Wird am kommenden Sonntag in Griechenland die linke Niederlage perfekt?
29. Bericht zu „Patenschaft für Panagiota“. Mir selber fiel das Verfassen des heutigen Berichtes nicht leicht. Nach allem, was ich weiß, scheint Griechenland übermorgen mit einem miserablen Wahlergebnis rechnen zu müssen. Und auch von unserer Hilfsaktion ist nichts mitzuteilen, was als erfreulich zu bezeichnen wäre. Umso entschiedener bitte ich um Lektüre dieses Berichts – und um Wiederaufnahme der Hilfe für unsere Hilfsaktion. Holdger Platta
Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,
übermorgen, am Sonntag, den 25. Juni, findet der zweite Wahlgang in Griechenland statt. Die Nachrichten, über die ich derzeit verfüge, klingen mehr als besorgniserregend.
Zu befürchten ist, dass der Chef der „Nea Dimokratia“ (ND), Kyriakos Mitsotakis, auch am kommenden Sonntag als Sieger aus den Wahlen hervorgehen wird. Wenn das der Fall sein sollte, wird es in Griechenland keine wesentlichen Änderungen geben. Die Politik im Interesse der Reichen und Superreichen wird dann fortgesetzt; eine Politik zugunsten der anderen Wählerinnen und Wähler ist nicht zu erwarten. Zwar setzte Mitsotakis in den letzten Wochen vor allem auf eine Propaganda, die bei den Unterprivilegierten und Armen und Verelendeten um Stimmen warb. Die Löhne sollen angeblich angehoben werden (was ist mit den Arbeitslosen?), angeblich soll Steuerhinterziehung bekämpft werden. Aber letzteres dürfte die GriechInnen ganz unten womöglich weniger interessieren. Und was die Lohnerhöhungen betrifft, ist vor allem zu fragen, wie hoch diese ausfallen sollen. Selbst „Lohnerhöhung“ unterhalb der Inflationsrate in Griechenland kann ja als Lohnerhöhung verkauft werden, aber sie stellte nicht einmal eine Lohnanpassung an die Teuerungsrate dar, wäre also, was den Realwert (ungleich Nominalwert!) betrifft, Lohnsenkung und keinesfalls Verbesserung des Lebensstandards in Griechenland.
Folgerichtig deshalb – so viele Forscher und Demoskopen: noch weniger Menschen als beim ersten Wahlgang (= 61,10 Prozent) werden vermutlich zur Wahl gehen. Der Trend zur Enthaltung wird also noch stärker zutage treten als am letzten Wahltag. Und nicht auszuschließen ist, dass es im August noch einen dritten Wahlgang geben wird, weil auch dieses Mal keine solide Mehrheit für den/die Sieger zustande kommt. Bis dahin aber gäbe es nur ein Verwalten der Probleme in Griechenland, Verbesserungen dürften bis zum Sommerende in Griechenland keinesfalls zu erwarten sein.
Ebenso düster sieht es nach wie vor auch für die SYRIZA aus – und uns darf es nicht verwundern, dass es so ist. Wenn ich lesen muss, dass Alexis Tsipras, noch der Spitzenmann seiner Partei, allen Ernstes für seine Regierungszeit von 2015 bis 2019 reklamiert, eine „humanitäre Krise, soziale Ungleichheiten und die Kinderarmut bekämpft“ zu haben, weiß man eigentlich nicht, für wie gedächtnislos oder blöde diese angeblich „Radikale Linke“ die Menschen in Griechenland hält. Noch jedem Griechen und jeder Griechin, die einstmals auf SYRIZA setzten, ist in Erinnerung, dass diese Partei, nach einem guten Anfang, seit dem Herbst des Jahres 2015 lediglich noch das genaue Gegenteil in Griechenland durchgesetzt hat – im Selbstverrat an den eigenen Ziele zuvor.
SYRIZA beugte sich den inhumanen Forderungen von Troika und EU und sorgte für Senkung der Löhne, Renten und Hilfen im Sozialbereich, und ebendieselbe SYRIZA erhöhte gleichzeitig jene Steuern, von denen noch jeder Mensch in Griechenland betroffen war und ist, die indirekten Steuern nämlich bzw. die Mehrwertsteuer. Und ebendieselbe SYRIZA weitete diese Steuerbelastungen auch noch aus auf Dienstleistungen und Warenbereiche, die vorher von dieser Steuer nicht betroffen waren. Konkret: die Mehrwertsteuer wurde angehoben von 13 auf 24 Prozent, auch Warengruppen, die zum Beispiel der Kindernahrung dienten, wurden mit dieser Steuer erstmalig belegt. Was bedeutet: die SYRIZA, mit Tsipras an der Spitze, verschärfte damit die materielle Krisensituation für Millionen von Menschen in Griechenland noch. Ich jedenfalls bin fassungslos, mit welchen Unwahrheiten Tsipras verarmte und verelendete WählerInnen in Griechenland für seine Partei zurückgewinnen will. Meine persönliche Prognose deshalb:
Die SYRIZA wird mit einem weiteren Stimmenrückgang rechnen müssen, es wird keine 20 mehr vor dem Komma stehen, sondern eher eine 18 oder eine noch niedrigere Zahl. Wobei ich an dieser Stelle anfügen möchte: wen das an eine gewisse SPD in Deutschland erinnern sollte, die seit Hartz-IV nahezu die Hälfte aller vorherigen WählerInnen verlor und die Hälfte der vorherigen Mitglieder, der dürfte gar nicht so Unrecht haben mit seiner Assoziation.
Abschließend zu den Wahlen noch:
Jawohl, es ist durchaus möglich, dass die „alte“ sozialdemokratische Partei in Griechenland, die PASOK, gegenüber ihrem Wahlergebnis vom 21. Mai zulegen wird. Und gleiches gilt für die kommunistisch-leninistische Partei, die KKE. Aber diese Zugewinne werden die Verluste der SYRIZA nicht ausgleichen können, und vor allem werden sie eines nicht zustande bringen: eine – zumindest rein arithmetrische – Mehrheit all dieser drei Parteien (SYRIZA, PASOK, KKE) gegenüber der ND, gegenüber den Ultrakonservativen unter der Fuchtel des Herrn Mitsotakis. Griechenlands Verarmten und Verelendeten – hinzukommen viele mit betroffene GriechInnen aus dem Mittelstand – stehen also noch schlimmere Zeiten bevor als vor den Wahlen zu einem neuen Parlament.
Nun, wir werden sehen, nach dem kommenden Sonntag bereits, was allzu viel Schwarzseherei bei mir war und was nicht. Liebend gerne würde ich mich in den nächsten Tagen widerlegt sehen mit meiner negativen Prognose!
Wer heute, ein weiteres Mal, einen Bericht von mir über die von uns betreuten Menschen vermisst, über Panagiota mit ihren Töchtern, über Dionysis und die verarmten Familien auf Andros, der darf auf mein volles Verständnis zählen. Auch ich bin unglücklich darüber, mit neuen Informationen zu ihnen allen nicht aufwarten zu können. Hinzukommt: nicht auszuschließen ist, dass diese Informationslücke, die nunmehr ja schon seit Wochen besteht, mit dazu beigetragen hat, dass während der letzten Woche kein einziger Cent, kein einziger Euro für unsere Hilfsaktionen bei uns eingegangen ist. Lediglich HdS, unsere Website, wurde von fünf SpenderInnen mit neuer Unterstützung bedacht, in der Höhe von 42,50 Euro (Stand auf dem Konto dort, am heutigen Tag: 1.584,13 Euro). Heute also Dank, sehr, sehr herzlicher Dank, nur in diese Richtung hin! Es kann nur besser werden.
Ansonsten bleibt mir heute nur die Möglichkeit noch, ein weiteres Mal um Eure Hilfe zu bitten, an Eure humane Beharrlichkeit zu appellieren und um Nachsicht zu ersuchen, was die erwähnte Informationslücke betrifft. In diesem Sinne also:
Wer von Euch uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „Panagiota“ auf das Konto:
IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21 GOE
Inhaber: IHW
Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an Volker Töbel, entweder unter der Postanschrift Tewaagstraße 12, 44141 Dortmund, oder unter der Mailadresse vtoebel@web.de.
Mit herzlichen Grüßen
Euer Holdger Platta