…zefix-Hallelujah!
Große Aufregung über den jüngsten Erlass der bayerischen Staatsregierung, in allen staatlichen Einrichtungen den Eingangsbereich mit einem Bekenntnis zur Identität und zur kulturellen Prägung Bayerns zu schmücken. Bei der Wahl des identitätsstiftenden Symbols soll es allerdings zu erheblichen CSU-internen Auseinandersetzungen gekommen sein… Autor Egon W. Kreutzer ist schon wegen seines Namens tief betroffen vom bayerischen Kreuzgebot. Eine satirische Betrachtung, deren Verständnis Grundkenntnisse bayerischer Sprache erfordert. (Egon W. Kreutzer, egon-w-kreutzer.de)
Die einen meinten, ein Maßkrug verkörpere Bayern und seine Kultur wie nichts anderes, während andere meinten, ein wohlgefülltes Dirndl sei da viel eher Symbol bayrisch-barocker Lebensart. Wieder andere erinnerten an den Schmied von Kochel und wollten, auch wegen des Schutzes der Grenzen, ein Bündel Speere an die Wände der bayerischen Ämter und Behörden hängen, was allerdings gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen hätte. Den Schweinsbraten mit Knödeln, der von vielen favorisiert wurde, konnte man allerdings auch schlecht wählen, weil zu der Frage, wie der zugehörige und unverzichtbare appetitanregende Duft dauerhaft in den Eingangsbereichen gehalten werden könne, keine preiswerte Lösung gefunden wurde. Vom bayerischen Norden her wurde mit Donnergetöse erklärt, auch Franken gehöre zu – und sei letztlich – Bayern, jedoch sowieso unterrepräsentiert, sähe man von der transienten Zwischenlösung Söder einmal ab, weshalb ein fränkischer Bocksbeutel besser als alles andere nicht nur die Kultur, sondern auch deren Vielfalt im Freistaat zum Ausdruck bringen könnte.
Bevor sich die wackeren Christsozialen im Eifer jedoch die Köpfe einschlagen konnten, was bei dem Vorschlag, doch Laptop und Lederhose irgendwie zum Symbol zu machen, fast geschehen wäre, weil hier wiederum die einen nur für den Laptop, die anderen nur für die Lederhose, aber niemand für beides plädierte, und die ganz hippen Jungchristen das Smartphone statt des Laptops favorisierten und sich nicht überzeugen ließen, dass es nun wirklich nichts gäbe, was weniger typisch bayrisch sei, wo doch jede Flüchtlingin heutzutage typischerweise an Kopftuch und Smartphone zu erkennen sei.
Beim Stichwort „Kopftuch“ setzte urplötzlich angestrengtes Nachdenken ein. Da war doch was. Kopftuch. Symbol. Religion. Unterdrückung. Immer noch nicht verboten. Herrschaftszeiten! Zefix-Halleluja!
Ein Bayer, wie er im Bilderbuche steht, aus dem Bayerischen Walde gebürtig und des Um-die-Ecke-Denkens mächtig, also einer, von dem die anderen anerkennend sagen: „A Hund isser scho!“, wuchtete sich vom harten Stuhle hoch, brüllte: „Ruhe!!, A Ruah is!“ und legte seinen Plan dar. Hier vorsichtshalber in hochdeutscher Übersetzung und indirekter Rede, sowie von Kraftausdrücken befreit, auszugsweise wiedergegeben:
Es habe sich als unmöglich herausgestellt, gegen die Übermacht jener (Kraftausdruck, unübersetzbar) ein vollständiges Verbot islamischer Verhüllungsbekleidung durchzusetzen. Aber – und da nahm er tiefen Zug aus seiner Maß – er sähe einen Weg, wie man dieses Verbot „über die Bande“ (vermutlich meinte er Bande im Sinne von krimineller Vereinigung) doch noch verhängen könne. Ausgefuchst müsse man vorgehen. Ein eigenes „Kopftuch“ präsentieren. Unübersehbar. Überall. Und alle Assoziationen, die von den Widersachern, den linksgrün-(Kraftausdruck, gestrichen) als Gegenargumente vorgetragen würden, müsse man von vorherein vehement bestreiten.
Nehmen wir das christliche Kreuz, fuhr er fort. Hängen wir Kreuze auf, wo immer es uns möglich ist, und behaupten, säkularisiert, wie Bayern nun einmal ist, das habe mit Religion überhaupt nichts zu tun, es sei ein Zeichen der Zustimmung, der Zugehörigkeit, des Zusammenhalts, ein Symbol für das „Mia san mia!“. Und das könne man schlussendlich auch beweisen: Das Kreuz, das immer wieder millionenfach von den Bayern in jenen Kreis gemalt wird, neben dem „CSU“ geschrieben steht, dieses Kreuz, mit dem die Bayern immer wieder ihre Einheit und ihre Eigenheit bezeugen, das kommt überall hin, wo es nur möglicht ist.
Ein Münchner preußischer Abstammung und von Adel, bis vor kurzem noch der SPD zugehörig, aus Opportunitätsgründen jedoch zur CSU konvertiert, warf ein: „Unmöglich, das nehmen die uns nie ab. Die werden wie die Berserker wüten, bis die Kreuze alle wieder abgehängt sind. Ich kenne meine Pappenheimer, also meine Ex-Genossen und deren Genossen und deren Genossen, bis hin zu den verbündeten Antifanten! Das wird nix! Das ist, wie es hier so schön heißt: a Schmarrn!“
„Bravo!“, rief da der Waldler, und führte seinen Plan weiter aus.
Natürlich habe er genau damit gerechnet, und es käme ihm ja auch gar nicht auf die Kreuze an den Wänden an. Es ginge doch immer noch um die Tücher auf den Köpfen. Aber, und dabei reckte er sich zu furchteinflößender (er stammt von den Flößern ab) voller niederbayerisch-oberpfälzischer Größe, mit diesem Aufstand gegen die Kreuze würden die Kopftuchverteidiger in ihrem Eifer genau jene Argumente selbst liefern, die sich dann ebenso und unwiderlegbar auf die Verhüllungskleidung anwenden ließen.
Da ging dem Söder ein Licht auf. Die Franken sind ja bekanntlich nach den Waldlern die schnellsten Denker im Freistaat.
„So werds g’machd. Des macha mer. Brima! Weil erschtens: Wenn dee die Kruzifixn verbiedn, verbiedn mir – zweitens – die Kopftüchla! Und dadagechn könna die – drittens – nachad nix mehr vortrachen.“
Und so kam es zu dem Beschluss, in allen öffentlichen Häusern, die dem bayerischen Staate unterstehen, jeweils zwei, im 90-Grad-Winkel zueinander angeordnete und fest verbundene Bretter an die Wand zu hängen. Als ein Symbol bayerischer Hinterfotzigkeit, und keineswegs mit ähnlich gestalteten, überkommenen religiösen Symbolen zu verwechseln.
Ja, Bayern!
Wo die Politik solche Blüten treibt, da muss wahrlich der Vorgarten des Paradieses sein.