Black Rock: Das Tribunal
Wie Sie einigen Tageszeitungen entnehmen konnten, hat am letzten Wochenende in Berlin, auf Initiative von Peter Grottian und Werner Rügemer, ein Tribunal gegen den größten Finanzmonopolisten der Welt BlackRock stattgefunden. Anbei erhalten Sie das Urteil dieses Tribunals in seiner gesamten Länge zu Ihrer Kenntnis. Darin hat die Jury BlackRock symbolisch abgeschafft. Das Urteil entwickelt perspektivisch auch Empfehlungen, die an die Zivilgesellschaft gerichtet sind. Trotz der Zerschlagung von BlackRock bliebe der Finanzsektor unangetastet. Langfristig müsste es daher darum gehen, die Quellen des Finanzsektors auszutrocknen, die in den letzten 4 Dekaden vor allem dank neoliberaler Globalstrategie durch die herbeigerufene Massenarbeitslosigkeit, sinkende Löhne, letztlich Umverteilung von mehreren Zehntausend Milliarden Dollar zu Gunsten der Finanzkapitalisten entstanden ist (siehe dazu meine ausführliche Analyse in meinem immer noch hochaktuellen Buch „BRAUCHT DIE WELT DEN FINANZSEKTOR?, 2017, VSA Hamburg“). Ganz im Sinne dieses Befundes ruft die Jury des Tribunals die Zivilgesellschaft und Parteien auf, sehr ernsthaft für die Überwindung der Massenarbeitslosigkeit durch die Einführung der 30-Stunden- bzw Viertagewoche und die Wiederstarkung der Gewerkschaften zu einer echten Gegenmacht gegen das Kapital einzutreten. (Vorspann: Mohssen Massarat)
Die von BlackRock mitgegründete „Umwelt-Allianz“ zur Rettung der Umwelt ist eine bewusste Täuschung. In einige neue Windrad- und Solarprojekte sollen ein paar hundert Millionen Dollar investiert werden, während die mehrstelligen Milliardeninvestitionen in der fossilen Industrie bestehen bleiben. Zugleich ist „One Planet Summit“ der Versuch, eine globale Nebenregierung zu schaffen, statt die UNO zu stärken.
IV. PerspektivenDie ökonomisch-politische-bürokratische Herrschaft von BlackRock & Co, lässt sich derzeit kaum mit gesetzlichen Instrumenten eindämmen. BlackRock muss von einer weltweiten Bewegung „von Unten“ abgeschafft, bzw. eingeschränkt werden. Es braucht Druck auf die Institutionen und Politiker*innen. Größe, Macht und Einfluss von BlackRock sind mit den Grundprinzipien der Demokratie als Begrenzung von Herrschaft unvereinbar. Die USA sollte auf den Weg der Roosevelt-Jahre zurückkehren, um diese Unternehmen an die Kette zu legen. Auch in Europa ist die Macht der Großkonzerne einzuhegen. Kontrollen müssen Kontrollen werden und nicht zu einem systematischen Wegschauen verkommen (CumEx Skandal, Wirecard, Warburg Bank Hamburg).
Der Staat scheitert mit seinen Instrumenten weltweit und schaut nur weg. Er hat die Kontrolle weitgehend aufgegeben und traut sich nicht mehr zu kontrollieren. In den USA, in Europa, in Asien, Afrika und Australien gibt es keine wirkmächtigen, staatlichen Kontrollen der Finanzmärkte mehr. Auch EZB und IWF moderieren nur das, was mächtige Konzerne wie BlackRock, Google, Amazon und andere vorgeben. Deshalb sind die Zivilgesellschaft und die Bürger*innen gefordert aufzustehen und einen langfristigen Prozess in Gang zu setzen.
Als Plattform für Bewegung sollen zunächst ähnliche Tribunale wie in Berlin, in Christchurch (Neuseeland), New York, Vancouver und Paris stattfinden. Sie könnten ein Start einer internationalen Bewegung und Vernetzung werden.
Die Jury ist sich darüber im Klaren: Mit der Zerschlagung von BlackRock wird zwar ein wichtiges Symptom mit Signalwirkung im gegenwärtigen System beseitigt und damit ein wichtiger Schritt getan, um eine finanzkapitalistische Institution an der Spitze abzuschaffen. Damit wird eine wirkungsmächtige Macht beiseitegeschoben, die mit ihrer gigantischen technischen Infrastruktur im Begriff ist, die finanzkapitalistischen Fundamente auf absehbare Zeiträume monopolistisch zu festigen und die Hegemonie des Finanzkapitals über die Realwirtschaft und die Gesellschaft zu ver-ewigen. Die Gefahr, dass dann an die Stelle von BlackRock ein neues Finanzmonopol entsteht, bleibt jedoch bestehen.
Denn der politischen Elite des globalen Kapitalismus ist es seit den 1970er Jahren gelungen, die nach dem Zweiten Weltkrieg erkämpften sozialen Errungenschaften durch den Aufbau des Sozialstaates signifikant zurückzufahren und die demokratisch zur Einhegung und Kontrolle des Raubtierkapitalismus durchgesetzten Regeln (Achtstundentag, Tarifautonomie, humanitäre Arbeitsbedingungen, Mitbestimmung, Kontrolle der Finanzmärkte u.v.a.m.) zu zerschlagen. Mit der Liberalisierung des Handels und der Finanzströme, mit der Privatisierung der öffentlichen Güter, der Abschaffung der Flächentarifverträge und der Entmachtung der Gewerkschaften in den Betrieben erhielten die Protagonisten der totalen Marktfreiheit propagandistisch und ökonomisch wirkungsmächtige Instrumente in die Hand und erreichten im globalen Kapitalismus, dass die Massenarbeitslosigkeit drastisch anstieg, die Arbeitszeitregeln ausgehebelt und die unbefristeten in befristete Stellen umgewandelt, die Löhne in beachtlichem Umfang gesenkt und der Lohnanteil am BIP spürbar reduziert, die Gewerkschaften von einer mächtigen Gegenmacht zur Macht des Kapitals drama-tisch geschwächt und die Zukunftsängste sowie die allgemeine Unsicherheit zur Richtschnur des Handelns aller benachteiligten Gruppen gemacht wurden. Die Umverteilung zu Gunsten der Konzerne und der Reichen um mehrere Tausend Milliarden Euro/Dollar bedeutete eine gezielte Zurückdrängung der Realwirtschaft zu Gunsten eines gigantischen und unproduktiven Finanzsektors, der die soziale und ökologische Weiterentwicklung der nationalen und internationalen Ökonomien blockierte und stattdessen den zerstörerischen antisozialen und antiökologischen Triebkräften des Raubtierkapitalismus, der ungleichen Einkommensverteilung und der Vermögenskonzentration freien Lauf ließ.
Deshalb fordert die Jury die zivilgesellschaftlichen Kräfte und sozialpolitisch orientierten Parteien dazu auf, mit aller Macht für die Austrocknung der ökono-mischen Quellen des spekulativen Finanzkapitals und für die Rückführung des Finanzmarktkapitalismus hin zur Dominanz der Realwirtschaft einzutreten Dies impliziert die Überwindung der Massenarbeitslosigkeit durch die Einführung der 30-Stunden-/Viertage-Woche und die Wiedererstarkung der Gewerkschaften.
Jury: Professor Dr. Grottian (Vors.), Karin Baumert, Professor Dr. Michael Krätke, Privatdozent Dr. Lutz Mez (FU Berlin), Professor Dr. Mohssen Masserrat (Berlin)