Wird Tsipras endgültig abgewählt?

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

Alexia Tsipras

27. Bericht zu “Patenschaft für Panagiota” Auch ich, der Berichterstatter, sitzt heute – ausnahmsweise mal – auf dem Trockenen. Wichtige Informationen für mich und für Euch blieben in dieser Woche aus. Trotzdem, so meine ich, ist der folgende Text alles andere als ein “trockener” Bericht. Aber lest selbst! Holdger Platta

 

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

mal vorweg: Donnerstag ist seit einiger Zeit wieder mein Schreibtag für den jeweils neuesten Bericht über unsere Hilfsaktionen in Griechenland. Aber was tun, wenn man fast mit leeren Händen dasteht, was neue Informationen für einen solchen Bericht betrifft?

Es muss wohl einiges dazwischengekommen sein (Gründe dafür mir unbekannt): Weder liegen mir am heutigen Tag die neuesten Spendenzahlen vor, noch vermag ich irgendwas Neues zu berichten über die Hilfsbedürftigen, die wir in Griechenland unterstützen. Zu letzterem: ich selber bin nicht ganz von Unbehagen frei, dass ich während der letzten Wochen nur imstande war, über die generellen Tendenzen und sogenannt-großen Geschehnisse in Griechenland zu berichten: über die Wahlen also, über Wahlprogramme und soziale wie ökonomische Verhältnisse in Griechenland insgesamt. Lediglich über Panagiota konnte ich vor einigen Wochen mitteilen, dass es ihr zur Zeit wohl besser geht – vor allem wohl seelisch. Aber sonst?

Zu meinem großen Bedauern sehe ich mich also auch heute beschränkt auf die Möglichkeit, ausschließlich über die Nachwahl- und Vorwahlquerelen in Griechenland das eine oder andere mitzuteilen. Nun, dazu heute die folgenden Informationen:

Bis zum Nachwahltag am 25. Juni dieses Jahres hat erstmal der bisherige Präsident am griechischen Rechnungshof, ein Ioannis Sarmas, die Amtsgeschäfte der Regierung in Athen übernommen. Wenn er sich an die rechtlich-politischen Vorgaben hält, wird er sich auf reine Verwaltungsaufgaben beschränken. Eigene politische – womöglich sogar neue politische – Akzente setzen darf er nicht.

Allgemein scheint in Griechenland die Auffassung vorherrschend zu sein, dass Kyriakos Mitsotakis die Nachwahlen mit noch deutlicherem Ergebnis gewinnen wird. Manche sprechen sogar schon von einer Drei-Fünftel-Mehrheit für ihn. Was bedeuten würde: die ultrakonservative neue Regierung der “Nea Dimokratia” (ND) wird über die Möglichkeit verfügen, sogar Verfassungsänderungen beschließen zu können.

Dem Hauptgegner des bisherigen ND-Regierungs-Chefs, Alexis Tsipras, sagt man hingegen einen Kampf ums politische Überleben voraus. Er, der mit seiner Partei, der SYRIZA, bereits bei den vergangenen Parlamentswahlen am 21. Mai weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz landete – mit 20 Prozent, die ND bekam mehr als das Doppelte der Stimmen, knapp 41 Prozent –, Tsipras muss diesen Einschätzungen zufolge  mit weiteren Einbußen rechnen. Dieser Politiker, der mit seiner “Radikalen Linken” im Jahr 2015 einmal angetreten war, Griechenland vor der “Austeritätspolitik” zu retten, vor Gehalts-, Renten-, Sozialhilfekürzungen, vor Ausweitung und Anhebung der Mehrwertsteuer sowie anderem mehr, kurz: vor der Verelendung des eigenen Volkes, dieser Alexis Tsipras mit seiner SYRIZA hatte – anders als Portugal mit seiner Regierung (siehe im letzten Bericht von mir!) – im Jahre 2015 dann aufs nachhaltigste die Interessen der kleinen Leute in Griechenland verraten – und dieses Wählerpotential von weit mehr als einem guten Drittel der Gesamtbevölkerung scheint dieses Einknicken bis heute nicht vergessen zu haben.

Zwar tritt Tsipras auch in diesen Tagen wieder mit den alten sozialen und ökonomischen Forderungen auf – etwas, das der bundesdeutsche Kommentator Gerd Höhler als “dogmatische Totalopposition” bezeichnet (blanker ideologischer Unsinn!) –, aber wer soll Tsipras dieses Bekenntnis noch glauben? Besonders lachhaft in diesem Zusammenhang:

Tsipras hatte vor dem letzten Wahltag, vor dem 21. Mai, bei den griechischen Wählerinnen und Wählern mit der Tatsache zu punkten versucht, dass ihm ein Olaf Scholz, unser aller Bundeskanzler, in Berlin zu einem Gespräch empfangen hatte. Wie bitte? – Dieser angepasste Sozialdemokrat mit dem Charisma einer Aktentasche sollte Tsipras aus der Patsche helfen? Vielleicht zieht der SYRIZA-Chef jetzt ja auch noch Marie-Agnes Strack-Zimmermann aus der Tasche, die stählern ondulierte Dame von der FDP bzw. von Rheinmetall, und setzt auf deren Wahlkampfunterstützung? Besitzt Tsipras keine kompetenten BeraterInnen mehr?

Entscheidend, aus meiner Sicht, bleibt: mit Sicherheit wird ein weiteres Mal der ultrakonservative Mitsotakis von einer  niedrigen Wahlbeteiligung profitieren können. Die verarmten WählerInnen, die linken WählerInnen, die basisdemokratischen WählerInnen haben in Griechenland resigniert oder zumindest de facto dieser Demokratie den Rücken gekehrt. Man sollte froh sein, dass diese Menschen, vor allem die Abgesürzten unter ihnen,  nicht gleich überlaufen zu Parteien, die rechts von  der “Nea Dimokratia” angesiedelt sind. Denn in diesem Fall könnte man endgültig sagen: Weimar lässt grüßen! So jedenfalls ging die erste Demokratie auf deutschem Boden zugrunde, spätestens ab 1930, ab den Reichtstagswahlen vom 14. September dieses Jahres, als die NSDAP 18,3 Prozent aller Stimmen für sich verbuchen konnte – ebendieselbe NSDAP, die gerademal gut zwei Jahre davor, am 20. Mai 1928, bei den Reichtstagswahlen noch eine kaum ernstgenommene Splitterpartei war, mit gerademal 2,6 Prozent aller abgegebenen gültigen Stimmen. Kurz also:

Wer glaubt – Tsipras scheint diesem Irrtum total aufgesessen zu sein –, einen entschiedenen, klaren, eindeutigen Wahlkampf gegen Verelendung und Armut im eigenen Land führen zu können, indem er auf Wahlkampfhilfe eines Olaf Scholz setzt, dem scheint wirklich nicht mehr zu helfen zu sein. Der lässt sich vielleicht in den verbliebenen zwei Wochen sogar weiterreichen durch die Massenmedien mit der These, die einst Michael Sommer, im Jahre 2005, mit Beginn der “Agenda 2010”, bei zig Talkshows und Interviews von sich gab: Hartz-IV sei “Schutz vor Armut”, so wörtlich, Hartz-IV garantiere das “menschenwürdige Existenzminimum”. Noch jeder von diesen “Garantien” Betroffene unter Euch weiß, was von diesem Gerede des damaligen DGB-Chefs zu halten war und zu halten ist. Diese Betroffenen unter Euch müssen nur – wie viele Griechen und GriechInnen auch – in ihren Kühlschrank schauen oder in ihr Portemonnaie, dann wissen sie, was “Schutz vor Armut” ist, was ein “menschenwürdiges Existenzminimum” ist und vor allem: was politische Verlogenheit ist.

Um so bemerkenswerter, dass es gerade so manche Hartz-Vierer sind, die unsere Hilfsaktionen in Griechenland unermüdlich unterstützt haben und auch weiter unterstützen werden! Ihnen deshalb heute einmal mein ganz besonderer Dank – in Ermangelung der Tatsache, dass ich in dieser Woche anderen (?) SpenderInnen nicht zu danken vermag! Vielleicht sind sie für alle anderen unter uns ein Ansporn sogar , diese Hilfsaktion weiter zu unterstützen mit Zuspruch und Geld – auch wenn bei uns OrganisatorInnen, ganz menschlicherweise, nicht immer alles klappt. Also:

Wer von Euch uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „Panagiota“ auf das Konto:

IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21 GOE
Inhaber: IHW

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an Volker Töbel, entweder unter der Postanschrift Tewaagstraße 12, 44141 Dortmund, oder unter der Mailadresse vtoebel@web.de.

Mit herzlichen Grüßen
Euer Holdger Platta

 

 

 

 

 

 

 

 

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