Allianz der Freien Künste

 In FEATURED, Kultur, Politik

Presseinformation zu den am 28.10.2020 vereinbarten Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern. Eine Künstler*innenvereinigung fordert von der Politik finanzielle Hilfen für die drastischen Verdienstausfälle (mindestens) im Jahr 2020. Damit in Deutschland freie Kunst überhaupt noch oder wieder möglich ist. http://allianz-der-freien-kuenste.de/

Berlin, den 29. Oktober 2020

Die für November 2020 angekündigten Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung des Corona-Virus bedeuten existentielle Einschnitte für die Freien Künste. Das zwischen Bund und Ländern vereinbarte Veranstaltungsverbot entzieht Kunst- und Kulturschaffenden erneut die Existenzgrundlage.

Insbesondere soloselbstständige Kunst- und Kulturschaffende sowie kleine und mittlere Unternehmen in den Sparten Musik und Darstellende Künste werden von den Ein­schränkungen hart getroffen. Dies gilt auch für alle anderen Kunstsparten, deren Existenzgrundlage öffentliche Veranstaltungen sind.

Die Akteur*innen der Freien Künste – die vom Beginn der Pandemie bis heute extrem unter den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu leiden hatten – haben die Einschränkungen gleichwohl mit enormen Kraftanstrengungen und massiven Einbußen solidarisch mitgetragen.

Dennoch blieb Soloselbstständigen und Unternehmen ohne relevante Betriebskosten der Zugang zur Soforthilfe des Bundes bislang verwehrt. Wenn ihnen jetzt erneut die Existenzgrundlage entzogen wird, muss endlich ein fiktiver Unternehmer*innenlohn für Soloselbstständige anrechenbar sein – so wie es die Fachminister*innen der Länder, der Kulturausschuss des Bundesrates, der Deutsche Kulturrat als Spitzenverband der Kulturverbände, die Allianz der Freien Künste, eine überwältigende Zahl von Fachverbänden und nicht zuletzt auch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien unisono fordern.

Die 19 in der Allianz der Freien Künste organisierten Bundesverbände fordern die Bundesregierung eindringlich auf, die nun beschlossenen Maßnahmen umgehenddurch Wirtschaftshilfen abzufedern, die auch Soloselbstständigen und kleinen Unternehmen der Kulturwirtschaft wirkungsvoll, direkt und unbürokratisch Hilfen eröffnen.

Die Allianz der Freien Künste begrüßt die angekündigte Verlängerung von Überbrückungshilfen und die Erstattung von Einnahmeausfällen bis zu 75 Prozent für den Monat November. Allerdings fordern wir eine Ausweitung der Hilfen etwa für Berufseinsteiger*innen, die keine Vorjahresumsätze vorweisen können. Hier bedarf es sofortiger Regelungen, die verhindern, dass unzählige junge Künstler*innen ihre berufliche Existenz aufgeben.

Die Umsetzung der Hilfen muss unverzüglich, unbürokratisch und ohne Befassung kosten- und zeitintensiver Wirtschaftsprüfung oder Steuerberatung möglich sein. Eine Verrechnung von Erstattungsansprüchen mit bereits laufenden oder zugesagten Projektförderungen oder Stipendien für Künstler*innen ist auszuschließen.

Ohne ein konsequentes, ernst gemeintes Maßnahmenpaket für die de facto mit einem Arbeitsverbot bzw. mit einem Präsentationsverbot belegte Kulturwirtschaft und ohne adäquate Maßnahmen zur Kompensation von Einnahmeverlusten für die Akteur*innen der Freien Künste ist ein strukturelles Kultursterben in unserem “Land der Dichter*innen und Denker*innen” nicht aufzuhalten.

 

ALLIANZ DER FREIEN KÜNSTE
Kunstquartier Bethanien
Mariannenplatz 2, 10997 Berlin

Sprecher*innen:

Stephan Behrmann
Tel.: 0177 / 733 99 28

Lena Krause
Tel.: 0176 / 640 92 843

 

Anzeigen von 4 Kommentaren
  • Die A N N A loge
    Antworten
    Ich finde die Forderungen sehr berechtigt. Die freien Künstler sind unter Corona besonders gebeutelt, für Berufseinsteiger aus der Musik- und Theaterbranche ist die derzeitige Situation fast aussichtslos. Wovon sollen sie denn künftig leben? Und was passiert, wenn junge Künstler, aus wirtschaftlicher Not heraus künftig auf andere Berufe umsatteln?

    Wo bleibt dann die Kunst?

    Wir brauchen die

    Kunst erweitert den Horizont und schafft neue geistige und seelische Räume.

    Kunst ist auch ein Medium, das uns aus wach rüttelt und den Geist des Widerstands fördert.

    Unsere Gesellschaft braucht die Kunst als freien Denkraum und als Impuls zum Widerstand.

    https://youtu.be/Cuzl_QTBlWI

     

     

  • Volker
    Antworten
    Na und. Ich nix Künstler?
    Äh. Wie sollte mein kreatives Tun, also ich, zu Bekanntheit aufschwingen, wenn’s keine Orte gibt mehr, wo Menschen in Massen bewundern könnten – ja, sollten! –, was aus ungeschminkter Tiefe meiner Seele sich erhebt, neugeboren und rein?
    So hänge ich weiter am Tropf der Almosenverteilung, niemand kennt mich, keiner mag mich, und alle BlackRocker warten auf die erste wie auch letzte! Vernissage, wo ich – nun endlich – den Pinsel abgeben sollte. Beifall. Tränen. Entsorgung.

    Gut, würde mir eh nur Unglück bringen, müsste mich erklären, wie ich dazu käme, den Versuch zu wagen, aus meinem, ach so kuscheligen existenzminimierten Gefängnis auszubrechen. Man würde mich steinigen, wenn’s hier zu Lande erlaubt wäre. Obwohl, gesteinigt wird schon lange, sogar öffentlich, nur anders benannt, mit einem Anstrich christlicher Nächstenliebe in Zartrosa.

    ++ glucks ++

  • Cipolla
    Antworten
    Die Kulturszene ist von den Beschränkungen besonders stark betroffen. Aber Kunst und Kultur scheinen ja in diesen Zeiten keine Rolle mehr zu spielen. Ich erkläre mich solidarisch mit den Kulturschaffenden, die zu Recht auf Perspektiven beharren und darauf angewiesen sind, ihren Lebensunterhalt zu sichern.

    Was mich enttäuscht, ist, dass Künstler und Intellektuelle in Deutschland, wenn überhaupt, in der Mehrheit alle Freiheitsbeschränkungen durch die Regierungen klaglos hinnehmen. Es setzt sich kaum jemand für den Erhalt der Demokratie und für die persönliche Freiheit ein – wenn, geht es meist um den Verdienstausfall. Dass ausgerechnet Künstler so autoritätsgläubig und unkritisch sind, schockiert mich geradezu. Auch gibt es ja einige, die die Merkel-Politik lautstark unterstützen. Was ist nur aus diesem Land geworden?

    • Karola
      Antworten
      @Cipolla: ‘Was mich enttäuscht, ist, dass Künstler und Intellektuelle in Deutschland, wenn überhaupt, in der Mehrheit alle Freiheitsbeschränkungen durch die Regierungen klaglos hinnehmen. ….. ‘

      Genau gerade darum ging es mir bei meinen Kulturlerkritischen Schreiben immer! Sie sind neoliberalen, auf Wachstumskurs, Machteliten-anbiedernd und oft wenig selbstkritisch!

      Wenn sie sich gg rechts einordnen ohne zu definieren was das denn genau ist, wenn sie Spaltung befördern anstatt Brücken bauen, wenn sie ihre Internationalität und ihr jetsetten geil finden ohne die Umweltsau zu sehen, wenn sie oben MillionenGagen davon schwimmen lassen und unten kein Cent ankommt…. Dann sollte doch Kultur genau die Stelle sein, die das Besteck hat da mal ‘aufzuräumen, oder?

      Mit Beginn der Labersendungs’kultur’ fing es an, dass es IN ist auch einen Künstler in der Runde zu haben! Kulturler haben seit Adel und Klerus Zeiten immer auch oben mitgespielt! Sollten sie das nicht nutzen?

       

      Ich vermisse die Solidarität der reichen Kulturschröpfer mit den armen Hänseln! (Übrigens geht der Riss mittlerweile ja in allen Berufssparten mitten unter ihnen durch: sei es bei Journalisten, sei es bei Referenten, oder oder)

       

      Nein, keiner sollte darben! Und gerade die Kleinen müssen geschützt werden denn sie sind die Impulse der Kultur von morgen!

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