Am Literaturkamin (2)

 In Holdger Platta, Poesie

Aus dem Schlafrock ins Glück

Holdger Platta, in memoriam J. v. E. und E.B.

(Anmerkung der Redaktion: Alle LeserInnen dürfen mitraten, welche AutorInnen, die Holdger Platta zu seinem Gedicht inspiriert haben,  sich hinter diesen Initialen verbergen. Die Auflösung wird am kommenden Montag verraten)

Wer abreist, hat viel Luft vor sich, und früher

war’s so, daß einem die Peitsche als zweiter Hut

über dem Kopf stand (heute tut’s auch ein Vierzylinder!).

 

Wer bleibt, sieht hingegen meistens wie eingegipst aus

oder scheint bestenfalls noch eine gute Kommode zu sein.

So stellen sich Freiheit und Sicherheit in Kontrast:

 

Kaffeemütze hier (verborgener Dunst), ein dampfender Pferdekopf da

(heute oft ein Schlüssel, den man für die Zündung benötigt!).

Und bei der Ausfahrt des einen, mitten in den Frühling hinein,

 

wartet zumeist schon am Ende der Kastanienallee ein Mädchen

 mit Schloß, hinter der Pforte des anderen aber

(die Goldammern nicht zu vergessen, kleines Rufen

 

vor dem Staketenzaun!) stets nur die Abendbrotstulle

mit Hausfrau. Wer möchte da nicht bei den Lerchen sein,

mit der Gefahr des freien Felds, und die Gewißheiten

 

einer wutschnaubenden Geldbörse hinter sich wissen? Wer

möchte da noch ein Schlafrock sein in der Welt,

wo sie doch in der Ferne aus lauter Heimat besteht?

 

Es ist, als hätte einem bei der Wegfahrt die Welt

eine muntere Fidel auf den Rücken gepackt; es ist,

als wär’ es ein ewiger Sonntag, wenn’s zur Abreise bläst;

 

es ist, wenn der ewige Brummbär, als Vater verkleidet,

im Türrahmen steht und bis zum Schluß an seinen knotigen

Worten kaut, als tropfte der emsige Frühling schon jetzt

 

dem Alten von der Regenrinne herab ins Gebiß, bis tief hinein

in sein unzufriedenes Maul, und dem Reisegesellen sprängen

schon da die Knackmandeln vor Glück in den Mund.

 

Und von ferne schallte immerfort die Musik herüber,

die Donau rauschte dazwischen herauf,

und, das Mädchen im Arm, wäre nichts, gar nichts mehr Wut.

 

 

(Auflösung des “Rätsels” aus dem Gedicht vom vorigen Montag: Dylan Thomas)

 

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