Auf Seiten der Menschlichkeit: Atticus Nemo

 In FEATURED, Holdger Platta, Poesie

Poesie und Widerstand: die Lyrikreihe auf „Hinter den Schlagzeilen“.  Überraschenderweise bekam ich von einem HdS-Leser, der anonym bleiben möchte, gestern Abend ein Gedicht zugeschickt, das sich mit den Themen unserer GriechInnenhilfe befasst. Welche Verknüpfung! Aus dessen Mail an mich: „Ich bin sozusagen in die Haut eines Griechen geschlüpft, der Eurer Hilfe bedarf.“ Titel seines Gedichtes: „Nachts, wenn er träumt“. – Nun, das Gedicht unseres HdS-Lesers, der bei Veröffentlichung seines Textes als „Atticus Nemo“ (etwa: „griechischer Niemand“) bezeichnet werden möchte, definiert in seinem Gedicht als „Luxus“, was in Wahrheit natürlich zu den Selbstverständlichkeiten eines einigermaßen menschenwürdigen Lebens zählt: essen zu können, trinken zu können, wohnen zu können und so weiter und so fort. Dieses das eine. Und das andere: in der Traumlandschaft dieser Lyrik taucht auch jene Mitmenschlichkeit  auf – sozusagen als „Luxus“ (welch bittere Ironie!) –, die man als humane Solidarität bezeichnen könnte. Wir meinen, dass dieses Gedicht Beachtung verdient: als Beitrag zu unserer Lyrikreihe „Auf Seiten der Menschlichkeit“, aber auch als Beitrag zu unserer GriechInnenhilfe. Und wir meinen darüberhinaus – hoffen es jedenfalls -: es handelt sich um ein sehr engagiertes, sehr präzises und sehr bewegendes Gedicht.  Holdger Platta

Nachts, wenn er  träumt

  

Nachts, wenn er träumt,

lebt er immer im Luxus.

 

Er hat zu essen,

er hat zu trinken,

er hat ein Dach

über dem Kopf.

 

Im Zimmer ist es warm,

Angst hat er nicht mehr,

treue Freunde sind da,

und er hat Kleidung für sich.

 

Er teilt sein Glück

mit den anderen,

und die anderen teilen

ihr Leid mit ihm.

 

Sogar abgeben kann er von dem,

was er besitzt.

Und was er besitzt,

von dem gibt er sehr gerne ab.

 

Die Träume sind gut zu ihm,

wo sein Leben nur schlecht ist.

Er lebt im Schlaf wie ein Mensch,

der sogar im Wachen noch ein Mensch ist.

 

Nachts, wenn er träumt,

lebt er immer im Luxus.

Kommentare
  • Ruth
    Antworten
    Lieber Holdger,

    ein Gedicht, das sehr zu Herzen geht und mich noch nachdenklicher macht!

    Danke!

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