Der Eindruck verstärkt sich: in Griechenland wählt man, von „Beelzebub“ enttäuscht, den „Teufel“ zurück!

 In FEATURED, GRIECHENLAND, Holdger Platta, Über diese Seite

173. Bericht zu unserer Spendenaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“ Ausnahmsweise gehe ich zu Beginn meines Berichtes mal auf eine bestimmte Kritik an unserer Hilfsaktion ein – mit einer Frage an alle Leserinnen und Leser von HdS. Im Mittelpunkt steht aber erneut die Lebenssituation einiger Hilfsbedürftiger in Griechenland, zusätzlich das, was wir angesichts dieser Notlagen zu tun gedenken. Und ein abschließender Blick gilt erneut dem Wahlkampf in Griechenland: mit welchem Programm wird voraussichtlich welche Partei am kommenden Sonntag gewinnen?  Holdger Platta

Liebe HdS-Leserinnen und liebe HdS-Leser,

heute einmal einige etwas ungewöhnliche Bemerkungen vorweg: es gibt LeserInnen unter Euch, die stoßen sich daran, dass meine Berichte zu unserer GriechInnenhilfe nummeriert sind. Ausgelegt wird mir diese Tatsache als Wichtigtuerei. Bei allem Verständnis: da setzt mein Begreifen doch aus! Aber: auch diese Bezifferung meiner Berichte – ich finde: eine wahrlich banale und “harmlose” Tatsache – möchte ich heute einmal begründen.

Zunächst: niemand aus unserem Organisationsteam hat jemals bislang an dieser Tatsache Anstoß genommen und daraus irgendeine narzißtische Motivation entnehmen wollen (= Platta will nur angeben mit der Vielzahl seiner Berichte!). Wir alle – so glaube ich sagen zu dürfen – haben es bislang für eine harmlose Tatsache gehalten, dass sich die enorme Beständigkeit unserer Hilfsaktion – nunmehr seit fast vier Jahren (Ende Juli/Anfang August 2015 ging es mit unserer Spendenaktion los) – auch widerspiegeln “darf” in der Nummerierung unserer Berichte.

Für uns war Nummerierung der Hilfsberichte bisher aber vor allem Ausdruck einer – wie wir immer fanden – selbstverständlichen Berichtspflicht und auch – quantifizierbaren – Kontrollierbarkeit unserer Hilfsaktionen. Außerdem hilft diese Bezifferung der Berichte der Kommunikation untereinander: wie anders als durch diese unscheinbaren Nummern in der Unterzeile zu jedem Bericht sollte es möglich sein, sich – gegebenenfalls auch kontrovers – darüber auszutauschen, was in welchem Bericht gestanden hat? Bitte: eine Frage auch an Euch!

Und weiter (zum Vorwurf, daß sich vermeintlich ein Angeber-Narzißmus in dieser Nummerierung niederschlüge): wie vertrüge sich mit dieser Unterstellung die Tatsache, dass der heutige Bericht nicht der 173. Text zu unserer Hilfsaktion ist, sondern tatsächlich fast schon der 193. Bericht? Grund: mit dem Jahr 2016 setzte mit Nummer eins nochmal eine neue Zählung der Hilfsberichte ein. Wenn es mir an „Selbstbeweihräucherung“ läge, wieso habe ich dann nicht immer schon diese ersten rund 20 Texte zu unserer Hilfsaktion aus lauter Eitelkeit mit draufgeschlagen auf die Gesamtzahl der Berichte? Um so “strahlender” noch stünde dann doch meine höchstpersönliche „tolle“ Arbeitsleistung da!

Ist es nur subjektive Befangenheit, die mich angesichts solcher Eitelkeitsunterstellungen fassungslos den Kopf schütteln lässt? Selbstverständlich: niemand sollte sich für frei halten von solchen Motiven, niemand sollte der Auffassung sein – ich jedenfalls, scheint mir, bin es nicht –, ganz tief und realistisch hinabblicken zu können in die finsteren Abgründe des eigenen Ichs. Aber mein starker Eindruck ist doch der, dass es diesen Kritikern gar nicht ums Madigmachen meiner Person geht, sondern um – reichlich verkorkstes und verrücktes! – Madigmachen dieser Hilfsaktion selbst (aus welchen Gründen auch immer). Mein Angebot also:

Wenn eine Mehrheit unter Euch den Wegfall der Berichts-Nummerierung wünscht, werde ich der erste sein, der Eurem Wunsch nachzukommen gedenkt. Irgendeinen Sinn darin entdecken kann ich zwar nicht, aber bitteschön: wenn das Euren Wünschen entsprechen sollte, könnte ab sofort die Bezifferung der Berichte zu unserer GriechInnenhilfe wegfallen. Wichtig ist uns allen vom Organisationsteam – also auch mir! – doch ausschließlich eins: dass unsere GriechInnenhilfe so erfolgreich wie möglich zu operieren vermag. Wenn diesem Ziel der Wegfall der Berichtsnummerierung dienen sollte, befürworte ich das ganz ausdrücklich schon jetzt! Doch mein Zweifel ist groß, dass es zu dieser positiven Auswirkung kommen wird. Klarer Fall also: jetzt seid Ihr, die Leserinnen und Leser am Zuge! Entscheidet mithin ausschließlich Ihr darüber! Ich selber sehe mich nicht berechtigt dazu.

Womit ich – endlich! – bei den eigentlichen, bei den eigentlich wichtigen Themen eines jeden Berichtes bin: Wie viel Spendengelder gingen während der letzten Woche auf unserem Hilfskonto ein? Was tut sich an der Hilfs”front”? Was tut sich – insgesamt – in Griechenland (vor allem aus der Warte der Hilfsbedürftigen betrachtet)?

Nun, fast schon wie gewohnt, erbrachte auch dieses Mal wieder der Monatswechsel einen deutlichen Spendenanstieg – der DauerspenderInnen wegen, die überwiegend zum Beginn eines neuen Monats ihre Hilfsgelder abbuchen lassen. Konkret: mussten wir uns in der Vorwoche mit einer einzigen Spende in der Höhe von 15 Euro zufriedengeben, so gingen – unter Einschluss des gestrigen Montags, des 1. Juli 2019 – 570,- Euro auf unserem Konto ein, überwiesen von 10 SpenderInnen an uns. Das ist erneut ein gutes und ermutigendes Ergebnis, und wir alle vom Organisationsteam danken Euch Spenderinnen und Spender sehr!

Es wird Euch nicht überraschen, dass wir schon jetzt ein ziemlich genaues Bild davon haben, wer unter anderem in der nächsten Zeit Hilfsgelder aus unserem Spendentopf erhalten wird. Und erneut ist es Tassos Chatzatoglou mit seiner Ehefrau Evi, die uns dazu wichtige Hinweise gaben. Doch der Reihe nach:

Einem ausführlichen Bericht von Tassos entnehme ich, daß die Erforderlichkeit besteht, Panagiota K. aus Megara mit deren drei Töchtern noch mit weiterer Hilfe unter die Arme zu greifen. Ihr erinnert Euch: jene kleine Großfamilie, der wir vor längerer Zeit eine menschenwürdige Wohnung beschaffen konnten und der wir – dank Dauerunterstützung auch einiger Familien”patinnen” – einen großen Teil der neuen höheren Miete (= 180,- Euro) zu finanzieren vermögen. Obwohl – wie berichtet – Panagiota K. in der Zwischenzeit “sogar” einen Arbeitsplatz bekommen hat, eine Putzstelle, reicht der Lohn dafür nicht im entferntesten aus, um die gesamte Familie über Wasser halten zu können. Ganze 380,- Euro im Monat bekommt Panagiota K. für ihre Tätigkeit (und nach wie vor ist unsicher, ob sie ihren Arbeitsplatz auch nach den Wahlen am kommenden Sonntag, den 7. Juli, behalten wird). Wir gedenken, ihr und ihren drei Töchtern für die nächste Zeit 200,- Euro pro Monat an weiterer Hilfe zur Verfügung zu stellen, in der Gestalt von Lebensmittel-Bons. Hintergrund dieses Erfordernisses: wegen der Tatsache, dass Panagiota K. sich um eine Arbeitsstelle bemüht und eine Arbeitsstelle bekommen hat, wurde ihr die gesamte Sozialhilfe gestrichen (tolle SYRIZA-Politik!). Klarer Fall also: da sehen wir nicht einfach nur zu!

Hinzukommen zwei völlig verarmte Familien auf der Insel Andros, die Familien von Nikolaus K. und die von Miltiades M. (allesamt erkrankt). Zwar erhalten sie alle schon Unterstützung vom dortigen Hilfsverein „Apikion“ – diese soziale Organisation (die auch wir schon unterstützt haben) hat deren Kosten für Strom, Wasser und Medikamente übernommen –, aber gleichwohl haben sich bei allen Betroffenen offene Lebensmittelrechungen und Rechnungen für Haushaltsmittel angehäuft. Da springen wir mit unserer Hilfe ebenfalls ein – um so mehr, als auch die Söhne in diesen Familien, allesamt in „Lohn und Brot“, bei ihrer Unterstützung der Eltern an ihren Grenzen angelangt sind. Dazu werden uns Evi und Tassos Chatzatoglou die genauen Beträge noch mitteilen, die für eine wirksame Hilfe erforderlich sind.

Auch diese beiden Notfälle zeigen im übrigen, wie “reparaturbedürftig” das gesamte Sozialhilfesystem in Griechenland ist. Tja, trotz der Tatsache, dass seit Beginn 2015 eine angeblich sozialistische Regierung in diesem Mittelmeerstaat an der Macht ist. Verarmte Menschen müssen sogar ihre Medikamente bezahlen! Man fasst es nicht.

Womit ich auch über den griechischen Wahlkampf noch ganz kurz informieren will.

Zum einen: am Vorsprung der Konservativen gegenüber der SYRIZA hat sich auch in der letzten Woche nichts geändert. Nunmehr hat auch das griechische Meinungsforschungsinstitut „Metron Analysis“ – im Auftrag der Sonntagszeitung „To Vima“ – ihre Umfrageergebnisse vorgelegt: demzufolge darf die „Nea Dimokratia“, die ND, mit 38,5 Prozent aller abgegebenen gültigen Stimmen rechnen, die SYRIZA lediglich mit 29,5 Prozent. Diesen Zahlen zufolge wird die griechische Schwesterpartei der CDU im neuen griechischen Parlament mit 164 von 300 Sitzen über eine absolute Mehrheit verfügen. Und zum anderen:

Eben diese ND hat in ihren letzten Wahlkampferklärungen alles abgestellt auf Hilfe für das Unternehmertum und die Mittelschicht in Griechenland. Firmeninhaber sollen in Zukunft nur noch 20 Prozent an Steuern bezahlen statt wie bisher 28 Prozent. Und die Mittelschicht soll vor allem bei den Immobiliensteuern entlastet werden: die Hausbesitzer sollen nur noch 9 Prozent bezahlen statt bis dato 22 Prozent. Rahmentarifverträge, die nicht zuletzt auch Mindestlöhne absichern sollen, und der Schutz des Erstwohnbesitzes der “kleinen Leute” vor Versteigerungen kommen im Wahlprogramm der Konservativen unter Kyriakos Mitsotakis nicht einmal vor.

Dass trotzdem die ND derart deutlich vor der SYRIZA führt, zeigt, wie groß die Enttäuschung vieler Griechinnen und Griechen ist, die vormals zu den WählerInnen der SYRIZA zählten. Es dürfte wohl kaum eine Übertreibung sein, wenn man diesen Tatbestand mit dem Satz kommentiert: von „Beelzebub“ enttäuscht, wählen die GriechInnen den „Teufel“ zurück! Und da nach Mitteilungen der „Griechenland Zeitung“ von einem wirklichen Wahlkampf in diesem Land kaum die Rede sein kann, gibt es auch kaum einen Anhaltspunkt dafür, dass sich das noch in den letzten Tagen vor dem Wahltermin am 7. Juli ändern wird.

Und damit zu meiner Spendenbitte für unsere Hilfsaktion „Helfen wir den Menschen in Griechenland!“:

Wer uns Gelder für unsere Hilfe für Menschen in Griechenland zukommen lassen will, der überweise uns diese bitte unter dem Stichwort „GriechInnenhilfe“ auf das Konto:

Inhaber: IHW
IBAN: DE16 2605 0001 0056 0154 49
BIC: NOLADE21GOE

Wer eine Spendenbescheinigung benötigt – ab 201,- Euro erforderlich –, wende sich bitte an unseren Kassenwart Henry Royeck, entweder unter der Postanschrift Sültebecksbreite 14, 37075 Göttingen, oder unter der Mailadresse henryroyeck@web.de.

Und wer, wie gesagt, noch etwas mehr tun will: auch unser gemeinnütziger Verein, die „Initiative für eine humane Welt (IHW) e.V.“, ist immer wieder erneut auf neue Hilfsgelder angewiesen, zur finanziellen Absicherung unserer Arbeit ganz generell. Diese Spenden bitte dann an dasselbe Konto, wie oben angegeben, jedoch mit dem Stichwort „GR-IHW“ versehen. Es sei wiederholt: wir würden uns riesig auch über diese Unterstützung freuen.

Mit herzlichen Grüßen wie stets
Euer Holdger Platta

Anzeigen von 3 Kommentaren
  • Piranha
    Antworten
    Und ich möchte Kritik daran üben, dass Du auf eine solche “Popel-Kritik”  in dieser Ausführlichkeit überhaupt eingehst. Das hast Du nicht nötig, das ficht die Hilfsaktion nicht an und HdS ebenso wenig. Ich meine, Du selbst hast darüber zu befinden, sonst niemand.

    Was soll überhaupt diese kleingeistige Eifersüchtelei?   Hat sie nichts besseres zu tun?

    Herzliche Grüße,

    P.

     

  • Volker
    Antworten
    Lieber Holdger, manche selbsternannten Durchblicker begreifen eben nicht, dass man behaarlich gegen den Stom schwimmt – hier die Griechenlandhilfe – und sei es nur mit eingeschränkten Möglichkeiten. Die sind auf Größen wie Campact und Co. gepolt, m..E. ein lukratives Geschäft unter dem Deckmantel angeblichen Widerstands (meine Meinung, kann damit auch daneben liegen), deren Spendenaufrufe täglich in meinem Mail Account landen, die ich schon ungelesen lösche, weil für mein Empfinden zu aggressiv werbend.

    Wichtig ist, Deine Berichte lesen zu können, solange diese Möglichkeit noch besteht.

  • Peter Boettel
    Antworten
    Ja, leider hat Tsipras die GriechInnen sehr enttäuscht. Wenn er auch im Sommer 2015 von der Troika mit Schäuble im Hintergrund regelrecht erpresst wurde, hätte er in der Folgezeit nicht jeden Unsinn mitmachen müssen.

    Nun haben die GriechInnen tatsächlich den Beelzebub gewählt. Es ist doch bekannt, dass die Mitsotakis-Dynastie jahrzehntelang an der Korruption beteiligt waren. Wenn er jetzt Steuersenkungen verspricht, muss man fragen: Für wen? Für die, die schon stets die Steuern hinterzogen haben? Hatte nicht Frau Lagarde bereits der damaligen ND-Regierung eine Liste von Steuerhinterziehern vorgelegt, die verschwunden war?

    Auch will Mitsotakos die Flüchtlinge zurückschicken. Wohin? In die Länder, aus denen sie herkamen oder etwa in die Türkei, wo sie für Erdogan Flughäfen etc. bauen müssen?

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