Alexanders CD-Tipp der Woche: Klaus-André Eickhoff – Dieser Moment

 In CD-Tipp

Ambitionierte Themenalben hat der sympathisch beständige Liedermacher Klaus-André Eickhoff zuletzt veröffentlicht. Im September 2019 brachte er aber endlich wieder einmal ein typisches „ganz normales“ Liedermacheralbum in den Handel – mit einigen herausragenden Highlights. (Alexander Kinsky)

Ja, er hat anfangs doch etwas „wie ein Reinhard Mey am Klavier“ gewirkt, von der Art seines Vortrags her, in den Liedansätzen, auch was die sympathische Ausstrahlung an sich betrifft – kein vordergründig linksanarchistischer Liedermacher „mit der Klampfe“, eher einer „aus der Mitte“ mit wachem, sensiblem Blick fürs liebevoll Menschliche, und dazu ein versierter Pianist halt, dies im Unterschied zu Mey.

Unvergesslich bleibt dem Schreiber dieser Zeilen das Festival Musik und Politik am 28.2.2004 im BKA-Luftschloss in Berlin. Moderiert hat es unter anderem der natürlich auch eigene Lieder singende Konstantin Wecker. Das Publikum war „heiß“, weil es lange auf den Einlass warten musste zwischen eiskaltem Berliner Winterabend und überheiztem Zelteingang. Dann sagte Konstantin den ersten Künstler Klaus-André Eickhoff an, und der setzte sich ans Klavier und stellte sein Lied von den kleinen Alltagsdingen des Lebens vor (statt eventuell möglicher und hier wohl erwarteter linker Parolen). Und er hatte alle, sofort, und alle wurden butterweich und schmolzen dahin und waren nur allzu gerne diese Liedaugenblicke mit ihm zusammen „kleinbürgerlich bescheiden“. Einfach weil er glaubwürdig wirkte, weil es ehrlich rüberkam und weil es halt auch künstlerisch wirklich überzeugend war.

Wie Mey ist auch Eickhoff aus „bürgerlicher“ Position heraus kritisch engagiert. Vielfach tritt er im großen Bereich evangelischer Liedermacherei auf, es gibt auch Schwerpunktalben etwa zum Thema Trauer oder zu Luther, aber reduzieren darauf sollte man ihn keineswegs. Die Mitmenschlichkeit, soziales Mitgefühl und politische Parteinahme für die Schwächeren und seitlich Umgeknickten gehören genauso zu seinen Liedthemen wie – da trifft er sich mit Mey, nach wie vor – die Fähigkeit, auch noch aus dem banalsten Alltagsthema ein charmantes Lied herausschälen zu können.

Das im September 2019 im Courage-Label veröffentlichte Album „Dieser Moment“ „bedient“ das Eickhoff-Publikum perfekt, und auch wer noch nicht dazu gehört, sollte einige Lieder zumindest kennengelernt haben, um sich eine Meinung bilden zu können.

Zu Beginn gibt es eine für den Sänger wesentliche Deutschpopmomentaufnahme (vgl. Konstantin Wecker, „Jeder Augenblick ist ewig“), dann kriegen wir verschmitzt spielmannsartig Standardsätze vor die Ohren. Eine erzählende Ballade (eine von Eickhoffs Stärken!) lässt uns an Alltagswundern teilhaben, eine weitere, nur mit Gitarre begleitet, fängt die Fußballbegeisterung ein. Das ist überraschend, ein Lied gerade zu diesem Thema könnte man sich auch mit Stadionlärm und Mitsingrefrain vorstellen.

Später auf der CD finden wir doch noch eine Deutschpopballade zur persönlichen Gottessuche, und dann wird es ganz „Eickhoff-klassisch“. Live kommen die Lieder noch charmanter, aber auch in dieser ausgefeilten Studioproduktion von Michael Kusterer in den Arrangements von Wolfgang Zerbin (beide langjährige Vertraute des Künstlers) verfehlen sie ihre Wirkung nicht – zum groovenden Klavier die schelmische Abrechnung mit den deutschen Milliarden-Peinlichprojekten BER und Stuttgart 21, dann das im weltweiten Liedwesen noch gefehlt habende Thema Wäscheberg und schließlich auch noch die lieb gemeinten aber doch auch den Künstler vor Probleme stellenden Geschenke der Konzertbesucher.

Eine weitere Deutschpopballade macht sich Gedanken über das Leben, und ganz zum Schluss gibt es noch eine Alternativversion des Liedes über die Alltagswunder, nun auch im Deutschpopgewand.

Das Wichtigste aber: Die CD spannt einen Bogen, wie ein Berg, und der Höhepunkt ist in der Mitte erreicht, mit den Titeln 5, 6 und 7. Die gehen musikalisch und vor allem thematisch und textlich extrem unter die Haut, gehören zum Wichtigsten, was Liedermacherinnen und Liedermacher derzeit (leider!) zu singen haben.

„Christen in der AfD“ – das passt nicht zusammen. Hier wirkt auch das Deutschpopgewand besonders stark.

Noch härter, schon Deutschrock, ist „Deutschland, gute Nacht!“ – ein energisches Plädoyer für die Menschlichkeit in Deutschland.

Und wie Eickhoff die digitale Scheintraumwelt in „Aus der Welt gefallen“ entlarvt, als vom Klavier dominierte Ballade angelegt, das gehört auf jeden Fall auch textlich zum ausgefeilt Allerfeinsten und mag hoffentlich viele genauso wie die anderen eben genannten Lieder zum unbedingt notwendigen ganz vertieften Nachdenken anregen.

Ins Album reinhören und es bestellen kann man auf der Homepage des Künstlers: https://www.ka-eickhoff.net/cd-dieser-moment.html

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