Auf Seiten der Menschlichkeit: Katharina J. Ferner

Poesie und Widerstand: Die Lyrik-Reihe auf „Hinter den Schlagzeilen“

Franz Wassermann: ‘HAPPY? I HAVE MY MOMENT’

wider.stand (wieder einmal stehe ich hier und frage mich)
wie kann ich
wider sprechen
bedeutungsverschiebungen auf brückenpfeiler sprühen
auf politpopulistischplakatierte hauswände
auf tierfallen und schießscharten
auf luftleere transportschiffe
kann ich wieder wider wieder wider
werde manchmal müde
und lese tagelang die zeitung nicht
und lächle sex*ismus in grund und boden
und kaufe billigfleisch im supermarkt
nein! nein. nein –
müde ist keine ausrede
ist trägheit schon einschränkung der rede.freiheit!
funktionale ausgelaugtheit. ungeduld schüren (es ist wirklich dringlich!)
denn
zugschreiben ist schöner als fluggschreiben
zeit zum brombeeren pflücken haben
den wortsprühnebel in neonfarbe
immer bei sich tragen
emozione
der kesselluft mit dem fahrrad begegnen
käferzärtlichkeiten zwischen sträuchern
quakt da nicht ein frosch in der regentonne
scharrt da nicht ein igel im strauch und wartet bis du
endlich aus dem weg gehst
entschuldigen sie bitte
ich möchte wirklich nicht unhöflich sein aber
kann ich mal ihre aquakulturen sehen
wieviel plastik passt in einen doradenmagen
und was gibt es wichtigeres als gebleachte zähne
(ihr lächeln könnte so schön sein, madame)

Katharina J. Ferner, 1991 geboren, lebt und arbeitet als Autorin, Rezensentin und Moderatorin in Wien und Salzburg; sie ist Redaktionsmitglied der Literaturzeitschrift &Radieschen sowie der österreichischen Dialektzeitschrift Morgenschtean. 2015 erschien ihr Debütroman Wie Anatolij Petrowitsch Moskau den Rücken kehrte und beinahe eine Revolution auslöste. Von Juli bis September 2017 war sie Stadtschreiberin in Hausach (D), aktuell arbeitet sie im Büro der Ö. D. A. (Österreichische DialektautorInnen und -archive), von Januar bis März 2019 ist sie als Lyrikstipendiatin am Stuttgarter Schriftstellerhaus.