Auf Seiten der Menschlichkeit: Wolfgang Nöckler
Poesie und Widerstand: Die Lyrik-Reihe auf „Hinter den Schlagzeilen“
kurz gewarnt
man kann von uns verlangen
was immer man möchte
man sollte bloß nicht
erwarten, dass
man kann mit uns machen
was immer man sich vorstellt
man sollte bloß nicht
meinen, dass
man kann über uns sagen
was immer man denkt
man sollte bloß nicht
behaupten, dass
man kann
was immer
man sollte bloß nicht
sonst
die fremden
traumweite flure
und schuhe die nirgends passen
ein gehen ins laufen ein laufen ins nichts, ein
kommen und die frage: wozu
zu, wo hin
und aus und ein und atem geht
und herz geht
und wind an fremdem berg
und fremde kommen und sind nicht
über den berg
weil die papiere
vom winde verweht, vom wellengang
in die gischt ge…
sie kommen nicht an, ein gehen ist bloß
dahinter
ein gehen, ein laufen ist
erinnerung, davor weggelaufen
der kampf daheim, der kampf in der fremde
unter den füßen fremde erde
und fremde worte, unverstanden
ein wort allein ist klar
und deutlich, universell gebrüllt: nein, sagen weiße löwe
nein im neuen dschungel
wo die kälte heiß
und es heißt ihr steten tropfen
höhlt den stein, den kontinent
ihr falschen, geboren in armut
träumt weiter von kuchen
die gabeln gehören anderen
bleibt in den bergen, den wasserbergen seid
nahrung, rette euch wer kann
wir können nicht
: aber schlimm ist das schon
: aber schlimm ist das schon
: und tragisch: das schon
: aber schlimm ist das schon
traumweite flure
und schuhe die nirgends passen
ein gehen ins laufen ein laufen ins nichts, ein
kommen, kein gehen, die frage: wozu
zu, wo, zu hin, zu fallen, zu, wo, zu, wo, zu hin: zu gehn
und aus und ein und aus und ein und atem geht, und atem geht, und atem geht
und alles steht
(herzlich still)
verkleideter stein 2017
mit buntem papier
& luftballons
am rande des faschings
des wetter & zeit
bedingten treibens
der verkleideten kinder
mehr als sonst
bemalten gesichter
ernsten zügen unter lustigen hüten
aufgesetztem unter aufgesetzten
haaren & hüten
sich hütender spaß
& clowns, die gegen
mehr als die sprachbarriere
anzuspielen haben
mit buntem papier
der ernst umhüllt
daneben sylvesternachtphobien
pogromgedanken taschenkontrollen,
notwendigkeiten
alkohol & andere fahnen
luftballons voll musik
& türen aus dem alltag
kinderlachen kinderlachen
momentelang echtheit
ein spielzug aus hennen,
instrumente schwingend
bärte & brüste & unechtes anderes
hart am wind
mit buntem papier
& luftballons
der massive block
unwirklichkeit
angst vor
gefährten die jeglichen spaß
überrollen, selbst wenn sie
nicht kommen sie sind hier
maskiert in den köpfen
bereit, die welt zu vernichten?
eine gesellschaft des sich-selbst-am-nächsten
die unterschiede vor gemeinsamkeiten stellt
die sich selber wegwirft
sind wir das geworden?
gründe werden genannt
plausibel: ohne weiteres
& schlimm: natürlich
doch kümmern
können wir uns nicht darum
sicher, man müsste was tun
man würde schon
wenn alle täten
helfen, anpacken, mitmachen
sich zurückstellen würde man
wenn nicht der nachbar nicht
das,
was wurde
& geworden ist, aus allem
das aufgebaute, wir
haben es geerbt & die pflicht
es zu verteidigen
nicht wahr,
& zeit
haben wir keine
zu verlieren, sie
kommen in scharen
dann scharen sie sich
& scheren sich nicht
sie schären das gewesene
althergebrachtes von neuen füßen zertrampelt
oder
brächten neue hände
vielleicht neuen geschmack
in die suppe, die eingebrockte
nein, nein, nein, wir
sind genug
uns selbst, die welt: was
können wir
einzeln
schon
eine gesellschaft des fangt-ihr-doch-a
die unterschiede kategorisiert, beschlimmt, zelebriert
eine gesellschaft, die nur noch lose in den angeln hängt
sind wir das etwa nicht?
Von Lyrik, die dahinter blicken lässt. Gedanken zu Wolgang Nöcklers Gedichten. Siljarosa Schletterer
Das erste Gedicht ist voller politischen Anspielungen und Jongliert in der Kleidung des “Polit-Sprechs”. Es sind Sätze, die ins Leere laufen vielleicht auch ins Leere laufen sollen. Der letzte Vers kombiniert die vorangestellten Zeilen und führt umso mehr so manche Inhaltslosigkeit der Reden ad absurdum. Das Gedicht endet vielsagend auf “beinah”…
Wie die Grafik von Franz Wassermann führt auch das Gedicht an die wortwörtlichen Grenzen, es führt uns auf die Wege, die in die Fremde führen, diese Wege, die zu oft mit einem Wort subsummiert und beiseite gelegt werden: Flucht. Es ist ein Gedicht, das mit Musik konzipiert wurde. Es ist auch in der Lyriksendung wortflAIR nachhörbar: https://cba.fro.at/381637 So besticht auch die Musikalität des Textes.
Es ist Lyrik, die dahinter blickt: Gedichte, die (uns) Menschen auf die Schliche kommen, welche sich selbst am nächsten sind. Gedichte, die versteckte Meinungen getarnter Na(r)zisten offenlegt. Gedichte, die Fragen stellen und Fragen offen lässt.
Sind wir das Gehen? Was ist unsre Pflicht? Sind wir das etwa nicht?
Biografischer Natur zu Wolfgang Nöckler: geboren 1978 und aufgewachsen im Ahrntal, Südtirol; lebt und arbeitet in Innsbruck; Mag. der Psychologie; schreibt Lyrik und Prosa, Dramatisches und Slam-Texte in Deutsch oder (teldra) Dialekt, sowie Lieder; experimentiert mit Bildsprache & Sprachbildern.
Zahlreiche Lesungen und literarisch-/musikalische Performances in Italien, Österreich, Deutschland; erfolgreicher Poetry-Slammer; Mitbegründer und Stammautor der ersten Lesebühne Südtirols („MundWerk“; Carambolage Bozen); Mitglied der Südtiroler Autor*innenvereinigung (SAAV) sowie der Grazer Autorinnen Autorenversammlung (GAV); experimentiert viel mit Zwischentönen (Text & Musik; Dialektale Verschränkungen; Bild:Text:Ton…); musikalisch aktiv als Frontmann der Alternative-Rockband Self Fulfilling Prophecy sowie solo als Liedermacher
Diverse Veröffentlichungen in Anthologien, Zeitschriften, Radio und TV (u.a. DUM, huellkurven, Cognac & Biskotten, etcetera, Südtiroler Theaterzeitung; RAI Südtirol, Ö1, SDF, ORF Tirol), sowie bisher drei Bücher:
– Lyrikband „ich leih mir kurz mal dein gesicht“ (pyjamaguerilleros*, Innsbruck, 2014)
– Hypo-Roman „Nicht mal ein Fernzug“ (pyjamaguerilleros*, Innsbruck, 2015)
– Anthologie „MundWerk – das Druckwerk“ (als Hrsg., gemeinsam mit Lene Morgenstern, A. Weger, Brixen, 2015)
Gewinner einiger Literaturpreise, u.a. 1. Preis beim Ö1-Lyrikwettbewerb „hautnah“ 2014 (gemeinsam mit Jakob Schuierer); dreimaliger Preisträger beim Autorenwettbewerb „Schwazer Silbersommer“ (Prosa) – zuletzt 2017; Finalist bei den Bozner Autorentagen (Drama) 2015; mehrmaliger Südtiroler Vice-Landesmeister im Poetry-Slam; Artist in Residence in Paliano (FR) 2016; 2018 wird sein Hörspiel „Rhetorik oder Fische sind schlechte Biographen“ bei den Tiroler Dramatikertagen gezeigt
meinen Vater, meine Praxis einschließlich der Möglichkeit dieses schöne alte Haus zu kaufen. Bald werde ich mein Zuhause verlieren. Wenn ich neben meiner Mutter bin, fällt mir das Reden phsysisch sehr schwer (hat es etwas mit dem Zwerchfell zu tun? ähnlich erging es mir vorhin beim Einkaufen vor der Kasssierin – es ist definitiv nichts psychisches – und ich hatte so etwas noch nicht einmal ansatzweise schon mal irgendwann in meinem Leben.). Meinem Vater ging esgenauso – nur dass er nicht darüber gesprochen hat. Er hat nie mit mir über seine “Befindlichkeiten” gesprochen. Ich sehe hier keine Zukunft außer den Tod mehr für mich, aber ich sehe auch keine mehr woanders, außer, dass man mich bei der Hand nimmt und mir hilft.
Aber ich möchte bitte nicht, dass ihr diesen Kommentar freischaltet. Ich möchte nur, dass ihr es wisst.
Ich habe jetzt für sechs Monate nicht mehr die Möglichkeit Auto zu fahren, weil ich meinen Führerschein abgeben musste. Ich habe Schulden. Ich suche einen Freund.
Kinder nimmt man bei der Hand.
Erwachsene sollten gelernt haben, die Verantwortung für ihr Leben selbst zu übernehmen, was die Verantwortung sowohl für ihre Mißerfolge, wie für ihre Erfolge einschließt.
Wenn du das nicht kannst, brauchst du Hilfe. Die wiederholt irritierenden und widersprüchlichen Aussagen, dein Schreibstil, der immer wieder einmal wirkt, als sei er unter Einfluß von Drogen und/oder Alkohol geschrieben… oder was auch immer. Es ist leicht zu erkennen, dass du Hilfe benötigst.
Du hast hier schon ausreichend oft von Kommentator*innen gelesen, die unter den Repressalien der Hartz IV-Gesetze zu leiden haben und es ist schwer genug, seinen Stolz und seine Würde zu bewahren.
Unverständlich bleibt, dass du kommentierst, was “man” dir alles genommen hat, schreibst oft von Symptomen unterschiedlichster Art, gegen die du nichts zu unternehmen scheinst und sagst gleichzeitig des Öfteren, der Kommentar solle nicht freigeschaltet werden. Wenn du deine eigenen Worte liest – merkst du denn, wie bizarr sie sind?
Wie dem auch sei:
Es gibt Orte, an denen du medizinische, psychotherapeutische und sozialarbeiterische Kompetenz antriffst; Menschen also, die dir helfen, dein Leben wieder zu ordnen:
Alles Gute,
P.
Alles Gute!
“Verwirrtheit ist jedoch für Menschen mit dem Ziel der Beschleunigung wie der Treibstoff, der den Motor in Bewegung bringt. Ohne Verwirrtheit ist keine Einsicht möglich. Nur wer sich erst einmal auf die beängstigenden Gefühle einlässt, keinen Boden unter den Füßen zu haben und nicht zu wissen, wohin der Weg führt und welchen Weg man überhaupt beschreiten soll, kann erwarten, dass sich plötzliche Einsichten einstellen.”
https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/krisenotfall/akute-psychische-krise/
https://www.landkreis-mittelsachsen.de/fileadmin/Redakteure/Behoerden/2_Geschaeftskreis/Gesundheitsamt/Flyer_Sozialpsychiatrischer_Dienst.pdf
Nutze die Chance, lass dir von Fachleuten helfen, übernimm Verantwortung für dich.
Ich muss euch auch nichts mehr von mir erzählen, weil hier keine Hilfe kommt.
Aber ich habe gelernt. Die Verantwortung für mich habe ich stärker übernommen als du dir überhaupt vorstellen kannst.
Piranhas Fürsorge überrascht mich nicht – ich habe sie hier immer als einen ausgesprochen empathischen Menschen wahrgenommen.
Schaltet doch auch das mit den nicht verankerten Menschen frei – stimmt doch. Und die anderen Sachen.
Zum Abschied noch eine Geschichte.
Märchengeschichte
Es war einmal ein Habicht, und in der Nähe des Baumes, den er bewohnte, hatte eine Kröte ihr Versteck. Am Rand eines Brunnens.
Der Habicht ärgerte sich über die Kröte, weil sie immer mit dem gleichen Ausdruck in die Welt sah, und daraus schloss er, dass sie keinerlei Vorstellung von seiner Gewalt und Gefährlichkeit habe. So stürzte er sich eines Tages auf die Kröte, zerhackte und verschlang sie.
Der Besitzer des Gartens beobachtet die Szene. Nun war er ebenfall ärgerlich, denn die Kröte hatte seinen Brunnen zu einem Märchenbrunnen gemacht, der ihn an die Kindertage erinnerte, an den Froschkönig.
Mit dem Gewehr gelang es ihm, diesen zerstörerischen Ärger, den habicht zu beseitigen. Nun kratzten bald des Nachbars Hühner ungeniert in seinem Garten. Dass bewirkte, dass er des Nachbarn Feind wurde, so sehr, dass sie sich eines Tages vor den Schranken des Gerichts wiederfanden.
Der Richter ging den Dingen nach, weil er des Vorfalls wahren Grund zu finden wünschte. Alles endete bei der Märchenkröte.
Da erklärte der Richter den Besitzer des Brunnens für schuldig. Er sagte, dass Märchen zwar nicht verboten seien, doch wenn man sich ein Bild von ihnen macht in der Welt, stünde diesem kein offizieller Schutz zu.
(Robert Wolfgang Schnell)
Es hat auch ein Vorgedicht von Goethe:
So musst du sein
Dir kannst du nicht entfliehen,
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.
Aber ich würde es an eurer Stelle nicht hier verhackstücken – das ist nicht für die wahllose Masse, dass passiert einem.
Eigentlich bin ich euch sogar dankbar, das ihr es nicht veröffentlicht habt. Lasst es am besten dabei.
Ich lebe an eurer Seite wie mein Sohn mal an seinen vermaledeiten Computerspielen geklebt hat. Die ist er jetzt los. Aber ich komme hier nicht weg, weil ich keinen anderen Anker mehr habe. Wenn ich hier schreibe, dann kann ich mich einigermaßen klar konzentrieren. Schalte ich ab, dann zerfließe ich. Meine Mutter ist kein Halt. Mein Vater war einer. Meine Mutter frisst mich auf, wie sie ihn aufgefressen hat. Sie nimmt und nimmt, aber kann nie wirklich Halt geben. Wir schrumpfen auf ihr Maß zusammen – aber dort kann sie existieren, ich werde dort krank.
Dann kam ein Bruch in minem Leben. Ich habe eine Ausbildung begonnen und danach einen Beruf ausgeübt, den ich tatsächich auch geliebt habe, nicht nur interessant fand.
Meine Kinder waren noch bei mir. Ich hatte ine langjährige Beziehung, die ich auch geliebt habe.
Und irgendwann bin ich hier gelandet, weil ich Konstantin liebe.
Liebe ich den Widerstand an sich? Nein.
Spiritualität ist wichtig, um die Liebe um uns zu entdecken. Und unsere eigene Liebesfähigkeit. Aber Spiritualität darf man nicht für eine Ideologie missbrauchen. Das ist der falsche Weg. Man kann eine Ideologie lieben, wie eben den Traum von einer herrschaftsfreien Welt (was für mich Kommunismus ist, aber weil die Vokabel mit so vielen negativen Vorzeichen versehen ist, von vielen lieber umgangen wird. Die Christen, Muslime und andere Gläubigen nennen diese Gesellschaft das Paradies.
Religion hat den spirituellen Aspekt immer in den Mittelpunkt gestellt. Der real existierende Sozialismus wollte den Kirchen keinen so großen Raum geben. Trotzdem hat sich auch im Sozialismus der DDR eine Spiritualität entwickelt. Ich würde das eine natürliche Spiritualität nennen. Indem man den Grundsätzen, anderen zu helfen, gemeinsam etwas Gutes zu schaffen, den Frieden in der Welt als wichtiges Gut zu sehen und die Ausbeutung der Arbeiterklasse und Bauern zu beenden einen wichtigen gesellschaftlichen Raum eingeräumt hat, hat man Raum für die Entwicklung einer spirituellen Grundhaltung gegeben, auch wenn sie niemand so bezeichnet hat. Man muss das auch nicht so bezeichnen – der Begriff Menschlichkeit genügt vollkommen.