Der defekte Mensch

 In FEATURED, Gesundheit/Psyche, Philosophie, Poesie

Transhumanisten wollen unsere Spezies perfektionieren ― wenn es sein muss gehen sie dabei über Leichenberge. „Im Anfang war das Wort.“ So beginnt das Johannes-Evangelium. Narrative, Erzählungen, haben die Menschheit von Anfang an begleitet und geprägt. Aber sind sie auch glaubwürdig? Ein mangelnder Wahrheitsgehalt beeinträchtigte keineswegs die Wirkung von Narrativen über viele Generationen. Warum auch? Wenn doch Wahrheit nur die Erfindung eines Lügners ist (1), dann müssen diejenigen, die Narrative kreieren, keine hohen moralischen Maßstäbe erfüllen. Der Autor widmet sich in diesem Beitrag vor allem einer Erzählung , die in vielen Varianten in der Geschichte aufgetreten ist: der vom „idealen Menschen“. Gerd Reuther

 

Wer gerne Geschichten erzählt, der nimmt es mit den Fakten jedenfalls meist nicht allzu genau. Die Botschaft ist wichtiger als die tatsächlichen Ereignisse. Dies gilt auch für die Narrative von Pandemien und eines Klimawandels. Man muss gar nicht viele Fragen stellen, um die Geschichtenerzähler in Erklärungsnöte zu bringen. So war das schon immer mit Ideologien und Religionen. Eine zukünftige Klimaerwärmung, eine unbefleckte Empfängnis oder ein Jüngstes Gericht lassen sich nicht belegen. Man muss schon daran glauben. Oder eben nicht. Gottes-, Corona- und Klimawandelleugner sind nur die verschiedenen Facetten einer Narrativverweigerung.

So unterschiedlich die Narrative einer Weltreligion, des Kommunismus, des menschengemachten Klimawandels und der Pandemisten auch sind, dienen sie doch dem gleichen Ziel: der Unterwerfung möglichst vieler Artgenossen. Die Grundlage ist in allen Fällen eine abgrundtiefe Menschenverachtung, die in der vermeintlichen „Krone der Schöpfung“ nur ein Mängelwesen erkennen will. Schrumpfen Menschen auf ihre Fehlleistungen und Schwächen, werden bei den Gläubigen der Narrative Minderwertigkeitsgefühle, Schuld, Scham und Angst ausgelöst. Die perfekte Mischung für eine freiwillige Unterwerfung.

Ob Erbsünde oder leichtsinniges Verhalten und Vergnügungssucht – das Versagen lässt sich nur mithilfe der Narrativ-Macher aus der Welt schaffen oder wenigstens limitieren. Einmal hilft die Religion mit der Möglichkeit zur Beichte, Ablass und Absolution. Das andere Mal stellt die Schulmedizin die Rettung in Aussicht, in dem sie vermeintlich durch Injektionen genetischer Codes unser inkompetentes Immunsystem auf Trab bringt. Ohne Selbstentblößung und Schutzgeldzahlungen ist keine Absolution zu erhalten.

Immer ist es jedenfalls eine Anmaßung ohne Grundlage. Ob sündiger Mensch oder imperfekte Maschine ― tatsächlich wollen die Geschichtenerfinder immer unseren Besitz, unsere Seelen und auch unsere Gesundheit. Niemand ist so unfrei wie ein Kranker!

Und weil die Menschen so schrecklich fehlerhaft und sündig sind, wird von allen Narrativen ein ideales Menschsein herbeifantasiert. Wenn nicht wie bei den Kommunisten und Pandemisten mit entsprechenden Erziehungsmaßnahmen und Zwangstherapien noch vor dem Tod, dann wenigstens danach. Erneuerung oder Erlösung bleiben natürlich eine Fata Morgana. Sie sind nur Karotte, nach der sich die Unterworfenen strecken sollen, um die Entbehrungen und das Leid zu ertragen, das ihnen die Macher der Narrative abfordern.

Keine der Heilsideologien hat bisher auf Leichenberge verzichtet. Auch die Pandemisten waten bereits in ihrem Jahr 2 im Blut von Millionen von Lockdown- und Impftoten. Im Vergleich zur chinesischen Kulturrevolution, den Stalin‘schen „Säuberungen“, dem Holocaust oder den Ketzern sind die Opfer dieses Mal weltweit verteilt und fallen nicht so auf. Der globale Anschlag wird aber auch zur Folge haben, dass noch keine Ideologie so viele Menschen das Leben gekostet hat. Das auserkorene Führungspersonal lässt nichts Gutes ahnen.

 

(1) Förster, Heinz; Pörksen, Bernhard: Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügner: Gespräche für Skeptiker. 12. Auflage, Carl-Auer Verlag, Heidelberg 2019.

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Dank an den Rubikon, www.rubikon.news, wo dieser Artikel zuerst erschienen ist.
Anzeigen von 3 Kommentaren
  • Bartolomé de Las Casas
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    Es ist erstaunlich, daß das seit Jahrunderten vorherrschende Mördersystem mit keiner Silbe Erwähnung findet:

    Im Kapitalismus ist eine Religion zu erblicken, d.h. der Kapitalismus dient essentiell der Befriedigung derselben Sorgen, Qualen, Unruhen, auf die ehemals die so genannten Religionen Antwort gaben.(…)

    Er sei eine reine Kultreligion, ohne Dogmatik, ohne Transzendenz und ohne Erlösung . Der Kapitalismus zelebriere den Kultus in Permanenz; jeder Tag sei Festtag, der die äußerste Anspannung der Verehrenden fordere, und der Kultus sei, wohl zum ersten Mal in der Geschichte der Religionen, nicht entsühnend, sondern verschuldend, er mache Schuld universal.

    (Walter Benjamin: “Kapitalismus als Religion”, 1921)

    Noch ein abschließender Hinweis für die kleinbürgerliche Pseudo-Opposition:

    Viele Intellektuelle, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen kritisieren heute die total globalisierte Ausbeutungswirtschaft mit ihren mörderischen Kriegen, mit Massenflucht und Terror auslösenden Folgen unter den allzu harmlosen Begriffen wie Neoliberalismus oder Finanzkapitalismus. Damit wird aber suggeriert, der historische Wirtschaftsliberalismus, der frühere Handels- und spätere Industriekapitalismus wäre, ungeachtet dessen, ob wir ihn mit den Medici, mit Calvin oder Adam Smith beginnen lassen, auch nur eine Spur humaner gewesen. Dass jedoch Widmann das Blutbad, das dieser friedliche finanzkapitalistische Neoliberalismus weltweit verursacht, nicht einmal andeutet, interpretiere ich meinerseits als Versuch, mit der provokativ zugespitzten These, die Oktoberrevolution sei nichts weiter als „ein Verbrechen gegen die Menschheit“ gewesen, von den historischen und aktuellen Verbrechen derer abzulenken, die im Namen Gottes, der Eigentumsfreiheit und des Profits begangen werden. Wer aber den entpolitisierten und unwissenden jungen Menschen wissentlich ein Zerrbild über verzweifelte Versuche, sich aus dem überproduktiven Vernichtungslagern der kapitalistischen Demokratien zu befreien, vermittelt, verhindert die überlebenswichtig gewordene rationale Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Geschichte des Kapitalismus.

    Aus:

    100 Jahre Konterrevolution
    Eine Replik auf Arno Widmanns Mordphantasien zur Oktoberrevolution in der Frankfurter Rundschau.

    https://www.rubikon.news/artikel/100-jahre-konterrevolution

  • heike (Heike Preißler)
    Antworten
     

    Zum obenstehendem Artikel fällt mir ein, dass die Welt bekanntlich aus vielen verschiedenen Menschen “besteht”, und das deshalb auch in allem ein Körnchen Wahrheit enthalten ist. Wenn jetzt jeder versucht, seine Wahrheit gegen alle anderen Wahrheiten durchzusetzen, bzw. alle anderen Wahrheiten zu Lügen erklärt, ist der zwischenmenschliche Krieg vollkommen. Aufgrund von Engstirnigkeit.

    Und nun dazu noch ein Gedicht von Karl Kraus, speziell für Leute des Wortes gedacht:

    Karl Kraus

    Der Irrgarten

    DieSprache ist, dies glaubt mir auf mein Wort,

    ein Zwist, bei dem ein Wort das andre gibt.

    Es leben Lust und Zweifel immerfort,

    im Zwiespalt und es neckt sich, was sich liebt.

    Was treibt es nur? Geburt und zugleich Mord?

    Ich steh´ dabei und habe nichts verübt.

    Wie kam ich an den zauberischen Ort?

    Die Welt ist durch das Sieb des Worts gesiebt.

     

    Das stammt noch aus einer Zeit,in der es nicht ständig um alles oder nichts ging – da war auch noch Zeit für Neckereien und Zwischentöne.

    Für mich liest sich dieser Artikel auch ein bisschen wie eine Satire. Menschen sind schon immer auf diesem Planeten gestorben. Ob mit Corona oder an Corona-Verhinderungsmaßnahmen … das ist für mich eine dermaßen an den Haaren herbeigezogene Konstruktion. Deshalb kann man die verschiedenen Ansichten der Menschen auch nicht mit Zwangsmaßnahmen zu einer zusammenpressen. Es ist eigentlich so einfach, und ich habe es jetzt innerhalb kurzer Zeit auch schon dreimal hier geschrieben: wer Angst vor Corona hat, soll sich impfen lassen und Schutzmasken tragen, wer keine Angst hat, soll es lassen – sollten dann die Krankenhäuser und Intensivstationen tatsächlich überfüllt sein, dann ist das das Problem der Impfunwilligen (man sollte dann ruhig Geimpften bevorzugt die Betten zuteilen, das ist mein Ernst), kann also auch nicht als staatliches Versagen ausgelegt werden.

    Das ist doch einfach, oder? Wenn sich inzwischen Geimpfte nicht mehr mit Ungeimpften an einen Tisch setzen, dann frage ich mich, wozu sie sich überhaupt impfen lassen? Welchen Sinn hat das dann, wenn man selbst nicht an den Schutz glaubt? Oder denken sie, dass sie jetzt einen Schutz von 80 Prozent haben und sich vor dem 20-Prozent-Restrisiko schützen wollen?

    Und warum haben einige wenig Angst und andere so viel? Also für mich ist das alles ein riesiger Affenzirkus, aber auch der wird irgendwohin führen, wahrscheinlich in die totale Verblödung.

    Ich bin seit 40 Jahren nicht mehr geimpft wurden und lebe immer noch – und ich werde mich auch nicht impfen lassen. Ich bin eh schon am Rand der Gesellschaft, viel mehr Rand geht nicht, dann falle ich hinten runter. Wo kommt man eigentlich an, wenn man runtergefallen ist vom Rand? Dann ist man vogelfrei wahrscheinlich, nur mit einem festgetackerten Flügel kann man leider nicht fliegen – also kann man sich zu den Hühnern gesellen, den ganzen Tag gackern und manchmal ein Ei legen .. 🙂 Und wenn man keine Eier mehr legt, dann kann man immer noch als leckerer Broiler verspeist werden, so nach und nach.

    Es gibt viele Leute, die lassen sich seit Jahren gegen Grippe impfen und nun gegen Corona – und die leben auch immer noch. Und an denen kann auch die Pharmaindustrie etwas verdienen, deshalb leben sie am Ende vielleicht sogar etwas länger als ich. Es sei ihnen gegönnt. Und trotzdem besteht für mich der Sinn der Menschheitsentwicklung nicht darin, dass die Menschen abhängig werden von Impfungen und anderen Zuwendungen der Pharma- und Medizinindustrien, sondern darin, dass sie nach und nach das ihr innewohnende Potential entdeckt und sich erschließen kann. Vielleicht kann man das heute am Rand der Gesellschaft (und dahinter) am besten machen.

    Und noch eine Anmerkung zu den verschiedenen Gesellschaftsformen, die die Menschheit in ihrer Entwicklungsgeschichte durchlaufen hat – immer war es bisher so, dass es in jeder Menschengruppe Machthaber gab, die bestimmten, was der Stamm zu machen hat.

     

     

     

    • ak
      Antworten
      Das ist gut zusammengefasst. Danke. Mir geht es ähnlich. Viel mehr Rand geht nicht, und am irdischen Leben hänge ich nicht. Als ich vor einiger Zeit zunehmend Atemnot bekam, mich meinem Hausarzt mitgeteilt hatte, der mich zum Herzpezialisten geschickt hatte und der dann meinte ich sollte mal eine Herzkatheteruntersuchung machen lassen in der nächsten Zeit, ich dann aber schon am nächsten Morgen zusammenbrach und garnichts mehr ging außer meinen Sohn zu bitten doch den Notarzt zu rufen, und mich der Krankenwagen dann nicht in das nächste Krankenhaus sondern 40 km weiter brachte, fühlte ich mich plötzlich als V.I.P.. Der Notarzt scherzte mit dem Fahrer, meinte das sei gut, dass das nächste KH voll sei, denn da gäb es besseres Essen. Mir wäre es eigentlich egal gewesen, wenn mein Leben dann eben zu Ende gewesen wäre. Eigentlich habe ich erst dann wieder doch noch gerne ein Weilchen leben wollen, weil um mich rum alle so engagiert waren, um mich doch noch mal von der Schippe springen zu lassen. Seit dem bin ich viel ruhiger, habe keine Angst mehr vor dem Tod. Aber ein totes Leben will ich nicht. Und darum engangiere ich mich noch hier und da. Und versuche mich zu wehren gegen Manipulation, sei es geistig oder genetisch.

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