energie einsetzen?
Meiner Meinung nach geht es dabei immer auch um eine Horizonterweiterung, um ein erweitertes Erfassen. Allerdings braucht das eben auch intakte Wurzeln. Das Schlimmste, was man einem Menschen antun kann, ist seine Wurzeln zu kappen. Dann hat man ein gefügiges Wesen, denn bevor der Mensch eingeht, dann entscheidet er sich doch eher für Gefügigkeit.
Nun könnte man den Menschen, die manche als Kühe bezeichnen, unterstellen, dass sie solche wurzelgekappten Geschöpfe sind. Aber vielleicht sind sie auch ganz einfach von ihrer inneren Veranlagung her sanftmütige Geschöpfe, die in Ruhr und Gemeinschaft grasen und niemanden etwas zuleide tun wollen.
Und die Kojoten sind Menschen, die halt ihre Einsamkeit und ihr ráuhes und ungefiltertes Leben brauchen und vermissen.
Warum soll es keinen Platz auf dieser Erde für beide und alle anderen „Menscharten“ geben?
Wahrscheinlich wird munter weiter getestet werden, und nichts wird das aufhalten … auch wenn man sich immer wieder fragt, wie es bloß dazu kommen konnte.
Ich denke, dass es bei vielen Menschen auch darum geht, ihre angeborenen Instinkte ausleben zu können. Was wird aus der Menschheit, wenn das ausreichend geschehen ist? Dann herrscht so etwas, wie ein Gleichgewicht, und Harmonie kann sich einstellen. Und daraus kann Freude erwachsen und Zufriedenheit, Kraft kann geschöpft werden, für neue Projekte.