Der Kommunismus, der aus der Kälte kam
Vor 100 Jahren siegte die Russische Revolution[1] In der Nacht zum 25. Oktober 1917, nach dem neuen Kalender zum 7. November, stürmten revolutionäre Soldaten und Rote Garden der Bolschewiki den Winterpalast in Petrograd, in dem die Provisorische Regierung vor sich hin agonisierte. Der eigentliche Machtwechsel verlief recht unspektakulär und ohne großes Blutvergießen. Man sagt, es seien bei den Dreharbeiten zu Eisensteins großem Film Oktober zum 10. Jahrestag der Revolution mehr Menschen verletzt worden, als beim Sturm auf den Winterpalast im November 1917. Die meisten Bewohner Petrograds und erst recht die des riesigen Russischen Reiches bekamen davon nichts mit und erfuhren erst später aus Zeitungen und durch mündliche Erzählungen von diesem Ereignis, das die Welt erschüttern und in Atem halten sollte. (Götz Eisenberg)
„Wo gehobelt wird, da fallen Späne: Dieser Spruch war bei den Erbauern des Sozialismus sehr beliebt. Doch was, wenn man am Ende den Hobel weglegte und sah, dass auf dem ganzen Holzplatz nichts als Späne lagen?“
(Julian Barnes)
Im Sommer 1920 reiste der deutsche Anarchist Augustin Souchy nach Moskau, um am zweiten Kongress der Kommunistischen Internationale teilzunehmen, die die Bolschewiki im Frühjahr 1919 ins Leben gerufen hatten. In seinen Erinnerungen, die unter dem Titel „Vorsicht: Anarchist!“ erschienen sind, schrieb er: „Ähnlich wie die große Französische Revolution am Ausgang des 18. Jahrhunderts war die Russische Revolution das welterschütternde Ereignis im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Sie war die große Passion, die uns alle mitriss. Im Osten ging, so glaubten wir, die Sonne der Freiheit auf. Wir hofften, dass sich die Prophezeiungen der sozialistischen Ideologen und Theoretiker des 19. Jahrhunderts erfüllen würden. (…) Mit Begeisterung setzten wir uns für die Verteidigung des Landes ein, das als erstes die Fahne der sozialen Revolution entfaltet hatte.“
Souchy sah sich um im Land und führte viele Gespräche mit Genossinnen und Genossen. Bei einer Audienz bei Lenin wagte er es, nach dem Schicksal inhaftierter Anarchisten zu fragen, und Lenin kanzelte ihn mit der Bemerkung ab, die siegreiche Revolution dürfe im Umgang mit ihren Gegnern nicht zimperlich sein. Nach einem Besuch bei Peter Kropotkin, einem der Väter des Anarchismus, verließ Souchy ernüchtert und enttäuscht das Land seiner Sehnsucht. Was war geschehen, woher rührt diese Enttäuschung? Die alte Goethesche Frage, warum aus liebenswürdigen Kindern später so häufig unausstehliche Erwachsene werden, müssen wir uns auch angesichts von Revolutionen stellen: Warum gehen aus vielversprechenden und lebendigen Anfängen derart sklerotische Gebilde und grausame Diktaturen hervor?
Eine Stadt in Aufruhr
Entgegen einer weitverbreiteten Annahme war die Oktoberrevolution keineswegs das Werk und das Monopol der Bolschewiki, sondern das Resultat einer mächtigen und weitgehend spontanen Massenbewegung. Diese hatte im Februar 1917 begonnen und zur Abdankung des Zaren geführt. Bauern, Soldaten und Arbeiter waren kriegsmüde, litten Hunger und sehnten sich nach Frieden, der Abschaffung der Autokratie und der Grundherrschaft. Auch das wird vielfach vergessen: Die Februarrevolution begann in Petrograd am Weltfrauentag mit einer Demonstration der Frauen, die gegen die Lebensmittelknappheit protestierten. Arbeiter und Arbeiterinnen der Putilov-Werke schlossen sich an, die mit ihrer Arbeitssituation unzufrieden waren und Arbeiterkontrolle forderten. Die Stadt kam ab jetzt nicht mehr zur Ruhe. Massendemonstrationen waren an der Tagesordnung und wurden von Tag zu Tag größer. Die Bewegung schuf sich ihre eigenen Organisationsformen in Gestalt der Sowjets, der Räte, die es bereits in der gescheiterten Revolution von 1905 gegeben hatte.
Die Idee lebte im Untergrund und im kollektiven Gedächtnis weiter und wurde nun in der Hitze der Kämpfe gleichsam wieder aufgetaut und neu belebt. Teile der Armee liefen zu den Demonstranten über. Nach der Abdankung des Zaren wurde eine provisorische Regierung gebildet, die die Interessen der liberalen Bourgeoisie vertrat und Russland in eine bürgerliche Demokratie verwandeln wollte. Da sie den Krieg weiterführte und auch sonst keine spürbare Verbesserung der Lebenssituation der Massen zustande brachte, brodelte es in der Bevölkerung weiter, die sich zunehmend radikalisierte. Es kam zu einer Art Doppelherrschaft: auf der einen Seite die provisorische Regierung unter Führung des gemäßigten Sozialdemokraten Kerenski, der mehr oder weniger hilflos herumlavierte, auf der anderen die Sowjets der Arbeiter, Bauern und Soldaten, die darauf drängten, den Krieg zu beenden, das Land unter den Bauern aufzuteilen und die Produktion der Kontrolle der Arbeiter zu unterstellen.
Lenin erfuhr im Züricher Exil aus der Zeitung vom Ausbruch der Revolution. Nachdem es ihm mit Hilfe des deutschen Kaiserreiches im April gelungen war, nach Petrograd zurückzukehren, erkannte er mit seinem feinen politischen Gespür die Chancen, die sich für die bis dahin relativ unbedeutende bolschewistische Partei aus diesem Schwebezustand ergaben. Obwohl er bis dahin eine eher negative Haltung zur Spontaneität eingenommen und behauptet hatte, die Arbeiter seien von sich aus unfähig, ein revolutionäres Bewusstsein hervorzubringen und bedürften dazu der Führung und Lenkung durch ausgewiesene Revolutionäre und ihre Partei, propagierte er nun unter dem Druck der Ereignisse in seinen berühmten Aprilthesen: „Alle Macht den Sowjets!“ Es gelang den Bolschewiki in den folgenden Monaten, mit einer Haltung kompromissloser Radikalität die Mehrheit der Sowjets auf ihre Seite und unter ihre Kontrolle zu bringen. Im Juli vermochte es die Provisorische Regierung noch einmal, einen von den Bolschewiki angeführten Aufstandsversuch niederzuschlagen. Der bolschewistische Teil der Russischen Sozialdemokratie wurde verboten, Trotzki wanderte ins Gefängnis und Lenin floh über die nahe finnische Grenze.
Ihren kometenhaften Wiederaufstieg nach dem Juli-Debakel haben die Bolschewiki dem gescheiterten Kornilow-Putsch Ende August zu verdanken, der sie über Nacht wieder in die Schlüsselpositionen brachte und ihnen Zugang zu Waffen verschaffte. Kerenski war, um sich und seine schwächelnde Regierung zu retten, gezwungen, die Arsenale zu öffnen und Waffen an die Arbeiter zu verteilen. Der Mobilmachung gegen die drohende Konterrevolution verdankten die Roten Garden der Bolschewiki ihre Bewaffnung, die sie beibehielten und die sie wenige Wochen später instand setzte, die Macht zu ergreifen. In der Nacht vom 25. auf den 26. Oktober, nach dem neuen Kalender dem 6./7. November, betraten Rote Garden und revolutionäre Soldaten den Winterpalast und nahmen die Mitglieder der zaudernden provisorischen Regierung fest. Die Bolschewiki übernahmen die Forderungen der Massen und erließen erste Dekrete über Frieden, Brot, Land und Räteherrschaft. Die Revolution hatte gesiegt. Allerdings kamen die Bolschewiki bei den Wahlen zur Konstituierenden Versammlung im November 1917 gerade einmal auf 23,8 Prozent der Stimmen, blieben also eine Minderheit. Um an der Macht bleiben zu können, jagten sie die Konstituante am 5./6. Januar 1918 auseinander. Im März 1918 benannten die Bolschewiki ihre Partei in Kommunistische Partei um, wobei sie sich bei dieser Namensgebung sowohl auf die Pariser Kommune aus dem Jahr 1871 als auch auf das Kommunistische Manifest von Marx und Engels bezogen.
Konterrevolution und Bürgerkrieg
Sofort nach dem Sieg der Bolschewiki traten jene Probleme in den Vordergrund, die während der Phase der revolutionären Kämpfe zweitrangig gewesen waren. Die Wirtschaft des ohnehin erst in Ansätzen industrialisierten Landes war im Laufe des Krieges fast vollständig zum Erliegen gekommen, die Anbauflächen auf dem Land waren stark geschrumpft, teilweise hatte eine Rückkehr zur Naturalwirtschaft stattgefunden. Die Versorgung der Städte mit Lebensmitteln war katastrophal. Um dem Hunger zu entgehen, flüchtete das städtische Proletariat massenhaft zurück aufs Land. Zudem versank das Land nach dem Friedensschluss von Brest-Litowsk, der mit riesigen Gebietsverlusten verbunden war, in einem jahrelangen Bürgerkrieg, der das Land weiter verwüstete und Millionen Menschen das Leben kostete. Gewalt und Terror entstellen das Antlitz der Revolution und gefährden ihre humanen Intentionen. Je gewaltförmiger der Transformationsprozess verläuft, desto größerer Anstrengungen bedarf es, um nach dem Ende der Kampfhandlungen zu menschlichen Umgangsformen zurückzukehren. Einer, der die Gewaltproblematik in der Revolution früh zu thematisieren wagte, war Isaak Steinberg, der in den ersten Monaten nach dem Oktober, als die Bolschewiki mit den linken Sozialrevolutionären zusammenarbeiteten, Justizminister war. In seinem Buch Gewalt und Terror in der Revolution schrieb er: „Das Problem der Gewaltanwendung soll im Gewissen des Revolutionärs immer gegenwärtig sein.“ Lenin und die Bolschewiki hielten solche Bedenken für Anwandlungen kleinbürgerlicher Sentimentalität. Steinberg trat nach ein paar Monaten von seinem Amt zurück, wurde 1923 des Landes verwiesen und ging nach Deutschland ins Exil.
Um sich unter den Bedingungen des Bürgerkriegs und der ausländischen Interventionen an der Macht halten zu könne, ergriffen die Bolschewiki ein ganzes Bündel von repressiven Maßnahmen, selbst wenn damit ein Abrücken von sozialistischen Prinzipien und ein Bruch mit den Zielen der Revolution verbunden war. Schon im Dezember 1917 wurde die Tscheka ins Leben gerufen, die Außerordentliche Kommission zur Bekämpfung von Konterrevolution und Sabotage. Die Tscheka entwickelte sich zu einer bolschewistischen Geheimpolizei und einem wirksamen Instrument der Ausschaltung jedweder Opposition. Trotzki verkündete sein Programm der „Militarisierung der Arbeit“, das den tiefen Bruch zwischen der zur Staatsmacht avancierten bolschewistischen Partei und den Arbeitern zum Ausdruck brachte. Die Arbeitspflicht wurde eingeführt. Wer nicht arbeitete, hatte keinerlei Rechte. Die Pflicht zur Führung eines Arbeitsbuches verwandelte die Arbeiter in Galeerensklaven. Sie sollten wie die Soldaten in Trotzkis Roter Armee „verschoben, verteilt und abkommandiert“ werden und durften den Arbeitsplatz nur mit Genehmigung von oben wechseln. Um die Industrieproduktion anzukurbeln, wurden die Ansätze von Arbeiterkontrolle zurückgenommen. Fabrikkomitees, Sowjets und Gewerkschaften hatten sich dem Obersten Volkswirtschaftsrat und seiner Planung und Lenkung zu unterwerfen. Die Bauern besaßen nach der Aufteilung des Landes kein großes Interesse an gesteigerter Produktion zur Versorgung der Städte, die als Gegenleistung kaum etwas zu bieten hatten. Im Rahmen des Kriegskommunismus griffen die Bolschewiki auf die zwangsweise Abschöpfung des bäuerlichen Mehrprodukts zurück, was die Ressentiments der Bauern gegenüber den neuen Machthabern verstärkte.
Die Verfolgung der Opposition
All diese Maßnahmen wurden mit dem Verweis auf die widrigen Umstände, unter denen die Revolution stattgefunden hatte und sich nun gegen innere und äußere Feinde zu behaupten hatte, begründet. Wie sonst sollte sich das revolutionäre Russland aus dem Würgegriff von Konterrevolution, Intervention und Sabotage befreien? Selbst die Opposition war geneigt, für die Zeit des Bürgerkriegs die Repression hinzunehmen und problematische Entwicklungen mit der schwierigen Lage zu entschuldigen. Die Bolschewiki waren auf die tatkräftige Unterstützung und Mitwirkung der zahlreichen Sozialrevolutionäre und Anarchisten im Lande angewiesen, die ihrerseits in den Bolschewiki noch immer Brüder im gemeinsamen Kampf sahen und davon ausgingen, dass man nach dem Ende des Bürgerkriegs zu dem solidarischen Miteinander zurückkehren würde, das während der Zeit des Kampfes gegen den Zarismus und die Provisorische Regierung geherrscht hatte.
Selbst die aus den USA ausgewiesene gestandene Anarchistin Emma Goldman, die Anfang 1919 im revolutionären Russland eingetroffen war, war bereit, über manche in ihren Augen problematische Entwicklung hinwegzusehen und ihren Widerstand gegen Verhaftungen und Hinrichtungen von Oppositionellen aufzuschieben. Der Anarchist Nestor Machno, der seine Massenbasis in der Ukraine besaß, kämpfte mit einer rund 15.000 Männer umfassenden Armee an der Seite der Roten Armee und bewahrte sie einige Mal vor verheerenden Niederlagen. Mit tatkräftiger Unterstützung der Machnowtschina gelang es Ende 1920, die letzten Reste der Weißen Armeen von russischem Territorium zu vertreiben.
Doch statt es Machno und den Anarchisten zu danken, begannen die Bolschewiki nach dem Sieg umgehend mit deren gnadenloser Verfolgung. Sie handelten nach der Maxime: Anarchisten kann man im revolutionären Kampf gut gebrauchen, danach muss man sich ihrer entledigen! Machnos Männer in der Ukraine wurden von den siegreichen Bolschewiki zu Kriminellen und Banditen erklärt und von der Roten Armee gnadenlos gejagt. Machno gelang es, das Land zu verlassen und er schlug sich fortan in Paris als Arbeiter durch. Dort traf er sich gelegentlich mit den spanischen Anarchisten Durruti und Ascaso und versuchte, sie in ihrem Kampf für einen freiheitlichen Kommunismus zu unterstützen, dessen Niederlage im Spanischen Bürgerkrieg nicht zuletzt auf das Konto sowjetischer NKWD-Leute geht, die in Spanien ihren Kampf gegen Anarchisten und Trotzkisten fortsetzten.
Der Bürgerkrieg hatte die Begründung für die repressiven Maßnahmen und die Einschränkung der Freiheit von Arbeitern und Bauern geliefert. Nun war er für die Bolschewiki siegreich zu Ende gegangen und die Menschen forderten ihre Rechte zurück, auf deren Wahrnehmung sie im Namen des Kriegskommunismus verzichtet hatten. Die Petrograder Arbeiter begannen, sich gegen ihre elenden Lebens- und Arbeitsbedingungen aufzulehnen und an den Ursprung der Revolution zu erinnern: Brot und Sowjets! Sie traten in Streik und forderten endlich die Wahl einer neuen konstituierenden Versammlung, die die Bolschewiki Anfang 1918 auseinandergejagt hatten. „Streiks unter der Diktatur des Proletariats, so etwas gibt es nicht“, bekamen sie zu hören. Man versuchte die aufsässigen Arbeiter in die Ecke der weißen Konterrevolution zu rücken und ging mit aller Härte gegen sie vor. Die Matrosen von Kronstadt, Stolz und Rückgrat der Oktoberrevolution, ergriffen Partei für die streikenden Arbeiter von Petrograd und forderten ihrerseits die Rückkehr zur Rätedemokratie. Trotzki kündigte an: „Wenn ihr weitermacht, wird man euch wie junge Rebhühner abschießen.“ Emma Goldman bot an, zwischen den revoltierenden Arbeitern und Matrosen und den bolschewistischen Machthabern zu vermitteln. Vergeblich. Die Kronstädter Matrosen wurden im März 1921 von Trotzkis Roter Armee – ausgerechnet zum 50. Jahrestag der Pariser Kommune – zu Tausenden niedergemetzelt. Das Eis auf der Ostsee vor Kronstadt färbte sich rot vom Blut der Getöteten. Die Matrosen hatten die Parole „Alle Macht den Räten“ ernst genommen – dies war ihr unverzeihliches Verbrechen.
Lenin hatte die Diktatur für notwendig erachtet, um die inneren und äußeren Feinde der Revolution niederzuringen. Nun zeigte sich, dass diese Diktatur sich auch gegen jene richtete, die über den Weg zum Sozialismus und dessen Gestalt anderer Auffassung waren. Die Bolschewiki waren nicht geneigt, andere linke Strömungen zu dulden. Gefängnisse und Lager füllten sich schon zu Lenins Lebzeiten mit Andersdenkenden. Beinahe symbolisch wirken die Ereignisse um den Tod von Peter Kropotkin im Februar 1921. Mit Duldung der bolschewistischen Machthaber verwandelte sich die Beerdigung dieses berühmten Mannes in eine letzte große Demonstration für Freiheit und Selbstbestimmung. Man ließ an diesem Tag sogar einige inhaftierte Anarchisten aus den Gefängnissen. Die beurlaubten Häftlinge trugen den Sarg. Am Abend hatten sie sich wieder zu stellen und verschwanden erneut hinter Gittern. Viele von ihnen für immer.
Die Bolschewiki hatten es geschafft, sich unter schwierigen Bedingungen an der Macht zu behaupten, aber sie hatten dabei innerhalb von drei Jahren auch die Revolution erdrosselt. Als Emma Goldman Anfang 1919 in Sowjetrussland eintraf, „klopfte ihr Herz in Erwartung und glühender Hoffnung.“ Spätesten nach dem Massaker an den Kronstädter Matrosen begriff sie, dass für eine Anarchistin wie sie in diesem Land nichts mehr zu machen war und dass sie sich in Sicherheit bringen musste. Die Stimmung, in der sie im Dezember 1921 den Zug Richtung Lettland bestieg und das Land verließ, schildert sie so: „Meine Träume zerstört, mein Glaube gebrochen, mein Herz ein Stein. ‚Matuschka Rossija‘ blutend aus tausend Wunden, ihre Erde bedeckt mit Toten. Ich klammerte mich an den Griff der vereisten Fensterscheibe, biss die Zähne zusammen und unterdrückte ein Schluchzen.“
Götz Eisenberg ist Sozialwissenschaftler und Publizist. Er arbeitete mehr als drei Jahrzehnte lang als Gefängnispsychologe im Erwachsenenstrafvollzug. In der „Edition Georg Büchner-Club“ erschien im Juli 2016 unter dem Titel »Zwischen Arbeitswut und Überfremdungsangst« der zweite Band seiner »Sozialpsychologie des entfesselten Kapitalismus«. Der erste Band „Zwischen Amok und Alzheimer“ ist 2015 im Verlag Brandes & Apsel erschienen.
[1] Den Titel habe ich Jean-Paul Sartre entlehnt, der 1970 einen Essay schrieb, der Der Sozialismus, der aus der Kälte kam hieß. Er ist auf Deutsch in dem Band Gespräche an der Moldau erschienen.