Auch eine Christdemokratin in Griechenland meint: manche Menschen sind Kakerlaken und Parasiten

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

244. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Nein, liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser: Wir von der GriechInnenhilfe sind noch lange nicht aus der Krise heraus! Hilfe ist weiterhin ganz, ganz dringend vonnöten! Was mich in meinem neuesten Bericht freilich nicht daran hindert, auch einen weiteren politischen Skandal in Griechenland beim Namen zu nennen – siehe Überschrift! Eine sogenannte Christdemokratin aus Griechenland glaubt, Menschen, die ihr politisch nicht passen, jegliche Menschenqualität absprechen zu dürfen. Holdger Platta

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

auch heute – leider – werde ich vor allem von unserer eigenen Finanzsituation berichten müssen. Ich bitte schon an dieser Stelle um Euer Verständnis dafür.

Sicherlich erinnert Ihr Euch noch, von welchen Nöten ich bereits in meinem letzten Bericht zu informieren hatte.

Zum ersten Mal waren wir vor die furchtbare Wahl gestellt, im Sinne eines Entweder-Oder entscheiden zu müssen, wem wir in den nächsten Wochen helfen können und wem nicht. Wir haben uns – mit 3.000,- Euro Soforthilfe – für die verarmten und verelendeten in und um Korydallos entschieden. Es handelt sich um 200 Haushalte in Not, zudem um 170 Familien, die aufs dringlichste Unterstützung für ihren Lebensunterhalt benötigen, für Lebensmittel und Hygieneartikel, für Reinigungsmittel und für die Wohlfahrt ihrer Kinder (Nahrung und Bekleidungsstücke),

Und selbst für diese Menschen reichten unsere Geldmittel nicht mehr. Einen Bedarf von 4.000,- Euro bis 5.000,- Euro hatte uns Tassos Chatzatoglou, unser „Außenmitarbeiter“, mit der Betreuerin vor Ort, der Vizebürgermeisterin von Korydallos und Augenärztin, Frau Elefetheria Kotsidou, mitgeteilt. Lediglich (oder immerhin – je nachdem, wie man das sieht) 3.000,- Euro konnten wir an die Hilfsbedürftigen dort überweisen. Andere Notleidende mussten zunächst zurückstehen, so unter anderem Laura, das zwölfjährige Mädchen aus Syrien (aus einer „anerkannten“ Asylbewerberfamilie), die in dem heimischen Bürgerkriegsland wegen einer Tretmine beide Beine verlor und inzwischen – jedes Jahr erforderlich – neue Prothesen bekam. Die Bezahlung der 4.600,- Euro für diese Geh-Hilfen steht bis auf weiteres nach wie vor in den Sternen.

In der letzten Woche gingen bei uns 180,- Euro an neuen Spenden für unsere Hilfsaktion ein, überwiesen von 2 HelferInnen an uns. Und selbstverständlich danke ich den beiden SpenderInnen sehr.

Doch da wir seit langem auch Panagiota K. aus Megara mit ihren drei Töchtern die Mietkosten für ihre Wohnung bezahlen – 220,- Euro pro Monat – sind wir zum ersten Mal in unserer fünfjährigen Geschichte der GriechInnenhilfe in einem Minus gelandet – geringfügig zwar, doch immerhin.

Klar, wir haben diese Lücke erst mal mit eigenen Vereinsmitteln der „Initiative für eine humane Welt (IHW) e. V.“ geschlossen – keine Angst: das bringt uns auch nicht um! –, aber wenn wir unsere Spendenaktion in der erforderlichen Größenordnung aufrechterhalten wollen (ohne bisherige Hilfsbedürftige aus dem Kreis der von uns Unterstützten ausschließen zu müssen), dann sind wir dringend auf einen Anstieg der Geldbeträge für unsere Hilfsaktionen angewiesen. Es versteht sich von selbst – gerade in dieser Vorweihnachtszeit –, dass ich erneut an Eure Hilfsbereitschaft appelliere. Es existieren mittlerweile sogar Defizite verschiedener Art bei uns, und in letzter Instanz heißt das ja stets – es ist das eigentliche Dilemma: wir können nicht mehr allen Menschen in Griechenland helfen, denen wir bislang geholfen haben und auch weiterhin helfen möchten, Menschen, deren Weiterexistierenkönnen derzeit alles andere als gesichert ist.

Dass die Situation in Griechenland auch insgesamt  immer stärker katastrophale Züge annimmt, wird Euch dabei nicht überraschen. Ja, es ist auch die Corona-Krise, die dabei immer gravierendere Auswirkungen zeigt.

Um es deutlich zu sagen: das eh marode Gesundheitssystem in Griechenland zeigt immer stärker die Grenzen seiner Belastbarkeit auf. Allein am vorvergangenen Wochenende waren 211 Todesfälle zu beklagen, mehr als im gesamten Zeitraum dieser Epidemie bisher in Griechenland. Die Auslastung der Krankenhäuser nähert sich inzwischen den 90 Prozent, es sind bereits Privatkliniken in Thessaloniki vom Staat „requiriert“ worden, wie es die „Griechenland Zeitung“ (GZ) in seiner Ausgabe vom 25. November ausgedrückt hat (es gibt Schlimmeres als diese Teilverstaatlichung, meine ich). Aus Kreta und anderen Landesteilen haben sich inzwischen über 30 Krankenschwestern nach Thessaloniki versetzen lassen – ein bemerkenswertes Zeichen der Solidarität.

Ergänzen möchte ich an dieser Stelle allerdings schon – und das gilt für manche andere Weltregionen auch (nicht zuletzt für die USA!): Betroffen vom „Corona-Tod“ sind nicht „nur“ die Alten und oft mehrfach vorerkrankten Menschen. Betroffen sind nicht zuletzt auch jene Menschen in Griechenland, betroffen also vom tödlichen Ausgang dieser Erkrankung, die vorher schon in Not und Armut lebten. Selbst die GZ blendet die brutale soziale Verursachung des griechischen Sterbegeschehens aus! Fast könnte man also auch sagen: Initiativen wie die unsere helfen Menschenleben zu retten, auch im Corona-Zusammenhang!

Muss ich an dieser Stelle betonen, dass die griechische Regierung auch in diesen Zeiten keinerlei Bereitschaft zeigt, wirksame Sozialprogramme aufzulegen? Muss ich erwähnen, dass sie stattdessen lieber ihre Gelder ausgibt für brutale Polizeieinsätze, bei denen Tausende von Beamten auf Demonstranten losgehen, die vor dem Athener Parlamentsgebäude an den Studentenaufstand vom 17. November 1973 zu erinnern versuchten, an jenen Aufstand, der seinerzeit erheblich dazu beigetragen hat, dem Obristen-Regime in diesem Mittelmeerstaat ein Ende zu setzen, einem Regime, das sich nicht zuletzt dank der USA so lange – seit 1967 – an der Macht halten konnte?

Polizisten-Brutalität heute und Diktatoren-Brutalität damals sorgen damit für schlimmste Kontinuität. Und die Vizebürgermeisterin von Athen – Alexia Evert – entblödete sich nicht, diese Demonstration zur Erinnerung an den Studentenaufstand mit dem Kommentar zu bedenken: „Wir müssen lernen, mit Kakerlaken und Parasiten zusammenzuleben. So war es, so ist es, so wird es sein.“

Nun, diese Dame der „Nea Dimokratia“ (ND), der Regierungspartei des Herrn Kyriakos Mitsotakis, seines Zeichens Premierminister dieses Landes, hat inzwischen ihren Dienst quittieren müssen – immerhin das! –, und es war sogar der Athener Bürgermeister Kostas Bakojannis, ebenfalls ND-Mitglied, der sich zu ihrer Entlassung genötigt sah. Doch selbst diese Tatsache hielt ihn nicht davon ab, Alexia Evert nach wie vor seiner Sympathie zu versichern und hinzuzufügen, daß deren Worte ja vor allem den Kommunisten in Griechenland galten.

An dieser Stelle kein Missverständnis:

Die KKE, die Marxisten-Leninisten, die mit SYRIZA und mit der MeRA25, der Partei des Ex-Finanzministers von Griechenland, Yannis Varoufakis (damals noch SYRIZA), zu dieser Demonstration aufgerufen hatte, genießt wegen ihrer autoritären Auslegung des Marxismus nicht gerade meine Sympathie (kommt es hier darauf an?). Aber Menschen mit Ungeziefer und mit Schmarotzern zu vergleichen, das ist selbst dann nicht gestattet, wenn es sich bei ihnen um Kommunisten handelt, die ungute Marxismus-Traditionen am Leben zu halten versuchen. Selbst dem, was einem politisch nicht passt, begegnet man nicht mit einer Sprache, die dem „Wörterbuch des Unmenschen“ (Dolf Sternberger) entnommen ist, die mit christdemokratischer Orientierung nichts, aber auch gar nichts zu tun hat, sehr viel aber mit einer durch und durch faschistischen Gesinnung. Nichts legitimiert eine Demagogie, die unmittelbar dem Machwerk eines Adolf Hitlers, seiner unsäglichen Hetzschrift „Mein Kampf“, entnommen ist.

Halten wir uns stattdessen an unsere Maxime, das Gute mit Güte zu vertreten. Und halten wir uns auch weiterhin an den wunderbaren, an den zutiefst humanen Zweizeiler von Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“

In diesem Sinne: bitte helft uns weiterhin, dass auch wir weiterhin zu helfen vermögen! Es ist dringender angesagt denn je!

Erneut meine Bitte also:

Wer uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“  auf das Konto:

Inhaber: IHW

IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49

BIC: NOLADE21GOE

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an unseren Kassenwart Henry Royeck, entweder unter der Postanschrift Sültebecksbreite 14, 37075 Göttingen, oder unter der Mailadresse henryroyeck@web.de.

Mit herzlichen Grüßen und allen meinen guten Wünschen

Euer Holdger Platta

 

 

 

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