Alexanders CD-Tipp der Woche: Erhard Dietl – Oide Buidl

 In CD-Tipp

Der aus Regensburg stammende bayerische Autor, Grafiker, Liedermacher und Kinderbuchillustrator Erhard Dietl arbeitet mit seiner 2017 von Sven Faller produzierten CD seine Kindheit und Jugend bayrisch-erdig auf. (Alexander Kinsky)

Der christliche Gott der Nachkriegszeit ist ein strenger, alles kontrollierender, strafender Gott. Güte und Liebe sieht der kleine bayerische Junge dagegen bei der Großmutter („Zehn Gebote“). Derart persönlich, mit akustischen Instrumenten erdig unterstützt, nimmt die CD mit dem ersten Titel bereits ungemein für sich ein. Wer Konstantin Weckers Gesamtwerk im Blick hat dem fällt dessen Text „Lieber Gott“ oder auch das Lied „Vater lass mi raus“ ein, aber auch Marianne Rosenbaums Film von 1983 „Peppermint Frieden“, der ja auch eine Kindheit in der noch unmittelbareren Nachkriegszeit schildert, unvergesslich mit Hans Brenner als Expositus.

„Oide Gschichten“ (so steht´s im Digipack-Beitext) erzählt Dietl mit seinen urbayrischen Chansons, „Gschichten“, die eine typische bayrische Kindheit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts nachzeichnen. Nicht Gott, nicht der erschütternd kalte, lieblos unberechenbare Vater („Wenn der Vatter hoamkimmt“), nein, der einfühlsame Großvater hat sich Zeit für den Enkel genommen („Opa“). Von Herzen geliebt hat der Bub den Hund („Hund begrabn“), und Respekt hatte und hat er vor dem hohen Alter („Dezemberschnee“). Ganz unmittelbar mitlebbare bayrische Lieder mit einfühlsamen Charakterzeichnungen sind das.

Das erste Erleben jugendlicher Freiheit („Der Fluss is stark“), das Ja zum Leben des sich erstmals Verliebenden ( („Der See is ruhig“), das erste tiefsinnige Hinterfragen des Seins („Mei Stern“) – Marksteine des Erwachsenwerdens, und die kommen zutiefst ehrlich und authentisch daher, einer nach dem anderen.

Die Buben als Indianer – ja, aber zu Soldaten zumal nach der Erfahrung des 2. Weltkriegs dürfen sie nie werden („Indianer von der Margaretenau“, mit Tenorhorn!).

Und dann die Party im Gemeindehaus, und was sich dort überraschend ergibt, dreht das Leben eines jungen Menschen ganz schön um („Samstagabend“).

Irgendwann desillusioniert sich vieles, Innehalten und Reflektieren darüber („Zeit ohaltn“), und die Geschichte vom Lebemann, der auch als Mediziner nicht vom Alkohol loskommt („Stüberl bei Maria“) und die die CD abrundet lässt uns letztendlich bewegt nachdenklich, sensibilisiert und das eigene Leben mitreflektierend zurück.

Die CD entstand in Sven Fallers Studio in Schwandorf. Konstantin Wecker Fans ist Sven Faller wahrscheinlich als Kontrabassist seit der Tournee „Vaterland“ (2001) bekannt. Der vielseitige Studio- und Livemusiker hat „Oide Buidl“ produziert, arrangiert, aufgenommen, gemischt und gemastert und Kontrabass, E-Bass, Xylophon und Percussion gespielt, und im Studio mit dabei waren auch Andreas Januschke (Akustik- und E-Gitarre), Leo Winstel (Akustik- und E-Gitarre, Akkordeon, Piano), Max Seelos (Drums, Percussion) und Dominik Glöbl (Trompete, Tenorhorn) sowie die Gäste Peter Raab (E-Gitarre), Sonja Welter (Gesang) und Theresa (ebenfalls Gesang).

Nach der Auflistung der Mitwirkenden steht da im Digipack unten als letzte Zeile die Zueignung – „Für mein Vatter“. Wo der sensible Blick ganzheitlich zu verstehen versucht, findet er auch Liebe dort, wo sie nie erlebt werden konnte.

Erhard Dietls Homepage mit allen Infos und CD-Bestellmöglichkeit:

http://www.erhard-dietl.de/

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