50 Jahre 1968 (5)

 In FEATURED, Politik

Angela Davis

„Achtundsechzig, das ist das lustvolle Zähnefletschen des Gespenstes der Freiheit, der nachhaltige Schrecken für jede Art von Autoritäten und Bürokraten.“ Im Jahr 2018 ist es also 50 Jahre her, dass die 68er ihre Revolte begannen. Zu kaum einem anderen Inhalt, kaum einer anderen Bewegung gibt es so viele verschiedene, auch häufig verdrehte Berichterstattungen bis hin zu Diskriminierungen. Zeit, noch einmal zu versuchen, sich zu erinnern. Ja, wir sind alt geworden. Aber beileibe keine „Alt-68erInnen“. Der Wunsch zur Rebellion und zur Veränderung hat uns nicht verlassen. (Ellen Diederich)

Black is beautiful!
Die Bewegung der AfroamerikanerInnen in den USA

Die Bewegung der Schwarzen in den USA hatte zwei starke Flügel.
Der eine war die Bürgerrechtsbewegung mit ihrem charismatischen Sprecher Martin Luther King, sie setzte auf gewaltfreien Widerstand.

1963 hatte Martin Luther King seine berühmte Rede: „I have a dream“ gehalten, in der u.a. heißt:

„Ich freue mich, heute mit euch zusammen an einem Ereignis teilzunehmen, das als die größte Demonstration für die Freiheit in die Geschichte unserer Nation eingehen wird.

Vor hundert Jahren unterzeichnete ein großer Amerikaner, in dessen symbolischen Schatten wir heute stehen, die Emanzipationsproklamation. Aber hundert Jahre später ist der Neger immer noch nicht frei. Hundert Jahre später ist das Leben des Negers immer noch verkrüppelt durch die Fesseln der Rassentrennung und die Ketten der Diskriminierung. Hundert Jahre später schmachtet der Neger immer noch am Rande der amerikanischen Gesellschaft und befindet sich im eigenen Land im Exil.

Deshalb sind wir heute hierher gekommen, um eine schändliche Situation zu dramatisieren. In gewissem Sinne sind wir in die Hauptstadt unseres Landes gekommen, um einen Scheck einzulösen. Als die Architekten unserer Republik die großartigen Worte der Verfassung und der Unabhängigkeitserklärung schrieben, unterzeichneten sie einen Schuldschein, zu dessen Einlösung alle Amerikaner berechtigt sein sollten. Dieser Schein enthielt das Versprechen, dass allen Menschen — ja, die schwarzen Menschen ebenso wie weißen — die unveräußerlichen Rechte auf Leben, Freiheit und der Anspruch auf Glück garantiert würden.

Es ist heute offenbar, dass Amerika seinen Verbindlichkeiten nicht nachgekommen ist, soweit es die schwarzen Bürger betrifft. Statt seine heiligen Verpflichtungen zu erfüllen, hat Amerika den Negern einen Scheck gegeben, der mit dem Vermerk zurückgekommen ist: ‚Keine Deckung vorhanden‘. Aber wir weigern uns zu glauben, dass die Bank der Gerechtigkeit bankrott ist. Wir weigern uns zu glauben, dass es nicht genügend Gelder in den großen Stahlkammern der Gelegenheiten in diesem Land gibt.

So sind wir gekommen, diesen Scheck einzulösen, einen Scheck, der uns auf Verlangen die Reichtümer der Freiheit und die Sicherheit der Gerechtigkeit geben wird. Wir sind auch zu dieser merkwürdigen Stätte gekommen, um Amerika an die grimmige Notwendigkeit des Jetzt zu erinnern. (…)
Und wenn wir marschieren, müssen wir uns verpflichten, stets weiter zu marschieren. Wir können nicht umkehren. Es gibt Leute, die fragen diejenigen, die sich selbst der Bürgerrechte verpflichtet fühlen: ‚Wann werdet ihr endlich zufrieden gestellt sein?‘ Wir können niemals zufrieden gestellt sein, solange der Neger das Opfer der unaussprechlichen Schrecken polizeilicher Brutalität ist. (…)

Lasst uns jedoch nicht aus dem Kelch der Bitterkeit und des Hasses trinken, um unseren Durst nach Freiheit zu stillen. Wir müssen unseren Kampf stets auf der hohen Ebene der Würde und Disziplin führen. Wir dürfen unseren schöpferischen Protest nicht zu physischer Gewalt herabsinken lassen. Immer wieder müssen wir uns zu jener majestätischen Höhe erheben, auf der wir physischer Gewalt mit der Kraft der Seele entgegentreten.
Wenn wir die Freiheit erschallen lassen — wenn wir sie erschallen lassen von jeder Stadt und jedem Weiler, von jedem Staat und jeder Großstadt, dann werden wir den Tag beschleunigen können, an dem alle Kinder Gottes — schwarze und weiße Menschen, Juden und Heiden, Protestanten und Katholiken — sich die Hände reichen und die Worte des alten Negro Spiritual singen können: ‚Endlich frei! Endlich frei! Großer allmächtiger Gott, wir sind endlich frei!'“

Martin Luther King wurde am 4. April 1968 in Memphis ermordet.

Der andere Flügel der Bewegung ist die 1968 in Oakland/Kalifornien gegründete „Black Panther Party for Self Defense“.
Die Gründung der Partei war Ausdruck einer breiten Rebellion gegen Rassismus und Armut, von der besonders die Afroamerikaner, aber auch die UreinwohnerInnen in den USA betroffen waren.

Die Köpfe auf den Plakaten der 68er waren die von Männern. Außer einem, der Kopf einer Afroamerikanerin, einer, die Black is beautiful weltweit bekannt machte: Angela Davis

Geboren am 26.1.1944 in Birmingham, Alabama. Aufgewachsen auf der Ostseite der Center Street. Von Anfang an bedroht, wenn sie auf die andere Seite der Straße, die weiße Seite, wechseln würde. „Schon im Alter von vier Jahren merkte ich, dass die Leute auf der anderen Straßenseite anders waren – ohne ihr fremdes Wesen mit ihrer Hautfarbe in Verbindung bringen zu können. (…) Ein älteres Ehepaar, die Montees, saßen die ganze Zeit auf ihrer Veranda, und ihre Augen waren schwer vor Feindschaft.“
Dynamitanschläge begleiten sie in ihrer Kindheit. Der Hügel, auf dem sie leben, wird in Dynamithügel umbenannt. Angelas Mutter ist Lehrerin, der Vater Tankwart. Sie gehören zu den „Nicht-so-Armen“ ihres Volkes. Die Mutter ist in Alabama politisch aktiv. Sie versucht, Angela beizubringen, die Weißen nicht so zu sehen, wie sie sind, sondern wie sie sein könnten.
Angelas Urgroßeltern waren noch Sklaven auf den Baumwollfeldern. Die Großeltern und viele Verwandte leben weiter dort, auf dem Land, bauen als „freie Menschen“ für geringen Lohn weiter die Baumwolle an. Die Großmutter, die kurz nach der Proklamation für die Befreiung der Sklaven geboren wurde, erzählt ihrer Enkelin über die Sklaverei. Sie ist für Angela das Symbol von Kraft, des Alters, der Weisheit und des Leidens.
Als Kind macht sie die Erfahrungen der Rassentrennung. Bekommen sie in einem weißen Stadtviertel Hunger oder müssen zur Toilette, heißt es: warten, bis sie die Grenze zum schwarzen Viertel überschritten haben.

Begeistert vom „Manifest“
Im Geschichtsunterricht erfährt sie etwas über den Sozialismus, sie liest das Kommunistische Manifest von Marx und Engels: „Das Kommunistische Manifest traf mich wie ein Donnerkeil. Ich las es gierig und fand darin Antworten auf viele der scheinbar unlösbaren Widersprüche, die mich gequält hatten. Ich las es wieder und wieder, ohne sogleich jeden Absatz und jeden Gedanken zu verstehen, aber trotzdem gebannt von der Vorstellung, dass eine kommunistische Revolution hier möglich war. Ich begann, die Probleme der AfroamerikanerInnen im Zusammenhang mit einer großen Arbeiterbewegung zu sehen. Die Befreiung der Schwarzen hatte in meinem Kopf noch keine klare Form angenommen, und ich konnte nicht die richtigen Begriffe finden, um sie zu artiku-lieren, aber dennoch begann mir vorzuschweben, wie der Kapitalismus abgeschafft werden konnte.“ (Zitate aus Gesprächen und aus: Angela Davis, Mein Herz wollte Freiheit, Autobiografie)

Im September 1961 erhält sie ein Stipendium für die Universität Brandeis in Massachusetts. Sie ist eine von drei schwarzen Studentinnen, fühlt sich allein, zornig, freundet sich mit Studentinnen aus dem Trikont, aus Indien, Vietnam, von den Philippinen, den „Ausgeschlossenen“ von Brandeis an. James Baldwin und Herbert Marcuse halten Gastvorlesungen.

Angela Davis geht 1965 nach Deutschland, nachdem sie Herbert Marcuse in Brandeis kennen- und seine Kritische Theorie schätzen gelernt hat. Er empfiehlt ihr, nach Frankfurt am Main zu gehen, wenn sie Philosophie studieren will, bei Adorno, Habermas, Negt und anderen. Die Zimmervermittlung in Frankfurt sagt ihr, dass sie für „Farbige“ keine Zimmer haben. Sie findet Unterkunft in einer alten Fabrik, wohnt dort mit StudentInnen des SDS zusammen. Sie lesen Marx, Hegel, sie ist fasziniert von Kants „Kritik der reinen Vernunft“.

Während ihrer Zeit in Frankfurt entwickelt sich die schwarze Freiheitsbewegung in den Vereinigten Staaten. Angela Davis fühlt sich, im Tausende Kilometer entfernten Frankfurt, abgeschnitten von diesem Kampf und immer einsamer. „Von Tag zu Tag wurde mir klarer, dass meine Fähigkeit, etwas zu leisten, unmittelbar von der Fähigkeit abhing, etwas Konkretes zum Kampf beizutragen. (…) Ich wollte meine akademische Arbeit fortsetzen, wusste aber, dass ich das nur konnte, wenn ich politisch engagiert war. Der Kampf war ein Lebensnerv; die einzige Hoffnung für unser Fortbestehen. Ich hatte mich entschieden. Die Reise stand bevor.“
Sie macht Zwischenstation in London, trifft auf Stokeley Carmichael, ist enttäuscht, dass er, wie viele der schwarzen Führer, den Sozialismus als „das Ding des weißen Mannes“ ablehnt. 1967 in die USA zurückgekehrt, beteiligt sie sich an Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg und wird zum ersten Mal festgenommen.

George Jackson
Im Februar 1970 sieht Angela Davis in der Los Angeles Times das Bild von drei mit Ketten gefesselten Männern. Sie heißen George Jackson, John Cluchette und Fleeta Drumgo, sind angeklagt, einen Wärter ihres Gefängnisses in Soledad (Kalifornien) ermordet zu haben. Trotz vieler anderer Verpflichtungen übernimmt Angela Davis einen Teil der Aufgaben, die sich aus dem Kampf um die Freilassung der drei ergeben. Sie weiß, dass die Anklage konstruiert ist, wie so viele zu dieser Zeit. Sie lernt die Familie von George Jackson kennen, besonders seinen 16jährigen Bruder Jonathan, der, früh erwachsen geworden, sich ganz für die Freilassung seines Bruders einsetzt. Sie trifft George im Gerichtssaal, beide fühlen sich, als kennen sie sich seit ewigen Zeiten.

Über Briefwechsel wachsen diese Gefühle. George Jackson ist zu diesem Zeitpunkt seit zehn Jahren in Haft. Mit Entsetzen erfährt Angela den Grund der Haft – beileibe kein Einzelfall: George saß im Auto eines Bekannten, der an einer Tankstelle anhielt, ausstieg und ohne Georges Wissen 70 Dollar stahl. George Jackson wurde dennoch wegen Raubes angeklagt und erhielt eine Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr und lebenslänglich. Sein Bruder Jonathan hat diese Ungerechtigkeit verinnerlicht, eigentlich hatte er nie die Chance, Kind zu sein.

In der Aktivität für die Freilassung der Gefangenen sieht die Universitätsverwaltung endlich einen Grund, Angela zu entlassen. Ihr Verhalten ist „einer Universitätsprofessorin unwürdig“, heißt es. Ihr Fall erhält große Publizität.

Nach über 1000 Morddrohungen hat sich Angela Davis eine Automatikwaffe zugelegt. Sie ist auf ihren Namen registriert. Im August 1970 findet bei einem Prozess gegen einen Häftling aus St. Quentin der Versuch statt, durch Gefangennahme des Richters, des Staatsanwaltes und der Geschworenen die Soledad-Brüder freizubekommen. Einer derjenigen, die das versuchen, ist Jonathan, der Bruder von George Jackson. Sie erreichen einen im Hof des Gerichtsgebäudes geparkten Lieferwagen. Als alle, Entführer und Geiseln, im Wagen sind, eröffnen die Wachen von St. Quentin das Feuer. Außer dem Staatsanwalt und einer Geschworenen sind alle tot, auch Jonathan.

Angela Davis wird unterstellt, von diesem Versuch der Gefangenenbefreiung gewusst und die Waffe zur Verfügung gestellt zu haben. Sie wird zu einer der zehn am meisten gesuchten Personen des FBI. Nach einer abenteuerlichen Flucht wird sie von der Polizei gestellt und für 22 Monate ins Gefängnis gebracht. Eindringlich schildert Angela Davis in ihrer Autobiographie die Zeit im Gefängnis. Die Angst, die Bedrohung mit der Todesstrafe, die Einsamkeit, die Anstrengung, nicht verrückt zu werden. Zeitweise war sie in der psychiatrischen Abteilung des Gefängnisses eingesperrt, dort, wo die Mithäftlinge mit starken Psychopharmaka jedes eigenen Willens beraubt werden.

Dreimal freigesprochen
Kurz vor dem Prozess erhält sie Haftverschonung. Ein Farmer, der sie nur aus Zeitungen kennt, ist so bewegt von ihrem Fall, dass er sein Haus verpfändet, um die Kaution bezahlen zu können.

Am 4. Juni 1972, einem Sonntagmorgen, endet nach 22 Monaten Haft der Fall Nr. 52.613 – Staatsvolk von Kalifornien gegen Angela Davis – mit dem Freispruch in allen drei Anklagepunkten:

„Die erste Anklage war Mord. Darauf folgte ein lautes, klares ‚Nicht schuldig‘. Lautes Schluchzen fiel in den Augenblick der Stille, die darauf folgte. Es war Franklin. Mir war, als ob alle tief und schwer mit dem Rhythmus eines Lebewesens atmeten.
Die zweite Anklage war Entführung. ‚Nicht schuldig‘, erklang es wieder. Franklin weinte lauter. Ich glaubte nicht, dass ich viel länger am mich halten könnte. Aber ich musste den letzten Spruch hören, die Anklage wegen Verschwörung. Meine Hand umklammerte Kendras, die andere Margrets. Als der Sekretär zum dritten Mal ‚Nicht schuldig‘ vorlas, schrieen, lachten, weinten und umarmten wir uns. (…) In ihrer Freude sah meine Mutter so schön aus, dass sie mich an Bilder aus ihrer frühen Jugend erinnerte. Ich fühlte mich für sie glücklicher als für alle anderen, mich eingeschlossen.“

Während Angela Davis im Gefängnis ist, wird ihr Geliebter, George Jackson, im Gefängnis durch einen Wärter ermordet. Er kam als junger ungebildeter Mann ins Gefängnis. „Doch damals, einer Periode allgemein gesellschaftlicher Radikalisierung, diente das Gefängnis gleichzeitig als Schule für revolutionäre Ideen. Jackson erklärt: „Ich habe Marx, Engels, Trotzki und Mao im Gefängnis kennen gelernt und sie haben mich befreit.“
In den 60er Jahren, so beschreibt es George Jackson, „wurden schwarze, in den USA geborene Männer, die das Glück hatten älter als 18 Jahre zu werden, so erzogen, dass sie Gefängnisstrafen als unausweichlich akzeptierten“. Jackson selbst wurde „zu einem Jahr bis lebenslänglich“ für den Überfall auf eine Tankstelle verurteilt. Heute hat sich die Situation für junge schwarze Männer der Arbeiterklasse kaum verändert: 11 Prozent befinden sich im Gefängnis. In den meisten Staaten führt der Gefängnisaufenthalt zum dauerhaften Entzug des Wahlrechts. In diesem Sinne besteht das allgemeine Wahlrecht nicht für schwarze Männer in den USA. Heute wie in den 60er Jahren brutalisieren Vollzugsanstalten Millionen junge Schwarze. Die Black Panther, von denen viele für ihre Aktivitäten einsaßen, gewannen in den US-Gefängnissen an Unterstützung.“ (Hannah Sell, Black Panther Party, Lehren aus der Geschichte, Internet Veröffentlichung)

Ich lernte Angela Davis 1985 bei der Weltfrauenkonferenz in Nairobi kennen. Wir trafen uns immer wieder bei verschiedenen internationalen Aktionen. Nach dem Tod meiner Freundin Fasia lud Angela mich für eine Weile nach Oakland, Kalifornien, wo sie lebt, ein.

(Dieser Teil ist die Zusammenfassung meines Artikels „Das andere Amerika – Angela Davis“, veröffentlicht in der Jungen Welt und auf verschiedenen Internet Seiten.)

Die Zerstörung der Bewegung
Die Bewegung der Black Panther ist systematisch zerstört worden. Nach der Ermordung von Martin Luther King gab es überall im Lande Aufstände und Widerstand der afroamerikanischen Bevölkerung. Viele der engagiertesten AktivistInnen wurden verhaftet oder umgebracht. Die schwarzen Stadtviertel wurden mit Drogen überschwemmt, insbesondere mit dem synthetischen, billigen, zerstörerischen Crack.

Heute ist die Lage noch viel dramatischer geworden. Der Gefängnis-industrielle Komplex in den USA hat eine nahezu unvorstellbare Entwicklung genommen, doch sie wird in der globalisierten Welt zum Modell. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Gefangenen von 200.000 auf zwei Millionen angewachsen. Weitere drei Millionen Menschen warten auf ihren Prozess oder stehen unter Bewährungsauflagen. In den USA leben acht Prozent der Weltbevölkerung, dort sind aber 28 Prozent der Gefangenen weltweit. Der größte Teil der Gefangenen sind Afroamerikaner oder Menschen lateinamerikanischer und indianischer Herkunft. Inzwischen kommen bei der afroamerikanischen Bevölkerung mehr Frauen als Männer ins Gefängnis. Das hat unter anderem mit dem Wegfall der Sozial- und Arbeitslosenhilfe zu tun. Es gibt kaum Möglichkeiten für die Unterbringung von Kindern. Besonders allein erziehende Mütter werden in die Kleinkriminalität gezwungen. Sie begehen kleine Delikte wie Diebstahl von Lebensmitteln, Prostitution und Drogenkriminalität.

Man bekommt den Eindruck, dass die USA zunehmend ihre sozialen Probleme hinter Gitter stecken. Zur Zeit werden jeden Monat neue Gefängnisse eröffnet. Die Gefängnisse sind privatisiert, haben private Betreiber. Die Kommunen reißen sich um neue Gefängnisse. Einmal gibt es hierdurch feste Jobs für Aufseherinnen und Aufseher; dann übernehmen die Gefangenen Arbeiten, die die Kommunen sonst nicht bezahlen könnten: Straßenbau, Gartenarbeiten usw. Weltmarktfabriken lassen im Gefängnis produzieren. Die Löhne liegen um zwei Dollar pro Tag, ein ungeheurer Ausbeutungsgrad, die Profite sind enorm. Arbeit in den Gefängnissen als neue Form der Sklaverei. Es gibt eine Jeansmarke: Prison blue. Der Werbeslogan: „Drinnen produziert, um draußen zu tragen.“

(Nächste Woche lesen Sie von Ellen Diederich im Rahmen Ihrer Serie über 1968: „Prager Frühling – Aufstand für einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz.“)

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