Buchrezension: Andreas Eschbach, Der Jesusdeal

 In Buchtipp, Monika Herz
Kurt Gödel (1906-1978), Mathematik- und Frisurengenie

Kurt Gödel (1906-1978), Mathematik- und Frisurengenie

Der deutsche Thriller-Autor Andreas Eschbach hat eine Fortsetzung seines bisher größten Bucherfolgs „Das Jesus-Video“ geschrieben. Monika Herz fokussiert sich jedoch – was nicht-spirituelle Leser beglücken wird – in ihrer Rezension nicht auf Jesus. Vielmehr haben es ihr die wissenschaftlich-kosmologischen Theorien angetan, die das Recherche-Genie Eschbach in seinem Roman ausbreitet. Vor allem eine: das „Gödel-Universum“. Und dessen Hauptthese werden die meisten nur allzu gern vernehmen (weil sie es eigentlich schon geahnt hatte): Jeder Einzelne ist Mittelpunkt des Universums

Es ist jetzt 3 Monate her. Wie die Zeit verfliegt. In nur 3 Tagen hatte ich den Jesusdeal damals gierig verschlungen. Damals. Was ist jetzt, nach 3 Monaten eigentlich noch relevant davon in meinem kleinen Superhirn, das täglich Millionen Eindrücke zu verarbeiten hat? Was blieb hängen?

Dass die „Evangelikalen“ in den USA irgendwie ziemlich gefährlich sein könnten in ihrem Wahn! Das sind scheinbar fundamentalistische Christen, welche die Bibel wörtlich auslegen. Sie wirkten auf mich wie Gegenspieler des fundamentalistischen Islam. Engstirnig und von Macht besessen. Ob das wohl wahr ist? Was ist eigentlich der Unterschied zwischen fundamentalistischem und fundamentalem Christentum? Oder ist das jetzt Wortklauberei?

Es gibt da eine rührende Geschichte um ein todkrankes Kind. Und wie die Eltern alles tun, um das Kind zu retten. Ist das fundamentales Christentum? Oder ist das ganz normal? Wie Andreas Eschbach Jesus beschreibt, das ist für mich schon irgendwie ein Ausdruck fundamentalen Christentums. Da steht jemand, so scheint es, auf einem guten und stabilen Fundament. Wie Andreas Eschbach Jesus beschreibt, das rührt etwas an. Da mochte ich das Buch in den Schoß legen und die Worte sich ausbreiten lassen in meinem Geist.

Sobald aber in einem Wort so ein „istisch“ mit dabei ist, wird’s brenzlig: Nationalistisch, imperialistisch, islamistisch, fundamentalistisch… dann hat die eigentliche Wortbedeutung von „kaiserlich“ (imperial) oder Islam (der Friede) eine groteske Verdrehung erlebt. Indem eine Geistesströmung wie etwa die imperialistische immer noch höher hinauf will, stürzt sie ab.

Was gibt’s sonst noch zu sagen zum Deal: Glaubwürdige Charaktere, sorgfältig recherchierte Hintergründe – superspannend verpackt. Ein weiteres Eschbach-Meisterwerk!

Was mich tief beeindruckt hat, war eins der kurzen Intros, in denen aus dem Werk eines russischen Wissenschaftlers zitiert wird. Ein gewisser Pawel Kozyrev mit seinen „Möglichkeiten temporaler Dislokation“. Zeitreisen also. In dem Zusammenhang kam auch der wunderbare Kurt Gödel mit seinem „Gödel-Universum“ zur Sprache. Seitdem spukt immer wieder dieses Gödel-Universum in meinem Geist herum. Mal schauen, ob ich seine wenigen Merkmale schon auswendig hersagen kann.

Das Gödel- Universum:

Es ist stationär und geschlossen
Es ist rotierend
Die Umlaufgeschwindigkeit beträgt 70 Millionen Jahre
Zentrifugalkraft und Schwerkraft gleichen einander aus
Es hat eine negative Konstante (diese war Gödel besonders wichtig!)
Und jetzt kommt der Hammer:
Mittelpunkt ist jedes betrachtende Wesen

Wahrscheinlich wird niemand meine Begeisterung teilen. Leider. Dabei kann das Gödel-Universum viel Freude machen, wenn man sich ein bisschen tiefer hinein wagt. Natürlich erstmal in Bildern, denn die mathematischen Formeln, mit denen Gödel das nach ihm benannte Universum bestückt hat, würden wahrscheinlich die wenigsten verstehen. Es sei denn, die Formel wäre so einfach, dass sogar ich sie verstehe. Die Mathematiker würden Kopfstehen vor Unglauben und könnten sich der brillianten Logik Gödels dann eben doch nicht entziehen. Ach diese Träume.

Ich hab sogar echt von Gödel geträumt. War ein sehr eindrucksvoller Traum. Er, Gödel erklärte mir in dem Traum „sein“ Universum, und im Traum hab ich alles verstanden. Aber als ich aufwachte, war das ganze Verständnis wieder dahin. Das Einzige, was ich noch gut erinnere, ist, dass dem überaus zuvorkommenden Herrn Gödel die negative Konstante so wichtig war. Ich fragte ihn im Traum, ob denn die negative Konstante so etwas Ähnliches sei, wie die „Leerheit“ bei den Buddhisten. Gödel wiegte den Kopf. Als ich später bei meinem Jüngsten nachfragte, was eigentlich eine „negative Konstante“ sei, da sagte er: In der Mathematik: Eine konstante Zahl kleiner als Null. Ich bin ja mathematisch so ungebildet, dass ich noch nachfragte: „Also 0,0000000000001?“ „Nein!“ antwortete mein Spross. „Sondern?“ So schwer war es nun auch wieder nicht. Minus 1 zum Beispiel. Könnte auch jede andere x-beliebige Minus-Zahl sein. Wenn die immer gleich bleibt, dann sei das eine negative Konstante.

Und ob es denkbar sei, dass jeder Betrachter Mittelpunkt sei? Der Spross wiegte den Kopf. Dann meinte er, dass die Erde sich auf einer Ellipse um die Sonne bewege und dass sich auf der Rotationslinie zwei Mittelpunkte befinden. Obwohl ich mir eigentlich nicht einmal so recht zwei Mittelpunkte vorstellen kann, ziehe ich die kühne Schlussfolgerung: Wo es zwei Mittelpunkte geben kann, kann es auch unzählige Mittelpunkte geben. Yeah! Mein Liebster schließlich rundete das Bild ab, indem er von einem imaginären Luftballon spricht, auf dessen Oberfläche jeder einzelne Punkt der Mittelpunkt sei.

Seit diesem Impuls aus dem Jesus-Deal fange ich an,  im Gödel- Universum zu leben! Das ist absolut affengeil. Zudem hab ich das Wort „gödelig“ erfunden. Das wäre der Geisteszustand des durchschnittlichen Betrachters des Universums, dem plötzlich bewiesen wird, dass er höchstpersönlich der Mittelpunkt der Rotation eben jenes Universums ist. Wie würde der gute Mensch da schauen? Eben. Gödelig. Und nachdem der durchschnittliche Betrachter sich mit dem Gödel-Universum vertraut gemacht hätte, könnte er oder sie diese zeitartigen Kurven allmählich bewusst betreten und lernen, den Körper auf diesen seltsamen Zeitschleifen zu bewegen. Ich müsste dann z.B. nicht mehr in den Zug steigen, um meine Schwester in Linz zu besuchen, sondern würde eine kleine Zeitreise da hinmachen. Der Witz dabei wäre, dass ich nicht einmal Zeit verlieren würde, wenn ich in Linz materialisieren würde. Cool. Und ich würde mir eine Menge Benzinkosten sparen. Echt cool. Das ganze Energie-Problem – gelöst. Mit Zeitreisen im Gödel-Universum. Ach. Diese Träume.

Dieser Eschbach! Alle diese wunderbaren Erkenntnisse und erfreulichen Inspirationen verdanke ich ihm, dem Meister der Erzählkunst. Ich würd mir ja wünschen, dass der Meister als nächstes eine Fortsetzung von „1 Billion Dollar“ schreibt. Und dann würde mich noch interessieren, ob denn sein neuer Hit eigentlich auch nicht ins Englische übersetzt wird? Denn diese Geschichte von den Evangelikalen und ihrem Einfluss auf die Politik (natürlich nicht in echt, ist ja bloß ein Thriller!), das könnte doch das englischsprachige Publikum auch interessieren. Oder?

Kommentare
  • Sisi
    Antworten
    Hallo rr ,ich bin noch in der zweiten Hälfte vom Jesusdeal unterwegs und wünschte bereits,ganz so wie sie, dem Andreas Eschbach würde die Idee und Inspiration( warscheinlich vorallem Kraft und Energie zu allerhand Recherchen)kommen um dem “ Eine Billion Dollar“ eine Folge zukommen zu lassen.

    Auch ich habe es in kūrzester Zeit verschlungen,hab ohne Nachtschlaf Dienste angetreten.

    Ebenfalls finde ich es traurig,dass die Bücher in Englisch nicht aufgelegt sind.

    Mir geht es immer so als müsse ich meine gerade gewonnenen Erkenntnisse und machtvollen Eindrücke in die Welt hinaus streuen.

    Ich möchte gern teilen.

    An der Stelle wird es dann schwierig,denn wer weiß es nicht wie mühsam es ist ein Buch mit Wörterbuch im Gepäck zu lesen.

    Ich freue mich aber sie hier gefunden zu haben,da es mir zeigt,dass ich nicht allein dabei bin Quellen des Autors nachzuvollziehen und auszubauen

    Ein Hoch auf Andreas Eschbach

    MbG SH

     

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