Bekenntnisse einer Nicht-Demonstrationsteilnehmerin

 In FEATURED, Gesundheit/Psyche, Monika Herz, Politik (Inland)

Zünden wir ein Grablicht an – für unsere Demokratie!

Unsere Autorin ging nicht zu einer Demonstration gegen die Corona Maßnahmen. Das war an Allerheiligen, und man wollte der Toten gedenken. Vor allem einer Toten: unserer Demokratie. Ist das eine Meldung wert, dass jemand nicht demonstriert hat? In diesem Fall schon. Denn der Grund hierfür betrifft auch viele andere Menschen: Angst. Angst vor einer immer brutaler agierenden Obrigkeit. Wenn man das ehrlich zugibt, findet man vielleicht Wege aus der Angst. Und viele Andere merken, dass es ihnen genauso geht. Und was das über den momentanen Zustand unseres Gemeinwesens aussagt. Die meisten geben ja andere Gründe für ihre Nicht-Aktivität an: so wollen sie sich angeblich tapfer von Reichsbürgern, Verschwörungstheoretikern und Esoterikern distanzieren. Ist das wirklich so tapfer? Oder doch auch eher Angst – vor einer zunehmend brutalen Obrigkeit? Davor, verspottet und ausgegrenzt zu werden oder berufliche Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Denkt mal drüber nach. Monika Herz

Ich habe Angst.

Ich muss raus, raus in die Natur. Wer weiß, wie lange ich das noch darf. Also schnell raus! Vielleicht legt sich dann ja die Angst wieder.

Vielleicht verwandeln Wind und Wolken, Sonne und Birken und der Anblick des ruhenden Teichs meine Angst in Mut. Vielleicht…

… Ja. Das hat gut getan. Ich kehre mit frischem Mut zurück an meinen Schreibtisch.

Ein Gedicht bring ich auch mit. Ein Haiku. Japanische Dichtkunst. Strenge Form: drei Zeilen. Strenger Rhythmus: 5-7-5 Silben je Zeile. In der Haiku-Kunst hab ich nichts gegen strenge Formen. Ich muss mich ja nicht immer dran halten. Die Kunst ist schließlich frei. Mein heutiges Haiku hört sich so an:

Voll Angst oder Mut
Kommt, meine Himmelswölfe
Der Nebel geht auf

Was Himmelswölfe sind? Das ist so ein schamanischer Begriff. Meine Himmelswölfe haben mir heute ein wunderbares Geschenk direkt aus dem Himmel mitgebracht. Noch darf ich nicht verraten, was es ist. Ich muss mich erst noch dran gewöhnen. Dann teile ich es gerne mit euch. Später einmal.

Der Nebel, nachdem er sich gelichtet hatte, überreichte mir ebenfalls ein Geschenk: Die Stäbe meiner Ahnen. Der eine Stab gehörte meinem Vater, der andere meinem Großvater. Die Stäbe sind eigentlich Gehstöcke und gehörten früher einmal zur Knappen-Uniform der beiden. Meine Vorfahren waren nämlich Bauern und Bergleute. Die Knappen-Uniform meines Vaters hab ich geerbt. Vom Großvater ist nur noch der Stock übrig gewesen. Den hab ich auch geerbt. Heute Morgen fühle ich die Kraft meiner Ahnen direkt hinter mir. Sie stärken mir den Rücken. Das ist das Geschenk des Morgennebels. Ich komme noch darauf zurück.

Und ja, ja, ich weiß: Fühlen soll man ja nicht mehr. Sonst macht man sich zum Gespött der Spiegel-Journalisten. Wenn es nach denen geht, dann ist Fühlen ganz doof. Komplexe Sachverhalte zu vereinfachen ist auch doof. Heißt es.

Weil ich ein spiritueller Mensch bin, werde ich ja seit Corona mit allen möglichen Leuten in einen Topf geworfen: “Unter den Demonstranten wurden auch Esoteriker, Verschwörungstheoretiker, Rechtsradikale, Impfgegner und ganzheitlich Denkende gesichtet.” Das ist natürlich keine Vereinfachung, sondern hohe Schreibkunst der Journalisten im Spiegel und in ähnlichen Magazinen. Impfgegner sind ja bereits im Februar 2019 von der WHO in die Liste der globalen Gesundheitsbedrohungen aufgenommen worden. Mindestens so gefährlich wie Ebola. Sagt die WHO. Dieser Logik zufolge gehöre ich jetzt also in eine Kategorie, die ausgerottet werden soll. Wie Ebola eben. Oder wie dieses Corona. Genau genommen sollte mir das auch Angst machen. Schließlich will ich doch nicht ausgerottet werden! Aber heute morgen – nach dem täglichen Medicine Walk hinauf auf den Hügel, rund um den Weiher und wieder zurück – habe ich plötzlich keine Angst mehr.

Was ein Medicine Walk ist? Für Nicht-Esoteriker: Das ist ein Spaziergang, allein und schweigend. Man nimmt ein Thema mit – zum Beispiel die Angst – und horcht auf das, was intuitiv in den eigenen Geist hineinfällt. Dabei atmet man frische Luft, genießt den Anblick des Weihers, der Birken and what ever. Sehr gesund! Stärkt den gesunden Menschenverstand und das Immunsystem. Außerdem fühlt es sich saugut an, zum Beispiel diese frische Luft! Ah!

Wovor hatte ich gleich wieder Angst heute Morgen? Es war nicht nur Angst. Es war auch Verzweiflung. Ich bin sogar in Tränen ausgebrochen. Es war wegen diesem Video hier. Ein guter alter Freund aus guten alten Zeiten hat es mir geschickt. „Schau es an, bevor es gelöscht wird“ schrieb er dazu.

https://www.youtube.com/watch?v=11MJiGCVpno&feature=youtu.be

Knappe 4 Minuten. Für den Fall, dass es weg ist, wenn du das hier liest: Da sieht man Polizisten, die auf Demonstranten einprügeln. Bei einer Demo in Berlin Anno 2020. Ein Demonstrant ist blutverschmiert, als er abgeführt wird. Immer sind es mehrere Polizisten, schwer bewaffnet, die auf unbewaffnete und ungeschützte Demonstranten einprügeln, ihnen die Arme verdrehen und in den Bauch treten. Auch auf alte Menschen. Auch Kinder werden bedroht. Ein alter Mann sagt: Meine Frau ist im Pflegeheim. Ich konnte sie acht Wochen nicht sehen. Er weint.

Da weine ich mit. Weil meine Mutter ist auch im Pflegeheim ist.

Ich wäre ja beinahe am 1. November zu dieser Demo nach München gefahren. Aber dann bin ich doch nicht gefahren. Ich glaube, ich hatte Angst. Am Sonntag war mir das noch gar nicht so bewusst gewesen, dass ich Angst gehabt hab. Jetzt ist es mir plötzlich bewusst.

Wie gesagt: Ich wollte hinfahren. Vorher wollte ich noch herumfragen, ob vielleicht jemand mitfahren mag. Aber ich stellte fest, dass ich zum Beispiel in meinem Frauenkreis gar nicht wagte, nachzufragen. Dort herrscht nämlich die Meinung: Wir sprechen nicht über Corona. Denn die unterschiedlichen Meinungen – noch dazu emotional vorgetragen –, die spalten unseren Kreis. Das stimmt zwar. Einerseits. Aber es führt halt auch dazu, dass ich mit meiner Meinung nicht einmal mehr in meinem Frauenkreis auftauchen kann. Also auftauchen kann ich schon. Aber meine Meinung, die sollte ich doch lieber für mich behalten. So fühlt sich das an. Und das führt dann dazu, dass ich gar nicht erst nachfrage, ob eine Lust hat auf ein „happening“ ganz in Schwarz. Zu Ehren unserer Grundrechte.

Schwarze Kleidung sollte man nämlich tragen bei der Demo. Weil das Grundgesetz zu Grabe getragen wurde. Ich wollte die bereits erwähnte Knappen-Uniform meines Vaters anziehen, die ist schön schwarz, dazu meinen schwarzen Schlapphut und eben die Piraten-Maske, die ist auch schwarz. Früher wäre das wegen des Vermummungsverbots nicht möglich gewesen. Heute muss ich mich sogar vermummen. Immerhin. Piraten-Mundschutz. Dazu ein Grablicht in der einen Hand und den bereits erwähnten Knappen-Gehstock in der anderen Hand. Am Rücken würde ich ein Plakat umhängen haben auf dem steht: „Ihr seid die, vor denen mich meine Ahnen gewarnt haben“ mit Foto von Merkel, Söder und Co. So hatte ich mir das vorgestellt.

Dann aber schlichen sich im Vorfeld der Demo so komische Gedanken ein: Ist die Demo überhaupt erlaubt? Was, wenn sie nicht erlaubt ist? Es stellte sich heraus, dass nur relativ wenige Teilnehmer zugelassen waren. Sollte ich den weiten Weg nach München auf mich nehmen, um dann abgewiesen zu werden und unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren? Wenn ich trotz Verbots zu der Demo will, werde ich dann festgenommen? Wenn ich festgenommen werde, wie lange dauert es, bis ich wieder frei bin? Muss ich vorsorglich meine Medikamente mitnehmen? Bekomme ich während der Haft etwas zu trinken? Werde ich zusammen mit 50 anderen in einen Käfig gesperrt? Das gibt es nämlich bei Festnahmen wegen Demos.

Und: Würde der Gehstock meines Großvaters als Waffe angesehen werden? Wäre das Erheben des Gehstocks (ohne zuzuschlagen natürlich), nur so als künstlerische Geste, bereits Widerstand gegen die Staatsgewalt. Oder Schlimmeres? Deswegen dann Verhaftung? Bestünde die Gefahr, dass der Gehstock beschlagnahmt wird? Der Stock ist nämlich mein „Heiliger Stab der Ahnen“. Sollte ich Namen und Anschrift und die Botschaft „ICH BIN EIN HEILIGER STAB“  auf dem Stock befestigen, damit er bei Beschlagnahmung zurückgeschickt werden würde? Würde die Polizei meinen heiligen Stock tatsächlich zu mir zurückschicken? Oder würde sie ihn kaputtmachen?

Jedenfalls, letztlich führten all diese Gedanken dazu, dass ich dann doch zuhause blieb. Die Knappen-Uniform, der Schlapphut und der Gehstock meines Großvaters liegen noch ausgehbereit in meinem Zimmer.

Und jetzt noch dieses Video heute morgen!

Manche Kommentatoren schreiben: Auf nach Leipzig. 7.11.

Da ist wieder so eine Demo. 20.000 Leute werden erwartet. Und wie ist das dann mit dem Beherbergungsverbot? Ich müsste ja übernachten… schließlich reise ich aus einem anderen Bundesland an. Ah – das sächsische Sozialministerium sagt, die Teilnahme an einer genehmigten Demo sei kein touristischer Zweck, deshalb dürften die Hotels beherbergen. Aber es gibt Hotels, so erfahre ich gerade, die in vorauseilendem Gehorsam alle Buchungen für Demo-Teilnehmer wieder kündigen. Und die aus Sicherheitsgründen nicht an Demonstranten vermieten. Aus Sicherheitsgründen? Hallo?

Irgendwie schleicht sich jetzt doch wieder Angst ein. Natürlich nicht vor Corona. Sondern vor der Diktatur. Immerhin haben wir einen Gesundheitsminister, der sich einen Dreck schert um den Arbeitsauftrag des Bundesverfassungsgerichts.

https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2020/Sterbehilfe-Spahn-boykottiert-Recht,sterbehilfe360.html

Und eine Kanzlerin, die diesen Minister nicht mit sofortiger Wirkung entlässt. Mit anderen Worten: Wir haben eine Regierung, die massive Einschränkungen der Grundrechte immer noch ohne Parlament beschließt und welche die höchste richterliche Instanz ignoriert. Das nennt man andernorts eine Diktatur. Und dazu diese prügelnden Staatsdiener. Und dazu Leute, die vor lauter Angst in vorauseilendem Gehorsam den Diktatoren zu Hilfe eilen. Wie diese Hoteliers in Leipzig. Und dazu eine Presse, die mir gestern erklärt hat, dass die Leute in China viel gehorsamer sind als wir hier in Europa. Und dass deswegen diese Gesundheitsbedrohung namens Covid-19 in China so gut wie ausgerottet sei. In China sind allerdings auch Leute wie ich so gut wie ausgerottet. Wenn das stimmt, was ich gehört habe über die Diktatur in China.

Ich fürchte, die Warnungen meiner Ahnen sind ernst zu nehmen. Die haben nämlich Diktatur und Krieg am eigenen Leib und Leben erfahren. Die würden sagen: So geht’s los! Meine Mutter sagte kürzlich zum Besuchsverbot und zur Maskenpflicht: Das ist ja wie im Krieg! So. Und jetzt ist genug für heute.

Lieber Gedanken,
Die Angst machen, sein lassen
Lieber den Stock schwingen!

Anzeigen von 3 Kommentaren
  • Freiherr von Anarch
    Antworten
    Eine sehr ehrliche Offenbarung dieser Angst, vieler Ängste, die sie uns einpflanzen und womit sie uns im Griff haben.

    Andere schieben dies und jenes als vermeintlichen Grund vor und für ihre Haltung gegen einen Widerstand, übernehmen dabei den diktatorischen Unsinn mit welchem sie uns Angst machen sogar.

    Die ‘Himmelswölfe’ würden sich ihre Freiheit nicht nehmen lassen…

    Mit dieser Auseinandersetzung mit der eigenen Angst beginnt aber auch der Sieg über die Angst –

    beginnt die einzig richtige Einsicht dass man sich wehren muss.

    ‘ Lieber den Stock schwingen ! ‘ – ja, als Naturverbundener und Naturschützer darf man sich auch mal einen abschneiden, Ahorn ist hart, Esche hart und elastisch…

    der Stab des Großvaters wäre ja auch viel zu schade für die Köpfe der Diktatur.

    Auf die Strassen !! – Gesicht zeigen ! – mit Stöcken, Dreschflegeln und Mistgabeln, das unterdrückte Volk steht auf !

    Die Angst des Einzelnen weicht dann dem entschlossenen Mut vieler, nur der tatsächliche Widerstand kann verändern…

    wenns so einfach wäre, ja,

    geht aber auch mit der blanken Verweigerung der Befehle, friedlicher dann, wenn alle verweigern.

     

     

     

     

     

     

     

     

  • Die A N N A loge
    Antworten
    An den Tanz

     

    Noch gestern ward’ pulverisiert das Leben,

    das der Herrgott hat uns geschenkt,

    um nichts hätt ich den Tanz vergeben,

    doch wurd’ das Schicksal leider neu gelenkt.

     

    Corona heißt die neue Krone

    der Schreckensdiktatur Gewalt,

    regiert von einer unsichtbaren Drohne,

    weist sie den Tod in drohender Gestalt.

     

    Wann blühst du wieder auf,

    glühender Lebenstanz?

    Wann weckst du die erstarren Glieder?

    Stampf, Stampf!

    Werde Feuer, werde ganz!

    Und vertreib’ die Agonie der Angst.

    Bitte, lass uns alle leben wieder!

     

     

     

  • Die A N N A loge
    Antworten
    (Überarbeitung)

     

    An den Tanz

    Noch gestern ward‘ pulverisiert das Leben,

    das der Herrgott hat uns einst geschenkt,

    um nichts hätt ich den Tanz vergeben,

    doch wurd‘ das Schicksal leider neu gelenkt.

     

    Corona heißt die neue Krone

    der Schreckensdiktatur Gewalt,

    regiert von einer unsichtbaren Drohne,

    weist sie den Tod in drohender Gestalt.

     

    Die Angst stöhnt klagend über’s kalte Land,

    laut stampfen Stiefel Bataillone,

    Ein Virus hält uns fest in seiner Hand,

    und über allem wacht die Todesdrohne.

     

    Wann lebst du wieder, Feuertanz?

    Wann weckst du die erstarrten Glieder?

    Vertreib‘ die  klamme Agonie der Angst

    und tanz mit Leidenschaft uns deine Lieder.

    (11/2020 – BB)

     

    Tango in Love

    https://youtu.be/t04jE7d0Obw

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